Bücher mit dem Tag "unionsverlag"

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15 Bücher

  1. Cover des Buches Dshamilja (ISBN: 9783293005181)
    Tschingis Aitmatow

    Dshamilja

     (286)
    Aktuelle Rezension von: bookstories

    Es gibt kein anderes Buch, das ich so oft gelesen habe wie "Dshamilja".  Auf meinen beiden letzten Ferienreisen, die schon ein paar Jahre zurückliegen, hatte ich es immer bei mir. Nicht nur die angenehme Kürze der Erzählung, vor allem auch die Verträumtheit und Stille dieser "schönsten Liebesgeschichte der Welt", wie Louis Aragon sie in seinem Vorwort nennt, ist Grund dafür, dass ich eine besondere Affinität zu dieser Erzählung entwickelt habe. Übrigens sollte man auch Louis Aragons lobendes Vorwort unbedingt lesen, aber erst nach der Lektüre, wenn man nicht schon zu viel im voraus erfahren möchte. Louis Aragon war ein französischer Dichter und Schriftsteller, der die Geschichte ins Französische übertragen hat.


    Die 1958 entstandene Novelle war die Abschlussarbeit des damals dreissigjährigen Tschingis Aitmatov am Maxim-Gorki-Literaturinstitut in Moskau und wurde erstmals in der Literaturzeitschrift Nowy Mir veröffentlicht. Es gibt zwei Übersetzungen ins Deutsche. Die ursprüngliche und für zahlreiche Auflagen und Neuausgaben des Insel- und Suhrkamp-Verlags verwendete Übertragung stammt von Gisela Drohla, die zweite bekannte Übersetzung besorgte Hartmut Herboth. Ich habe immer nur die Version des Suhrkamp Verlags gelesen. Dieses Mal nehme ich zum Vergleich für gewisse Passagen auch die Übersetzung des Unionsverlags zur Hand und stelle fest, dass mir Gisela Drohlas Übertragung besser gefällt. Irgendwie drückt sie mehr Herzenswärme aus. Es gibt Stimmen, die das anders empfinden und Herboths Übersetzung vorziehen. Das ist eben Geschmacksache. 


    "Dshamilja" ist eine Erzählung, die tief berührt. Sie wird aus der Perspektive des heranwachsenden Said erzählt, wobei hin und wieder Formulierungen darauf hindeuten, dass der Ich-Erzähler heute bereits erwachsen ist und auf das Geschehene zurückblickt. Irgendwo habe ich auch gelesen, dass es sich um eine wahre Begebenheit handeln soll, die Aitmatov in seinem Debüt aufgenommen hat. Die Geschichte spielt im dritten Jahr des zweiten Weltkrieges, im Nordosten Kirgisiens, in einem Gebiet, das an Kasachstan angrenzt, zwischen der Kirgisenkette und der kasachischen Steppe, am Fluss Kukureu. Während die Dschigiten, so werden die jungen Männer und Elitereiter genannt, an der Front gegen die Deutschen kämpfen, arbeiten die Frauen, älteren Männer und Kinder auf den Feldern, ernten, dreschen und verladen das für die Soldaten lebensnotwendige Korn.


    So auch Dshamilja. Um zu verstehen, in welcher Beziehung sie zu Said, dem Erzähler, steht, muss erwähnt sein, dass Saids Vater eine zweite Frau geheiratet hat, deren Mann verstorben ist, denn nach strenger Tradition und Gesetz des Auls (Dorf) darf eine Witwe nicht allein gelassen werden. So kommt der junge Said zu einer zweiten Mutter, deren Söhne an der Front sind, und Dshamilja ist mit einem dieser Söhne verheiratet. Deshalb nennt Said sie "Dshene", Frau des älteren Bruders, und er selbst wird von ihr liebevoll "Kitschine bala" genannt, kleiner Junge, obwohl Said nur wenige Jahre jünger ist als sie. Said ist glühend in Dshamilja verliebt, und sie liebt auch ihn, so seine naive Wunschvorstellung. Als ich das Buch zum ersten Mal las, dachte ich zu Beginn, es handle vom Verliebtsein Saids in Dshamilja, was gewissermassen auch stimmt, denn der Fünfzehnjährige fühlt sich für seine "Dshene" verantwortlich und glaubt, sie vor anderen Männern beschützen zu müssen, will er doch nicht, dass sie belästigt wird. Denn sie ist eine bildhübsche Frau, und mit seinen Gefühlen ihr gegenüber weiss Said noch nicht richtig umzugehen.


    Doch dann tritt Danijar in Dshamiljas Leben. Danijar ist aus dem Krieg mit einer Beinverletzung zurückgekehrt und im Aul aufgenommen worden. Allen begegnet er still und verschlossen, niemand kann sein Wesen ergründen, von allen wird er gemieden. Auch Said erinnert sich an Begegnungen mit Danijar, die ihn mit Fragen zurücklassen. Danijar übernachtet oft allein am Flussufer oder zieht sich auf einen Hügel zurück, wo sein versonnener und doch klarer Blick in die Ferne geht und er auf Laute zu lauschen scheint, die niemand sonst hören kann. Dshamilja lernt ihn kennen, als sie für die Arbeiten auf der Kolchose eingesetzt wird. Von nun an beladen Said, Dshamilja und Danijar gemeinsam ihre Pferdegespanne, fahren täglich durch die Steppe und die Schlucht zur fernen Bahnstation, um dort ihre Kornsäcke abzuliefern und spät in der Nacht wieder zur Dreschtenne zurückzukehren, wo sie in der Scheune im Stroh übernachten.


    Dshamilja und Danijar beginnen, Gefühle füreinander zu entwickeln. Heimliche, versteckte, denn Danijar ist scheu und zurückhaltend, und Dshamilja verheiratet. Das alles darf nicht sein, und um sich selbst zurückzunehmen, und aus ihrer stets zu Scherzen aufgelegten Frohnatur heraus, hat Dshamilja anfänglich nur Spott für den Aussenseiter übrig, den dieser schweigend hinnimmt. Als ein harmloser Streich ernst und demütigend endet, scheint sie sich vor Scham noch mehr von ihm abgrenzen zu wollen. Doch dann beginnt Danijar eines Nachts auf der Heimfahrt zu singen, und diese Stimme, die voller Sehnsucht und Liebe die Stille der Steppe durchdringt, verändert alles.


    Während dieser so liebliche Gesang, von dem sie Nacht für Nacht hingerissen sind, bei Dshamilja die Dämme brechen lässt, scheint Said, dem viel daran liegt, dass die beiden sich verstehen, die Liebe auf einer viel tieferen Ebene zu erfahren. Auf einmal versteht er Danijars Wesen, nimmt ihn als einen zutiefst verliebten Menschen wahr - verliebt in das Leben selbst. Dshamilja hingegen kämpft mit ihrem Gewissen. Schon bald gibt sie Danijar zu verstehen, dass ein Zusammenkommen unmöglich scheint: "Was hast du denn? Oder begreifst du es wirklich nicht? ... Als ob ich die einzige auf der Welt wäre ... Für mich ist es auch nicht leicht." Diese ablehnende Haltung, und ein Brief von Dshamiljas Mann, den ein heimgekehrter Soldat ihr überbringt, löst grösste Enttäuschung in Danijar aus. An jenem Abend kehren alle getrennt von der Bahnstation zur Dreschtenne zurück, und Dshamilja lässt bis spät in die Nacht auf sich warten. 


    Die kurze Novelle ohne Kapiteleinteilung liest sich nahezu wie der Gesang Danijars, der in dem Buch ein zentrales Element darstellt. Während dies bei Dshamilja starke Gefühle für Danjiar auslöst, begegnet Said, Erzähler der Geschichte, einem Schlüsselerlebnis des Erwachens. Staunend, wie durch die Augen eines Kindes, verzückt und überwältigt von der Schönheit des Lebens, der Natur, und der Liebe der beiden, sieht er nunmehr jedem Tag entgegen. Ob es sich bei diesem Buch wirklich um die schönste Liebesgeschichte der Welt handelt, kann man gewiss hinterfragen, sofern man es vom Standpunkt der Personen bezogenen, subjektiven Liebe aus beurteilt. In meinen Augen wird hier aber nicht nur die Beziehung zwischen Dshamilja und dem tief in das Leben verliebten Danijar wundschön in Szene gesetzt, sondern auch die Erleuchtung Saids.


    Said erlebt die Liebe in ihrer bedingungslosen Form, erfährt das Leben selbst, und diese Erfahrung inspiriert ihn zum Malen. Er möchte die beiden Verliebten malen, ihm fehlen sogar die richtigen Farben dazu, wie er am Ende der Geschichte erzählt. Und dass der Erzähler zum Zeitpunkt der Niederschrift der Novelle diese universelle Erfahrung längst verinnerlicht hat, zeigt die Komposition der Geschichte, ihre Sprache, die Art und Weise, wie Dinge wahrgenommen und beschrieben werden. War Said am Anfang noch ein unerfahrener Junge, erfährt er am Ende des Tages die Liebe des Lebens überhaupt, ohne je persönlich geliebt zu haben.


    Für mich ist "Dshamilja" in der Tat die schönste Liebesgeschichte der Welt. Ich werde dieses Buch immer wieder zur Hand nehmen, denn immer wieder begegnet man in diesen Zeilen erneut der Schönheit und der Liebe des Lebens selbst.


    Review mit Zitaten und Bildern auf https://www.bookstories.ch/gelesenes1/dshamilja 

  2. Cover des Buches Gestapelte Frauen (ISBN: 9783293209398)
    Patrícia Melo

    Gestapelte Frauen

     (31)
    Aktuelle Rezension von: Elenchen_h

    Als ihr Partner Amir ihr auf einer Party in der Kanzlei eine Ohrfeige gibt, nimmt sie eine Stelle im entlegenen Cruzeiro do Sul an. Sie soll als beobachtende Anwältin an Gerichtsprozessen zu Femiziden teilnehmen und diese für ihre Kanzlei dokumentieren. Einer der Fälle, der Mord an der 14-jährigen indigenen Txupira beschäftigt sie besonders. Die drei Täter, junge Männer aus reichen Elternhäusern, werden frei gesprochen. Sie setzt alles daran, doch noch eine Verurteilung zu erwirken, und tut sich mit einer lokalen Journalistin und der Rechtsanwältin zusammen. Als die Journalistin ermordet wird und Amir in Acre auftaucht, spitzen sich die Ereignisse zu.


    Die brasilianische Autorin Patrícia Melo schreibt in ihrem Roman "Gestapelte Frauen", übersetzt von Barbara Mesquita, über Femizide in ihrer Heimat, die von der vorwiegend männlichen Politik geduldet werden. Die brutalen Morde an Frauen, weil sie Frauen sind, werden gerichtlich kaum geahndet. Hier setzt Melo an und lässt ihre namenlose Ich-Erzählerin an Gerichtsprozessen teilnehmen, die Geschichten der ermordeten Frauen sammeln und dokumentieren. Von allen Seiten lauert in diesem Buch Gefahr: Amir, der gewalttätige Partner der Protagonistin, belästigt sie mit Telefonterror und lauert ihr in Acre, einer entlegenen Gegend Brasiliens, auf, der Vater der Protagonistin hat ihre Mutter ermordet, als diese gerade drei Jahre alt war, Männer aus dem Umfeld des Prozesses um die ermordete indigene Txupira bedrohen die Protagonistin und schrecken auch vor weiteren Morden nicht zurück. Trotz dieser schweren, gewaltvollen Thematik schafft Patrícia Melo einen spannenden, mit wechselnden Erzählstimmen ausgestatteten Roman, der im Kopf bleibt. Abgesehen von den an magischen Realismus grenzenden Kapiteln im Drogenrausch der Protagonistin habe ich "Gestapelte Frauen" mit Begeisterung gelesen, das Buch mutet fast wie ein Kriminalroman an, nur besser!

  3. Cover des Buches Das Mädchen Orchidee (ISBN: 9783293306240)
    Pearl S. Buck

    Das Mädchen Orchidee

     (43)
    Aktuelle Rezension von: dunkelbuch

    Über vierzig Jahre steuerte sie das Reich mit staatsmännischem Geschick zwischen allen Klippen hindurch. Im Alter genoss sie im wahrsten Sinne des Wortes göttliche Verehrung und erhielt von ihrem Volk den Ehrentitel "Alter Buddha". 

    Pearl S. Buck schmückt ihre Erzählung mit glamourösen Details dieses legendären Hofstaats aus. Sie zeichnet ein absolut glaubhaftes Bild von den Rivalitäten und Verschwörungen, die den Drachenthron kontinuierlich bedrohten. Dabei verliert sie nie Tsu Hsi mit all ihren Launen aus den Augen: ihren Scharfsinn, ihre Grausamkeit und Rücksichtslosigkeit, ihren wachsenden Hass auf Ausländer, ihren Aberglauben, der schließlich zum verhängnisvollen Boxeraufstand führt, und die Kompromisse, die das Ende einer Herrschaft kennzeichnen.

    Es wird hier geschildert wie das Mädchen Orchidee , von der Abstammung her bereits zum chinesischen Adel der Mandschu-Dynastie gehörend an den Hof von Kaiser Xianfeng gelangte und dort von der Kaisermutter als Konkubine und zukünftige Nebenfrau des Kaisers ausgewählt wurde. Um dort mit viel Fleiß, Geschick, Gespür für das Wesentliche, List und einer großen Portion Mut schlussendlich zur Kaiserinmutter aufstieg. Dann etliche Jahre die Geschicke Chinas für ihren noch minderjährigen Sohn lenkte und  wesentlich beeinflusste. Mit wieviel Sorgfalt, Einfühlungsvermögen und Vorausschau sie das Leben am Hofe prägt und dabei ihren stätigen Aufstieg nie aus den Augen verliert, nein, ihn geschickt festigt, damit am Ende der Thron für ihren Sohn auch sicher ist, ist das Hauptmerkmal dieses Romans. Leider und dies wird im Buch sehr deutlich, übersieht sie dabei, dass China im 19.Jh. nicht mehr isoliert in der Welt sein kann  und der Fortschritt, alles Böse und Unberechenbare auch vor ihrem Land keinen Halt macht. Dieses sehr engstirnige und konservative Verhalten hat vielen Menschen, Chinesen wie auch den vermeintlichen „Eindringlingen das Leben gekostet. Meines Erachtens nach hat die Autorin sehr kompetent diesen Umstand, warum China so vehement an den Traditionen  festhielt  sehr verständlich wiedergegeben. 

    Ausgesprochen LESENSWERT

    Ich habe davor "Die letzte Kaiserin von Anchee Min" gelesen, die gleiche Thematik mit etwas anderen Nebenprotagonisten, bin mir nicht sicher welchen der beiden Romane ich bevorzuge. Buck`s Roman ist wahrscheinlich authentischer  (Beide sind gut)


  4. Cover des Buches Captain Blood (ISBN: 9783293306486)
    Rafael Sabatini

    Captain Blood

     (19)
    Aktuelle Rezension von: jette_berbel

    Vom König geächtet und von seines gleichen verstoßen, findet sich der Mediziner Peter Blood sich unvermittelt auf dem Weg als Sklave in die Karibik. Dort lernt er nicht nur die schöne Tochter des Gouverneurs kennen, sondern auch siene künftige Mannschaft. Mit Geschick kapern sie ein in den Hafen einlaufendes Schiff und stechen in See. Zum Glück leidet der gebürtige Ire nicht an Seekrankheit und die anfängliche Unerfahrenheit gegenüber der Seefahrt ist kurz darauf besiegt. Schon bald spricht die ganze Welt nur noch vom gefürchteten Captain Blood und seiner furchtlosen Mannschaft.

    Dieses Buch enthält alles, was ein guter Abenteuerroman braucht. Neben Actionszenen und Brüderlichkeit, gibt es eine herzzerreißende Mannschaft zwischen Peter und seiner Geliebten. Er ist eben ein echter Gentleman.

    Ich empfehle dieses Buch allen Weltenbummler*innen und Liebhaber*innen guter Piratengeschichten, die keine Angst vor den Schrecken der Vergangenheit haben.

  5. Cover des Buches Patasana – Mord am Euphrat (ISBN: 9783293308428)
    Ahmet Ümit

    Patasana – Mord am Euphrat

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Almut_Scheller_Mahmoud

                      

    Ich bin keine große Krimi-Leserin. Und einen türkischen Krimi habe ich noch nie gelesen.

                         

    Dabei ist dieser Kriminalroman von Ahmet Ümit eine ganz spezielle Mixtur: da mischen sich zeitgenössische Morde mit Morden, die vor 80 Jahren begangen wurden und verweben sich mit Geschehnissen aus der 2700 Jahre zurückliegenden Vorzeit. Der Roman ist wie ein Teppich und Anatoliens Geschichte ist ein idealer Webstuhl. Hier tummelten sich so viele Völker, bekriegten sich, vermischten sich: die Hethither, die Hatti, die Assyrer, die Urartäer, die Phryger und die Armenier. Und die Namen der Könige glitzern fremdländisch wie gewebte Pailetten.

                           

    Die Grundgeschichte ist folgende: ein Team aus Archäologen hat eine antike hethitische Stadt entdeckt und dort 28 Schrifttafeln in akkadischer Keilschrift unversehrt geborgen, Akkadisch war seinerzeit die Lingua franca der Region so wie heute Englisch eine weltumspannende Sprache ist. Der Sprachexperte Timothy Hurley aus Amerika bestätigt, dass es sich um Tafeln des 1. Hofschreibers Patasana handelt und dass es keine staatstragenden Texte seien, sondern seine persönlichen Erinnerungen. Es war somit das erste inoffizielle historische Dokument seiner Art.

                           

    Das internationale Team setzt sich zusammen aus Esra Beyhan, der jungen Grabungsleiterin, Kemal, dem verantwortlichen Archäologen des Istanbuler Archäologischen Museums, der Fotografin Eilif, Teoman und Murat, Halaf dem Koch und Fahrer. Und natürlich aus Timothy, Entzifferungs-Experte und Bernd, einem deutschen Archäologen, der vom Deutschen Archäologischen Institut in Istanbul geschickt worden war.

                           

    Die Texte der hethitischen Tafeln korrespondieren alternierend mit den aktuellen Geschehnissen: nämlich Morde in der direkten Umgebung der Archäologen. Der allseits geschätzte und verehrte Haci Settar ist vom Minarett gestürzt worden. Er war auf Seiten der Archäologen, obwohl ein Teil der Bevölkerung sich gegen die Arbeiten am Heiligen Schwarzen Grab wehrte. Es war das Grab eines Heiligen, zu dem die Menschen um Hilfe flehend (wegen Krankheit, Unfruchtbarkeit etc.) pilgerten.

                           

    Wer war der Mörder von Haci Setta? War es Abid, der Vorbeter der Moschee, der die Ausgrabungen am Heiligen Grab als Frevel titulierte? Waren es also fanatische Gläubige oder war es die kurdische Guerrilla, die seit 16 Jahren die Region in Atem hielt? Oder waren es vielleicht Schatz- sucher, verbunden mit Schmugglern?

                           

    Die Spekulationen beschäftigen auch Esref, den Kommandanten des militärischen Postens. Für ihn waren es die Terroristen. Das Opfer des zweiten Mordes war Resat Aga, Oberhaupt des Stammes Türkoglu und Führer der vom Staat eingesetzten Dorfschützen. Er hatte vielen Menschen geschadet, ihnen Land und die Frauen geraubt. Vor fünf Jahren hatte er zwei Jugendliche von Hunden zerreissen lassen und einen Mann vor einen Mähdrescher geworfen. Man hatte ihn geköpft am Dorfrand gefunden, den Kopf in seinem Schoß.

                           

    Welche Gemeinsamkeit hatten diese beiden Morde? Haci Setta war ein friedliebender und ehrwürdiger Mann, Resat Aga skrupellos und brutal. In dieser Region galten Auge um Auge, Zahn um Zahn, die öffentliche Rache, um die Ehre wieder herzustellen. Aber nicht diese geheimnisumwitterten Umstände.

                           

    Das Opfer des dritten Mordes war Nahsen aus dem Dorf Timil. Man fand ihn an einem Balken aufgehängt, den Hals von Kupferdraht umschlungen.
    Und Kemal wurde vermisst. War auch er ermordet worden? Esra fragte sich, ob eine Einzelperson die drei Morde begangen hatte. Sie verdächtigte im Stillen Bernd, den Deutschen, der mit einer Armenierin verheiratet war. Er war ihr unsympathisch, zu deutsch: kühl, verbissen, akribisch. Er redete zu oft und zu verbissen von dem Genozid und den späteren Massakern an Armeniern aus den Jahren 1915 und 1921. Ihr Sein Schwiegervater war in der Türkei geboren und konnte sich rechtzeitig retten. Immer wieder tönte er anklägerisch gegen die türkische Regierung. War es ein persönlicher Rachefeldzug? Für seine Frau, die wie Platon im „Gastmahl“ beschrieb, seine andere Hälfte war: zwei Menschen mit 4 Armen und Beinen und zwei Köpfen, der Androgynos.                       


    Bei der internationalen Pressekonferenz, einberufen von Prof. Krencker, Leiter des Deutschen Archäologischen Instituts, bei der eine Auswahl der Tafeln internationalen Medien wie BBC, CNN und Reuters vorgestellt werden sollte, kulminierte das ganze in einem Vortrag von Tim.
    Er beschrieb die Lage der Staaten 700 v.C.: Vermischung der Völker mit den anatotischen Hatti und indoeuropäischen Hethitern und semitischen Aramäern. Er sah in der Bedeutung der Tafeln als Vorboten der heutigen Intellektuellen. Patasana hatte sein Denken befreien können, er hatte sich gelöst von den völkervernichtenden Kriegen, den Befehlen: er wollte mitteilen, aufrufen, damit Grausamkeit, Massaker und die Liquidierung ganzer Völker sich nicht wiederholten. Er hatte das Monster im Menschen entdeckt und warnte uns vor uns selbst. Patasana hatte die naive Hoffnung, dass der Mensch sich bessere, dass er nicht mehr töte wegen Glauben, Herkunft und Hautfarbe. Aber 2700 Jahre später, trotz aller gelüfteter Geheimnisse bleibt der schwarze Fleck im Herzen des Menschen beständig.
    Aber wie schon das Alte und das Neue Testament der Bibel, der Koran und die Philosophen hat es nichts genutzt. Im Gegenteil, die Menschheit wurde immer grausamer, es gab immer mehr Genozide, den Holocaust, Hiroshima.

                           

    Tim selbst war Marinesoldat in Vietnam und sah im Krieg eine Seinsform des Menschen. Natürlich werden Kriege mit Oberbegriffen gesegnet wie Vaterland, Menschenrechte im Interesse von Staaten und Klassen. Aber es sind die Menschen, die einzelnen Menschen, die ihn führen, die mit Bajonetten zustechen, Bomben werfen, die Maschinengewehrsalven feuern und Panzer fahren.

                           

    Wieviele Soldaten werfen die Waffen weg, desertieren und weigern sich? Wieviele genießen das Töten und machen es zu ihrem Beruf? Kriege banalisieren den Tod. Er ist Massenware.
    Ist der Mensch gut? Nein, das Böse überwiegt, ist immer attraktiver als das Gute. Auch wenn städtebauliche, technische, künstlerische Meisterwerke entstanden sind und weiterhin entstehen.

                         

    Die Aufdeckung der Morde und die Enthüllungen dazu sind mehr als überraschend und verbinden sich mit Patasanas letzten Worten:
    Werdet klug, verwandelt das Leben in ein Fest, feiert das Glück, erlebt Freude statt Tränen und ein Lächeln statt Hass.

                           

    Im Roman sind vier Liebesgeschichten eingebettet: die von Patasana und Aschmunikal. Die von Bernd und Vartuhi, die sich ineinander aufgehend verschlingend äußert, die von Kemal und Eilif, die Eifersucht und Mißtrauen beinhaltet und die von Esra und Esref, zwei erwachsene, reife und offene Menschen, vielleicht mit einem Happy End?

                           

    Tims exorzistisches Traktat über die Moral des Tötens, des Krieges, der Bösartigkeit und der Friedensmöglichkeit ist wie ein Destillat der menschlichen bellizistischen Vergangenheit und Gegenwart.
    Und wen es interessiert: Weiterführend zur Disposition des Tötens vielleicht die Lektüre von Theweleits „Männerfantasien“ und Welzers „Täter“. Und ein Nachdenken über das Töten der Neuzeit: da gibt es Breivik, die afrikanischen Kindersoldaten, die machetenschwingenden Tutsis, die Kllling Fields von Pol Pot, das Massaker von Srebnica, die CIA-inspirierten Foltertmethoden, die Dschihadisten .

                           

    Für mich war die Lektüre dieses Kriminalromans nicht nur detektivische Spannung, wer wieso warum?, sondern auch ein Ausflug in die Melting Pot-Geschichte Anatoliens und vor allem in die menschliche Seele.

                                                   


           


        

  6. Cover des Buches Weit ist mein Gefängnis (ISBN: 9783293002425)
  7. Cover des Buches Der verlorene Vater (ISBN: 9783293206311)
    Edwidge Danticat

    Der verlorene Vater

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Almut_Scheller_Mahmoud


    Die Handlung spielt in New York und auf Haiti, einer krisengeschüttelten Insel in der Karibik. Armut und Naturkatastrophen und wechselnde autokratische, korrupte Regierungen bestimmen den Alltag der Menschen. 

    Dabei war die Insel, damals noch die französische Kolonie Saint-Domingue, durch den Sklaven-aufstand Ende des 18. Jahrhunderts, ein Hoffnungsschimmer: er führte zur Gründung des ersten freien Staates in Lateinamerika. Damals kämpfte man gegen die fremden Bleichgesichtigen, alle späteren Kämpfe waren gegen die eigenen Braungesichtigen. 


    Die diktatorischen Zeiten des Papa Doc genannten Francois Duvalier und seines Sohnes Jean Claude, genannt Baby Doc, waren ideale Voraussetzungen für die gefürchteten Milizen und Todesschwadronen der Tontons Macoutes, die den Vodoo-Glauben der Bevölkerung in ihr Machtgefüge einbauten. Schon ihr Aussehen und Auftreten war martialisch.


    Die haitianische Autorin Edwige Danticat kombiniert geschickt das Schock-Erlebenis der Ich-Erzählerin Ka, dass ihr Vater ein Folterer war, mit den Erinnerungen anderer Menschen aus der haitianischen Diaspora in New York wie dem Nachtredner, der Brautkleidschneiderin und der Begräbnissängerin. Anfangs jedoch sind diese  erzählerischen Stränge befremdend, weil sie sich erst später zu einem erzählerischen Muster zusammenfinden. 

    Die Geschichte von Kas Vater zeigt auf, dass ein Mensch aus vielen Facetten bestehen, viele Gesichter haben kann. Er war ein liebevoller Vater, der sie regelmäßig mit in die ägyptische Abteilung des Brooklyn Museums nahm. Er las ihr oft aus dem Totenbuch vor, nannte sie Ka, dem Begleiter des Körpers im Dies-und im Jenseits. Ka war Bildhauerin, ihr immer gleiches Modell: der Vater. 

    Sie hatte sich zwar immer gewundert, wieso ihre Eltern keine Freunde hatten, nie Besuch bekamen, nie von Haiti erzählten und die Mutter überfromm war. Sie lebten ein ruhiges Leben, er hatte einen Friseur-, sie einen Kosmetiksalon. Seine Narbe, die sich über die rechte Wange bis zum Mundwinkel zog, sei ein Relikt aus seiner Zeit als Gefangener. Aber er war kein Gefangener, sondern ein Gefängnisaufseher, ein Folterer. Doch niemand würde ihn mit seinem alten Ich in Verbindung bringen können: Er wog 40 kg weniger als der schwammig-fette Mann, der er einst gewesen, mit seinem jetzigen Namen, einem erdachten Geburtsort hätte ihn niemand mit seinem alten Ich in Verbindung gebracht.


    Für die Tochter brach eine Welt zusammen. Wie geht man mit solchem Wissen um? Erlischt die Liebe zu den Eltern von heute auf morgen? Konnte sie jemals wieder Vertrauen fassen? Jemals wieder arbeiten? Denn nun hatte sie kein Motiv, kein Modell mehr. Aber auch die eingeweihte Mutter – wie hatte sie mit einem solchen Wissen leben können, eine gute Mutter sein können? Hoffnung auf Erlösung durch den Gott der Kirche? 


    Das Buch bietet neben Einblicken in die Gesellschaft und Landschaft der Insel vor allem auch Einblicke in das Menschsein. Ist ein Mensch gut oder nur etwas weniger schlecht oder schlummert in jedem die Möglichkeit des Bösen? Wie wird man zum Folterer? Sadistischer Genuss? Die eigenen Ohnmachtsgefühle gegen die Uniform des Mächtigseins tauschen? 

    Die kleinen biographischen Kapitel ergeben zum Schluss einen Zusammenhang. Der Kreis schließt sich. Vergebung? Reue? Sühne? Offene Fragen dieses einprägsamen, fast lakonisch geschriebenen kleinen Romans, der abermals aufzeigt, was Macht bewirken kann. Und Ohnmacht. Ein frommer Wunsch: Auf dass wir nie mächtig und auch nie ohnmächtig sein werden. 

    Denn wer wären wir, wenn…..

    Kein Mensch besitzt so viel Festigkeit, dass man ihm die absolute Macht zubilligen könnte. (Albert Camus)






  8. Cover des Buches Joseph, der schwarze Mozart (ISBN: 9783293208841)
    Jan Jacobs Mulder

    Joseph, der schwarze Mozart

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Almut_Scheller_Mahmoud


    Der biographische Roman über den “Schwarzen Mozart”, über Joseph Boulogne, Chevalier de Saint George, beginnt und endet auf seinem Ster-bebett. Der Ich-Erzähler lässt sein reiches und wildes Leben Revue pas-sieren. Sein Erzählfluss wird immer wieder durch Einsprengel momentaner Erinnerungen und Reflexionen über den Sinn des Lebens und die Endgültig-keit des Sterbens  unter-brochen. Das finde ich nicht störend, sondern eher wie eine kleine Rast in seinem rastlosen Leben: Das macht den Text leben-diger und glaubwürdiger.

    “Ich war ein Schwarzer, ein Bastard, und doch kannte ich Haydn und Haydn kannte mich, Mozart hat mich besucht, mit Gluck war ich befreundet. Viele haben mich vergessen. Was habe ich getan, dass ich aus dem Blickfeld geraten bin. Man hat mir zugejubelt, mich bewundert. Nun heißt es Abschied nehmen, von der Unsterblichkeit und warten auf den Tod. Alles überdenken, die bedeutenden und die unbedeutenden Geschehnisse und Dinge.“



    Der ganze Erzählstil ist von Musik durchwoben und die historischen Ereignis-se liefern den Hintergrund zu diesem virtuos mit allen Instrumenten der Er-zählkunst verfassten Roman. 

    Die Lektüre ist ein anregendes Vergnügen nicht nur für Musikliebhaber, son-dern auch für Freunde der Fecht- und Reitkunst, für Frauenliebhaber, für Möchtegernverführer. Freundschaft und Liebe, pompöser adliger Lebensstil, dramatische Ereignisse,  das Hinundher-Gerissenseins eines Mannes, der anders ist als die Anderen – all das findet Raum.  

    Für politisch Interessierte sind die französische Revolution und der Sklaven-handel Ansatzpunkte, werden politische und gesellschaftliche An- und Ein-sichten aufgezeigt, die heute noch so wirksam und aktuell sind wie damals, vielleicht ein bisschen subtiler verkleidet durch andere Sprachregelungen. Aber damals wie heute geht es um die Superiorität des weißen Menschen. 


    Joseph wird als Mischling, als Mulatte auf der karibischen Insel Guadeloupe geboren. Sein Vater, ein Edelmann und Plantagenbesitzer mit Latifundien in Frankreich, seine Mutter eine befreite Sklavin aus dem Senegal. Er hatte eine glückliche, paradiesische Kindheit, liebevoll geprägt und umsorgt vom Vater, von der Mutter und Anna, seinem Kindermädchen. Für die Sklaven der Ländereien, die von seinem Vater bezahlt wurden, die eigenen Gärten besaßen und denen keine Prügel drohte, war Joseph ein Talismann gegen das Unglück. Seine Mutter war für sie die personifizierte Maria. 

    Die offizielle weiße Ehefrau, Elisabeth Mérican, die sein Vater wegen ihrer großen Mitgift geheiratet hatte wie es damals und auch heute noch nicht unüblich war, schien dem Jungen hochmütig, mit scharfer Stimme. Erst später erfuhr er, dass sie sich einsam und fremd auf der Insel fühlte und seiner Mutter eine gute Freundin wurde.


    In seiner frühen Jugend siedelten Vater und Mutter mit ihm und Anna und seiner Ehefrau nach Frankreich, nach Paris über. Der Vater war Kammerherr Ludwig des XV. Joseph selbst wurde bereits mit 18 Jahren Oberstallmeister: Chevalier de Saint-George. Er wurde ein kaum zu besiegender Fechtmeister, er war ein Reiter mit akrobatischen Finessen und ein talentierter Musiker. Der Geige spielte und der komponierte.  

    Bereits mit 16 Jahren wurde er von seinem Vater in das elitäre Etablissement der Madame Jonquiere eingeführt. Hier trafen sich die adligen Herren, Musiker, Literaten, Diplomaten, Würdenträger des Hofes, Glücksritter und die schönsten Frauen der Stadt. 

    Hier lernte er seine große Liebe, Elisabeth, kennen, eine uneheliche Tochter des Königs, eine Sängerin, deren warme Altstimme so gar nicht zu ihrer Blondheit passte. Sie stellte ihm eine überraschende Frage: wie er es finde, schwarz zu sein. Ein Einzelgänger, wie ein verkleidetes Tier, wie der Mann mit drei Köpfen vom Jahrmarkt. Die Abneigung dem schwarzen Menschen gegenüber war nicht nur ein Zeichen der Überheblichkeit und Unwissenheit, sondern hatte auch einen christlich geprägten Hintergrund. Die Unschuld ist weiß, der Teufel ist schwarz. Das sieht man z.B. auch im spanischen Stierkampf: der schwarze Stier als das zu besiegende Böse durch den Torero in seinem hell glänzenden Traje de luz.

    Elisabeth und Joseph wurden ein Paar und waren allein rein optisch ein auffälliges Paar: blond und schwarz, beide hochgewachsen. Doch das Glück währte nicht lange: Elisabeth bekam beim Üben ihrer Arien immer öfter immer weniger Luft: Schwindsucht.. Sie gehörte auch nach ihrem Tod weiter zu seinem Leben: ihr Duft, ihr Timbre, ihre Stimme, ihre scharfe Intelligenz und ihre Ironie waren ihm immer präsent.

    Nach ihrem Tod wurde Joseph von Rachegedanken überflutet. Sein Vater hatte ihm die Geschichte seiner Mutter erzählt . Sie sei tagelang vor aller Augen vergewaltigt worden, geschlagen und erniedrigt und sie träume jede Nacht für ihr ganzes Leben von Rache. 

    Rache an den teuflischen Seemännern, die seinerzeit seine Mutter und die anderen schwarzen Frauen während der Überfahrt im Schiffsbauch verge-waltigt, geschlagen und getreten hatten.  Durch eine Einladung zum Fechten nach England nahm er die Gelegenheit wahr, sich über die Royal African Company nach dem Kapitän und dem Steuermann des Schiffes “The Good Shepherd” zu informieren. Und er rächte seine Mutter Nanon und all die anderen misshandelten Frauen – Auge um Auge, Zahn um Zahn. Der dritte Täter, Junot Bataille, ironischerweise auch er ein Mulatte, wurde später zu einem guten Freund und Kampfgefährten. 

    Joseph widmete sich wieder der Musik, er zwang sich zu Disziplin, zu einer Kammeroper, ohne Götter, ohne bukolischen Schnickschnack. Er schrieb Quartette und wurde gefeiert. Er leitete Orchester und wurde gefeiert. Und doch, so empfand er selbst, gehörte er nicht in diese kalte Welt der Regeln, spiegelten die Melodien, Töne, Rhythmen und Klangbilder in seinem Kopf und auf dem Notenblatt nicht seine wirkliche innere Heimat wider. 


    Der Auftritt des Wundergeigers Antonio Lolli stachelte ihn an, sich ganz der Musik zu widmen. Lollis Auftritte waren ein Pläsier für sich: er schmeichelte, bebte, hackte, kratzte, schleppend und nölig, die Finger so schnell, dass sie kaum sichtbar waren, lyrische ruhige Passagen als zwitscherten Vögel, dann ein derber Bauerntanz. Ein Teufelsgeiger wie Paganini, wie David Garrett oder Nemanja Radulovic.


    Das musikalische Erleben Josephs veränderte sich radikal durch die Premiere von Glucks “Iphigenie auf Aulis” und “Orpheus und Eurydike”. Das persönliche Kennenlernen von Gluck führte zu einer Freundschaft. Er selbst schrieb eine neue Oper: “ La fille garcon”. Ein berauschender Erfolg, Vergleiche mit Gluck. Aber da war sie wieder: die latent rassistische Nuance: In der Kritik eines dünkelhaften Mannes hieß es, ihm mangele es an Kreativität, die Natur habe ihm gewaltige Anlagen mitgegeben, um alle Künste nachzuäffen, aber sich geweigert, Gefühl und Genialität beizusteuern.


    Joseph regte die Gründung der “Societe des amis des noirs” an: Schwarze, Mulatten, Mestizen, Inder. Um Sklaven freizukaufen. Und ihnen zu ihren Rechten zu verhelfen. Zu einem würdigen Leben. Immer wieder unterbrochen von anderen Plänen und Ideen: ein rein schwarzes Orchester, ein Orchester nur mit Freimaurern, eine Oper mit nur ein oder zwei weißen Sängern.


    Die Französische Revolution war auch in seinem Leben eine Zäsur. Er brach mit einer kleinen schwarzen Kampfgruppe von 37 Freiwilligen brach in die Karibik auf. Das berührende Wiedersehen mit der Mutter. Nach der Rückkehr kämpfte er für die Republik und wollte nach dem Inferno der Schlacht- und Leichenfelder nur noch Musik machen: eine Sklavenoper, den Gegensatz zwischen hassen, zerstören und töten, nachdenken, schaffen und phantasieren hörbar machen. 

    Hass auf die Revolutionsregierung, Robespierre und Demoulins ließen Köpfe rollen. Leichen über Leichen. Ein Winter der Hungersnot und extremer Kälte, Wolfsrudel fielen Menschen an. Im Frühjahr bracht Joseph  mit seiner Truppe erneut in die  Karibik auf.  Die Sklaverei war zwar 1794 offiziell abgeschafft worden, aber natürlich weigerten sich die Plantagenbesitzer und Großgrund-besitzer, die neuen Realitäten zu akzeptieren.

    Seine Mutter war tot, sein Geburtshaus nur noch eine  verwüstete Ruine, die Schönheit des Paradieses war zerstört, die Welt der Kindheit untergegangen. 

    Während der Kämpfe auf Saint-Domingue wurde er durch ein Rapier an der Wade verletzt. Der Wundbrand setzte ein und nun lag er in seiner Kammer in Paris und verweste. Nur zwei gute alte Freunde kamen regelmäßig zu Besuch. Ansonsten Einsamkeit und die Frage aller Sterbenden: habe ich mein Leben richtig gelebt? War ich zu eitel, wollte ich zu sehr glänzen, als Schwarzer unter Weißen? Wollte ich sie bloß stellen mit ihren dummen Sätzen wie “Schwarze haben ein kleineres Hirn als Weiße”? 

    Ist das der Preis der Menschen, die anders sind als die Masse, die Mehrheit? Dass sie oft ein Leben leben, dass sie so vielleicht gar nicht wollten? Dass sie sich und den Anderen immer beweisen müssen, wie gut, wie schnell, wie intelligent sie sind?

    Mulders Roman bringt uns auf spannende Weise Glanz und Elend einer vergangenen Epoche näher und lässt die Fragen durchschimmern: was hat sich eigentlich geändert? Es gibt immer noch (oder wieder) Rassisten und oberflächliche engstirnige dünkelhafte  Menschen. 

    Das ist eine Essenz des Buches für mich. Die andere ist, dass ich mir demnächst eine CD von Joseph Boulognes Musik besorgen werde, um ihn in seinen Klängen vielleicht zu begegnen. 

    PS.: Es ware kein schlechter “Coup” des Verlages gewesen, eine CD mit vielleicht nur einem Stück beizulegen.



  9. Cover des Buches Äquatoria (ISBN: 9783293208049)
    Patrick Deville

    Äquatoria

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Almut_Scheller_Mahmoud



    Der preisgekrönte Autor Patrick Deville, der in vielen Ländern lebte und viele Länder bereiste, entführt uns einmal mehr in eine fremde Welt, in die Welt des dunklen Kon-tinents: Afrika. Er folgte im Jahr 2006 den Spuren von Pierre Savorgnan de Brazza, dem Hauptprotagonisten.
    Deville fügt einmal mehr klingende, teilweise vergessene Namen wie zu einer Collage zusammen.
    Einmal mehr erweist er sich als Geschichtenerzähler ganz in der Tradition der Erzähler auf dem Djeema al Fna in Marrakesch, schüttet vor uns ein Füllhorn an Biograpien aus.

    Einmal mehr ein Buch, das eine kunstvolle Mischung aus eigenem Erleben, aus Angele-senem und Gehörtem ist. Das uns den dunklen Kontinent vielleicht ein wenig näher bringt in seiner Vielfältigkeit an Historie, an Menschen, an Natur.
    Einmal mehr die bekannten Zeitsprünge des Autors vom Gestern ins Heute. Verknüp-fungen der Vergangenheit mit der Gegenwart, vielleicht auch mit der uns noch unbe-kannten Zukunft.
    Die großen Entdecker: Brazza, Stanley, Livingstone, Burton, Speke, Mungo Park, Rohlfs, Heinrich Barth. Was trieb sie an? Muss man sie bewundern? Beneiden? Warum wollten sie Geschichte erzwingen, verändern? War es die Sucht nach Ruhm? Warum waren sie glühende, ruhelose Unruhestifter? Warum wollten sie über sich selbst hinauswachsen? Ihre Abenteuergelüste, aus welchen tiefenpsychologischen Motiven auch immer, wurden später mit Ideologien umkleidet, gaben Anlass zu weiteren Unruhen und Zwisten, die bis in die heutige Zeit hineinreichen.

    Was wäre wohl aus Afrika geworden ohne diese missionarischen Versuche, die Menschen nach westlichem Denken zu formen, sie zu „zivilisieren“ ? Es wäre ihnen, den Afrikanern, wahrscheinlich besser bekommen. Die Dominanz der „Muzungus“, die als Forscher, als Kolonisierer, als Befreier kamen und sich als Herrscher aufspielten.

    Brazza jedoch war anders: ein Idealist, ein Menschenfreund, eine seltene Spezie unter den Entdeckern und Kolonisten, in deren Gefolge weiße Gewalt in das dunkle Herz Afrikas eindrang.
    Pierre Savorgnan de Brazza, am 25.1.1852 geboren, entstammte einem alten, kosmo-politischen italienischen Adelsgeschlecht. Er wollte Seefahrer, Held, Entdecker werden und hat dann tatsächlich Wasserläufe und Flüsse entdeckt. Füllte die weißen Flecken auf den europäischen Landkarten mit Leben. Gibt es heute noch weiße Flecken oder sind sie schon als Geheimtipp markiert und auf 1001 Blogger-Seiten publiziert?
    Als Ornithologe entdeckte er die endemische Brazza-Schwalbe; eine Meerkatzenart wurde mit seinem Namen beehrt: die Brazza-Meerkatze. Er war zudem Historiker und Humanist, das Familienvermögen hat er für die Eindämmung des Sklavenhandels eingesetzt. Edle Taten, aber mit unedlen Folgen: unwissentlich ebnete er den Abenteurern und Ausbeutern den Weg.

    Sein Gegenspieler, sein Konkurrent war Henry Morton Stanley.
    Gegensätzlicher können zwei Männer nicht sein. Der reiche Aristokrat, Gentleman, hoch-mütig wie ein Doge; ohne jeden Antrieb, irgend jemand etwas beweisen zu wollen. Schwarzer Vollbart, blaue Augen, groß und mager, sanft und menschlich.
    Stanley, ein ungewolltes vaterloses Kind aus ärmlichen Verhältnissen, der eigentlich John Rowland hieß. Elf Jahre älter als Brazza. Mittelgroß, kräftig, mit der Härte des Empor-kömmlings. Schneller Aufstieg als Reporter für den New York Herald, dessen Verleger schnell die Zugkraft von Expeditionsreportagen erkannt hatte und damit reich wurde.

    Brazza erreicht nach expeditions- und entbehrungsreichen Jahren 1880 zum ersten Mal den Kongo, gründet den Posten, der später zu Brazzaville wurde.
    Als Brazza und Stanley sich treffen, prallen zwei Welten aufeinander: Brazza wollte nie ein Krieger sein, Stanley reiste nur mit bewaffneter Begleitung. „Ich war kein Tausch-händler, ich bin als Freund und nicht als Eroberer gereist und ich wurde immer gastfreundlichst empfangen.“

    Kurz vor seinem Tod wurde Brazza von seinem Ruhesitz in Algier nach Französisch-Kongo geschickt, um die Gräueltaten an Afrikanern durch französische. Soldaten und Firmen aufzuklären. Sein Bericht wurde geheim gehalten und erst 2014 veröffentlicht.
    Er starb am 14.9.1905 im Alter von 53 Jahren und erhielt ein Staatsbegräbnis auf dem Père Lachaise. Heute ruht er mit seiner Familie im millionenschweren Mausoleum in Brazzaville. Er hätte diese monumentale Ehrung sicherlich abgelehnt.

    Stanley wurde berühmt durch seine Suche nach dem verschollenen Livingstone, den er dann am Tanganjikasee traf mit seinem berühmt gewordenen Satz „Dr. Livingstone, I presume?“ 1878 bekam er vom belgischen König Leopold II den Auftrag und das Geld, um das Kongobecken mit dem heutigen Leopoldville in Besitz zu nehmen.

    Der Autor führt uns den afrikanischen Äquator entlang von Gabun über Sao Tomé und Principe, in die beiden kongolesischen Republiken, nach Tansania und Sansibar. Er taucht ein in die Geschichte der bereisten Gebiete, er taucht ein in die Geschichten seiner nativen Reisebegleiter und er bringt uns einmal mehr bekannte und fast vergessene Namen mit ihren biographischen Hintergründen näher. Wer hat schon einmal gelesen, dass es auf Sansibar einen persischen Clan aus Schiras gab, Al Harthi, der seit tausend Jahren an den Inselküsten lebte.

    Da ist Albert Schweitzer: Schweitzer, der in die üppige Urwaldszenerie Bach’sche Fugen ertönen lässt, Schweitzer mit seinem Pelikan Parzival, der davonflog, als sein Herr verstarb.
    Aber da sind auch Jules Verne, Pierre Loti, Joseph Conrad und Emin Pascha. Ein ausführliches Kapitel ist Che Guevara gewidmet, der seinen Traum einer afrikanischen Revolution aufgeben musste und stattdessen einige Jahre später im bolivianischen Urwald verschwand und dort starb.

    Eine hochinteressante Gestalt: Tippu Tip. Er und Brazza sind sich nie begegnet, der
    eine kam vom Westen nach Osten, der andere vom Osten nach Westen. Der eine ist ein Sklavenhändler, der andere ein Sklavenbefreier. Tippu Tip ist der ungekrönte König von Zentralafrika. Er stirbt 1905 an Malaria. drei Monate nach Jules Verne, drei Monate vor Brazza in Dakar, Stanley starb schon ein Jahr zuvor. Tippu Tip schrieb übrigens seine Biographie auf Suaheli, das erste Schriftstück dieser Art.


    Seit dem von Bismarck organisierten Berliner Kongress haben die europäischen Mächte Afrika unter sich aufgeteilt. Der Idealismus der Entdecker war nicht mehr gefragt, es ging um Macht und Handel. Kautschuk und Elfenbein, heute sind es Coltan und Diamanten.
    Auch das deutsche Kaiserreich hat ein Stück vom Kuchen abbekommen. Der Tausch Sansibars gegen Helgoland lässt mich fragen: Wie es wohl heute wäre, wenn Sansibar deutsch geblieben wäre: Filterkaffee, Schwarzwälderkirsch und Sauerkraut in Stone Town?
    Leopold II von Belgien erwarb den Kongo-Freistaat als Privatbesitz. Voraus denkend, sah er, dass die schiffbaren Flüsse und Medikamente wie das Chinin alleTüren für eine erfolgreiche ausbeuterische Inbesitznahme öffneten. Apokalyptische Grausamkeiten waren an der Tagesordnung in seinem Reich, damals wie heute kamen die meisten Weißen aus dem Kleinbürgertum und hatten keine Vorstellungen von Afrika, seiner Geschichte und seinen Lebensbedingungen, von seiner Vielfalt an Völkern, Sitten und Gebräuchen, Ritualen und Fehden.


    Wieder ist Deville ein narratives Patchwork gelungen, mit verschlungenen Bindegliedern, die Geschichte von Gestern ins Heute transportieren. Persönliche Impressionen von „Land und Leuten“, stilistisch gefärbt als Reportage, als Portrait, als Geschichtsbuchauszug. Für Afrikafreunde, für Afrikakenner und solche, die mehr über den Kontinent erfahren wollen, eine lehrreiche Lektüre. Anregend zu persönlicher Entdeckerlust und Recherche.

    Der Satz aus Brazzas Brief an seinen Vater soll das Schlusslicht sein:
    Und als ich ihnen sagte, dass die Weissen ein Land haben, in dem es an nichts fehlt, konnten sie sich nicht erklären, warum wir hergekommen waren.














  10. Cover des Buches Ganz die Deine (ISBN: 9783293710337)
    Claudia Piñeiro

    Ganz die Deine

     (23)
    Aktuelle Rezension von: Roelle_Gardener

    Dieses Buch ist wie Haydns "Symphonie mit dem Paukenschlag"! Der ohnehin nicht schlechte Krimi perlt - mit leichter Hand geschrieben - eine Zeitlang locker vor sich hin, und wenn man schon denkt, es steuert auf ein konventionelles Finale zu, kommt der eingangs angedeutete Paukenschlag! 

    Inés weiß, dass ihr Mann Ernesto eine Affäre hat, seit sie in seiner Tasche ein Liebesbriefchen, unterzeichnet mit GANZ DIE DEINE, fand. Als sie ihm folgt und mitansieht, wie er sich mit einer Frau streitet, sie dabei stürzt, stirbt und Ernesto sie schließlich in einem See versenkt, ist sie zufrieden. GANZ DIE DEINE ist nun tot und sie gibt ihm vor der forschenden Polizei ein Alibi, in der Annahme, er liebt sie dafür wieder.  

    Doch Ernesto denkt nicht daran. Als sie merkt, dass er sich weiterhin mit einer fremden Frau trifft, entscheidet sie sich zum Handeln. Doch sie muss bald begreifen, dass nichts ewig ungestraft bleibt. Manchmal trifft es einen vielmehr wie mit einem Paukenschlag....

    Ich will nicht spoilern, aber ich möchte dieses Buch, das ich eigentlich nur als Füllmaterial in einem größeren Buchpaket mitkaufte, jedem Krimifan ans Herz legen. Dranbleiben lohnt sich hier auf alle Fälle!! 

    Und da sage noch einer, die Argentinier können keine Kriminalromane schreiben!

  11. Cover des Buches Der Privatsekretär (ISBN: 9783293208827)
    Claudia Piñeiro

    Der Privatsekretär

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Almut_Scheller_Mahmoud

    Ist es ein Thriller, wie es vom Verlag tituliert wird? Ich würde es nicht so nennen. Zumindest kommt bei mir kein Thrill auf, kein atemloses Lesen mit Beben und Bangen. Aber ein interessiertes Lesen, das mehr die psychologischen Aspekte von Schicksalen, wie sie entstehen, wie sie zueinander geführt werden, sich führen lassen, sowie die unterschiedlichen Charaktere beschreibt und dies ganz im Sinne der Hegel’schen Dialektik von Herr und Knecht.

    Es ist ein flüssig geschriebenes Buch, sachlich, mit verschiedenen Erzähl- und Zeitebenen. Alterierend in der Erzählform, Zeitsprünge zwischen Gegenwart und Vergangenheit.  Mittendrin immer wieder ein  „Work in progress“, Notizen einer der Protagonisten zu einer Auftragsarbeit. Über Hexerei, Magie, Zauberei und Flüchen, insbesondere im politischen Rahmen Argentiniens, dem Alsina-Fluch.  .

    Die Hauptprotagonisten sind Román Sabaté und seine Freundin Valentina Sureda, genannt China, sein politisch engagierter Onkel Adolfo, sein Freund Sebastién. Und deren Gegenspieler: Fernando Roviro, der politische Aufsteiger mit einer fast klassischen Karriere (vom Bauunternehmer zum angestrebten Gouverneursposten in der Hoffnung,  später zum Präsidenten der Republik aufzusteigen), seine Frau Lucrezia Bonara, das Kind Joaquín und die Statisten, die in einer politischen Melange nicht fehlen dürfen: sein Berater und Kampagnen-Stylist Arturo Sylvestre und Vargas für die handfesten Drecksarbeiten. Auch die Mutter von Fernando Roviro spielt eine Rolle, eine esoterische, die von Anfang an ihre Finger im Spiel hat und die versucht, mit Energietransfers und Aura-Arbeit ihren Sohn zu unterstützen. 


    Alles beginnt mit Sebastiéns Bitte, dass Román ihn zu einer Art Assessment Center der Partei Pragma begleitet, wo er seine Bewerbung abgeben möchte. Román füllt aus Übermut ebenfalls ein Formular aus und schreibt unter andere Fähigkeiten und Talente: Möbelschreiner, Chauffeur und Fitnesstrainer. Viel mehr hat der junge Mann aus der Provinz nicht vorzuweisen. Zu seinem und zu Sebastiéns Erstaunen bekommt er den Posten und wird Privatsekretär des aufsteigenden Sterns am Polithimmel., Fernando Rovira. Er wird zum unerlässlichen Intimus und Schatten Fernandos, dessen ehrgeizige Pläne der Gouverneursposten einer geteilten Provinz sind: die Provinz Buenos Aires soll in zwei Gourvernate aufgeteilt werden. Denn er kennt den „Fluch von Alsina“, der Auswirkungen auf alle bisherigen Amtsinhaber hatte: niemand ist Präsident des Landes geworden, wenn er zuvor Gouverneur der gesamten Provinz Buenos Aires war. Deshalb die angestrebte Teilung. 

    Rovira ist nach aussen hin ein Mann mit weißer Weste, ein Mann mit Charisma und dem Slogan „Damit es wieder aufwärts geht – packen wir es an“. Slogans und Aussagen, wie sie heute und überall in der Politik verwendet werden, von Menschen, die beseelt und besessen sind von Machthunger und von Perversitäten, die das doppelte Spiel lieben, die uns ihr Pokerface zeigen. 

    Wir erfahren also viel über das Innenleben der Politik, der Politiker und ihrer Entourage,. Wir erfahren von mancherlei Gründen, warum ein Mensch in der Politik landet: „Zu Recht. Aus Versehen. Aus Nach-lässigkeit. Weil man nicht Nein sagen kann. Weil man zur rechten Zeit am rechten Ort war oder zur falschen Zeit am falschen Ort. Weil man von irgendwas leben muss“.  

    Welche dieser Gründe betreffen wohl unsere westlichen Politiker, die die Standarten von Werten und Menschenrechten vollmundig hochhalten? 

    Wir erleben aber im Roman auch Loyalität, Freundschaft und wahre Liebe.  Und das ist immerhin ein Hoffnungsschimmer.

    Wir erfahren einiges über Politiker wie Raúl Alfonsín, dem ersten demokratischen Präsidenten nach der argentinischen Militärdiktatur und der für Románs Onkel Adolfo immer noch ein menschliches und politisches Vorbild ist, an dem Nachfolger gemessen werden.

    Wir erfahren viel über die Stadt La Plata, die „Schicksalsstadt“ in diesem Roman: eine Stadt, die streng symmetrisch geplant und angelegt wurde, nach freimaurerischen Ideen und Prinzipien. Bei der feierlichen Grundsteinlegung gab es  Turbulenzen, die in dem Fluch der Stadt La Plata kulminierten. Und dieser Grundstein von La Plata wird das Schlusssymbol, in einem unerwarteten, nie erdachten Akt. Der Akt eines unschuldigen Kindes. Ein Kind, unbelastet von allen Intrigen und Machtsspielen und  historischen Bezügen, ist der Held einer ganz neuen Geschichte.
    Mehr sei nicht verraten.

    Ich habe dieses Buch, das die Psyche der verschiedenen Akteure gut ausleuchtet und durch den realen Bezug auf politische Ereignisse der Vergangenheit sehr informativ ist,  mit großem Interesse gelesen. Bringt es uns den südlichen Teil des amerikanischen Kontinents ein wenig näher und lässt durchaus auch rückwirkende und vorgreifende eigene Gedanken zu unserer heutigen Situation in Europa zu. 




  12. Cover des Buches Jaime Bunda, Geheimagent (ISBN: 9783293406254)
    Pepetela

    Jaime Bunda, Geheimagent

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Pashtun Valley Leader Commander
    Kafkaeske Geschichte mit dem faulsten Geheiagenten, der mir jemals untergekommen ist. Ein Diamant aus dem Unionsverlag
  13. Cover des Buches Pest & Cholera (ISBN: 9783293207752)
    Patrick Deville

    Pest & Cholera

     (8)
    Aktuelle Rezension von: mabo63

    Grosse Wertschätzung für Alexander Yersin: In diesem Buch, welches die äusserst vielseitige und wertvolle Arbeit des Schweizer Arztes und Bakteriologen Alexander Yersins aufzeichnet, schafft es Deville den Leser zu entführen in die Welt der Wissenschaft und des Abenteuers.


    Deville der Autor, hat monatelang die Briefe von Yersin an seine Mutter analisiert ebenso Briefe die an seine Wissenschaftskollegen gingen.

    Denn Yersin ist zwar vielen unbekannt, doch sind seine Dienste imens: Yersin identifizierte 1894  in Hong Kong den dazumal dort unbekannten Pest - Erreger und entwickelte danach einen Impfstoff.

    Doch Yersin war auch ein Tausendsassa denn er war auch Seefahrer, Geograf, Landwirt, Meterologe. Ja selbt literarisch betätigte sich Yersin - seine Neugier zu allem schien endlos. Dermassend wissend in so vielen Bereichen hasste Yersin unwissende Menschen, es wundert nicht dass er als Eigenbrötler galt.

  14. Cover des Buches Kampuchea (ISBN: 9783293207905)
    Patrick Deville

    Kampuchea

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Almut_Scheller_Mahmoud


    Im Jahre 2010 reist der Autor den Mekong vom Delta hinauf bis an die Grenze nach China. Er lässt uns teilhaben an seinen Impressionen von Straßen, Bars, Märkten, den vorbeifließenden Landschaften, der Kakophonie von Geräuschen, Gerüchen und Farben. An der grandiosen tropischen Natur, faszinierend und beängstigend zugleich.


    Er führt uns ein in die Geschichte Indochinas, die den meisten von uns unbe-kannt sein wird bis auf Schlagworte vielleicht wie Angkor Vat, die französische Schlacht von Dien Bien Phu, den amerikanischen Vietnamkrieg, Coppolas Apokalypse Now, Pol Pot und die Killing Fields. Und vielleicht noch Marguerite Duras, die im seinerzeit französischen Indochina geboren wurde.


    Durch die minimalistischen Kurzbiographien, teilweise miteinander verflochten, werden wir Zeuge von politischen und kulturellen Umwälzungen. Lebensepisoden von Henri Mouhot, ein Insektenforscher, der 1860 Angkor Vat (wieder) entdeckte, ergriffen von der verfallenen Imposanz  der Tempel: ein Narrativ der Steine aus dem 9. Jahrhundert. Angeblich soll Angkor Vat im 12. Jahrhundert eine Million Einwohner gehabt haben, die größte Stadt der Welt. Ob es damals wohl schon Volkszählungen und statistische Auswertungen gab? Prinz Sihanouk von Kambodscha, der aus Phnom Penh das Paris des Fernen Ostens machen wollte und zu einem Verräter wurde und Salto War alias Pol Pot, der mit seinen Freunden und politischen Weggefährten in Paris studiert und das Leben des La douce France genossen hatte. Ho Chi Minh, der wie die Rote Khmer-Elite in Paris studiert hatte, ein Mann mit der unbeugsamen Geschmeidigkeit eines Bambus. Aber auch von Unbekannten wie dem Maler Vann Nath, der Portraits von Pol Pot in unermüdlicher Serienarbeit erstellen musste. Vielleicht hat er Farbverfremdungen wie später Andy Warhol mit seinen Marilyn-Bildern angewandt? Auguste Pari, der bei der Marine begann, an einem Post- und Telegraphenposten seinen Dienst tat, sich zum Naturkundler wandelte und später die Telegraphenverlegung von Phnom Penh beaufsichtigte und zum Königsberater avancierte.  Francois Ponchaud, ein katholischer Priester, der die Khmer-Sprache erlernt und die Codes und Chiffren der Roten Khmer entziffert hatte. Sein anprangerndes, 1977 veröffentlichtes Buch „Kambodscha im Jahre Null“  fand weder bei Amnesty International noch in Washington Gehör. Wir erfahren von dem kambodschanischen Schriftsteller Kong Bunchhoeun, 2016 verstorben, der über 120 Bücher geschrieben hat, Filme gemacht hat, gemalt und gedichtet und komponiert hat.


    Andere Namen fallen wie Blätter von einem Herbstbaum: Pierre Loti, André Malraux, Joseph Conrad mit Walter Kurtz und Lord Jim, Graham Greene und Der stille Amerikaner. Graf Pierre Savorgnan de Brazza, nach dem eine Hauptstadt benannt worden ist (Republik Kongo).

    Und immer das verbindende Hauptthema. Die diktatorische und genozidale Herrschaft der Roten Khmer mit der Angka, einfach nur Die Organisation, allgegenwärtig, mysteriös. Mit ihrer ideologischen Vermischung von Rousseau und Marx und dem buddhistischen Denken. In den vier Jahren der Herrschaft eines steinzeitlichen Kommunismus wurden fast 2 Millionen Menschen umgebracht, gefoltert, vernichtet. Die Tötungsmaschinerie der Menschheit ist unersättlich. In den Gulags und im maoistischen China starben Millionen durch Arbeitslager und Verhungern, die Nazis vernichteten 6 Millionen Juden (von den politischen Gefangenen, den Homosexuellen, den Roma und Sinti und den russischen „Untermenschen“ abgesehen), in Ruanda in kürzester Zeit fast eine Million Menschen. 

    Massengräber der Grausamkeit einer Tabula rasa: Phnom Penh verschwindet vom Erdboden mit seinen Ärzten und Anwälten, Optikern und Künstlern, Leh-rern und Studenten. Es gibt keine Gerichte mehr, keine Schulen, keine Kran-kenhäuser, Kinos, Cafés, keine Post und kein Telefon. Es gibt keine Gesetze mehr. Nichts Gedrucktes. Eine Revolution, die nicht zu einem bürokratischen Monster mit 1001 Formularen wird, sondern dem buddhistischen Samsara-Rad folgt: Leben und Sterben. Menschen werden zu Dünger für die Reisfelder. Es gibt Zwangsarbeit, Krankheit, Folter, Hunger und Kannibalismus.

    Aber Deville informiert den Leser auch über die Vorgeschichte dieser stein-zeitlichen Massaker.  Der weiße Mann mit seinem wahnsinnigen europäischen Traum der Überlegenheit über alle anderen Kulturen und Völker. Vom Opium-krieg mit China, in dem die französischen und englischen Truppen wie die Vandalen den Pekinger Sommerpalast plünderten. Taliban und IS sind auch da nur Nachahmer. 

    Die Prozesse gegen Pol Pot alias Duch und Kaivag Gucke Eva, den Gefängnis-wärter, der für 14.000 Opfer verurteilt wurde. Ein unscheinbarer, gewissen-hafter mittlerer Beamter, der seine Pflicht erfüllte, pünktlich, streng und bieder. Da tauchen Assoziationen auf zur „Banalität des Bösen“ und Adolf Eichmann.


    Eine Lektüre wie ein Kaleidoskop, bunt und farbig, aber eben nicht nur schön. So erliest man sich in kurzen Kapiteln, die Zeiten und Orte wechseln, die Ahnung eines Gesamtbilds einer komplexen kulturellen und politischen Andersartigkeit. Deville vereint in diesem Buch Reportage, Biographie, Prosa, Reisebericht und auch Autobiographisches. Seine Neugier auf das Heute und das Gestern, die Verknüpfungen von Menschen und ihren Biographien, Menschen, die sich oft nicht kannten und sich doch gegenseitig beeinflussten. Verknüpfungen von Tätern und Opfern. Von Kolonisierten und Kolonisatoren. Von den alten Eliten und den neuen Globalisierungsgewinnern. Für Deville sind Reisen und Schreiben unabdingbar miteinander verwoben, um so Knoten für Knoten des Heute und des Gestern knüpfen zu können. Für ihn gilt nicht das Zitat von Pascal’s Zimmer. 


    Die Geschichte vom Flügelschlag des Schmetterlings, der viele Tausend Kilometer entfernt und Jahrzehnte später eine Katastrophe auslöst, ist das perfekte Motto für diesen geschichtsträchtigen Roman. 


  15. Cover des Buches Sarab (ISBN: 9783293208612)
    Raja Alem

    Sarab

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Almut_Scheller_Mahmoud


     Eine dokumentarische Beschreibung eines terroristischen Aktes? Eine Seelenbeschreibung zweier junger Menschen, die konträrer nicht sein könnten und doch eine gemein-same Basis haben? Ein morbider Liebesroman, versteckt hinter dem politischen Gewand? Ist es eine Art Abenteurroman gewürzt mit Prisen von Gewalt und Erotik?

    Bringt es uns Aufklärung? Aufklärung über den Fanatismus Koran-gläubiger? Oder über den Fanatismus im allgemeinen?  Über reli-giöse Manipulationen, die letztendlich doch wieder nur dem Faktor „Macht“ obliegen? Über die naive Leichtgläubigkeit der Menschen, die sich nach Reinheit und Sicherheit sehnen, nach Gott?

    Bleiben wir bei den Fakten. 

    Fakt ist, dass der Heilige Bezirk in Mekka, DER Heilige Ort des muslimischen Glaubens, im späten Herbst des Jahres 1979 von 500 salafistischen Kämpfern unter dem Kommando von  Mudschan al Kutaibi, einem ehemaligen Korporal der saudischen Nationalgarde. in Besitz  genommen wurde. Tausende von Pilgern aus aller Welt hielten sich  aus Anlass der Umra, der kleinen Wall-lahrt und dem Beginn eines neuen Jahrhunderst nach islamischer Zeitrechnung, dem 1. Muharram des Jahres 1400 im Bezirk der Kaaba auf. 

    Sie wurden Opfer und Geiseln einer fanatischen Gruppe von Männern, die glaubten, den Mahdi gefunden zu haben und ihn als neuen Herrscher der Welt auf den Thron bringen wollten. Der Mahdi, der Erlöser, der in der Endzeit erscheinen, Gerechtigkeit auf die Erde bringen und das Unrecht auf der Welt beenden sollte.  

    Mahdi, das ist im Judentum der Messias, im Christentum Jesus und selbst in den asiatischen Religionen gibt es einen solchen Heilsbringer und Erlöser. 


    Der Roman beschreibt die Tage Besetzung, fünf ingesamt.  Und bringt uns die Protagonistin Sarab alias Saifallah näher. Sarab als Kämpfer, als Mann verkleidet,  ihrem Bruder nachfolgend, den sie fast zwanghaft verehrte, den Liebling ihrer Mutter, der „Eisernen“. Sarab, die ihren Vater liebte und sich doch nach der Mutter sehnte. Saifallah zog mit den Gewehren des Vaters zu Mudschan al Kutaibi nach Medina. Sie folgte ihrem Bruder, alle Brücken zu ihrem Wüstendorf abbrechend, im Gemeinschaftsleben aufge-hend, im Training in der Wüste.  Fasziniert  vom propagierten Mahdi, fast eine erotische Faszination. Ein feinsinniger, ehrlicher Mann.  500 Kämpfer, ausgestattet mit den detaillierten Plänen der unterirdischen Gassen, Höhlen, Kammern und Kanälen des Kaaba-Bezirks mit 200.000 qm. 30 Toren, mit einem Säulenwald von Hunderten Marmorsäulen.


    Die Botschaft, dass der Mahdi wie im Koran geschrieben, in Mekka erschienen sei,  wurde von den Pilgern nicht mit Jubel-schreien aufgenommen, nicht mit ekstatischen „Allahu akbar, Gott ist der Größte“, begrüßt. Sondern mit Angst und dem einzigen Gedanken, dem Tod zu entrinnen. Die Erstürmung der Anlage durch die saudische Nationalgarde und die Kämpfer der franzö-sischen Eliteeinheiten, das eingesetzte Gas: Es gab kein Entrin-nen. Der „Mahdi“ war genauso sterblich wie Kämpfer und Geiseln.  


    Beschreibungen der Todeskämpfe, des Blutrausches. Als ob dies ein Zeichen des Lebendigseins bedeutete. Töten – alles, was fremd und anders war, musste getötet werden. Musste degradiert werden zu Gottlosen, Ungläubigen, zu Kakerlaken, wie in Ruanda oder auch im Dritten Reich. Woher nehmen Fanatiker ihre Über-zeugung, ihr Glaube  und ihre Gesinnung seien die einzig wahren Wege zum Paradies. Woher der besessene Glaube des Auser-wähltseins wie die Kreuzritter und Zeloten, wie die RAF, Al Qaida und der IS und auch die faschistischen Bewegungen in Europa. Woher nehmen sie das Recht, andere Lebewesen, menschliche Lebenwesen, auszumerzen. 

    Woher überhaupt der Glaube an das Paradies? Und wozu?


    Sarab trifft durch Zufall auf den französischen Elitesoldaten Raphael, der hinter seinem stahlharten kriegmaschinigen Corpus einen sensiblen Kern versteckt,  auch er ein „muttergeschädigtes“ Kind. Beide leben in ihren inneren Käfigen, dem westlichen und dem orientalischen.Sie verbindet eine Hassliebe und erst ganz langsam, peu a peu, entwickelt sich in Paris, wohin Raphael die junge Frau unter falschem Namen schmuggelte, eine Beziehung, eine Liebesbeziehung, die jedoch immer wieder von Paniken und Depressionen, Albträumen und Ängsten heimgesucht wird. 

    Wir erleben das Sichherantasten des Beduinenmädchens an die westliche „Freiheit“, aber immer wieder blinken Relikte aus ihrer Vergangenheit auf: die zwanghafte Sucht nach Reinheit : See-lischer und körperlicher Reinheit. Immer wieder tauchen die Getö-teten des Kampfes auf und auch Raphael wird gequält  von traumatischen Bildern und Szenen. Bilder seiner soldatischen elitären Greueltaten, verbrämt mit Heldenmut und Soldatenehre.


    Beduinenmädhen trifft auf männliche „Tötungsmaschine“. Beides kann uns Angst machen. Denn beide sind charakterisiert durch blinde Gefolgschaft. Die inneren Kämpfe der beiden sind recht gut ausgeleuchtet und doch springt der Funken des Nachvollziehbaren nicht über. Sie bleiben mir fremd. Sollen sie die Wunden von Okzi-dent und Orient versinnbildchen?


    Ein Roman aus einer anderen Welt, oft überfrachtet, in vielem zu unglaubwürdig, zu unwahrscheinlich. Aber was ist heute schon glaubwürdig oder wahrscheinlich? Eine intensive Lektüre: eine Liebesgeschichte, die sich mit den historischen Vorfällen verbindet und mit ihnen verstrickt ist. Gekonnt geschrieben, einfühlsam  und kenntnisreich. Ein exotischer Liebesroman in der Tradition von „Himmel über der Wüste“ und „Der englische Patient“. Aber: Eine Verschlankung des Textes wäre dem Gesamten zuträglich.


    Raja Alem schreibt über sich selbst und den Prozess ihres Schreibens: "Der Augenblick des Schreibens ist so besonders, so geheiligt, ich befinde mich an einem Ort, an dem ich nicht berührt werde von dem, was erlaubt ist und was nicht. In diesem Moment der Trance existiert die Zensur für mich nicht. Ich schreibe frei, wie ich im Traum fliege”. 


    Die Autorin selbst wurde 1970 in Mekka geboren. Ein für saudische Verhältnisse eher ungewöhnlicher Lebenslauf: sie  studierte englische Literatur, lebt heute in der Hafenstadt Dschidda und in Paris. Stellte mit ihrer Schwester, einer Malerin, eine Lichtskulptur auf der venezianischen Biennale aus. 

    Vielleicht sind die saudischen Frauen angekommen in der Welt, in unserer Welt? Und wir dürfen durch Autorinnen wie Raja Alem teil-haben und eintauchen in diese uns so fremde Welt der arabischen Halbinsel.

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