Bücher mit dem Tag "weltbürger"
11 Bücher
- Meike Winnemuth
Das große Los
(251)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderSolche Geschichten liebt man und wer hat sich nicht gefreut, als diese nette und kluge Frau bei 'Wer wird Millionär' 500.000 Euro gewonnen hat. Sympathisch, witzig, ehrlich und einfach wie Du und ich, nur jetzt mit einer halben Million. Meike Winnemuth arbeitet als freie Journalistin und hat nach dem Gewinn erst mal ein Jahr Urlaub gemacht. Sie hat Länder und Städte bereist, die sie interessiert haben und deren Namen ihr fremd oder schon bekannt waren. Sie begegnete neuen Freunden, Wegbegleitern, interessanten Landschaften, Bauten und ausgefallene kulinarische Genüsse. Voll Witz, oft mit einem Augenzwinkern, aber doch manchmal mit dem angebrachten Ernst, berichtet sie von ihren Erlebnissen. Alles begleitet von vielen Bildern, Karten und auf dieser Reise hat Meike Winnemuth auch sich selbst wieder gefunden und das Glück erkannt, das doch schon so lange da ist.
- Michael Köhlmeier
Abendland
(73)Aktuelle Rezension von: Tilman_SchneiderCarl Jacob Candoris ist über neunzig Jahre alt und erzählt dem Schriftsteller Sebastian Lukasser seine Lebensgeschichte. Er vertraut ihm, denn dessen Vater der Gitarrist Georg Lukasser war ihm immer Freund und Feind zugleich. Die beiden Männer hatten sich in der Nachkriegszeit in den Wiener Jazzkellern kennen gelernt. Über Jahrzehnte hinweg kreuzten sich immer wieder ihre Wege und es gab viel Musik, politische Veränderungen und unterschiedliche Lebensentwürfe. Sebastian Lukasser hat auch schon viel erlebt und es ist sehr interessant gemacht von Köhlmeier wie er den jungen wie den älteren Mann immer wieder zu Wort kommen lässt. Es entfaltet sich ein Panorama über mehrere Jahrzehnte hinweg und es ist gleichzeitig auch die Geschichte des 20.Jahrhunderts. Die Musik spielt eine wichtige Rolle und die politischen Veränderungen werden sehr gut dargestellt und man trifft auf einige wichtige Personen des 20.Jahrhunderts. Völlig zurecht ist Michael Köhlmeier auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2007 für den Roman des Jahres.
- Lionel Shriver
Wir müssen über Kevin reden
(190)Aktuelle Rezension von: BuchstabenliebhaberinWir müssen über Kevin reden. Um zu verstehen, warum ein Teenager ein Blutbad anrichtet, um zu klären, ob es sein kann, dass Kinder mit bösartigem Charakter auf die Welt kommen, oder ob sie erst dazu "gemacht" werden. Was für riesige Probleme innerhalb einer Familie entstehen, wenn ein Familienmitglied "schwierig" ist und fortwährend unangenehm auffällt.
Lionel Shriver setzt sich mit wichtigen Themen unserer Zeit auseinander:
Darf eine Frau, erfolgreiche Unternehmerin, leidenschaftliche Weltenbummlerin, Zweifel haben, ob Kinder eine gute Entscheidung für sie sind? Kann sie beides unter einen Hut bekommen oder wird sie beruflich zurückstecken, zum Wohle der Kinder?
Was passiert mit dem Familiengefüge, wenn Vater und Sohn sich gut verstehen, die Mutter sich aber abgelehnt, sogar gehasst fühlt?
Können kleine Kinder Intrigen spinnen, können sie Befriedigung darin finden, anderen Schmerzen zuzufügen oder lassen sich manche Geschehnisse und Entwicklungen nicht 1:1 mit Logik oder psychologischer Dynamik erklären?
Was bringt Kinder/Teenager dazu, an ihrer Schule Amok zu laufen?
Was macht es mit den Hinterbliebenen, den Angehörigen der Opfer, und auch der Täter?Shriver verweist hier deutlich an die real statt gefundenen Schulmassaker aus dem Jahr 1999 (das bekannteste ist das Massaker an der Columbine High School) und davor.
Der Roman hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Mutter Eva reflektiert in Briefen an ihren Ex-Mann Franklin schonungslos alles, was in Zusammenhang mit Kevin steht. Sie baut eine faszinierende Spannung auf, die mit jeden Jahr, die Kevin älter wird, zunimmt. Mir standen die Haare zu Berge, als Eva ein zweites Kind bekommt! Ich wollte Franklin schütteln, wenn er mal wieder alle Augen zudrückt, um weiterhin nur das Beste in Kevin sehen zu wollen. Verständlich. Aber leider mit fatalen Folgen. Berührend die Dialoge zwischen dem inhaftierten, inzwischen 18-jährigem und seiner Mutter, die mit einem absoluten Gefühlschaos klar kommen muss.
Lionel Shriver hat für ihr Werk den Orange Prize erhalten. Von mir bekommt sie eine klare Leseempfehlung für dieses besondere Buch.
- Ingrid Ovedie Volden
Unendlich mal unendlich mal mehr
(14)Aktuelle Rezension von: FairyOfBooksZum Cover: An sich ist es nichts wirklich Besonderes. Eine Zeichnung von einem Mädchen, das im Badeanzug mit roter Taucherbrille am Beckenrand in einer Schwimmhalle steht. Und doch hat mich dieses Cover alleine irgendwie neugierig gemacht. Es wirkte eben anders und das trifft auf das Buch definitiv zu. Vor allem aber passt das deutsche Cover so gut zur Geschichte, denn alles darauf hat seine Bedeutung. Ich finde es jedoch gerade schön, dass nur eine begrenzte Anzahl an Farben genommen wurde. Das strahlt noch intensiver aus, was dieses Buch aussagen möchte.
Zum Inhalt: Petra liebt gerade Zahlen, denn die lassen sich teilen, ohne sie kaputt zu machen. Sie mag Fußball, ihren Kumpel Chris, dem sie hilft, seine Worte zu finden, und ihre beste Freundin Melika, der sie hilft, ihren verschollenen, flüchtigen Bruder zu finden. Was sie gar nicht mag, ist Wasser: dieses unkontrollierbare Etwas, das sich in alle möglichen Richtungen bewegt. Doch dann lernt sie Thomas kennen, den Propellerjungen aus dem Schwimmbad. Ihm zuliebe wagt sie sich sogar mit dem Kopf unter Wasser – und plötzlich ergibt alles einen Sinn. Auch dass es ok ist, sich selbst Hilfe zu holen, statt sie immer nur zu geben.
Meine Meinung: In diesem Buch wird unter anderem das Thema Zwangsstörung und magisches Denken behandelt, unter welchen Diagnosen Petra behandelt wird. Dennoch ist sie sich nicht bewusst, „krank“ zu sein, was für den Betroffenen schließlich auch normal ist, denn dieser ist sich oft nie bewusst, dass er leidet, erst wenn ihn seine „Krankheit“ einschränkt, kommt es zur Erkenntnis. Diese kommt Petra an sich auch, wenn auch sehr langsam, was ich gut finde, denn das macht diese Geschichte umso realistischer. Wobei ich auch gut finde, dass andere Dinge Erwähnung finden, wie zum Beispiel das Stottern oder die Flüchtlichsproblematik. Das macht dieses Buch gleich noch ein Stück aktueller, wenn man bedenkt, dass das Buch im Jahre 2016 in Norwegen und 2018 dann bei uns in Deutschland erschien. Obwohl der Schreibstil im Deutschen nicht ganz meins war, weil er sehr gestelzt wirkte. Dadurch kamen eben nicht im Vollen die tiefen Emotionen auf. Da ich jedoch kein norwegisch beherrsche, muss ich damit wohl leben. Im Groben hat mir die Geschichte jedoch sehr gut gefallen, da sie in sich schlüssig war und ein ganzes Jahr umfasst hat, weshalb man es sogar in der Weihnachtszeit als auch im Sommerurlaub lesen kann.
Fazit: Was die Bewertung angeht, bin ich zwiegespalten, denn ich bin mir im Klaren, dass dieses Buch für mich kein 5-Sterne-Buch ist, dennoch muss ich zugeben, hat es mich nicht kalt gelassen und durchaus mitgenommen. Petras Geschichte kann einem tatsächlich sehr nahe gehen, auch wenn der Schreibstill nicht unbedingt dazu einlädt, ist es doch das, was zwischen den Zeilen steht, dass den besonderen Charme austeilt, der sich in dieser Geschichte versteckt. Daher gebe ich „Unendlich mal unendlich mal mehr“ von Ingrid O. Volden sehr gute 4,25 Sterne. An sich auf jeden Fall ein gutes Debüt der Autorin.
- Claudia Rusch
Meine freie deutsche Jugend
(39)Aktuelle Rezension von: Holden"für Irmgard, ganz herzlich, Weimar 16.10.03" lautet die Widmung, dem bleibt eigentlich nichts hinzuzufügen, nur das hier die Lebensgeschichte eines Vorbilds an Zivilcourage anschaulich präsentiert wird. Wäre man selbst so tapfer gewesen, man weiß es nicht, aber durch die Erziehung zum Querdenken durch ihre Mutter und deren Freunde wurden die Energien der kleinen Claudia in die richtigen Bahnen gelenkt. Das DDR-Unrecht wird drastisch angeklagt, so daß kein Platz mehr für Ostalgie und Verklärung bleibt, erst mit der "Wende" wurden die Oppostitionellen zu "echten" DDR-Bürgern, aber aufhalten ließ sich der hier schreibende Wirbelwind nicht. Auch ein Vorbild an Lebensenergie und der Beweis dafür, was man als Individuum erleben kann.
- Alexander von Humboldt
Kosmos
(6)Aktuelle Rezension von: LepanthoGrandios geschrieben. Interessant und Erkenntnisreich! - Sebastião Salgado
Mein Land, unsere Erde
(3)Aktuelle Rezension von: pardenEIN BEWEGTES LEBEN...
Der brasilianisch-französische Starfotograf Sebastião Salgado wird weltweit gefeiert für seine eindringlichen Fotoreportagen, ausschließlich in Schwarz-weiß. Seine sozialdokumentarischen Bilder, für die er seit Jahrzehnten um den Globus reist, halten uns den Spiegel vor und zeigen uns zugleich die Welt als Schöpfung von überwältigender Schönheit. Seine Bilder zeugen von der Würde des Menschen ebenso wie von der Majestät und der Verletzlichkeit unseres Planeten. In Mein Land, unsere Erde erzählt der Fotograf die Geschichten hinter seinen berühmtesten Reportagen. Salgado gewährt Einblick in seine Überzeugungen und seine Entwicklung – als Fotograf, als Künstler, als Aktivist und als Mensch – ein beeindruckendes Selbstporträt des legendären Mannes hinter der Kamera.
"Bilder sind eine Art wirkungsvollere Schrift, da man sie überall auf der Welt ohne Übersetzung lesen kann." (S. 72)
Aufgewachsen in den 1950er Jahren auf einer Farm in Brasilien, empfand Salgado von Kind an eine tiefe Verbundenheit mit der Natur. Zugleich entwickelte er aber auch einen wachen Blick für die prekären sozioökonomischen Verhältnisse, unter denen viele Menschen ihr Leben fristen müssen. Von den unzähligen Werken, die Sebastião Salgado geschaffen hat, ragen drei Langzeitprojekte besonders hervor:
- die Dokumentation des allmählichen Verschwindens traditioneller handwerklicher Arbeit weltweit (Workers, 1993),
- die Darstellung der massenhaften Wanderungsbewegungen, die durch Kriege, Unterdrückung, Hunger und Naturkatastrophen sowie Umweltzerstörung und den Druck des demografischen Wandels angetrieben werden (Migrations, 2000) - "Alle sollten von dem Entsetzlichen erfahren. Niemand hat das Recht, sich vor dem Unglück seiner Zeit zu schützen, denn wir tragen auf gewisse Weise alle die Verantwortung dafür..." (S. 117)
- die Präsentation der Schönheiten der Erde und die Schärfung des Bewusstseins dafür, wie kostbar die letzten unberührten Winkel unserer Welt sind – für uns selbst wie für zukünftige Generationen (Genesis, 2019) - „Rund 46 % des Planeten sind noch immer in dem Zustand, in dem er sich bei seiner Entstehung befunden hat. Wir müssen das Bestehende bewahren.“
Nach seinem Studium in São Paulo und Paris hatte Sebastião Salgado eine Karriere als Ökonom vor sich – entschied sich jedoch für die Kunst. Bereits zu Beginn fotografierte er kaum einmal in Farbe, konzentrierte sich bald schon nur noch auf die Schwarz-Weiß-Fotografie:
"Bei Schwarz-Weiß und all seinen Grauschattierungen hingegen kann ich mich auf die optische Dichte der Personen, ihre Haltung, ihre Blicke konzentrieren, ohne dass die Farbe stört. Natürlich ist die Realität eine andere. Aber wenn wir ein Schwarz-Weiß-Bild betrachten, durchdringt es uns, wir verarbeiten es, setzen es unbewusst in Farbe, eignen es uns an. Ich halte die Kraft von Schwarz-Weiß wirklich für außerordentlich..." (S. 163 f.)
In kurzen Kapiteln von meist nur wenigen Seiten entführt uns Salgado zu den wichtigen Stationen seines Lebens - privat wie beruflich. Dabei drängte sich mir zunehmend der Eindruck auf, dass ein einziges Leben gar nicht ausreicht für das, was dieser Fotograf auf die Beine gestellt hat. Oft lebte er für seine Reportagen monate- oder auch jahrelang am Ort des Geschehens, bereiste über 120 Länder, erstellte zahlreiche Fotobände, präsentierte Ausstellungen, lieferte Bilder für Magazine und Zeitschriften. Ohne seine Frau Léila wäre all dies nicht möglich gewesen.
Und als würde das nicht ausreichen, engagiert sich Salgado auch noch direkt in seinem Heimatland. In Brasilien pflanzten er und seine Frau bereits über zwei Millionen Bäume und forsteten damit einen Teil des Atlantischen Regenwaldes wieder auf. Ein Idealist? Vielleicht. In jedem Fall ein Mann, der all seine Energie dafür aufwendet, auf Missstände wie auf Schönheiten mit Hilfe seiner Projekte aufmerksam zu machen.
Doch auch der Mensch Salgado blitzt hier immer wieder auf. So war seine Verzweiflung, seine tiefe Hoffnungslosigkeit nahezu greifbar, als er die Jahre schilderte, in denen er an der Dokumentation über die weltweite Flüchtlingsbewegung arbeitete. Oft nur angedeutet, ahnt man als Leser die Gräuel, die er durch den Sucher seiner Kamera und abseits davon zu sehen bekam. Danach brauchte er eine lange Phase der Regeneration.
Tatsächlich konnte ihm nichts Besseres einfallen als im Anschluss an einer Präsentation der Schönheiten der Erde zu arbeiten, wobei ihm auch der Mensch wieder anders begegnete - dort, an den letzten unberührten Winkeln der Erde, traf er auf naturverbundene Menschen, die ihm vor Augen führten, dass der Mensch nicht zwangsläufig der Untergang der Natur sein muss, sondern dass es auch ein Miteinander gibt:
"Im Grunde bestand das schönste Geschenk, das ich mir in den letzten acht Jahren gemacht habe, darin, meiner eigenen Art zu begegnen, so wie sie vor mehreren Tausend Jahren war. Sie brachte mir vieles bei, was wir über die Jahrtausende hinweg fälschlicherweise vergessen hatten." (S. 172) "Nach acht Jahren war ich müde, aber innerlich wiederhergestellt. Für "Exodus" hatte ich die schlimmsten und brutalsten Seiten unserer Spezies gesehen, und ich hatte nicht mehr daran geglaubt, dass sie zu retten sei. Die Arbeit an "Genesis" hat meine Meinung geändert." (S. 183)
Sebastião Salgado wird nicht müde, den Finger in die Wunden der Menschheit zu legen. Aber er sorgt auch für das so wichtige Quäntchen Hoffnung - in Wort und Bild und Tat. Für sein so überaus großes Engagement erhielt er bereits zahllose Erhungen, 2019 auch den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
Diese Autobiografie ist eindrucksvoll, wird mit iheren gerade einmal 192 Seiten einem derart bewegten Leben wie dem von Sebastião Salgado m.E. jedoch nicht ganz gerecht. Vieles konnte so nur angerissen werden, wo ich gerne mehr Informationen gehabt hätte. Untermalt wird der Text eindrucksvoll von einigen seiner Schwarz-Weiß-Fotografien. Neugierig bin ich jetzt jedenfalls geworden auf die Bildbände von Sebastião Salgado, so viel ist gewiss. Einer davon wird demnächst hier einziehen...
© Parden
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