Bücher mit dem Tag "verrohung"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "verrohung" gekennzeichnet haben.

40 Bücher

  1. Cover des Buches Die Tribute von Panem 1. Tödliche Spiele (ISBN: 9783751203036)
    Suzanne Collins

    Die Tribute von Panem 1. Tödliche Spiele

     (17.790)
    Aktuelle Rezension von: Witness

    Ich habe die Buchreihe um Katniss Everdeen und die Hungerspiele als junger Teenager regelrecht verschlungen und geliebt, deshalb habe ich lange gezögert, ob ich sie wirklich noch einmal lesen möchte. Oft ist die Erinnerung an eine Sache schöner als die Sache selbst, und gerade Dinge, die man im Teenie-Alter mochte, altern häufig ganz furchtbar.

    Bei dieser Reihe ist zum Glück das Gegenteil der Fall: Mit mehr Kenntnissen in Politik, Geschichte und gesellschaftlichen Dynamiken kann ich dem Weltenbau dieser Dystopie eine viel größere Wertschätzung entgegenbringen als damals mit dreizehn. Die Aufteilung des fiktiven Landes Panem in Distrikte und die Art, wie das Kapitol und damit die herrschende Klasse ihre Macht über sie aufrecht erhält, mit Gewalt, strenger Teilung und Armut, fasziniert mich heute noch mehr als damals.

    Auch die Protagonistin Katniss, die sich und ihre Familie nur mit viel Mühe ernähren kann und sich schließlich anstelle ihrer Schwester Prim freiwillig für die jährlichen Hungerspiele meldet, ist eine vielschichtigere Figur, als ich sie in Erinnerung hatte. Sie ist keine eindimensionale Girlboss-Powerfrau, sondern eine Jugendliche, die aus der Not heraus ihre Intelligenz und Geschicklichkeit einsetzen muss, um ihr eigenes Überleben zu sichern. Was ich hier besonders spannend finde, ist, dass sie auch nicht die Rebellin aus meiner Erinnerung ist; all ihre vermeintlichen Rebellionen entstehen ungewollt oder aus einem puren Überlebenswillen heraus. Bezeichnend: Zu Beginn stellt Katniss einmal recht nüchtern fest, dass ihr in der Schule wahrscheinlich nicht die Wahrheit über die Geschichte Panems gelehrt werde, aber dass die Wahrheit ihr auch kein Essen auf den Tisch bringen würde.  

    Was mich außerdem gefreut hat, ist die Darstellung des Liebesdreiecks, denn es ist unaufdringlicher als in meiner Erinnerung. Spannend finde ich hier vor allem, dass Katniss eigentlich gar nicht an Beziehungen interessiert ist: Gale ist ihr bester Freund und die Liebe zu Peeta spielt sie nur für die Kameras vor, um ihr Überleben zu sichern.

    Auch die Detailverliebtheit des Buches ist etwas, das ich noch einmal ganz neu für mich entdecken konnte. Üblicherweise bin ich schnell genervt davon, wenn in Romanen ständig beschrieben wird, was genau die Figuren wann essen – aber hier ist das Essen etwas, das nicht selbstverständlich ist. Jede Mahlzeit ist ungewiss, deshalb habe ich auch gern die detaillierten Beschreibungen davon gelesen, wie Katniss ihre Nahrung jagt, sammelt und zubereitet. Damit wird immer wieder daran erinnert, in welcher prekären Lage sie sich befindet und wie gut sie sich darin zu helfen weiß.

    Ich habe das Buch nicht nur genossen, weil ich dadurch ein bisschen in Teenie-Nostalgie schwelgen konnte, es hat mich auch so mitgerissen. Die grobe Struktur und vereinzelte Details hatte ich noch im Kopf, aber einige Momente, die ich schon vergessen hatte, haben mich ganz neu berührt. Es ist ein spannender Roman, und ich kann ihn nur wärmstens allen Menschen ab 12 Jahren empfehlen – aber vor allem auch Älteren, die das Buch damals gelesen haben und sich nicht sicher sind, ob sie es noch einmal in die Hand nehmen sollen.

  2. Cover des Buches Pici: Erinnerungen an die Ghettos Carei und Satu Mare und die Konzentrationslager Auschwitz, Walldorf und Ravensbrück (ISBN: 9783944442402)
    Robert Scheer

    Pici: Erinnerungen an die Ghettos Carei und Satu Mare und die Konzentrationslager Auschwitz, Walldorf und Ravensbrück

     (42)
    Aktuelle Rezension von: parden
    EIN PERSÖNLICHES MAHNMAL...

    Robert Scheer liebte seine Großmutter. Dies ist an und für sich nichts Besonderes, doch eigentlich ist es ein Wunder, dass es den Autor überhaupt gibt. Denn eigentlich hätte seine Großmutter Pici nicht überleben, nicht heiraten und keine Familie gründen dürfen. Denn dies war der Plan von Hitler und seinen Schergen. Doch als einzige ihrer weitverzweigten jüdischen Familie überlebte Pici ("die Kleine") seinerzeit die Gräuel des Holocaust.


    "Die Weisen sagen, das Ziel des Lebens sei das Leben selbst. Dem folgend habe ich das Ziel erreicht. Denn ich lebe noch." (S. 56)


    Zum 90. Geburtstag seiner Großmutter beschloss Robert Scheer, diese nach ihren Erlebnissen zu befragen, damit ihr Zeugnis bewahrt bleibt. Und wo Pici jahrzehntelang geschwiegen hat, öffnete sie sich ihrem Enkel gegenüber und gab Auskunft über helle und dunkle Jahre ihrer Vergangenheit.

    Die ersten zwei Drittel des Buches erzählen von Picis Familie und ihrer Kindheit in Rumänien. Dort wohnte die Familie ungarischer Juden und lebte vom Holzhandel des Vaters. Arm, kinderreich, aber zufrieden, so wie viele andere Menschen der kleinen rumänischen Stadt auch. Als etwas langatmig habe ich diese Schilderungen zeitweise empfunden, aber andererseits als durchaus legitim - holte sich Pici auf diese Art noch einmal alle Mitglieder iher großen Familie in ihre Erinnerung zurück, alle in den Jahren des Holocaust ums Leben gekommen.

    Die schlimmen Erlebnisse Picis nach dem Verlust ihrer Heimat in den 40er Jahren nach der Machtergreifung Hitlers nehmen entsprechend etwa ein Drittel des Buches ein. Die Vertreibung ihrer Familie aus der kleinen rumänischen Stadt, die Erfahrungen im Ghetto, die Deportationen in verschiedene Konzentrationslager, die Kälte, die Hitze, der Hunger, die Unmenschlichkeit, die Angst, die Krankheiten, das Trauma, der Tod - Dinge, über die es sicher auch nach 70 Jahren noch schwerfallen dürfte zu sprechen.

    Was mich bei der Lektüre verblüffte, waren die großen Erinnerungslücken Picis, die viele schreckliche Erlebnisse und Details ausgeblendet zu haben scheint.


    "Und auch für die folgenden Zeiten gibt es solche kleinen Momente, die völlig in meinem Gedächtnis fehlen, aber nicht so, dass ich sie nach Jahren vergessen hatte, sondern so, als hätten sie nichts mit mir zu tun gehabt. Vielleicht, weil mein Verstand dies alles nicht nachvollziehen konnte und von sich wegschob..." (S. 90)


    Entsprechend rudimentär erscheinen denn auch teilweise die Erinnerungen, Spotlights der Schrecken, wobei die Schilderungen selbst nahezu nüchtern erscheinen. Dennoch kommt das Grauen beim Leser an, die Bilder lassen sich ncht verdrängen, die Unfassbarkeit der Erinnerungen bricht sich Bahn. Zahlreiche in den Text integrierte Fotos (viele aus dem Privatbesitz des Autors) unterstreichen das Geschriebene, geben dem Erzählten ein Gesicht und verankern das Grauen in der Realität.

    Der Schreibstil ist einfach, erinnert zeitweise an einen ungeübten Schulaufsatz. Doch vieles ist in wörtlicher Rede wiedergegeben und dokumentiert so eher das Gespräch zwischen dem Enkel und seiner Großmutter Pici als dass es literarisch aufgearbeitet ist. Dieses Stilmittel der wörtlichen Rede unterstreicht in meinen Augen die Authentizität der Erzählung.

    Neben den bereits erwähnten Fotos gibt es - vor allem in dem vielseitigen Anhang - auch zahlreiche Kopien von alten Briefen, Dokumenten und Listen, die die Erinnerungen Picis in Raum und Zeit des Holocaust verankern. Hier hätte ich mir eine bessere Qualität der Darstellung gewünscht, denn viele der genannten Quellen waren durch eine blasse und verschwommene Kopie für mich tatsächlich kaum leserlich, was ich wirklich bedauerlich fand.

    Robert Scheer hat mit diesem Buch nicht nur seiner geliebten Großmutter ein Denkmal gesetzt, sondern mit Picis Erinnerungen auch ein persönliches Mahnmal geschaffen. Ein Buch 'Gegen das Vergessen', das sehr persönliche Einblicke gewährt.


    © Parden
  3. Cover des Buches Die Stadt der Blinden (ISBN: 9783442745296)
    José Saramago

    Die Stadt der Blinden

     (554)
    Aktuelle Rezension von: Fee04

    Ein Mann steht an einer Ampel. Von einer Sekunde auf die nächste, ohne erklärbaren Grund, erblindet er. Wie ihm ergeht es immer mehr Menschen in seiner Heimatstadt. Wie eine Seuche greift die Blindheit um sich. Die Regierenden wissen sich nicht anders zu helfen, als die Betroffenen in einer verlassenen Irrenanstalt einzuquartieren – unter der Bewachung von Soldaten, die auf jeden schießen, der fliehen will. Je mehr Blinde dort zusammengepfercht werden, desto schlimmer, desto unmenschlicher wird die Situation. Inmitten dieses grausamen Chaos befindet sich ein Augenarzt mit seiner Frau – die als Einzige noch sehen kann …


    Ein unglaublich erschreckendes  Buch; eine Epidemie schlimmer als jede bisher da gewesene Epidemie oder Pandemie. 


    Der ungewöhnliche Schreibstil ist anfangs schwer zu lesen, jedoch gewöhnt man sich schnell daran. Der fesselnde Roman ist flüssig und anspruchsvoll geschrieben. Der Autor hat mit diesem Werk ein sehr erschreckendes und düsteres Szenario dargestellt. 


    Außergewöhnlich ist in dem Buch, dass die Protagonisten nicht mit Namen genannt, dafür mit Eigenschaften beschrieben werden. 


    Sehr detailreich, emotional und erschreckend wird ausgeführt, wie es den Blinden in einer abgeriegelten Irrenanstalt ergeht! Die erblindeten Menschen werden komplett von der Außenwelt isoliert. Sie sind alleine, verängstigt und hilflos, angewiesen auf gestellte Nahrung durch die Sehenden. 

    Wie jedoch immer wieder die Gier und Macht selbst  in größter Not bei  einigen Menschen durchschlägt ist verabscheuungswürdig. In der Anstalt kommt es zu Übergriffen, Missbrauch und Erpressung. 

    Eine schier unbeschreibliche Epidemie in der Stadt lässt den Ausnahmezustand, das Chaos, die Verwüstung erahnen. Es wird ein authentisches Szenario beschrieben, in welchem die Welt nur noch aus Sodom und Gomorra bestehen würde. 


    Ein literarisches Meisterwerk, welches inhaltlich so außergewöhnlich und tiefgründig ist und in seiner -  teilweise philosophischen - Sprache begeistert. Sehr empfehlenswert!

  4. Cover des Buches Kind 44 (ISBN: 9783442481859)
    Tom Rob Smith

    Kind 44

     (767)
    Aktuelle Rezension von: honeyandgold

    Kind 44 war jetzt schon lange auf meiner Wunschliste und dann durch einen netten Zufall hab ich das Buch dann geschenkt bekommen. Nun lag es aber wieder auf meinem SUB und gammelt da vor sich hin.

    Nun hab ich mir endlich den Mut gefasst und das Buch in die Hand genommen und es hat mich wirklich aus den Socken gehauen.

    Ich dachte natürlich das es hier um harten Toback geht aber ich war nicht auf das vorbereitet.

    Allem voran die Grausamkeit des russischen Staates hat mich komplett aus den Socken gehauen. Mir war nie bewusst unter welchem Druck die Menschen gelebt haben müssen.

    Die Angst zu verhungern oder in ekelhaften Lebensverhältnissen zu leben, war fast an der Tagesordnung.

    Kein Schritt konnte gemacht werden ohne die Angst zu haben, verpfeifen zu werden.

    Wir schreiben das Jahr 1953. Wir befinden uns in Russland und jeder mit ein bisschen geschichtlichen Wissen, hat ein wenig die Vorstellung das es zur Stalins Zeiten nicht so rosig für die Bevölkerung aussah. Auch ich wusste zwar Eckpunkte aber das was das Buch so schonungslos berichtet, war leider bittere Realität. Hunger, Verlustängste und Vertrauensbrüche standen leider auf der Tagesordnung. Eine grausame Welt, die für viele Menschen leider Realität war.

    Zusammen mit dem erfolgreichen Leo Demidow stolpern wir über einen Fall, der grausam genug ist aber das ist nur die Spitze des Eisbergs.

    Ein Kind ist gestorben, aber niemand will ermitteln. Es war ein Unfall.

    Doch Leo glaub dem ganzen nicht und fängt an selbst zu ermitteln. Nur leider macht ihm das Regime immer wieder ein Strich durch die Rechnung. Er wird als Verräter gejagt und geächtet.

    Damit beginnt eine knallharte Reise.

    Der Schreibstil liest sich flüssig, aber leider tröpfelt die Geschichte manchmal etwas vor sich hin. Durch die Grausamkeit des russischen Staates, tretten die Morde fast schon in den Hintergrund. Ein stückweit denke ich das es wollt war, aber Kinder sterben auf grausame Weise und irgendwie niemanden scheint es zu interessieren. 

    Der Tod der Kinder, rückt eigentlich immer etwas in den Hintergrund. Es wird sehr deutlich das der Schwerpunkt eher woanders liegt.

    Es macht das Buch dadurch nicht schlecht aber macht einen stutzig. 

    Leider kann ich nicht mehr dazu sagen, den der Plotwist hat mich wirklich umgefegt.

    Also wirklich umgefegt.

    Ich hab das Buch kurz weg legen müssen, um damit klar zu kommen.


    Kurzum: Jeder der diese Buch liest muss sich auf einiges gefasst machen.

    Es ist nicht mein Highlight und ich würde es nicht nochmal lesen, aber es hat sich sein Platz in meinem Regal auf jedenfall verdient.

  5. Cover des Buches Herr der Fliegen (ISBN: 9783104915715)
    William Golding

    Herr der Fliegen

     (873)
    Aktuelle Rezension von: bookstories

    "Herr der Fliegen", im Originaltitel "Lord of the Flies", ist ein Klassiker der Weltliteratur. Es war William Goldings erster Roman, nachdem er 1934 mit Gedichten an die Öffentlichkeit trat und erst zwanzig Jahre später Romane zu schreiben begann. Noch einmal dreissig Jahre später wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen. Golding hat neben ein paar Essays insgesamt neun Romane geschrieben, 1993 starb er im Alter von 82 Jahren. Seine poetische Ader findet auch hier in "Herr der Fliegen" ihren Durchschlag - mit Recht wird auf der Rückseite meiner ex libris Ausgabe von 1983 eine Kritik der Frankfurter Allgemeine Zeitung angeführt, dass Poesie und bittere Wahrheit selten so eins sind wie in diesem Buch. Dieser Roman kann nicht besprochen werden, ohne das Ende zu erwähnen, ohne zu spoilern, denn schon im Klappentext des Buches, wenn man ihn denn vorher lesen möchte, wird auf die Absicht des Autors und den Ausgang der Geschichte hingedeutet. 


    Ich hatte mit der Lektüre kurz vor unserem lange ersehnten Wellness-Weihnachtsurlaub begonnen und den Grossteil des Buches dann im Hotel bei tiefster Entspannung gelesen. Auf dem Nachtisch lagen während diesen Tagen noch drei weitere Romane, die ich mitgenommen hatte, da ich glaubte, zum Lesen endlich genügend Zeit zu finden. Meine Besprechungen wollte ich dann später zuhause schreiben, doch nach der Lektüre von "Herr der Fliegen" konnte und wollte ich kein anderes Buch mehr lesen. Die Geschichte hat mich am Ende sehr nachdenklich gestimmt, obwohl sie mich in der ersten Hälfte nicht wirklich begeistern konnte. 


    Warum nicht? Immer wieder fragte ich mich bis zur Mitte, was mich denn stört, was mich davon abhält, tief in den Schauplatz auf dieser einsamen Insel einzutauchen. Gewiss liegt es nicht an der Erzählkunst des Autors, seiner wundervollen poetischen, imposanten und bildkräftigen Sprache, wenn er Landstriche der Insel beschreibt, Naturstimmungen, Formulierungen benutzt, die ich so noch nie gelesen habe, die aber einprägende Bilder entstehen lassen und den Leser unmittelbar in die Wildnis, in dunklen Dickicht, an Palmenstrände in grünem Licht, prallgefüllte Fruchtbäume, tiefblaue Lagunen, rote Klippen und Felsformationen, warme Tümpel, weissen Sand und Gischt umschäumte Meeresbrandungen führt. Allein das ist schon die Lektüre wert. 


    Auch liegt es nicht am Erzähltempo, das mir nicht langsam genug sein kann, wenn es darum geht, Atmosphäre zu schaffen. Selbst für Dialoge und das Befinden seiner Protagonisten nimmt der Autor sich Zeit, obwohl viele Dialoge und Gedankengänge mitten im Satz abbrechen. Er interessiert sich für seine Figuren, arbeitet sie sorgsam heraus, schildert eindrücklich, wie Abgeschiedenheit, Isolation und Angst mehr und mehr an den Kindern nagt und ihnen Grenzen, Struktur und Ordnung der Erwachsenenwelt zu fehlen beginnen. Vielleicht ist genau das der Grund. Ich frage mich, ob es dem Autor tatsächlich gelungen ist, aus der Perspektive und Innenschau von Sechs- bis Zwölfjährigen zu schreiben. Dass Erwachsene in entsprechenden Situationen anders handeln oder denken oder sprechen würden, darüber besteht kein Zweifel. Aber es ist mir nicht gelungen, mich aufgrund von Goldings Schilderungen permanent in die Kinder hineinzuversetzen. Mag sein, dass dies an meinem eigenen Unvermögen liegt. Allerdings - wenn die Geschichte dem Ende zugeht, scheint der Leser immer mehr zu vergessen, dass hier Kinder die Hauptrolle spielen, und nicht wild gewordene Erwachsene. Doch dies scheint so gewollt zu sein und macht am Ende das Verstörte der Geschichte aus, und deren Botschaft. 


    "Herr der Fliegen" wurde ein paar Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Faber and Faber Verlag London veröffentlicht und erlangte, nachdem zuerst etliche Verlage den Roman abgelehnt hatten, vor allem in Grossbritannien und Amerika grosses Aufsehen. Das Buch erreichte Millionen von Lesern. Übertragen für den S. Fischer Verlag hat Hermann Stiehl, der auch spätere Romane Goldings ins Deutsche übersetzte. Als Vorwort ist dem Roman ein Zitat aus Goethes Faust vorangestellt, worin Mephistopheles spricht, und das auf das Teuflische hindeutet. Er sei der Geist, der stets verneint, und dass alles, was entstehe, zurecht zugrunde gehe, und gibt sich als das eigentliche Element zu erkennen, das der Mensch Zerstörung nennt, das Böse. Auch ist in dem Zitat vom Fliegengott die Rede. 


    Ich habe mich vor der Lektüre öfter gefragt, wer mit "Herr der Fliegen" eigentlich gemeint ist - und wie dieses Vorwort schon andeutet, kann von einem Gleichnis, einer symbolischen Umschreibung der finsteren Urkraft, des animalischen, zerstörerischen Urtriebs ausgegangen werden. Dies wird speziell im achten Kapitel deutlich (Golding benutzt Kapitelüberschriften), das den eigentlichen Titel "Der Herr der Fliegen" trägt. Ein aufgespiester Schweinekopf und die herumliegenden Gedärme des abgeschlachteten Schweins ziehen Fliegen an, die sich auf die grinsende Todesfratze setzen. Der Schweinekopf, eine Opfergabe für ein erdachtes Tier, das die Kinder auf der Insel bedrohen soll, beginnt mit Simon, einem der Jungen, stumm zu sprechen - ein Ausdruck von Angst, die sich in dem Jungen auf diese schwarzmagische okkulte Weise offenbart. 


    Wovon handelt die Geschichte? Eine Gruppe von Schuljungen zwischen sechs und zwölf Jahren strandet nach einem Flugzeugabsturz auf einer unbewohnten Insel und muss mit der nackten Natur und ihrer eigenen "Nacktheit" zurechtkommen. Dass Krieg herrscht in der übrigen Zivilisation und ihre Maschine abgeschossen wurde, darf der Leser annehmen. Die Erwachsenenwelt bleibt aussen vor und mit ihr auch alle Gesetze, Strukturen und Ordnungen der Grossen. Zwei Jungen lernen sich gleich zu Beginn kennen, Ralph und Piggy, die unterschiedlicher nicht sein können. Sie finden ein Muschelhorn, dessen Klang eine ganze Horde von Kindern aus dem Dickicht lockt. 


    Mit diesem Horn als Signal beschliesst Ralph, Versammlungen durchzuführen und einen Anführer zu bestimmen - der Beginn rivalisierender Verhaltensmuster und Egoansprüche, die sich durch das ganze Buch ziehen. Denn für Ralph, ein eher instinktiv handelnder Junge, der als Anführer gewählt wird, hat das Anhalten eines grossen Höhenfeuers und das Bauen von Hütten erste Priorität. Er strebt nach Sicherheit und will von der Insel weg. Sein Gegenspieler Jack findet nur Gefallen am Jagen von Schweinen, die sie auf der Insel entdeckt haben. Ihn kümmert die Rettung nicht, die Jagd macht ihm Spass, und nicht nur das Fleisch, das es zu essen gibt, treibt ihn an, auch die Lust am Töten. Was allen Kindern gemein ist, und die Kleinen leiden am meisten darunter, ist die Angst vor der Dunkelheit auf der Insel. Nachts werden sie von Alpträumen geplagt, und man beginnt sich einzureden, von einem unbekannten, auf der Insel hausenden Tier bedroht zu werden. 


    So verdrängen unterschiedliche Motivationen und vor allem die Machtansprüche seitens Jack ein geordnetes Zurechtkommen auf einer Insel, die alles bietet. Piggy, der kleine Dicke mit Brille ist in diesem Buch der schüchterne Vertreter der Vernunft und des logischen Denkens, doch er wird von niemandem angehört, nicht einmal dann, wenn er als Sprecher in einer Versammlung das Muschelhorn im Arm trägt. Nur seine Brille findet Nutzen - als Brennglas, um Feuer zu entfachen. Als Jack sich mit ein paar anderen von der Gruppe absetzt, beginnt der Kampf um Nahrungsbeschaffung, Feuerbesitz und Macht zu eskalieren. Am Ende ist es Ralph, der gejagt wird, und keine Schweine mehr. Eine beklemmende Vorstellung, wenn man bedenkt, dass es sich bei den Protagonisten nicht um gewalttätige Erwachsene handelt, sondern um zwölfjährige Kinder. Am Ende bringen sie es fertig, eine paradiesische Insel in Schutt und Asche zu legen. 


    Die Geschichte der Jungengruppe auf der einsamen Pazifikinsel soll ein Gleichnis sein für die Botschaft, dass die Gebrechen der Gesellschaft auf die Gebrechen der menschlichen Natur zurückzuführen sind. Der Einzelne in seinem Widerstand gegen die Barbarei entscheidet über das Ethos der Gemeinschaft, wie Golding es selbst formuliert hat. Dass der Mensch in seinem tiefsten Innern grundsätzlich zerstörerisch ist, bezweifle ich allerdings. Es gibt eine Sequenz im Buch, wo der Autor die Machtlust bereits beim Spielen eines Sechsjährigen aufflammen lässt. Dem Kleinen bereitet es Freude, kleine Tierchen, die mit der Flut an den Strand gespült werden, in mit Wasser gefüllten Rinnen und Fussstapfungen gefangen zu halten. Golding schreibt, seine Hingabe an dieses Spiel sei mehr als blosses Glücksgefühl, als der Kleine spürt, dass er über lebende Wesen gebieten kann. Mag sein, dass dies dem Menschen eigen ist. Was das menschliche Bewusstsein in jedem Fall von jenem des animalischen unterscheidet, ist die Fähigkeit, zu denken. Dies kann zur Meisterschaft führen, doch ebendiese Identifikation mit dem Denken stärkt das Ego, das den Menschen ins Leid und Verderben stürtzt.


    Review mit Zitaten und Bildern auf https://www.bookstories.ch/gelesenes1/herr-der-fliegen 

  6. Cover des Buches Kaltblütig (ISBN: 9783036959030)
    Truman Capote

    Kaltblütig

     (332)
    Aktuelle Rezension von: Hornita

    Das Buch ist ein neutraler Bericht über die Tat, die Opfer, die Täter und deren Vorgeschichte, das Leben im Ort und den Umgang der Bewohner mit der Tat. Damit ist es zu Recht ein Klassiker, da es das erste Buch dieser Art ist und ein Genre begründet hat. Der Autor maßt sich kein Urteil an, er berichtet ganz sachlich und neutral, gibt aber genug Hinweise, dass man sich als Leser selber ein Bild machen kann. Die Recherche in dieser Tiefe und Detailliertheit muß unglaublich lange gedauert haben. Er führt Gespräche mit den Tätern und die Geschichte reicht bis zu ihrer Verurteilung. Schön wäre es gewesen, noch ein paar Fotos im Buch zu haben, um sich die damalige Zeit und Ort besser vorstellen zu könnte. Obwohl die Geschichte schon so lange her ist, liest sich das Buch sehr gut, es ist einfach zeitlos gut.

  7. Cover des Buches Mörder ohne Gesicht (ISBN: 9783423216470)
    Henning Mankell

    Mörder ohne Gesicht

     (995)
    Aktuelle Rezension von: Kay_Ingwersen

    Das Buch ist der erste Band von Mankells zwölfbändiger Erfolgsserie um den schwedischen Kommissar Knut Wallander. In einem kleinen Dorf in Südschweden wird ein altes Ehepaar auf grausame Weise ermordet und die Polizei steht vor einem Rätsel. Die Opfer hatten weder viel Geld noch offensichtliche Feinde. Doch kurz vor ihrem Tod äußert die Frau, es seien Ausländer gewesen - und damit greift Mankell das Grundthema des Romans auf: die Kritik an der schwedischen Einwanderungspolitik und dem zunehmenden Rassismus.

    An dieser Stelle gelingt es dem Autor, eine wichtige Botschaft zu vermitteln. Die Art und Weise, wie die Diskussion um die Asylpolitik in den Roman eingeflochten wird, wirkt zwar manchmal etwas bemüht und hölzern, verfehlt aber nicht ihre Wirkung. Vor allem die Dialoge des Protagonisten Knut Wallander werfen ein Licht auf die damaligen gesellschaftlichen Debatten. Dass sich diese Sätze viele Jahre später auch immer noch und wieder in der deutschen Realität wiederfinden, zeigt die Zeitlosigkeit und Relevanz des Themas.

    Während der gesellschaftskritische Aspekt des Romans sehr gelungen ist, können die eigentlichen Fälle leider nicht ganz mithalten. Es gibt einige Ungereimtheiten und Handlungsstränge, die nicht vollständig aufgelöst werden. Dies deutet darauf hin, dass der Fall eher als Mittel zum Zweck dient, um die Botschaft zu transportieren. Dennoch hätte eine etwas sorgfältigere Ausarbeitung und Aufklärung der Fälle dem Buch gut getan. Viele Ermittlungsansätze werden nicht vollständig weiterverfolgt, was zu offenen Fragen und nicht aufgelösten Handlungssträngen führt.

    "Mörder ohne Gesicht" ist meiner Meinung nach dennoch ein solider Auftakt zu Mankells Wallander-Reihe. Das sozialkritische Thema ist gut umgesetzt und regt zum Nachdenken an. Die Atmosphäre des schwedischen Dorfes und die Schilderung der Ermittlungen sind gelungen. Auch wenn das Buch nicht perfekt ist, verdient es aufgrund dieser Qualitäten vier Sterne. Es ist auf jeden Fall lesenswert für Krimifans und für alle, die gesellschaftspolitische Themen in ihren Büchern schätzen.

  8. Cover des Buches Wir müssen über Kevin reden (ISBN: 9783492310512)
    Lionel Shriver

    Wir müssen über Kevin reden

     (189)
    Aktuelle Rezension von: Helenaliebt

    Wenn ich mit einem Begriff den Roman "Wir müssen über Kevin reden" beschreiben müsste so wäre es einfach „fesselnd“!

    Die Handlung ist brisant: Evas Sohn Kevin hat mit sechzehn ein Massaker in der Schule angerichtet. Er ist also Amok gelaufen. Sie schreibt Briefe an ihren Mann Franklin um das Geschehene zu verarbeiten. Immer wieder stellen sich Fragen wie "Wie konnte es soweit kommen?", sowie die Frage der Schuld.

    "Wir müssen über Kevin reden" Gibt Einblicke in das Seelenleben der Mutter eines Amokläufers. Den Aspekt, dass die Mutter die tragende Rolle trägt und somit auch die Eltern von Amokläufern ins Blickfeld rücken, finde ich sehr interessant. Gibt man die Schuld an den Taten nicht irgendwie den Eltern? Wie leben sie damit, dass ihr Kind getötet hat?

    Eva ist eine resolute Frau vor der Tat gewesen. Sie wirkte oft egoistisch, snobistisch und distanziert, aber sie war auch reiselustig, kämpferisch und pflichtbewusst. Vor Kevins Geburt. Danach hat sie sich in eine an sich selbst zweifelnde Mutter verwandelt, die nicht versteht warum ihr Sohn ihr so seltsam fremd und fern erscheint.
     

    Ein Kind hatte Eva nie gewollt und doch kommt Kevin und sie muss sich mit ihm irgendwie arrangieren. Sie gibt sich alle Mühe, wenn auch nicht immer mit ganzem Herzen. Doch gegen die Ablehnung ihres Sohnes kommt sie einfach nicht an. Später wird sie sich selbst Fragen, ob seine Ablehnung zu ihr nicht ein Resultat ihrer ist. Sie wäscht sich keineswegs frei von Schuld.

    Meiner Meinung nach ist Eva einfach Eva. Sie trägt keine Schuld an der Entwicklung ihres Sohnes. 

    Kevin wird dargestellt als ein fast schon seelenloses Wesen. Alles was er tut, tut er weil er es tun muss. Er schwimmt mit der Masse um nicht aufzufallen, doch verurteilt er seine Umgebung aufs Schärfste. In der Schule bleibt er unauffällig. Die größte Freude für ihn scheint es zu sein seine Mutter von klein auf zu ärgern. Offenbar ist es nicht nur Verabscheung, sondern auch sein Kampf um Liebe, die er sehr wohl seiner Mutter entgegen bringt. Deutlich wird dies nach der Geburt der Schwester. Zu der Eva ein ganz liebevolles Verhältnis hegt. Kevin ist auf diese innige Beziehung  spürbar eifersüchtig. Die Tragödie nimmt ihren Lauf. Kevins ganze Entwicklung führt  nur dazu, dass er ein Amokläufer wird und das aus tiefstem Hass. Oder doch nur weil ihm alles gleich ist?


    Nach seiner schrecklichen Tat muss Eva damit leben alles verloren zu haben.

     Letztlich merkt sie das sie ihren Sohn doch liebt, wie er auch sie irgendwie auf seine Art zu lieben scheint.

    Zumindest habe ich sein Verhalten am Ende so interpretiert. Es bleibt fraglich, ob er überhaupt irgendein echtes Gefühl empfinden kann.  Oder ob er sich einfach nur manipulativ verhält, was typisch für einen Psychopathen wäre . Fakt ist, dass er von seiner Mutter nicht los kommt und eine geradezu krankhafte Fixierung auf sie hat.  


    Ein sehr spannender Roman, bedrückend und authentisch. Mich hat "Wir müssen über Kevin reden" gefesselt. Ich habe tagelang über das Buch nachgedacht und mich mit dem Thema "Amoklauf" auseinandergesetzt. Dabei war für mich auch die Frage wichtig, die auch in diesem Roman nachgegangen wird: "Wie wird ein Mensch zum Amokläufer?

    Ich denke, dass Kevin eine Art Sonderfall bildet, da er sich durch einen Mangel an Empathie kennzeichnet und die Täter meiner Meinung nach vorrangig keine Psychopathen sind.

    Amokläufe wie Columbine sind Lionel Shriver ein klares Vorbild. Es ist erschreckend wie häufig solche Geschehen Kettenreaktionen auslösen. Auch das wird zum Teil im Roman thematisiert.

  9. Cover des Buches Angerichtet (ISBN: 9783944668352)
    Herman Koch

    Angerichtet

     (250)
    Aktuelle Rezension von: Pongokater

    und zweitens als man denkt, heißt es. Und wenn es einem Romanautor gelingt, den Leser am Anfang auf eine ganz falsche Fährte zu locken und ihn dann mit einem überraschenden Ende zu überzeugen, dann ist das allein große Kunst. Hier geht es um die Rivalität zweier Brüder, einer davon bekannter Politiker, und wie die Klischees von "gut und böse" vor dem HIntergrund eines Verbrechens der Kinder beider Brüder widerlegt werden.

  10. Cover des Buches Die Beschissenheit der Dinge (ISBN: 9783641237639)
    Dimitri Verhulst

    Die Beschissenheit der Dinge

     (60)
    Aktuelle Rezension von: Angieangelina
    Dimitri wächst bei seiner Großmutter in einem flämischen Dorf auf. Mit im Haushalt wohnen sein Vater und drei Onkel. Sozialamt, Kneipe, Klo sind die Eckpfeiler ihres Lebens und sie sind stolz darauf. Mein Eindruck: „Zum Gedenken an meine Großmutter, die sich die Schade ersparen wollte und starb, während ich an den letzten Seiten des Manuskriptes arbeitete.“ So fängt dieser autobiographische Roman an und erspart dem Leser nichts. Dimitri Verhulst erzählt die Geschichte seiner Kindheit, die sich irgendwo zwischen nächtlichen Zechtouren des Vaters und der Onkel und in Zwiebelmett ausgedrückten Zigarettenkippen abspielt. Zuweilen sind die Situationen so absurd und ironisch beschrieben, dass der Leser es nicht fassen kann. Dann wieder spürt man eine tiefe Melancholie, die Trauer um die verkorkste Kindheit.
Verhulst fasst seine Geschichte in 12 Kapiteln zusammen, wobei der letzte Teil des Buches von dem erwachsenen Dimitri handelt.
Wer einen Roman a la Flodder und Co. erwartet, wird enttäuscht sein, denn dieses Buch bietet viel mehr, als nur oberflächliche Beschreibungen des Assi - Daseins. Es ist vielmehr die Geschichte eines sensiblen Jungen, der seinen Platz in der Welt sucht und wohl auch gefunden hat.
  11. Cover des Buches Der goldene Handschuh (ISBN: 9783499271274)
    Heinz Strunk

    Der goldene Handschuh

     (296)
    Aktuelle Rezension von: Andreas_Trautwein

    neben der derben Sprache, mit der ich ja gerechnet hatte, kam leider keine wirklich interessante Stimmung auf. Es liest sich gut, aber die Geschichte dümpelt vor sich hin. Es passiert zu wenig. Keine Spannung. Ein Wunder, dass ich es zu Ende gelesen habe. Die Hoffnung, etwas zu verpassen, war größer, wurde aber nicht erfüllt. Daher leider enttäuschend.

  12. Cover des Buches Das Inferno (ISBN: 9783453675827)
    Richard Laymon

    Das Inferno

     (101)
    Aktuelle Rezension von: lucatrkis

    Zu Sheila, eine der Hauptfiguren, konnte ich keine Verbindung aufbauen, ebenso wie zu Judy, Weed und co. Zu Barbara, Pete, Clint, Mary und Em jedoch schon, denn diese mochte ich sehr gerne. Von den Settings gefielen mir die Trümmer Sheilas Hauses und der Pool beim Mietshaus sehr. Die Szenen, in denen Pete und Barbara im Pool oder auch Lieferwagen waren mochte ich sehr gerne, wie auch die Athmosphäre dabei. Von der Story her gab es viele einzelne Zweige, die dann am Ende zusammengeführt wurden. Der Autor schaffte es tatsächlich, dass jeder von ihnen Punkte hatte, an denen er besonders spannend war, wodurch ich nicht sagen könnte, welchen ich am meisten mochte. Anfangs dachte ich an den über Stanley, danach – nach der Szene im Pool – war ich bei Barbara, Pete, Heather und Earl und schließlich dann doch bei Mary, Clint und Em, als sie sich durch die Reihen von Autos quetschten (SPOILER) und dann an dem Van angelangten. (SPOILER ENDE) Was mir nicht so gefiel, war, dass die Kapitel oft an einer sehr spannenden Stelle endeten und dann die Perspektive gewechselt wurde, aber das ist eben eine der Methoden, um Spannung zu erzeugen, auch wenn sie diese bei mir eher lindert. Das Ende gefiel mir zwar nicht ganz so gut, doch dafür hatte das Buch im Hauptteil einige Höhepunkte, weshalb ich es trotzdem gut bewerte. Noch eine kleine Anmerkung: Auf Seite vierhundertvierundsechzig steht „Kein Wunder, das“ anstatt „Kein Wunder, dass“. Da ich die deutsche Erstausgabe besitze kann ich aber nicht sagen, ob das mittlerweile geändert wurde.

  13. Cover des Buches Wo warst du Adam (ISBN: 9783462300932)
    Heinrich Böll

    Wo warst du Adam

     (63)
    Aktuelle Rezension von: AnnaBerlin
    Ich durfte das Buch während der Schulzeit lesen und bin unglaublich froh darüber. Es handelt in Form unterschiedlicher Kurzgeschichten immer von demselben Thema: Der 2. Weltkrieg, vorgestellt in unterschiedlichen Perspektiven, die doch alle immer wieder verdeutlichen, wie sinnlos Handlungen während des Krieges waren und mit ihnen der gesamte Krieg. Dabei sind die Blickwinkel sehr unterschiedlich und gerade deswegen so glaubwürdig: Soldaten, Generäle, Juden, sie alle kommen darin vor. 
    Böll schreibt gegen den Krieg und auch nur so kann man das Buch verstehen. Natürlich, es ist keine einfache Lektüre, aber Interpretationen enden immer bei dem gleichen Fazit: Ein Buch, dass mit seinen kleinen Details den Krieg besser darstellt, als ein Geschichtsbuch mit 1000 Seiten und ebenso vielen Bildern.
  14. Cover des Buches Suite française (ISBN: 9783641147358)
    Irène Némirovsky

    Suite française

     (53)
    Aktuelle Rezension von: Sanne54

    Irène Némirovsky ist eine Schriftstellerin, die in Frankreich vor dem zweiten Weltkrieg große Erfolge feierte. Die Tochter eines jüdischen Bankiers floh mit ihrer Familie aus Kiew während der russischen Revolution. Ihrer Erziehung durch Kindermädchen verdankte sie, französisch perfekt zu sprechen. Trotz allem gelang ihr keine richtige Integration in Frankreich.

    Mit Suite française schuf sie 1940/41 - nachdem ihr ein Berufsverbot durch die Nationalsozialisten auferlegt wurde - ein beeindruckendes, zu Lebzeiten unveröffentlichtes Werk über Frankreich unter den Besatzern, das die ganze Bandbreite der französischen Gesellschaft abzudecken vermag, präzise und sehr gut beobachtet zeigt sie uns die Innenperspektive.

    Némirovsky selbst wurde, das ist große die Tragik hinter dem Roman, deportiert und starb 1942 in Auschwitz-Birkenau an den Folgen ihrer Entkräftung. Das Manuskript, dass wir hier als Übersetzung in Händen halten, hat seine Verfasserin unentdeckt in einem Koffer überlebt und wurde erst 60 Jahre nach ihrem Tod zufällig wiederentdeckt. Durch das tragische Lebensende der Autorin bliebt die Suite auch unvollendet, dennoch ist die Beschreibung der Flucht aus Paris und das Leben auf dem Land mit "dem Feind unter einem Dach" (einen jungen Wehrmachtsoffizier, in den sich eine junge Französin verliebt) ein sehr wertvolles Zeitzeugnis, das man unbedingt lesen sollte. Auch Némirovskys Mann wurde von den Nazis ermordet, die Schriftstellerin hatte aber Vorkehrungen getroffen, die zur Rettung ihrer beiden Töchter führte, versteckt durch Freunde u.a. in einem Kloster.

    Ich habe mich durch das Lesen von "Die Nachtigall" an dieses Buch erinnert, das ich schon vor einigen Jahren auf Empfehlung gelesen habe und durch die inhaltlichen Parallelen wieder heraus gesucht habe. Beim erneuten Lesen der Suite française wurde mir klar, was mir substantiell an der Nachtigall fehlte - ohne das andere Buch abzuwerten. Man muss aber beachten, dass dieser Roman, 80 Jahre alt, Zeitzeugnis aus erster Hand,  natürlich anders zu lesen ist, dass die Autorin der französischen Gesellschaft auch den Spiegel vorhält, dass das Brennglas ihrer Erzählung ist auf einen Ausschnitt des Kriegs, die Zivilbevölkerung, gerichtet ist. Das Buch wirkt insgesamt aber sehr modern, stellenweise fast wie ein Film und ist alleine deshalb schon lesenswert, weil Irène Némirovsky eine großartige Schriftstellerin war. 


  15. Cover des Buches Das Kartell (ISBN: 9783426308547)
    Don Winslow

    Das Kartell

     (141)
    Aktuelle Rezension von: Jossele

    Die amerikanische Originalausgabe dieses Romans erschien 2015 unter dem Titel „The Cartel“. Es ist der zweite Band der berühmten Kartell-Saga des Autors. Erzählt wird der jahrzehntelange Kampf des amerikanischen Drogenfahnders Art Keller gegen die mexikanische Drogenmafia, der für Keller zu einer persönlichen Obsession wird, insbesondere wenn es um das Kartell seines ehemaligen Freundes Adán Barrera geht. Gegenüber dem Vorgängerband sind die Kartelle noch mächtiger geworden. Verbunden damit ist eine Zunahme der Brutalität, qualitativ und quantitativ. Die Bosse halten sich nicht mehr nur ein paar Schläger- und Mördertrupps, sondern regelrechte Armeen, nicht selten zusammengesetzt aus ausgebildeten Ex-Soldaten, die der höheren Bezahlung wegen die Seiten gewechselt haben. Alle bekämpfen irgendwie alle, Bündnisse werden geschmiedet, um sie bald zu brechen und die Polizeibehörden des Landes stehen jeweils auch in Lohn und Brot eines der Konkurrenten. Das alles ist möglich, weil der Drogenhandel so unglaublich hohe Gewinne abwirft, dass er alle anderen Geschäfte, selbst die Prostitution, in den Schatten stellt.

    Zu Beginn enthält der Roman einige Ungereimtheiten. So heißt Adáns im ersten Band verstorbener Bruder plötzlich Ramón statt Raúl. Außerdem wartet Adán zu Beginn dieses Bandes noch auf seinen Prozess, obwohl er doch im letzten Band schon verurteilt wurde: 12 Mal lebenslänglich. In diesem Band ist er kurz nach seinen Aussagen plötzlich auch zu 22 Jahren verurteilt, offenbar ohne Prozess. Zudem taucht plötzlich eine Schwester Elena von Adán Barrera auf, die im ersten Band überhaupt nicht erwähnt wird. Diese Schlampereien ziehen sich leider ein bisschen durch. So heißt ein Konkurrent Barreras, der im ersten Band noch Güero Méndez hießt plötzlich Güero Palma (Droemer Tb, November 2021, S. 275)

    Die Machtverhältnisse zwischen den Akteuren ändern sich öfters mal ein bisschen zu schnell und unmotiviert, um noch logisch zu sein. Das ist schade, weil es Winslow ansonsten sehr gekonnt versteht, raffinierte Intrigen fehlerfrei und spannend zu inszenieren. Zwischendurch geht jedoch auch immer wieder ein Teil der Spannung verloren, wenn sich die Geschichte in der Aufzählung von Morden erschöpft. Das ist zwar schockierend, aber irgendwann nicht mehr spannend. Es kam mir manchmal so vor, als wollte Winslow die Anzahl der Morde und die Brutalität in der Sprache auf einen Höhepunkt treiben. Ein Beispielsatz: „Köpfe und Gliedmaßen vermischen sich in seiner Stadt mit allem dem anderen Unrat, und in den Slums laufen die Straßenköter mit blutigen Lefzen und schuldbewussten Blicken umher.“ (ebd., S. 620)

    Vielleicht tue ich dem Autor aber auch insofern unrecht, als die Brutalität schlicht und einfach der Wirklichkeitsnähe geschuldet ist, denn dass Winslow einen erheblichen Rechercheaufwand betrieben hat, ist dem Werk anzumerken. Das betrifft nicht nur die Namen der Kartelle, die allesamt der Realität entnommen sind, sondern zeigt sich auch in einzelnen Kapiteln, denen öfters kaum veränderte reale Geschehnisse zugrunde liegen.

    Dieser Roman ist bestimmt kein schlechter, die Freunde bluttriefender Seiten werden ihn vielleicht sogar lieben, aber aus meinem Blickwinkel kommt er nicht an die Raffinesse und Spannung des Vorgängers heran. Drei Sterne.

  16. Cover des Buches Die Brandmauer (ISBN: 9783942656153)
    Henning Mankell

    Die Brandmauer

     (561)
    Aktuelle Rezension von: PoldisHoerspielseite

    Zwei Teenager erstechen auf brutale Weise einen Taxifahrer. Kurz darauf bricht ein Mann vor einem Geldautomaten zusammen und stirbt, obwohl er scheinbar guter Gesundheit war. Kommissar Wallander, der in den Fällen ermittelt, sieht lange keine Zusammenhänge und muss doch bald erkennen, dass er einer großen Verschwörung auf der Spur ist…

    Henning Mankell hat mit seinen Kriminalromanen um Kommissar Wallander entscheidend zum momentanen Trend des Nordic Noir-Genres beigetragen und so den guten alten Krimi neu belebt und mit neuen Facetten versehen. Und so ist auch in „Die Brandmauer“ die typische Schwermut zu spüren, den die Hauptfigur mit sich herumträgt: Er fühlt sich alt, müde und oft überlastet. Das kommt erneut sehr gut zur Geltung und lässt auch die Szenen aus seinem Privatleben wieder sehr lesenswert und eingängig werden. Sehr gelungen ist auch, wie er völlig selbstverständlich Gesellschaftskritik einbringt und auf Missstände aufmerksam zu machen, ohne eine einfache (und dann leider auch meist unrealistische) Lösung aus dem Hut zu zaubern. Sicherlich: Er prangert an, warnt, macht aufmerksam, aber eben immer ohne allzu hoch erhobenen Zeigefinger.

    All das spielt vor de Kulisse zweier scheinbar unzusammenhängender Todesfälle, die aber auf sehr clevere Weise miteinander verstrickt und um viele weitere Facetten erweitert werden. Dabei hält er nicht alles zurück, um dem Ermittler am Ende eine triumphale Auflösung zu gönnen, sondern teilt immer wieder Zwischenerkenntnisse und Teilauflösungen mit dem Leser. Das macht das Ganze ziemlich komplex, durch die spannende Erzählweise fällt es aber leicht, die Übersicht zu behalten. Erstaunlich ist es, wie sich die Handlung in eine ganz andere Richtung als erwartet entwickelt und zu einer weltumspannenden Verschwörung führt, die mit vielen überraschenden Wendung und einer sehr gelungenen Auflösung führt.

    „Die Brandmauer“ überzeugt mit ihrem scheinbar gewöhnlichen Start und führt den Leser aber in eine ganz andere Richtung. Dabei wird die komplexe Handlung verdichtet, packend und gut verständlich aufbereitet, wobei auch die dichte Stimmung sehr überzeugend ist – sowohl bei dem Hacker-Thema als auch bei Wallanders Privatleben. Sehr lesenswert!   

  17. Cover des Buches Draußen vor der Tür (ISBN: 9783872912497)
    Wolfgang Borchert

    Draußen vor der Tür

     (223)
    Aktuelle Rezension von: Orisha

    Ein Mann kommt nach Deutschland. Er kommt zurück, nach drei Jahren Sibirien, nach fünf Jahren Krieg. Zurück in eine Heimat, die nichts mehr für ihn bereit hält. Seine Frau liegt bei einem anderen. Der Oberst kennt ihn nicht mehr. Ein Job wird ihm nicht gegeben. Die Eltern sind tot. Da bleibt für Beckmann nur noch ein Weg - der Gang zur Elbe…

    Bocherts "Draußen vor der Tür" zählt zu Recht zu den Klassikern der Nachkriegszeit. Mit seiner Figur Beckmann fängt Borchert das Leben eines Kriegsheimkehrers ein. Beckmann steht vor den Trümmern seines Lebens und wird mit unserer Gesellschaft konfrontiert. Eine Gesellschaft, die nach dem Krieg die Verantwortung von sich schob, die auf die anderen zeigte - ohne sich selbst zu hinterfragen. Die Anfängern keine Chancen mehr gab. Die dem Elend, draußen vor der Tür, den Rücken kehrt. Selbstmorde stehen an der Tagesordnung. Doch das interessiert niemanden.

    Borchert fängt mit seinem Drama ein Stück Nachkriegsgeschichte ein. Eine Geschichte, die die Situation nach 1945 gut illustriert und den 1000den Schicksalen der Kriegsheimkehrer eine Stimme gab. Sicher in extremer Form, doch die braucht es, um wachzurütteln. 

    Kurzum: Ein Klassiker, den man gelesen haben sollte. Empfehlenswert.


  18. Cover des Buches Deutschlands sexuelle Tragödie (ISBN: 9783442155927)
    Bernd Siggelkow

    Deutschlands sexuelle Tragödie

     (23)
    Aktuelle Rezension von: buchfeemelanie

    Zuerst einmal bin ich sehr dankbar, dass die Mitarbeiter so einen tollen Job machen. 

    Das Buch konnte mich nicht ganz überzeugen. 

    Was mir gut gefallen hat war, dass die Jugendlichen ausführlich genug zu Wort gekommen sind. Ich hatte gehofft, dass diese Berichte mich emotional mehr berühren. 

    Vieles war dann doch ähnlich. So verblassen die Schicksale dann doch etwas, was ich schade finde.  Die Worte von Herrn Siggelkow und Bürscher sind richtig und wichtig.

    Von daher 4 Sterne.

  19. Cover des Buches MÉTO Das Haus (ISBN: 9783423625654)
    Yves Grevet

    MÉTO Das Haus

     (167)
    Aktuelle Rezension von: Orisha

    kurz rezensiert:

    64 Jungen leben im Haus. Bestimmt durch einen rauen Alltag, der aus Disziplin, Training, Strafe und Lernen besteht. Méto ist einer von Ihnen und er muss sich um den Neuen kümmern. Ihn einweisen, ihm alle Regeln erklären. Denn, wenn der Kleine einen Fehler macht, muss auch Méto dafür herhalten. Dabei versucht er das rigide System immer wieder zu untergraben, denn er spürt, dass etwas nicht stimmt. 

    Grevets Auftakt zur "Méto"-Reihe kommt düster daher. Méto und seine Kameraden sind eingepfercht in einem Haus voller Geheimnisse, die sich Méto und uns Leser*Innen erst nach und nach enthüllen. Gewalt und Disziplin bestimmen den Alltag der Jungen, ganz so wie es sich für einen dystopischen Roman zu gehören scheint. Und dennoch scheint es den Jungen an nichts zu fehlen - sie haben Essen, ein Haus über dem Kopf und Fokus. Doch worauf? Das ist eine der zentralen Fragen. Was kommt nach dem Haus? Welches Leben erwartet die Jungen? Und vor allem wie wollen sie leben?

    Kurzum: Ein durchaus unterhaltsamer Roman, der aber wenig neues für das dystopische Genre bereit hält.



  20. Cover des Buches Vor Sonnenaufgang (ISBN: 9783730606032)
    Gerhart Hauptmann

    Vor Sonnenaufgang

     (96)
    Aktuelle Rezension von: peedee

    Die Bauernfamilie Krause ist zu grossem Reichtum gekommen. Doch Geld allein macht bekanntlich nicht glücklich. Bauer Krause in Schlesien ist ein Trinker, Tochter Martha ist ebenfalls dem Alkohol zugeneigt. Seine Frau geht mit ihrem Neffen, der zugleich der Zukünftige ihrer Stieftochter Helene sein soll, ins Bett. Helene, aufgewachsen im Pensionat Herrnhut, möchte aus ihrem Umfeld ausbrechen. Loth, ein alter Studienfreund ihres Schwagers Hoffmann, kommt zu Besuch und Helene, schöpft Hoffnung, endlich entfliehen zu können…

    Erster Eindruck: Die Sonderausgabe aus der BILD-Nobelpreis-Bibliothek ist schlicht und wirkt zugleich edel – gefällt mir.

    Das Werk ist ein Theaterstück in fünf Akten. Zu Beginn sind die Bühnenskizzen des ersten und zweiten Akts abgebildet, zudem gibt es eine Auflistung der Protagonisten. Dies erzeugte bei mir schon die richtige Einstimmung auf das folgende Stück – ich kam mir wirklich vor als würde ich in einem Theater sitzen.

    Hoffmann empfängt auf dem Hof der Familie Krause, in die er eingeheiratet hat, seinen früheren Studienkollegen Loth. Dieser will die Arbeit der Grubenarbeiter verstehen und darüber einen Bericht schreiben. Zudem will Loth Hoffmann um Geld bitten. Hoffmann gewährt ihm Unterkunft und den gewünschten Geldbetrag. Helene, seine Schwägerin, trifft auch auf Loth und fühlt sich gleich von ihm verstanden – endlich jemand, der sie versteht. Sie hofft, ihrem Elend entfliehen zu können. Loth schürt diese Hoffnung, bis er eine bestimmte Information von Seiten des Hausarztes erhält – es kommt zum Drama…

    Gerhart Hauptmann hat im Jahr 1912 für seine sozialkritischen Dramen den Nobelpreis für Literatur erhalten, also nicht allein für das vorliegende Buch von 1889. Dieses Buch ist dem Naturalismus zuzuordnen. Gemäss Internet war Naturalismus eine Epoche, die von ca. 1880 bis 1900 verbreitet war. Es sollte die Realität möglichst unverfälscht wiedergegeben werden. Weitere Merkmale für die naturalistische Literatur waren u.a. Verwissenschaftlichung, Milieu und Vererbung. Interessantes Detail am Rande: „Wegen der ungewohnt naturalistischen Darstellung empörte sich das Berliner Premieren-Publikum heftig: Ein Arzt, der im Parkett sass, schmiss aus Protest eine Geburtszange auf die Bühne.“ Dadurch erlangte Hauptmann über Nacht Berühmtheit.
    Geld, Trunksucht, unsittliche Übergriffe, Vererbung, Wissenschaft – dies sind einige der behandelten Themen. Mir hat das Buch gut gefallen, auch wenn die Dialektpassagen für mich eher schwierig waren. Von mir gibt es 3 Sterne.

  21. Cover des Buches Der Unsichtbare (ISBN: 9783746033846)
    H. G. Wells

    Der Unsichtbare

     (56)
    Aktuelle Rezension von: Elbenwind

    INHALT

    Ein vermummter Mann taucht in einem englischen Dorf auf und mietet sich in einem Gasthof ein.
    Das Gesicht bandagiert und hinter einer dunklen Brille verborgen scheut er die Einwohner und arbeitet zurückgezogen in seinem Zimmer an merkwürdigen Experimenten. Doch dann wird er demaskiert und den Menschen zeigt sich Unglaubliches. Hinter der Verkleidung verbirgt sich nämlich „Nichts“. Der Unsichtbare flieht und schreckt dabei vor nichts zurück.


    KOMMENTAR

    Der „Unsichtbare“ ist sicher kein Sympathieträger. Er wirkt überheblich und übellaunig. Sobald er sich in die Enge getrieben fühlt, neigt er außerdem zu Aggressivität. Er hat sich den Menschheitstraum der Unsichtbarkeit erfüllt, doch der Preis, den er dafür zahlt, ist hoch. Der moralische Verfall der Hauptfigur nimmt seinen Lauf und gipfelt schließlich im wohl schlimmsten aller Verbrechen.

    Wells schafft eine gruselige Atmosphäre, die bei den Lesern vor 100 Jahren sicher erschreckender gewirkt hat, als es heute der Fall ist. Er beschreibt das Geschehen sehr bildhaft, ohne dass er sich dabei jedoch in Details verliert. Die Sprache liest sich für einen „Klassiker“ recht flüssig, ab und zu gibt es außerdem ganz amüsante mit Ironie gewürzte Stellen. 

    Die 200 Seiten hat man schnell durch. An manchen Stellen hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht, besonders bei den Figuren. Auch die Handlung wäre ausbaufähig gewesen. Trotzdem fand ich es sehr interessant die Entwicklung des Protagonisten zu beobachten.


    FAZIT

    Ein spannendes Szenario vom Meister der Science-Fiction. In der Umsetzung einige Schwächen, im Ganzen betrachtet aber trotzdem lesenswert.


    ZITAT

    „ […] An jenem Nachmittag erkannte ich die bittere Täuschung.Ich dachte an all die Dinge, die ein Mensch für wünschenswert hält. Allerdings wurde es mir durch meine Unsichtbarkeit möglich, sie zu erlangen, aber zugleich wurde es mir unmöglich, sie zu genießen. [...]“

    Der "Unsichtbare" zu Dr.Kemp - S.177, dtv,

  22. Cover des Buches Payback (ISBN: 9783570551424)
    Frank Schirrmacher

    Payback

     (37)
    Aktuelle Rezension von: Buchgespenst

    Das Informationszeitalter hat uns überwältigt. Gerne wird selbstgefällig betont, dass die „Alten“ einfach den Anschluss verloren haben und nicht mal mit einem Mobiltelefon umgehen können. Gerne werden diejenigen als altmodische Hinterwäldler verlacht, die dem Internet kritisch gegenüberstehen und von Facebook und Multitasking nichts halten. Frank Schirrmacher zeigt auf wie falsch die beiden Ansichten sind und was die Informationsflut wirklich mit unserem Denken und Handeln anrichtet – ja, wie es die Kontrolle über unser Leben entreißt. Es geht ihm bei Weitem nicht um Verteufelung eines neuen Mediums. Es geht nicht um die Abschaffung von Computer und Internet. Es geht um eine kritische und sachlich fundierte Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Gefahren der Informationsflut.

    Zwei Drittel des Buches beschäftigen sich mit der Geschichte und den bisher zu spürenden Konsequenzen und Erkenntnissen der Entwicklung des Computers. Gänsehaut und Aha-Momente sind garantiert. Obwohl das Buch mittlerweile über 12 Jahre alt ist, hat es an Aktualität nichts eingebüßt. Im Gegenteil. Manche Vorhersage hat sich bereits erfüllt, manche Erkenntnis ist mittlerweile gefestigt. Das Buch macht bewusst wie blauäugig wir trotz alles Wissens immer noch mit dem Computer umgehen und wie selbstgefällig wir heute noch über Menschen hinweggehen, die nicht jeden Trend mitmachen, obwohl sie genau betrachtet sogar recht haben. 

    Manche Sätze des Buches zergehen geradezu auf der Zunge: Multitasking ist der zum Scheitern verurteilte Versuch des Menschen, selbst zum Computer zu werden." Manche Sätze des Buches zergehen geradezu auf der Zunge. Ich bin gespannt, welche Lösungsstrategien aufgezeigt werden. 

    Ganze Abschnitte möchte man auswendig lernen. Erst im letzten Drittel geht es allerdings um Bewältigungsstrategien. Was muss ich ändern? Wie gehe ich bewusst mit dem Medium um? Hier hätte mir allerdings mehr Input gewünscht. Ich hatte das Gefühl auch hier mit zu vielen Geschichten drumherum versorgt zu werden, statt mich darauf zu konzentrieren worauf ich jetzt tatsächlich achten muss.

    Im Gegensatz zu anderen Büchern über Technik und Computer gerät dieses hier nicht so schnell in Gefahr zu veralten. Im Gegenteil. Das Thema bleibt aktuell. Ein fesselndes Plädoyer für einen neuen Blick auf und bewussten Umgang mit dem Computer und Internet. In den wesentlichen Punkten zeitlos. 

  23. Cover des Buches Der Vogelgott (ISBN: 9783990272145)
    Susanne Röckel

    Der Vogelgott

     (54)
    Aktuelle Rezension von: Leserstimme

    Ich will ehrlich sein. Mir hat das Buch von vorn bis hinten gefallen. Doch habe ich es auch verstanden? 

    Wer sich mit griechischen Mythologien  auskennt,  sollte hier keine Schwierigkeiten haben.  Die wichtigsten Protagonisten sind Thedor, Dora und Lorenz Weyde. Auch der Vater der drei spielt eine kleine Rolle. Um nachvollziehen zu können,  was uns die Geschichte mitteilen will, ist es wichtig den Prolog zu lesen. Aus der Sicht der drei Geschwister wird in drei Abschnitten in Ich- Form erzählt. Thedor aus Sicht eines Vogelforschers kommt nach Aza, Dora als Kunsthistorikerin will über den Künstler Wolmuth schreiben und entdeckt in New York u Eau- Vive wichtige Unterlagen dazu, die sie immer mehr in Aufregung versetzen, Lorenz verbeißt sich als Journalist ebenfalls in ungewöhnliche Vorkomnisse. Jeder der drei begegnet unheimlichen Menschen, die Gerüche verströmen, einen in einer Art Bann halten. Ein Kult und deren Anhänger scheinen die Seele zu umnebeln, deren Auswirkungen auf jeden Einzelnen scheinen verstandraubend zu sein...

    Der kannibalistische Vogelgott, der hierbei eine zentrale Rolle spielt und alle seelisch gefangen hält, verlangt Opfer. Manipulation durch seine Anhänger stehen hierbei im Vordergrund. 

    Eine gruselige und düstere und spannende Geschichte, aufgrund der Sprache sehr faszinierend. Die Geschichte selbst besser zu beschreiben, ist nicht ganz einfach. Es zeichnen sich Parallelen zur griechischen Sage um Prometheus ab. Wer etwas abgedrehte, tiefgründige und sprachlich exzellente  Romane mag, ist hier goldrichtig.

    Genre: Grusel, Mythologie, Realitätsverlust 


  24. Cover des Buches Milchzähne (ISBN: 9783746637372)
    Helene Bukowski

    Milchzähne

     (58)
    Aktuelle Rezension von: ElliP

    Familienleben in einer zukünftigen, fremden und bedrohten Welt. Tochter (Skalde) und Mutter (Edith) wohnen zu zweit im Dorf, werden schon als Fremde, zugereiste von den Bewohnern wahrgenommen. Unter den sich verschlechternden Naturbedingungen (Hitze, Wasserknappheit, Armut, Mangel) eskaliert die Situation. Missgunst, Ängste, bedrohliche Situationen verschlimmern die Lebensbedingungen, Menschlichkeit und Herzlichkeit der Menschern fehlen. Das Dorf gegen die Kleinfamilie, die Welt und das Wetter verändern sich und der Kampf um das Überleben beginnt. Die Menschen als Produkt ihrer Umgebung. Ein fremdes Kind tritt in das Leben ein und verändert die Mutter-Tochter-Beziehung sowie die Beziehung zur Außenwelt. Das Kind als Heilsbringer? Als Erweiterung? Als Herausforderung? Als Spiegel der eigenen Außenseiterposition? Konflikte müssen bewältigt werden, eine Entscheidung getroffen werden. Will ich im Bekannten und Vertrauten bleiben oder den neuen Schritt, eventuell die Flucht oder die mögliche Rettung wagen? Die Angst vor dem Ungewissen steht im Zentrum, macht die Umwelt die Heimat aus?

    Ein etwas spröder, sprachlich einfach gestrickter Roman, der mich weder begeistern und noch zum Lesen anregen kann.

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