Bücher mit dem Tag "überleben in der wildnis"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "überleben in der wildnis" gekennzeichnet haben.

7 Bücher

  1. Cover des Buches Die Wand (Marlen Haushofer: Die gesammelten Romane und Erzählungen 3) (ISBN: 9783546100793)
    Marlen Haushofer

    Die Wand (Marlen Haushofer: Die gesammelten Romane und Erzählungen 3)

     (904)
    Aktuelle Rezension von: Melanie_M1

    Das Buch ,,Die Wand" von Marlen Haushofer ist eine ruhige Geschichte, in der die Welt der Protagonistin im wahrsten Sinne des Wortes stillsteht. In dieser Überlebenssituation, in der sie sich befindet, treten Empfindungen und Bedürfnisse an die Oberfläche, die im Alltagstrott meistens untergehen.

    Als großer Naturfreund war das Setting sehr angenehm für mich. Auch die philosophischen Ansätze haben mir sehr gut gefallen, zwei Textstellen fand ich besonders berührend. Jedoch hat mir die Erzählstruktur überhaupt nicht gefallen. Die Handlungen der Protagonistin haben sich sehr häufig wiederholt und das war für mich auf Dauer sehr langweilig. Außerdem hat mich die Erzählerin teilweise mehrmals gespoilert, dadurch kam erst recht kein Spannungsbogen zustande. Das Ende hat mich auch ziemlich enttäuscht. 

    Zusammenfassend kann ich sagen: Im Rahmen der eigenen Selbstreflexion kann einem das Buch kostbare Impulse schenken. Als naturverbundener Mensch ist es außerdem schön, in dieses Setting einzutauchen. Jedoch wurde es alles andere als spannend geschrieben. Das Buch regt sehr stark zu Eigeninterpretation an, da viele Fragen bis zuletzt unbeantwortet bleiben. 


  2. Cover des Buches Survive - Wenn der Schnee mein Herz berührt (ISBN: 9783802597565)
    Alex Morel

    Survive - Wenn der Schnee mein Herz berührt

     (464)
    Aktuelle Rezension von: Fantasticfox

    Das Cover ist einfach traumhaft und der Klappentext hat ich direkt berührt und zum Nachdenken angeregt. 

    So habe ich auch direkt mit dem Lesen angefangen und wurde von einem wunderbar emotionalen und angenehmen Schreibstil gefesselt, auch an Spannung hat es nicht gemangelt.

    Dementsprechend hat es auch nicht lange gedauert, bis ich mit dem Buch durch war. Ich wollte es nicht aus der Hand legen und gleichzeitig nicht, dass es zu Ende geht.

    Sehr tolles Buch.

  3. Cover des Buches Die dunkle Seite des Mondes (ISBN: 9783257057294)
    Martin Suter

    Die dunkle Seite des Mondes

     (710)
    Aktuelle Rezension von: KarinJ

    Dass der prominente Wirtschaftsanwalt Urs Blank von seinem Job frustriert ist, wird bereits mit dem ersten Satz des Romans klar. Wenig später erkennt der Leser, dass es sich um eine ausgewachsene Lebenskrise handelt. Besserung scheint die Bekanntschaft mit einem halb so alten Hippie-Mädchen zu bringen, bis Lucille Urs Blank jedoch in Kontakt mit Drogen bringt. Ein aufwändig inszentierter Pilz-Trip lässt den Anwalt vollends abstürzen. Er interpretiert es jedoch positiv als Befreiung seines inneren Tieres, das er im Lauf seiner Kindheit zu unterdrücken gelernt hatte (nomen est omen). In die Natur "zurückzukehren" und mit ihr eins zu werden wird ihm stetig wichtiger.

    Ich fand interessant, dass ich das Buch in keine "Schublade stecken" konnte. Ist es ein Roman oder ein Thriller? Richtig spannend wurde die Handlung für mich nicht, auch wenn die entsprechend notwendigen Elemente dafür vorhanden waren: Gewalttaten, überraschende Wendungen, mehrere Parteien, die auf der Jagd sind. Ich fand es ansprechend, wie gelungen anfangs der rote Faden von einem Kapitel ins nächste gereicht wurde, und ich fand es schade, dass es später eher zu einem Hin und Her zwischen den verschiedenen Figuren wurde. Die blieben etwas blaß. Gefühlen und Gedanken wurde viel Raum gegeben, dennoch war nicht immer vorhersagbar, wie jemand handeln würde - ein Pluspunkt für das Buch. Interessant fand ich zuerst auch die Dinge, die sich Urs Blank über die Natur, Survival und Jagd aneignete. Irgendwann, als mehrmals aufgelistet wurde, beispielsweise jeder Ausrüstungsgegenstand, wurde es mir zuviel, obwohl diese Auflistungen auch etwas vermitteln könnten: die Wichtigkeit des Unternehmens; die Kompetenz oder gar die Überlegenheit der Person, die sich so ausrüstet... Auch wenn diese als Stilmittel verstanden werden konnten, fand ich diese Stellen irgendwann dann langatmig. Gefallen hat mir die Idee, dass Kleinigkeiten, die eigentlich nichts mit der Sache zu tun haben, der Ausschlag sind, um die Sache zu wenden; also die Butterfly-Effekte der Handlung. Nicht ganz einverstanden war ich mit dem Ende. In Bezug auf die Hauptfigur war es sehr passend. Allerdings hätte ich mir für die Nebenfiguren einen Abschluß gewünscht, der jedoch offen blieb. Ich vergebe für das Buch vier Sterne.

  4. Cover des Buches Alabama Moon (ISBN: 9783841505576)
    Watt Key

    Alabama Moon

     (67)
    Aktuelle Rezension von: J_Welp

    Das Buch ist teilweise schon ganz schön zu lesen. Leider ist es mehr ein auf und ab. Der rote Faden fehlt leider oft und man versteht nicht so ganz wo das Buch einen hinführen möchte. Die Zusammenfassung auf der Rückseite des Buches finde ich irreführend da sie den Fokus ganz anders setzt als es im Buch der Fall ist.

    • Jugendbuch
    • 12-15 Jahre

    Beschäftigt sich mit:

    • Tod (3/10)
    •  Gewalt (1/10)
    •  Freundschaft (6/10)
    •  inneren Konflikten (7/10)
    •  Abenteuer (5/10)


    Eigene Interpretation und eigene Meinung


    Würde ich es nochmal lesen:

    • Als Kind (6-12): Ja
    • Als Jugendlicher (12-15): Ja
    • Als junger Erwachsener (16-18): Nein
    • Als Erwachsener (18+):  Nein
  5. Cover des Buches Die Geschichte des Edgar Sawtelle (ISBN: 9783442742561)
    David Wroblewski

    Die Geschichte des Edgar Sawtelle

     (28)
    Aktuelle Rezension von: Stefan83
    Wroblewskis Erstlingswerk, das bereits 2008 erschienen ist und dem er bisher kein weiteres hat folgen lassen, reiht sich ein in die Kategorie der Bücher, welche sich einer klaren Beurteilung durch meine Wenigkeit widersetzen. Literarischer Meisterwurf, schnarchlangweiliger Hundeausflug - die extrem unterschiedlichen Bewertungen im Internet deuten bereits an, das sich Sawtelles Debüt schwer fassen lässt. Und auch ich bin mir jetzt mit einer Woche Abstand noch nicht wirklich im Klaren, ob es mir denn nun gefallen bzw. wie man es insgesamt einzuordnen hat. Das der Trend immer mehr Richtung Prädikat "gut bis sehr gut" geht, liegt wohl in erster Linie daran, dass mit fortgeschrittener Zeit auch das langatmige erste Drittel des Romans in Vergessenheit gerät, das mich mit ausführlichsten Beschreibungen der Hundezucht mehrmals an den Rand des Leseabbruchs getrieben hat. Bis es zur der im Klappentext erwähnten Flucht Edgars kommt, dauert es schier unendlich lang, wird die Geduld des Lesers auf eine harte Probe stellt. Selbst wenn Sawtelle hier seine schriftstellerische Klasse andeutet - allein mit seinem stimmungsvollen, zweifelos schönen Stil lässt sich die Geschichte nicht tragen. Den Auftrag zu unterhalten, vernachlässigt er hier sträflich. Stattdessen ellenlange, mit Metaphern durchsetzte Schachtelsätze, Wiederholungen, Rückblicke, Pausen immer gerade dann, wenn man hofft, dass das Ganze endlich Fahrt aufnimmt. Mit Edgars Aufbruch in die umliegenden Wälder kippt dann jedoch die Waage zugunsten des Lesers. Wo zuvor Sawtelles Beschreibungen des Familienlebens vor allem bemüht daherkamen, scheint er nun in seinem Element, brilliert bei seiner Darstellung der Natur. Gemeinsam mit Edgar und den Hunden schlägt man sich durchs Unterholz. Schwitzend, hungernd, von Mücken zerstochen. Sawtelles Hang zum bildreichen Skizzieren spielt nun endlich all seine Stärken aus. Und auch den Figuren kommt man, durch die Augen der vierfüßigen Begleiter, jetzt näher. Das Feingefühl, mit dem der Autor die Beziehung zwischen Jungen und Hunden zeichnet, lässt uns den Wunsch nach mehr Tempo vergessen, lässt uns innehalten. Langsam erkennt man die Botschaft hinter dieser Geschichte aus Schuld und Rache, Liebe und Hass, Eifersucht und Neid. Wunderschön die Passagen beim exzentrischen Henry Lamb, der Edgar Zuflucht gewährt und ihm und seinen Hunden das Herz öffnet. Hätte Sawtelle an dieser Stelle die Feder beiseite gelegt, das Buch hätte einen Platz weit oben in meiner persönlichen Lieblingsliste inne gehabt. Leider lässt der Autor Edgar umkehren und inszeniert ein feuerreiches Zusammentreffen, das letztlich wenig Überraschungen bietet und dem ohnehin schon sehr melancholischen Werk noch ein dicke Portion Düsternis hinzufügt. Dieses Finale beißt sich irgendwie mit dem bis hierhin so ruhigen Ton der Geschichte und macht sich in einer zukünftigen Verfilmung wahrscheinlich besser als auf Papier. Lange Rede, kurzer Sinn: "Die Geschichte des Edgar Sawtelle" ist ein feinsinniger, trauriger, herzzerreißend schöner, aber auch streckenweise überambitionierter Roman. Eine Mischung aus Daniel Woodrell und Jack London, die mit einem penibleren Lektor ein weit größerer Wurf hätte werden können.
  6. Cover des Buches So geht das! Mehr! (ISBN: 9783868034356)
    Derek Fagerstrom

    So geht das! Mehr!

     (5)
    Aktuelle Rezension von: The iron butterfly
    Weltweit begrüßen, Tomaten ziehen, Dartspiel beherrschen, kaputte Fliesen ersetzen...alles kein Problem mit dem witzigen Anleitungsbuch für alle Lebenslagen. Kurz und knackig erklären simple Grafiken Schritt für Schritt wie man die verschiedensten Situationen mit wenigen Handgriffen bewältigen kann. Lustig sind jedoch vorallem die abwegigen Ideen und Herausforderungen des "Alltags", bei denen Hilfe angeboten wird...z.B. mit einem Raketenrucksack reisen, in einem Koffer abhauen, sich in Nigeria da Jawort geben, die Pubertät überstehen, gefährlich wird es dann wirklich, wenn es darum geht einen zu Skorpion essen...oder Fugu zuzubereiten. Davon würde ich eher abraten, aber das tun die Autoren dann doch auch und weisen auf die spezielle Ausbildung der Köche in Fugurestaurants hin. Also nicht alles ganz ernst nehmen und trotzdem mit den zahlreichen tollen Ideen und Anleitungen Spaß haben. Ich probiere es ganz sicher mal mit Quilling und dem Anlocken von Schmetterlingen im Sommer. In jedem Fall ein witziges Buch, das anregt und Spaß macht.
  7. Cover des Buches Das wilde Kind (ISBN: 9783423140652)
    T. C. Boyle

    Das wilde Kind

     (131)
    Aktuelle Rezension von: bookstories

    Auf den US-amerikanischen Schriftsteller Thomas Coraghessan Boyle, oder meist nur kurz T.C. Boyle genannt, wurde ich vor fünfzehn Jahre aufmerksam, als wir in einem Lesezirkel "Drop City" lasen, die Geschichte über eine ausgeflippte Hippie-Kommune, die in den 70er Jahren von Kalifornien nach Alaska zog, ein Roman von Boyle, bei dem es nicht wie so oft um reale Persönlichkeiten aus der Vergangenheit geht, dafür umso mehr um gesellschaftskritische Aspekte, die bei Boyle auch immer eine Rolle spielen, und um das Verhältnis des Menschen zur Natur.


    "Das wilde Kind" zog ich vor ein paar Jahren aus dem Regal in einem Gebrauchtbuchladen, weil mich einerseits der mysteriös gestaltete Buchumschlag des Carl Hanser Verlags neugierig machte (auch ein etwas handfesteres, robusteres Papier, dessen Oberkante nicht so schnell in Mitleidenschaft gezogen wird), und andererseits, was natürlich ausschlaggebend war, das Thema der Erzählung. Ich wusste nicht, dass T.C. Boyle auch kürzere Geschichten schreibt. Über hundert Kurzgeschichten sollen es bisher sein, neben seinen achtzehn bisher veröffentlichten Romanen. Ich bin kein Schnellleser, für diese sechshundert Seiten langen Wälzer brauche ich einige Tage. Vielleicht habe ich deshalb diese Erzählung den anderen Büchern T.C. Boyles vorgezogen, die ich, wie ich zu meiner Schande gestehen muss, noch nicht gelesen habe.


    Mit "Das wilde Kind" begebe ich mich bereits auf den zweiten Lesedurchgang. Ein schmales Buch, das mich schon bei der ersten Lektüre ziemlich bewegt und zum Nachdenken angeregt hat. Wir hatten damals noch einen Hund, von dem wir uns letztes Jahr leider verabschieden mussten; er war alt und konnte seine Notdurft nicht immer zurückhalten, wenn ich nicht rechtzeitig mit ihm vor die Tür kam. Jene Stelle im Buch, wo Victor, der Junge aus dem Wald, einfach ein glänzendes Häufchen mitten ins Zimmer setzt, liess mich unweigerlich an das Verhalten unseres Hundes denken. So ist an einer anderen Stelle in der Geschichte auch zu lesen, dass das wilde Kind nicht mehr Bewusstsein besitzt als ein Hund oder eine Katze.


    Mit "Das wilde Kind" greift T.C. Boyle eine wahre Begebenheit auf und erzählt über das Wolfskind Victor von Aveyron, das 1797 in Frankreich in einem Wald bei Saint-Sernin-sur-Rance im Département von Aveyron entdeckt und fünfzehn Monate später von Jägern eingefangen werden konnte. Das Buch handelt vom Versuch der französischen Aristokratie und Wissenschaft, das Verhalten und die Anlagen des Kindes zu erforschen und es letztlich zu zivilisieren. Lange wurde für seine Erscheinung der wissenschaftliche Begriff "Juvenis averionensis" verwendet, als Untertyp des von Carl von Linné definierten "Homo ferus", lateinisch für wilder Mensch. Boyle nennt am Ende des Buches zwei Quellen, auf die er für manche Details in der Erzählung zurückgegriffen hat: "Das wilde Kind von Aveyron" von Harlan Lane und "The Forbidden Experiment" von Roger Shattuck.


    Gerade bei biografischen bzw. historischen Begebenheiten stellt sich immer die Frage, wieviel Wahrheit mit wieviel Fiktion vermischt wird. Boyle stellt auch keinen Anspruch an absolute realitätsgetreute Abbildung, obwohl er hier sehr nah an der Wirklichkeit erzählt, und preist seine Novelle, die ursprünglich Teil seines Romans "Talk Talk" werden sollte und nun als eigene Story daherkommt, als fiktionalisierte und ins Mythische überhöhte Geschichte von Victor. Das Verhältnis zur Natur, die subtile Grenze, an der sich entscheidet, wer Mensch und wer Tier ist, Geschichten, die vom animalischen Wesen des Menschen handeln, sollen Boyle schon immer fasziniert haben.


    Im Herbst des Jahres 1797, die französische Revolution tritt in seine letzte Phase, wurde im Wald eine nackte Kreatur gesichtet, ein wildes Kind, das erst im darauffolgenden Frühjahr von drei Jägern eingefangen werden kann. Es wird in das Wirtshaus des Dorfes Lacaune gebracht, wo sich die meisten Dorfbewohner einfinden und sich die mysteriöse Gestalt beschauen wollen, deren unheimliche Existenz schon seit Monaten als Legende köchelt. Die Menschen brauchen nach dem Terror des Königs den Glauben an etwas Unerklärliches, Wunderbares. Der Junge bricht in der Nacht jedoch aus der Taverne aus und kann den Jägern während den nächsten zwei Jahren immer wieder entwischen. Eine Zeit, in der sich die Kreatur als Dämon, als Geist ins Bewusstsein der Bürger einbrennt. Sie nennen ihn den Nackten, den Wilden. L’animal. 


    Ein harter Winter treibt ihn 1799 in die Hütte des Färbers Vidal. Dieser zeigt Mitgefühl, da eine Narbe am Hals des Jungen ihn an seine tote Schwester erinnert, der vor einem halben Jahrhundert dasselbe Schicksal widerfahren war. Damals schnitt man Kindern, die aus irgendeinem Grund nicht willkommen waren, im Wald einfach die Kehle durch, was dieser Wilde jedoch überlebt zu haben schien. Doch was im ersten Moment als Sympathie beginnt - der Färber versucht sich dem Jungen anzunähern und ihm Essen anzubieten, kippt Stunden später schon in Abscheu um, als der Wilde die Hütte des Färbers verwüstet und auf einer Ratte herumkaut. Vidal, dem Gerüchte über diese Kreatur zu Ohren gekommen sind, übergibt den Jungen in die Verantwortung des Regierungskommissars von Saint-Sernain, der ihn, in Begleitung einer ganzen Bürgerschar, in der Hütte des Färbers abholt.


    Kommissar Constans-Saint-Estève, ebenso Mitgefühl zeigend, aber auch Aufsehen witternd, quartiert das Kind in seinem Hause ein und unternimmt erste Annäherungsversuche, doch als in der Nacht, in der er den Wilden eingesschlossen in seinem Arbeitszimmer zurücklässt, der über dreissig Jahre alte Graupapagei der Fresslust des Wilden zum Opfer fällt, wird der Junge ins Waisenhaus nach Saint Affrique gebracht. Zwei konkurrierende Naturforscher – Abbé Roche Ambroise Sicard vom Taubstummeninstitut in Paris, und Abbé Pierre Joseph Bonnaterre, Professor für Naturgeschichte, stellen den Antrag, das Kind zu sich nehmen zu dürfen. Bonnaterre erhält den Zuschlag und ist froh, dass er den Jungen bis zum entgültigen Entscheid des Innenministers zum Studium bei sich haben darf. Der Junge zeigt erste Anzeichen der Anpassung, doch an menschliche Verhaltensweisen oder gar gesellschaftliche Gepflogenheiten ist nicht zu denken. Lange bleibt Bonnaterre im Ungewissen, ob der Junge taubstumm ist, denn auf die menschliche Sprache scheint er nicht zu reagieren. Dann bricht er wieder aus, kann am Rand des Waldes aber eingefangen werden.


    Schliesslich wird er nach Paris ins Taubstummeninstitut zum Abbé Sicard gebracht, der schon bald dem jungen und ehrgeizigen Arzt Jean-Marc Gaspard Itard die Erlaubnis erteilt, mit dem Jungen zu arbeiten. Er selbst hat ihn aufgegeben. Ein unheilbar Schwachsinniger sei er. Er habe nicht vor, seine Reputation für ein Wesen aufs Spiel zu setzen, das über weniger Verstand verfüge als eine Katze. So ist es Itard, der sich, in Zusammenarbeit mit der Frau des Hausmeisters, Madame Guérin, dem Jungen annimmt. Itard ist ehrgeizig, setzt für seine Experimente gerne Belohnungen und Strafen ein und verfolgt nicht ausschliesslich selbstlose Motive, denn wer legt nicht Wert auf gesellschaftliche Anerkennung. Eine Einladung zum Salon von Madame de Récamier sieht Itard nicht nur als grosse Chance, für Victor Fürsprache der mächtigsten und einflussreichsten Menschen Frankreichs zu erhalten, sondern auch, um selbst zu Ruhm und Anerkennung zu gelangen. Denn mittlerweile wird das Projekt vom Ministerium mitfinanziert.


    Victor wächst heran. Seine Pubertät erschwert die Arbeit, Itard ist verzweifelt, kommt an seine Grenzen. Victors Triebe, verbunden mit seiner fehlenden Scham, lassen ihn für die anderen Jungen und Mädchen des Taubstummeninstituts zur Belastung werden. Victor selbst erscheinen seine Gefühle unverständlich. Irgendwann entscheidet sich Sicard, das Projekt abbrechen zu lassen. Itard muss einen Abschlussbericht schreiben. Madame Guérin und ihrem Mann wird ein kleines Haus ausserhalb des Instituts finanziert, wo sie den Jungen zur Pflege aufnehmen sollen. Hierfür erhält Madame Guérin von der Regierung eine jährliche Rente von 150 Francs. Itard zieht sich zurück und widmet sich anderen Aufgaben, allmählich bricht der Kontakt zu Victor ab. Als Madame Guérins Mann stirbt, wird auch sie immer schwächlicher und kann sich nicht mehr um Victor kümmern. Dieser lebt in den Tag hinein, in die Jahre, kommt ohne Zuneigung in der zivilisierten Welt nicht zurecht und stirbt im Alter von vierzig Jahren.


    Die Erziehungs- und Lernresistenz des Wolfskindes stellen erst Bonnaterre und dann Itard vor die Frage, ob dessen geistige Einschränkungen eine traumatische Folge seines Überlebenskampfes im Wald sind, oder ob diese schon in seiner Veranlagung liegen. Victor kann nicht zivilisisiert werden, sein Verhalten bleibt animalisch, sein Bewusstsein ist auf eine primitive Wahrnehmung ausgerichtet. Kombinatorische, kognitive Fähigkeiten sind kaum erkennbar. Zudem beschäftigt die Frage, inwiefern der Mensch als unbeschriebenes Blatt zur Welt kommt und dieses durch Konditionierungen und Prägungen erst beschrieben wird, oder ob ein bereits vorhandene Veranlagung durch Erziehung, Kultur und Gesellschaft modifiziert wird. Sicherlich weder nur das eine oder das andere. Sicherlich findet die Wissenschaft heute zufriedenstellendere Antworten als damals in der Spätzeit der Aufklärung, wo solche Forschungsarbeiten noch Phänomene darstellten. Die Wissenschaft wird diese Frage wohl nie abschliessend beantworten können. Was die Existenz des Menschen in seiner Essenz ausmacht, kann wohl nur in spirituellen Dimensionen erfahren werden, wo solche Fragen unwesentlich sind.


    Boyles leichte und bildkräftige Sprache gefällt mir. An nur wenigen Stellen dieser in acht Kapitel eingeteilten Erzählung rutscht er in die Perspektive Victors ab, was ich als unpassend empfunden habe. Wie Victor fühlt oder wahrnimmt, von Denken kann nicht die Rede sein, kann aus der Sicht eines intellektuellen Geistes nicht beschrieben werden. Diese wenigen Stellen wiegen aber zu wenig schwer, um das Buch nicht als wunderbare Darstellung einer realen und tragischen Persönlichkeit zu geniessen, die sich selbst nicht als solche wahrgenommen hat.


    Review mit Zitaten und Bildern auf https://www.bookstories.ch/gelesenes1/das-wilde-kind 

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