Bücher mit dem Tag "unfassbar traurig"
10 Bücher
- Jojo Moyes
Ein ganzes halbes Jahr
(11.846)Aktuelle Rezension von: AbnunchaIch bin Lou, so stellt sie sich Will Traynor vor, so platzt sie quasi in seine Welt, dabei könnten die beiden unterschiedlicher nicht sein. Lou ist auf der Suche nach einer neuen Arbeit was in ihrer Gegend sehr schwierig ist und die Traynors suchen eine ja was, eine Gesellschafterin? Will Traynor war ein aufstrebender Jungmanager der mit viel Glimmer und Freude durchs Leben ging, nichts schien zu hoch, zu weit oder zu teuer. Ein schwerer Unfall ändert sein Leben schlagartig und was Louisa zunächst nicht weiß, er möchte aus dem Leben treten und gibt seinen Eltern noch ein halbes Jahr. Lou schafft es nach einem holprigen Start Wills Leben und schließlich sein Herz zu erobern, doch was nach Leichtigkeit aussieht zerbricht schließlich am Wunsch zu sterben. Lou widerstrebt es Will auf diesem Weg zu begleiten, aber die Liebe zu ihm scheint größer zu sein. Wie viele Leser dieses einfühlsame Buch wohl bisher verzaubert hat und vielen wird sich Lou ins Herz gespielt haben. Ich finde diese Geschichte ist abgeschlossen, ich habe auch die Fortsetzung „Ein ganz neues Leben“ gelesen, einige Dinge sollten so bleiben, und es braucht nicht immer ein wie geht es weiter, das Buch „Ein ganz neues Leben“ hat mich nicht abgeholt. Denn Lou und das sei hier verraten leider nichts aus ihrem ungewöhnlichen Kleidungsstiel und ihren Träumen macht, das wäre eine Geschichte als Fortsetzung gewesen, leider leidet sie nur am Helfersyndrom und das zerstört die Geschichte. Ein ganzes halbes Jahr ist traumhaft schön, vielen Dank.
- John Green
Das Schicksal ist ein mieser Verräter
(12.777)Aktuelle Rezension von: bibliophilaraAls leidenschaftliche Hobbyleserin ist es ja fast schon eine Schande zu gestehen, dass ich noch nie ein Buch von John Green gelesen habe. Er selbst feiert mit seinen Büchern große Erfolge, so sind bisher zwei davon als Kinofilme erschienen: „Margos Spuren“ und „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ mit Shailene Woodley in der Hauptrolle. Letzteres erhielt 2013 außerdem den Deutschen Jugendliteraturpreis und hat sehr viele Fans. Deswegen habe ich mich mit meiner ersten Lektüre für das Jugendbuch entschieden, das im Original „The Fault in our Stars“ heißt und 2012 erschien.
Die 16-jährige Hazel Grace Lancaster lebt im Jahr 2011 als Einzelkind mit ihren Eltern in einem Haus im amerikanischen Indianapolis. Ihr Vater geht arbeiten, während ihre Mutter sich um sie kümmert, denn sie hat einen Schilddrüsentumor im Stadium IV, der bereits in ihre Lunge metastasiert ist, weshalb sie immer mit einer Sauerstoffflasche unterwegs sein muss. Neben des Colleges besucht Hazel auch eine Selbsthilfegruppe für krebskranke Kinder und Jugendliche, wo sie eines Tages Augustus Waters, kurz Gus, begegnet, dem aufgrund eines Osteoblastoms ein Unterschenkel fehlt. Beide sind von Anfang an hin und weg voneinander und werden schnell Freunde. Als Hazel ihm dann ihr Lieblingsbuch „Ein herrschaftliches Leiden“ ausleiht, erfüllt er ihr ihren größten Wunsch und organisiert ein Treffen mit dem Autor Peter van Houten. Dafür muss Hazel aber nach Amsterdam reisen, obwohl ihr gesundheitlicher Zustand nahezu kontinuierlich abnimmt.
„Im Winter meines siebzehnten Lebensjahres kam meine Mutter zu dem Schluss, dass ich Depressionen hatte, wahrscheinlich, weil ich kaum das Haus verließ, viel Zeit im Bett verbrachte, immer wieder dasselbe Buch las, wenig aß und einen großen Teil meiner reichlichen Zeit damit verbrachte, über den Tod nachzudenken.“, ist der erste Satz des ersten Kapitels. Aus der Ich-Perspektive berichtet die Protagonistin Hazel Grace Lancaster im Präteritum auf fast 350 Seiten. Außerdem finden sich im Jugendbuch Briefe, E-Mails oder SMS zwischen Hazel, Augustus, Peter van Houten oder seiner Assistentin Lidewij Vliegenthart.
Hazel ist eine außergewöhnliche junge Frau, die sich selbst aber für recht unscheinbar hält. Sie ist intelligent, sensibel, schüchtern, verträumt, geistreich, liebenswürdig und hat einen Hang zum Sarkasmus, wodurch sie mit Gus schnell auf einer Wellenlänge ist. Manchmal wirkt sie aber auch verunsichert und noch pubertär, wobei ihre verbliebenen kindlichen Züge zum Vorschein kommen, zum Beispiel, dass sie nur zur Selbsthilfegruppe geht, wenn ihre Mutter ihr dafür die verpasste Castingshow im Fernsehen aufnimmt. Neben der doch sehr seichten Unterhaltung liebt Hazel es jedoch zu lesen, vor allem ihr Lieblingsbuch „Ein herrschaftliches Leiden“ von Peter van Houten, das sie bereits unzählige Male gelesen hat und zu dem sie im Verlauf der Geschichte immer wieder greift. Für mich war es natürlich sehr einfach mit einer Protagonistin zu sympathisieren, die eine Leidenschaft für Literatur hat, klug und empathisch ist. Hazel ist, so wie die anderen Charaktere ebenfalls, sehr einzigartig, facettenreich und liebevoll gezeichnet, dabei glücklicherweise weit weg von den typischen, stereotypen Protagonistinnen aus anderen Jugendbüchern. Dies wird auch dadurch untermalt, dass eine ihrer größten Ängste ist, in den Augen Anderer nur als reine Krebspatientin betrachtet zu werden und nicht als menschliches Individuum.
Hazel steht ganz klar im Fokus der Geschichte, wobei vor allem die Beziehungen zu ihren Mitmenschen dargestellt werden. Dazu gehört die erste große Liebe mit Augustus und die Frage, ob man noch eine Partnerschaft aufbauen darf, wenn man todkrank ist. Außerdem lernt Hazel in der Selbsthilfegruppe andere krebskranke Jugendliche kennen, denen es teilweise besser, aber auch schlechter geht als ihr, die schlimmstenfalls versterben und ihr aufweisen, wie es ihr unter anderen Umständen hätte ergehen können. Eine besondere Freundschaft hat sie zu Isaac, dem aufgrund eines Tumors im zweiten Auge, das ihm noch bleibt, sein Augenlicht verliert. Während Hazel also kaum Atmen kann, ist Isaac blind und es ist unklar, welches Schicksal schlimmer ist. Hazel hat aber auch gesunde Freunde, vor allem Kaitlyn. Aufgrund von Hazels Erkrankung, wird die Differenz zwischen den beiden jedoch immer größer und obwohl sich beide sehr bemühen, die alte Schulfreundschaft aufrecht zu erhalten, breitet sich zwischen ihnen oft eine peinliche Stille aus, da sie in völlig unterschiedlichen Welten leben. Der Krebs zerstört also alte Freundschaften. Besonders schön ist der Briefwechsel zwischen Peter van Houten und Hazel oder Gus, in dem sich so wundervolle Phrasen finden wie: „Man kann sich nicht aussuchen, ob man verletzt wird auf dieser Welt, […] aber man kann ein bisschen mitbestimmen, von wem.“
Am allermeisten hat mich aber die Beziehung zwischen Hazel und ihren Eltern berührt, die selbst verzweifelt und hilflos sind, jedoch immer liebevoll zu Hazel. Ihre Mutter hat ihren Beruf aufgegeben und Hazel schämt sich dafür, ihren Eltern zur Last zu fallen. Ihr Vater ist sehr nah am Wasser gebaut und wirkt noch verlorener als seine Frau, sein einziges Kind in diesem Zustand zu sehen. Im Nachhinein sind Hazels Eltern diejenigen, die das größte Mitleid verdient haben. Bereits auf Seite 14 heißt es: „Denn es gibt nur eins auf der Welt, das ätzender ist, als mit sechzehn an Krebs zu sterben, und das ist, ein Kind zu haben, das an Krebs stirbt.“
Greens Schreibstil ist einfach und doch kreativ, ohne je zu überzogen zu wirken. Dieser einzigartige Stil weiß zu fesseln und mitzureißen. Es gibt viele witzige Passagen, die einem ein Grinsen entlocken, aber auch tiefgründige und traurige Szenen, die von der eigenen Mortalität und der Bedeutungslosigkeit einer einzelnen Existenz handeln. Es ist eine emotionale Achterbahn, die sich aufregend und nicht kitschig anfühlt. Green gelingt der perfekte Spagat zwischen einer individuellen Liebesgeschichte und dem Innenleben eines krebskranken Mädchens, das sich um ihre Zukunft betrogen fühlt.
Ein kleiner inhaltlicher Patzer ist mir dann leider doch noch aufgefallen. Hazel muss wegen ihrer Lungenmetastasen über eine Nasenbrille kontinuierlich Sauerstoff zugeführt bekommen, deren Flasche laut ihrer Aussage „mit einem Liter Sauerstoff pro Minute“ läuft. Trotzdem habe sie sehr schnell mit Luftnot zu kämpfen, ihre Finger seien stets unterkühlt, was ebenfalls für Sauerstoffmangel spricht und schon längeres Stehen strengt sie sehr an. Das ist aber auch kein Wunder, weil ein Liter Sauerstoff pro Minute wirklich enorm wenig ist und unter Ärzten schon scherzhaft als homöopathische Dosis bezeichnet wird. Ihre Symptome sind klare Zeichen für einen dauerhaften Sauerstoffmangel, der nicht sein müsste, wenn mal jemand ihren Sauerstoff auf zwei oder drei Liter pro Minute erhöhen würde. Warum das nicht getan wird, ist mir schleierhaft. Für Hazel bedeutet das nur eine verminderte Lebensqualität. Ist es Greens Absicht, um ihre Krankheit zu dramatisieren? Oder hat er einfach nicht gut genug über die Dosierungen von Sauerstoff recherchiert? So oder so, professionell betrachtet ist Hazel in dieser Hinsicht einfach medizinisch schlecht versorgt.
Wer den Film schon kennt, so wie ich, wird vom Ende nicht sonderlich überrascht sein. Der Film ist sehr nah an der Buchvorlage, nur kleinere Szenen oder ein paar Nebencharaktere, zum Beispiel Kaitlyn, wurden weggelassen. Auch wenn „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ die optimale Länge hatte, hätte ich es gerne noch über das Ende hinaus weitergelesen, einfach weil es so einen zauberhaften Stil und eine schöne Atmosphäre hat.
John Green hat mit „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ eine Liebesgeschichte kreiert, die nachhallt. Er hat jugendliche Figuren geschaffen, die sich von den stereotypen Teenagern abheben, die man sonst so oft in der Literatur vorfindet. Das Jugendbuch ist wirklich zu empfehlen und das nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene, die genug Weitsicht besitzen, um nicht vor einer Teenager-Protagonistin zurückzuschrecken. Anderthalb Probleme bleiben: Die schlecht recherchierte Sauerstoffversorgung von Hazel und, obwohl die Geschichte mich glücklich und traurig zugleich machte, fehlte das allerletzte Quäntchen, das mir Tränen in die Augen treibt. Deswegen gebe ich dem Roman aus dem Jahr 2012 vier von fünf Federn. Ich werde in Zukunft definitiv noch mehr Bücher von John Green lesen, weshalb ich mir „Margos Spuren“ bereits auf die Wunschliste geschrieben habe.
- Jenny Downham
Bevor ich sterbe
(1.920)Aktuelle Rezension von: momos-bookshelfWir haben "Bevor ich sterbe" damals in der Schule als Lektüre ausgesucht und uns damit thematisch auseinander gesetzt. Es ist ein berührendes und inspirierendes Buch, welches zum Nachdenken anregt und uns ermutigt das Leben mehr zu genießen. Ich würde sagen in "vollen Zügen zu genießen".
Man weiß nie wann das Leben endet - manchmal kommt es plötzlich und letzendlich bleiben uns als HInterbliebende dann nur noch unsere Erinnerungen und alles, was wir nicht gesagt haben und bereuen.
Der Hauptcharakter führt eine Liste mit Erfahrungen die sie machen will und versucht diese abzuarbeiten, sich mit ihren Ängsten zu konfrontieren und erkennt dabei die Schönheit des Lebens in ihrer schwersten Zeit.
Die Charaktere sind vielschichtig und realistisch, insbesondere Tessas Beziehung zu ihrer Familie und ihren Freunden, die von Trauer, Hoffnung und letztlich von Akzeptanz geprägt sind. - Jodi Picoult
Beim Leben meiner Schwester
(1.887)Aktuelle Rezension von: dadaeliDieses Buch ist einfach ein moderner Klassiker.
Behandelt werden ethische Grundfragen und vor allem wie diese und auch Krankheit selbst eine Familie und all ihre Individuen verändert.
Ohne zu viel zu verraten, aber ich habe Rotz und Wasser geheult... denn das Ende ist einfach so unfair und kommt um Längen nicht an den Film heran
- Anne Freytag
Mein bester letzter Sommer
(869)Aktuelle Rezension von: bibliophilaraFür die Lesechallenge im Juni sollte ich ein Buch mit meiner Lieblings-Trope lesen. Das ist mir relativ schwer gefallen, da ich erstens nicht wirklich eine Lieblings-Trope habe, und ich mich zweitens bei Büchern auch gerne überraschen lasse, worauf der Plot hinausläuft, während Tropes wie Enemies to Lovers, Friends to Lovers oder Fake Dating schon sehr deutlich verraten, worauf man sich als Leser einlässt. Aber etwas, was ich sehr liebe, sind Geschichten, die sommerliche Urlaubsgefühle vermitteln, welche ich auch ausschließlich im Sommer lese. Dies gepaart mit ein wenig Romance hat mich unweigerlich zu „Mein bester letzter Sommer“ von Anne Freytag greifen lassen. Das 2016 erschienene Jugendbuch wurde 2017 für den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie der Jugendjury nominiert. Es erzählt die Geschichte einer todkranken Teenagerin, die den letzten Sommer ihres Lebens verbringt.
Die 17-jährige Tessa van Kampen lebt mit ihren Eltern und ihrer jüngeren Schwester Larissa in einem Haus in München. Eigentlich könnte sie eine ganz normale Teenagerin sein, hätte sie nicht von Geburt an einen inoperablen Herzfehler. Ihr Gesundheitszustand hat sich in den vergangenen Monaten so stark verschlechtert, dass die Ärzte ihr nur noch wenige Wochen geben. Dabei hat Tessa das Gefühl, noch nicht wirklich gelebt zu haben. Sie hatte weder einen Freund noch wurde sie geküsst und hat auch sonst nie über die Stränge geschlagen. Doch dann trifft sie Oskar Salzmann und verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Er schenkt ihr den besten letzten Sommer ihres Lebens voller Gefühle und unvergesslicher Momente.
„Die großen Kopfhörer liegen weich auf meinen Ohren und verschlucken die Außenwelt.“, ist der erste Satz des Prologs. Tessa erzählt ihre Geschichte aus der Ich-Perspektive im Präsens. In den späteren Kapiteln fungiert auch Oskar als Ich-Erzähler. Der Prolog beschreibt die Szene, in der Tessa zum ersten Mal Oskar begegnet, und zwar in der Münchener U-Bahn. Für sie ist er ein Fremder, doch sie kann während der Fahrt den Blick nicht von ihm abwenden und trauert ihm förmlich nach, als sie aussteigen muss. Die Kopfhörer im ersten Satz, die auch auf dem Cover zu sehen sind, werden als „weich“ beschrieben und vermitteln so ein Gefühl von Geborgenheit, während Tessa Musik hört. „Mein bester letzter Sommer“ wird über mehr als 350 Seiten erzählt.
Protagonistin ist die 17-jährige Tessa van Kampen, die mit ihrer Familie in München wohnt. Ihr Vater ist Anwalt und ihre Mutter Greta Hausfrau, sodass Tessa sowohl wohlbehütet als auch finanziell abgesichert aufwächst. Im weitläufigen Garten gibt es einen Pool und zu ihrem 16. Geburtstag haben sie und ihre Freundinnen einfach mal Flugtickets und Hotelaufenthalte in London spendiert bekommen. Tessa hat blonde Haare, blaue Augen und sagt von sich selbst, dass sie schon immer schlank gewesen sei, durch die Krankheit aber weitestgehend abgemagert wäre. Dennoch hat sie einen gesunden Appetit und schlägt sich gerne mal den Bauch voll. Auf andere Jungen scheint sie offensichtlich attraktiv zu wirken, sie selber findet sich aber nicht besonders hübsch. Insgesamt ist Tessa ein recht braves Mädchen, das stets gute Noten schreibt, fleißig ist und noch nie einen Freund hatte. Sie selbst beschreibt sich als Kontrollfreak und hat mit dem Kontrollverlust aufgrund ihrer Krankheit sehr zu kämpfen. Dass sie nicht mehr lange leben wird, belastet sie psychisch enorm und dieser Frust schlägt nicht selten in Wut oder Gehässigkeit um, die sie an ihrer Familie auslässt. Das Verhältnis zu ihrer Mutter und ihrer Schwester hat sich aufgrund ihrer Diagnose verschlechtert, denn Tessa ist im Streit manchmal ungerecht. Ihre Angst vor dem Tod, ihre Verzweiflung und das Gefühl von Unfairness machen Tessa aber erst zu einer menschlichen Protagonistin mit nachvollziehbaren Schwächen. Ich bin wirklich beeindruckt, wie vielseitig und nahbar Tessa geschrieben wurde.
Freytags Schreibstil ist authentisch und emotional. Es gelingt ihr, Tessas Gedanken auf eine berührende Art zu schildern, wobei sie eine moderne und einfache Sprache verwendet, die gut zur jugendlichen Protagonistin passt. Die bildhaften und leicht poetischen Elemente haben die bittersüßen Momente des Romans wunderbar eingefangen, weshalb ich ab und an ein Tränchen verdrücken musste. Bei Stellen wie: „Meine Mutter wird sich die Tränen aus den Augenwinkeln tupfen, und mein Vater wird schlucken. Aber dann werden sie essen und ihre Gläser heben. Sie werden mich vermissen, aber das Leben wird weitergehen. Ohne mich. Sie werden einen Tag nach dem anderen hinter sich bringen, und eines Tages werde ich nicht mehr so fehlen wie am Tag zuvor.“, da bleibt wohl kein Auge trocken. Das Tempo variiert und schafft damit eine gute Balance zwischen ruhigeren, emotionalen Momente und schnelllebigen Szenen, die vor Lebensfreude nur so sprühen. Die Atmosphäre ist eine Mischung aus sommerlichen Feel-Good-Vibes und bedrückender Angst vor dem näher rückendem Tod. Die Message ist ganz klar: Genieße jeden Tag deines Lebens in vollen Zügen, denn eines Tages musst du dich von dieser Welt verabschieden. Niemand weiß, wie viel Zeit ihm oder ihr noch bleibt, aber Tessa lernt, jede Sekunde auszukosten und den Moment zu leben.
„Mein bester letzter Sommer“ hat allerdings einen unübersehbar großen Schwachpunkt: seine medizinische Ungenauigkeit. Zu Beginn wird lediglich erwähnt, dass Tessa mit einem Herzfehler, bzw. „ein[em] Loch“ (S. 102) im Herzen geboren wurde. Das ist maximal ungenau, aber da ich drei Jahre lang in der Kardiochirurgie gearbeitet habe, gehe ich davon aus, dass sie mit einem Ventrikelseptumdefekt (VSD) zur Welt kam, dem häufigsten angeborenen Herzfehler. Dabei hat die Scheidewand zwischen der linken und rechten Herzkammer ein Loch, sodass sich sauerstoffreiches und -armes Blut miteinander vermischen. Später erzählt sie, ihr würde außerdem „die Lungenschlagader“ (Lungenarterie, Arteria pulmonalis) fehlen. Auch das kann medizinisch betrachtet so nicht stimmen, denn das wäre nicht mit dem Leben vereinbar. Tessa wäre bereits kurz nach ihrer Geburt gestorben. Was deutlich wahrscheinlicher ist, ist dass Tessa eine Fehlbildung hat, die als „Transposition der großen Arterien“ (TGA) bezeichnet wird. Auch dieses Krankheitsbild gehört mit 2-3% zu den häufig angeborenen Herzfehlern. Dabei ist die Lungenarterie mit der linken Kammer anstatt der rechten verbunden. Stattdessen geht die Aorta von der rechten Kammer ab. Das führt dazu, dass das sauerstoffarme Blut ohne Anreicherung wieder in den Körperkreislauf geschleust wird, während der Lungenkreislauf das sauerstoffreiche Blut die ganze Zeit nur im Kreis zwischen Lunge und Herz pumpt. Dass Tessa zusätzlich einen VSD hat, rettet ihr das Leben, da so zumindest etwas sauerstoffreiches Blut in den Körperkreislauf gelangt. Im Buch erklärt Tessa Oskar, die einzige Therapie wäre „eine Herz-Lungen-Transplantation“ (S. 104). Auch das ist nicht richtig, denn eigentlich benötigen Neugeborene, die sowohl mit einem VSD als auch mit einer TGA zur Welt kommen, zügig die sogenannte Arterielle Switch-Operation, bei der Lungenarterie und Aorta kurz oberhalb der Herzklappen abgetrennt und vertauscht werden. Anschließend wird der VSD verschlossen, sodass der Kreislauf dann dem anatomisch richtigen Verlauf entspricht. 90% aller mit TGA geborenen Kinder erreichen übrigens das Erwachsenenalter, das heißt so tödlich wie die Krankheit hier dargestellt wird, ist sie glücklicherweise nicht. Bei Tessa wurden diese Operationen allerdings nie durchgeführt, warum auch immer. Sie wurde zwar mehrfach operiert, da sie auch eine OP-Narbe beschreibt, die von einer Sternotomie herrührt. Jedoch wurde laut ihrer Aussage weder das Loch geschlossen noch eine Switch-Operation durchgeführt. Was die Ärzte stattdessen getan haben, weiß ich nicht, und ich traue mich zu sagen: Anne Freytag weiß es auch nicht.
Natürlich liegt der Fokus des Romans auf den emotionalen Momenten und der Liebesgeschichte. Allerdings ist es schade, dass hier so wenig auf medizinische Korrektheit geachtet wird, und damit meine ich nicht, dass Tessa Ärtze-Latein beherrscht. Aber wenn man schon ein Krankheitsbild nutzt, um damit den Plot aufzubauen, sollte man die Gelegenheit nutzen, um für diese Krankheit mehr Bewusstsein zu schaffen und aufzuklären, anstatt Fehlvorstellungen aufzubauen. Tessa wirkt dafür, dass sie laut ärztlicher Prognose nur noch wenige Wochen hat, erstaunlich gesund. Die einzigen Symptome, die sie hat, sind anfallsartige Brustschmerzen, schnelle Erschöpfung und später auch Nasenbluten (warum auch immer). Die für einen Septumdefekt eigentlich typischen Symptome wie Tachykardie, Cyanose, Trommelschlägelfingern oder schwacher Puls beschreibt sie selten bis gar nicht. Die Wahrheit ist jedoch: Sollte sie mit einem Loch im Herzen leben, wäre sie auf Sauerstoff angewiesen und bräuchte dringend medizinische Versorgung. Wenn die Ärzte das Ende schon absehen können, wäre sie schon längst nicht mehr in der körperlichen Verfassung, einen Roadtrip zu machen. Das ist viel zu romantisierend und an der Realität vorbei. Auch dass die Sanitäter Tessa nach kurzer ambulanter Behandlung im Krankenwagen, nachdem sie so einen starken Herzanfall hat, dass sie ohnmächtig wird, direkt wieder entlassen, ist komplett abwegig. Was Tessa hier beschreibt, sind Symptome eines Herzinfarkts, die auch bei einer chronischen Erkrankung nicht normal sind. Zudem erzählt sie, dass sie in dem Moment Todesangst hatte. Aber nach der Gabe einer magischen Infusion und etwas Sauerstoff lassen die Sanitäter, bzw. die Notärzte (wird hier synonym verwendet, obwohl es zwei verschiedene Berufe sind), sie einfach wieder gehen? Im echten Leben wäre der Abend für Tessa gelaufen, denn man hätte sie mit Lichtgeschwindigkeit im nächsten Krankenhaus zur Abklärung eingeliefert. Im realen Leben hätte Tessa ihre letzten Wochen nicht in Italien, sondern im Kinderhospiz verbracht. Ich glaube, dass Freytag einfach eine todkranke Protagonistin schreiben wollte, die ausnahmsweise keinen Krebs hat. Dabei kreiert sie jedoch jemanden, der durch eine Operation sehr wohl gerettet werden könnte.
Was mir dagegen sehr gut gefallen hat, ist die Playlist, die auf der hinteren Innenseite des Buchdeckels abgedruckt wurde. Sie besteht aus insgesamt 25 Songs, inklusive „Wings“ von Birdy, „Blame It On Me“ von George Ezra und meinem persönlichen Favoriten „Sweet Disposition“ von The Temper Trap. Ich habe die Playlist minimal abgeändert bei Spotify gespeichert und sie beim Lesen gerne gehört. Die Songs unterstreichen die emotionalen Szenen und passen wunderbar zur Atmosphäre der Geschichte. Die Playlist ist also ein kleiner süßer Bonus!
Das Ende ist sicherlich vorhersehbar, aber auch wunderschön erzählt. Es schmeckt bittersüß, aber was bleibt, ist Liebe und Dankbarkeit. Nach diesem Buch ist mir noch einmal bewusst geworden, wie wichtig Mut, Hoffnung und das Leben im Hier und Jetzt sind. Und dass Oskar einer der besten Book-Boyfriends aller Zeiten ist!
Bei der Bewertung von „Mein bester letzter Sommer“ aus dem Jahr 2016 bin ich etwas zwiegespalten. Einerseits hat mir der emotionale und leicht poetische Schreibstil von Anne Freytag sehr gut gefallen. Tessa ist eine authentische Protagonistin und dass sie sich in Oskar verliebt, ist nur zu gut nachvollziehbar. Ich habe mich für Tessa gefreut und um sie geweint. Die beigefügte Playlist untermalt die sommerlich melancholische Atmosphäre ausgezeichnet, wodurch ich nur so durch die Seiten geflogen bin. Andererseits ist die medizinische Ungenauigkeit erschreckend. Nicht nur, dass Tessas Krankheitsbilder keine Todesurteile sind sondern auch, dass scheinbar mehrfach an ihrem Herzen operiert wurde, ohne das Loch zu schließen bzw. die Lungenarterie zu verpflanzen, ist absolut sinnbefreit. Als chronisch Kranke schildert sie nur akute Symptome. Sie wird als blass beschrieben, aber nie als cyanotisch, was typisch für Sauerstoffmangel wäre. Die Medikamente, die sie einnimmt, sind allesamt erfunden. Tessa wurde geschrieben, um zu sterben und nicht, um medizinisch auch nur ansatzweise Sinn zu ergeben. Natürlich habe ich mit meiner kardiochirurgischen Expertise einen anderen Blick auf diese Dinge als die meisten. Aber vergleichbare Bücher wie „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ oder „Bevor ich sterbe“ haben die medizinischen Aspekte eben deutlich besser hinbekommen. Macht euch also bewusst, dass die Darstellung von Krankheit und Tod ziemlich verkitscht und an der Realität vorbei ist. Außerdem ist der Plot recht vorhersehbar, aber das ist bei dieser Art von Geschichten nicht weiter verwunderlich. Da mich das Jugendbuch aber trotz dieser Kritikpunkte stellenweise zutiefst berührt hat und eine starke Sogwirkung hatte, möchte ich ihm gerade noch so vier von fünf Federn geben. Von Freytag habe ich noch „Den Mund voll ungesagter Dinge“ auf dem SuB, was ich vielleicht nächstes Jahr lesen werde.
- Günther Pfeifer
Der letzte Sterz
(23)Aktuelle Rezension von: JoanStefEine gute Wahl für Leser, die Freude an Kriminalromanen mit authentischem Lokalkolorit haben.Es fällt dem Leser leicht, sich in der Welt ihrer Ermittlungen zurecht zu finden, da der Autor die Charaktere gut beschreibt. Obwohl besonders zu Beginn viel Information auf den Leser zukommen, kann ich nur empfehlen dabei zu bleiben.Das symphatische, originelle Ermittlerteam, die Wortspiele basierend auf Dialekt und steirischen Bräuchen komplementiert die Krimigeschichte. Das Buch liefert,gute spannende Unterhaltung kombiniert mit Informationen über die Persönlichkeiten der heimischen Protagonisten und ihrer Lebens-& Denkweise.Ich freue mich auf die nächste Romanfolge. Die Zwischenzeit werde ich nutzen, die vorangegangenen Romane zu lesen. Ich habe "Appetit" auf mehr! - Rhiannon Navin
Alles still auf einmal
(78)Aktuelle Rezension von: Alexa-TimMich hat die Thematik sehr interessiert in dem Buch. Es geht halt darum, dass ein Amokläufer in die Schule kommt und um die Zeit nach dem Amoklauf. Zach und seine Eltern haben den Verlust von seinem Bruder zu verkraften.
Ich war sehr gespannt darauf, wie das Buch aufgestellt ist. Es war doch ganz anders als ich mir vorgestellt habe.
Die Sprache ist sehr einfach gehalten, da es aus der Sicht des 6-jährigen Zach geschrieben ist. Anfangs fehlte mir doch die emotionale Ebene. Dadurch kam ich erst nicht so in die Geschichte rein.
Ab ca. der Hälfte des Buches konnte mich das Buch doch noch berühren und mitnehmen.
Ich fand es sehr berührend, was der Tot vom Sohn/Bruder mit Zach und seinen Eltern gemacht hat. Häufig war es einfach traurig, dass Zach so allein gelassen wurde mit seinen Gefühlen.
Auch kann ich die Eltern ein Stück weit verstehen. Schließlich müssen die Eltern damit auch erst klar kommen und jeder reagiert anders in solch einer Situation. Man kann es vorher nie sagen wie man wirklich reagiert.
Das Buch ist es auf jedenfall Wert gelesen zu werden. - Tino Hemmann
Hugo. Der unwerte Schatz
(19)Aktuelle Rezension von: _yvee_Absolute Empfehlung! Mit dem Thema was damals geschah sollte sich wirklich jeder tiefer auseinandersetzen. Dieses Buch ist für mich eines der besten, die ich zum Thema T4-Euthanasie gelesen habe. Gerade weil ich auch in Pirna geboren bin und um die Ecke wohne. Tatsächlich wusste ich erst sehr spät, was auf dem Schloss Sonnenstein passierte. Erst 2000 wurde eine Gedenkstätte eröffnet und ab da war das Thema T4 in Pirna für mich publik! Da war ich 19 Jahre. Es hiess vorher nur oberflächlich, dass war mal eine Behindertenanstalt. Mit dieser Geschichte trifft der Autor voll auf die Gefühle, wie es gewesen sein muss. Der kleine Hugo ist mir so richtig ans Herz gewachsen. Ich bekam immer das Gefühl ihn behüten zu wollen. Auch das Nachwort ist sehr spannend und nochmals aufschlussreich. Es ist Wahnsinn wenn Menschen so verblendet sind und es für “normal” halten was sie tun! Völlig emotionslose Maschinen, verblendet von einer Idee, die so unmenschlich ist … dass man sie kaum in Worte fassen kann. Die Ärzte konnten doch eh schalten und walten wie sie wollten. Und manche kamen davon und machten in einer anderen Klinik oder Praxis als Arzt weiter. Furchtbar! Es müsste noch viel mehr Publik werden und in die Öffentlichkeit gelangen. Danke für diesen Roman!
- Anna Castronovo
Dark Way
(12)Aktuelle Rezension von: MamarenaIch habe das Buch bei ebay gefunden und dadurch erfahren, dass die Mutter, die das Buch geschrieben hat, im Nachbarort arbeitet. Ich habe das Buch persönlich bei ihr abgeholt und sie hat es für mich signiert. Da ich selbst einen Suizid in der Familie hatte, kann ich sehr gut nachvollziehen, wie es ihr ergangen ist und jetzt noch geht. Das Buch ist wirklich sehr emotinal und ehrlich geschrieben. Ich finde es sehr gut, dass die Mutter dieses Buch geschrieben hat und sich für die Suizidpräfenzison einsetzt. Vielen Dank!
- Titus Müller
Tanz unter Sternen
(48)Aktuelle Rezension von: DoschoDie Revuetänzerin Nele Stern, Pastor Matheus Singvogel mit seiner Familie und der Brite Lyman Tundale – sie alle treffen im Berlin der 1910er Jahre aufeinander und reisen auf der schicksalsträchtigen Jungfernfahrt der Titanic mit. Ihr Leben und ihre Verbindungen werden in diesem Roman erzählt.
Die Bücher des Autors Titus Müller machten für mich immer eine Mischung aus Liebesdramen und religiösen Fragen vor historischem Hintergrund aus. Das hat man hier zwar auch, aber auf eine Art und Weise, die mir persönlich eher weniger zusagte.
Zunächst zum Historischen und damit dem für mich größten Aufreger des Buches. Damit man mich hier nicht falsch versteht: Man kann lang und breit über Sinn und Unsinn von Anhängen in Historischen Romanen diskutieren und im Grunde genommen finde ich es gut, wenn historische Fakten am Ende des Romans erklärt und dargestellt werden. Was ich jedoch absolut nicht haben kann, ist, wenn ich den Eindruck habe, dass nur dadurch der historische Roman zum historischen Roman wird. Das scheint mir hier der Fall zu sein, auch wenn bereits in den letzten Zügen des Romans historische Eckpunkte nach dem Untergang der Titanic angerissen werden. Die stolzen 30 Seiten Anhang bilden den historischen Kern dieses Romans. Provokant gesagt: Erst nach dem Ende des Romans wird dieser historisch.
Denn der Hauptanteil des Romans bildet das Beziehungsgeflecht der Protagonistinnen und Protagonisten. Zwar wirkt dieses stellenweise doch recht konstruiert, dennoch hat Müller die Dramatik und die Gewissensbisse der einzelnen Charaktere recht gut herausgearbeitet. Höhepunkt des Romans ist natürlich dann auch der Untergang, bei dem sich recht deutlich zeigt, wer auf welcher Seite steht und wer welchen Charakter hat.
Mit Matheus Singvogel, einem Pastor, sollte man eigentlich einen recht hohen Anteil an religiösen Situationen erwarten können, tatsächlich hatte ich jedoch überraschenderweise den Eindruck, dass dieser bei „Tanz unter Sternen“ recht gering ausgefallen ist. Zwar sind diese vorhanden, aber ich hatte den Eindruck, sie bleiben hinter den viel stärker hervortretenden Beziehungsdramen deutlich zurück.
Es sollte also zusammenfassend klar sein, dass ich mit diesem Roman so meine Probleme hatte. Ich weiß, Titus Müller kann es besser, muss aber auch sagen, dass wohl meine Erwartungen an das Buch zu hoch waren – immerhin ist der Untergang der Titanic ja doch ein recht bekanntes Geschichtsthema. So bleibt gerade noch eine durchschnittliche Bewertung.
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