Bücher mit dem Tag "westeuropa"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "westeuropa" gekennzeichnet haben.

41 Bücher

  1. Cover des Buches Das Parfum (ISBN: 9783257261509)
    Patrick Süskind

    Das Parfum

     (10.184)
    Aktuelle Rezension von: Gabriel_Scharazadeh

    Erzählt wird die Geschichte von Grenouille, und zwar von seiner Geburt an. Seine olfaktorischen Antennen sind so immens, dass er irgendwann beschließt, Parfümeur zu werden. Sein Drang nach dem perfekten Parfüm wird so exzessiv, dass er dafür sogar junge Frauen ermordet, um die Düfte ihrer Körper in das Parfüm einfließen zu lassen. 

    Die olfaktorische Berg- und Talfahrt des Grenouille wird ellenlang beschrieben und driftet sofort ins Surreale ab. Den Lesenden werden Längen zugemutet. 

    Mir erschließt sich nicht, warum dieses Buch als Unterrichtslektüre in Schulen Verbreitung gefunden hat. Zumindest können auch Jugendliche das Buch aus meiner Sicht lesen, weil die Beweggründe der darin dargestellten Brutalität sich so jenseits der Realität bewegen, dass sie einen nicht nahegehen sollten. 

    Erwähnenswert ist, dass es etwas Vergleichbares vermutlich bis heute noch nicht gibt. Ich würde fast sagen, das Buch stellt eine eigene literarische Gattung dar, ist also quasi eine Art "olfaktorischer Roman". Aber eigentlich kann man es auch schlicht als Drama bezeichnen.

    Die Länge der Geschichte hätte locker halbiert werden können.

  2. Cover des Buches Buddenbrooks (ISBN: 9783596521487)
    Thomas Mann

    Buddenbrooks

     (2.397)
    Aktuelle Rezension von: mj303

    Ich kannte das Buch noch aus Schulzeiten, leider konnte es mich dieses mal nicht so begeistern.

    Es war teilweise sehr schwer es konzentriert zu lesen - 3 Sterne

  3. Cover des Buches Illuminati (ISBN: 9783942656023)
    Dan Brown

    Illuminati

     (5.072)
    Aktuelle Rezension von: Yazzie

    Das Buch fängt spannend an und hält diese Spannung bis zum Schluss. Wenn ich dachte, dass ich die Geschichte endich durchschaut und den Schuldigen gefunden hatte, kamman neue Fakten auf. Bis zum Schluss des Buches wurde ich inmer wieder überrascht.

    Der Autor bringt den Leser durch seine bildhafte Beschreibung der Orte in die Welt des Vatikans und Rom. Er gewährt die Sicht mehrer Charaktere und fügt somit das Puzzle zusammen zu einem Meisterwerk.

  4. Cover des Buches Der Da Vinci Code (ISBN: 9783846600474)
    Dan Brown

    Der Da Vinci Code

     (8.173)
    Aktuelle Rezension von: Zahirah

    In diesem Band befinden wir uns in Paris. Robert Langdon und die Kryptologin Sophie Neveu sind auf der Suche nach einem Geheimnis, das ein Geheimbund verbirgt, während sie von der Pariser Polizei verfolgt werden. In The Da Vinci Code finden wir Symbole, alte Geschichten, versteckte Botschaften, Kunst, Religion, Morde usw.

    Es ist kein schlechtes Buch, aber es hat viele Ähnlichkeiten zum Vorgängerband, was die Art und Weise betrifft, wie die Geschichte erzählt wird und die Handlung sich entwickelt. Der Hauptunterschied besteht darin, dass Robert im ersten Buch derjenige ist, der den Antagonisten jagt, während er in diesem Buch derjenige ist, der gejagt wird. Dadurch sind einige Details der Handlung, wie z. B. der Ausgang und die Identität des Antagonisten, sehr offensichtlich und die Spannungsmomente leiden darunter.

    Was mir jedoch sehr gut gefallen hat, sind die gut recherchierten Fakten über Geschichte und Kunst, die der Autor sehr gut in die rasante Handlung eingebaut hat.

    Auch "Sakrileg" hat mich wieder gut unterhalten und auch einiges Wissenswertes vermitteln können. Alle, die einen rasanten Thriller über Verschwörungen lesen möchten, denen kann ich dieses Buch absolut empfehlen.

  5. Cover des Buches Die Asche meiner Mutter (ISBN: 9783641118655)
    Frank McCourt

    Die Asche meiner Mutter

     (885)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

    Frank McCourts "Die Asche meiner Mutter" erhebt sich über die Klippen der Autobiografie zu einem monumentalen Werk, das nicht nur eine historische Epoche durchwandert, sondern auch die Finessen menschlicher Widerstandsfähigkeit und die zärtliche Umarmung des Lebens selbst einfängt. Diese literarische Erinnerung, die durch eine Sprache von seltener Schönheit getragen wird, vermittelt nicht nur die Trostlosigkeit der irischen Armut, sondern auch die triumphierende Menschlichkeit, die selbst in den widrigsten Umständen gedeiht.

    McCourt zeichnet seine Jugendjahre mit einer Ehrlichkeit und Unverblümtheit, die sowohl herzzerreißend als auch herzerwärmend ist. Die Gestaltung der Figuren, allen voran der junge Frank und seine kämpferische Mutter Angela, geht über eine einfache Darstellung hinaus. McCourt vermittelt nicht nur ihre äußeren Kämpfe, sondern auch ihre inneren Stärken und Schwächen mit einer Sensibilität, die den Leser auf eine intime Reise durch das menschliche Wesen mitnimmt.

    Die Erzählweise, durchzogen von einer dunklen Komik, lässt die Leserschaft zwischen Lachen und Tränen schwanken. McCourt beherrscht die Kunst des Erzählens mit einer Anmut, die es vermag, selbst die düstersten Episoden des Lebens mit einer Lichtspur zu versehen. Seine Prosa ist von einem Rhythmus geprägt, der die emotionale Resonanz jeder Zeile intensiviert.

    Die historische Genauigkeit und die detaillierte Schilderung der irischen Lebensverhältnisse in den 1930er und 1940er Jahren sind beeindruckend. Der Autor verweilt nicht nur auf den äußeren Umständen, sondern durchdringt auch die sozialen und kulturellen Nuancen, die das Leben der McCourts prägten. Dies verleiht dem Werk eine historische Tiefe, die über den persönlichen Erfahrungshorizont hinausreicht.

    "Die Asche meiner Mutter" ist nicht nur ein literarisches Monument, sondern auch eine Feier des Lebens in all seinen Facetten. McCourt erhebt die Widrigkeiten seines Aufwachsens zu einer universellen Hymne, die die Menschlichkeit in ihrer reinsten Form widerspiegelt. Seine Erzählung ist eine zutiefst bewegende Ode an die Überlebenskraft der Liebe, der Hoffnung und des Humors, selbst in den härtesten Zeiten.

    Insgesamt präsentiert "Die Asche meiner Mutter" eine meisterhafte Fusion von Erinnerung und Literatur. Frank McCourt hat nicht nur die Chronik seiner Jugend niedergeschrieben, sondern auch ein zeitloses Werk geschaffen, das durch seine außergewöhnliche Schönheit und die tiefgreifende Menschlichkeit in Erinnerung bleibt. Ein Buch, das den Leser durch seine Zärtlichkeit und Authentizität gleichermaßen berührt und belebt.

  6. Cover des Buches Der Schimmelreiter (ISBN: 9783880420236)
    Theodor Storm

    Der Schimmelreiter

     (1.073)
    Aktuelle Rezension von: claudiaZ

    Die Novelle war mir in groben Zügen noch aus dem lang bzw. länger zurück liegenden Deutschunterricht bekannt. Es geht um einen jungen Deichgrafen, der Neues wagt und dadurch auf Vorbehalte bei seinen Mitmenschen in einem nordfriesischen Dorf stößt. Größter Gegner ist jedoch die Natur, die sich den Menschen in Nordfriesland mit Wind, Sturmfluten und Meeresströmungen in den Weg stellt, ganz gleich wie sich die Menschen untereinander verhalten. 

  7. Cover des Buches L'étranger (ISBN: 9782070453177)
    Albert Camus

    L'étranger

     (77)
    Aktuelle Rezension von: berenstein

    Ein Mann lebt in den Tag hinein, gleichgültig, leidenschaftslos. Eines Tages begegnet er einem Araber am Strand. Es gab eine Vorgeschichte, die die beiden verbindet, doch ist das von Belang, von Interesse? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Der Mann erschießt den Araber, es wird nicht klar, ob in Notwehr oder nicht.

    Meursault heißt der Mann, der unvermittelt (unmotiviert?) zum Mörder wurde, der mit ein paar Schüssen das Leben eines anderen auslöschte und deshalb hingerichtet werden soll. Seine Geschichte spielt im Algerien der 30er Jahre, er selbst ist französischer Abstammung. Seine Mutter wurde vor kurzem beerdigt, er beginnt eine Affäre mit einer Frau, er lässt sich von einem mutmaßlichen Zuhälter einspannen – doch warum geschieht das alles, geschieht es ihm, Meursault, das alles?

    No reason. No reason? Vielleicht.

    „Der Fremde“ ist Albert Camus‘ erster Roman und nimmt auf eindrückliche Weise vorweg, was die Philosophie des Absurden, die von Camus stark geprägt wurde, ausmachen wird. Der Roman ist äußerst sparsam und karg in seiner Sprache, rätselhaft in seiner Handlungsführung. Er bietet keine zu lösende Kriminalgeschichte, er psychologisiert nicht, er hat keine Antworten, keine (Er-)Lösungsansätze. Nichts dergleichen.

    Kein Wort zu viel, die Dinge geschehen. Und am Ende – ja, und am Ende.

  8. Cover des Buches Maria Stuart (ISBN: 9783872910110)
    Friedrich Schiller

    Maria Stuart

     (557)
    Aktuelle Rezension von: Woerterschloss_

    Schulbuch, Pflichtlektüre... Naja, normalerweise kann mich das, was ich für die Schule lesen "muss" tatsächlich nicht so überzeugen. Nicht, dass ich die Romane/Dramen schlecht finde, auch kann ich bis zu einem gewissen Grad verstehen, warum vieles "älteres" heutzutage noch gelesen werden soll, aber die Geschichten konnten nie dieses brennende Begeisterung in mir wecken, die mich privat dazu bringt, Seite um Seite umzublätter, ohne zu merken wie die Zeit vergeht, gar zu vergessen, dass ich überhaupt lese, und die Figuren nicht nur vor meinem inneren Auge lebending werden, sondern tatsächlich neben mir zu stehen scheinen. "Maria Stuart" war aber wider Erwarten anders als die Schullektüren, die ich bisher gelesen habe. 

    Zugegebenermaßen war ich anfangs recht skeptisch, denn das Lesen von Schillers "Die Räuber" war wirklich ein Kraftakt für mich und auch als ich die ersten Szenen dieses Dramas gelesen habe, hat mir die nicht so leicht zugängliche Sprache zu schaffen gemacht und vor allem wie unfassbar lang ich fürs Lesen gebraucht habe. Auch dass Figuren an verschiedenen Stellen anderes genannt wurden oder über sie gesprochen wurde, während sie nicht anwesend oder überhaupt noch nicht aufgetreten waren, hat es kompliziert gemacht. Das fehlende geschichtliche Hintergrundwissen hat das Ganze nicht vereinfacht.

    Mit diesen Schwierigkeiten bin ich allerdings zunehmend gut zurecht gekommen, was den Lesefluss natürlich ungemein verbessert hat. Ich habe angefangen, weit über die vorgegebenen Szenen hinauszulesen, weil ich tatsächlich wissen wollte, wie es weiter geht. 

    Auch für die Figuren sind immer lebendiger geworden, sodass ich nicht wie anfangs verwirrt war, sondern ein Gefühl für sie bekommen habe, sie einschätzen konnte und gespannt war, welche Entscheidungen sie treffen würden.

    Was auch zu meinem Vorteil war, war, dass mir Schauplatz und Handlungszüge nicht so fremd waren, da ich auch sonst sehr gerne Romane lese, die an Königshöfen spielen, in denen Intrigen und Macht, Familie und Liebe eine große Rolle spielen. 

    Auch das sie Emanzipation der Frau eine so große Rolle gespielt hat, hat mir sehr gut gefallen, da ich das nicht erwartet hätte - gerade da es sich um so ein "altes" Drama handelt. Jedoch waren Maria und Elisabeth beides starke Frauenfiguren und insbesondere erstere auch in anderen Bereichen ein Vorbild. 

  9. Cover des Buches Die Nadel (ISBN: B004ROT4IE)
    Ken Follett

    Die Nadel

     (609)
    Aktuelle Rezension von: Mike_Leseratte

    Es ist ein Buch genau so, wie das Gesellschaftsspiel Scotland Yard. Die Nadel, der wahrscheinlich professionellste Spion der Deutschen im 2. Weltkrieg befindet sich in England und findet Beweise höchster Sicherheit. Gleichzeitig kommt ihm das MI5 auf die Spur und eine Jagt auf Leben und Tod beginnt.

    Es ist wirklich wie bei dem Gesellschaftsspiel. Die Nadel ist Mister X, den es unbedingt gilt aufzuhalten, bevor er entkommen kann. Die Nadel zeigt die ganze Zeit über, wie professionell er ist. Dadurch, dass das Buch aus verschiedenen Perspektiven geschrieben ist, kann man genauso spannend verfolgen, wie der MI5 die Fährte aufnimmt und wie er ihm immer näher kommt.

    Die Figuren sind gut ausgearbeitet und man kann alles gut verfolgen. Kann es nur Empfehlen.

  10. Cover des Buches Sterben sollst du für dein Glück (ISBN: 9783426784044)
    Sabatina James

    Sterben sollst du für dein Glück

     (65)
    Aktuelle Rezension von: Hopeandlive

    Sabatina James schreibt ihre Geschichte unter einem Pseudonym. Es ist die Geschichte einer jungen Frau, wie sie vielfach in Deutschland und Österreich vor den Augen der Öffentlichkeit geschehen kann und niemand tut etwas.

    Sabatina ist in Pakistan in einem kleinen Dorf als älteste Tochter ihrer Familie geboren und ist mit ihrer Familie mit 10 Jahren nach Linz in Österreich gezogen. Erst lebt die Familie auf einem Bauernhof in einem kleinen Dorf und folgen dann wieder dem Vater in die Stadt Linz. Mit ihren beiden Brüdern und der jüngeren Schwester genießt die lernfreudige Sabatina die Freiheit, die dieses Land bietet und wächst zu einem hübschen Teenager heran.

    Ihren Eltern gefällt diese Entwicklung nicht, denn als strenggläubige Muslime haben sie andere Pläne für ihre Tochter.Sie möchten Sabatina noch minderjährig verheiraten. Doch Sabatina lechzt nach Freiheit und so kommt es zu einem sehr ernsten Konflikt, bei dem sich die Eltern nicht anders zu helfen wissen, als ihre Tochter nach Pakistan auf eine Koranschule zu schicken. Sabatina erlebt dort unvorstellbare Misshandlungen und Folter und stimmt schließlich in die Ehe mit ihrem Cousin ein, da es die einzige Möglichkeit ist, endlich wieder nach Österreich zurückzukehren. Auch in der Ehe erlebt Sabatina Misshandlungen und sieht keine andere Möglichkeit zu fliehen. Diese Entscheidung führt zu einem entgültigen Bruch mit den Eltern und ihre Eltern sprechen das Todesurteil über sie aus. Laut dem Islam die einzige Antwort auf ungehorsame Frauen. 

    In dieser für Sabatina so schrecklichen und traumatischen Zeit kommt sie dem Gott der Bibel auf die Spur, lernt Jesus kennen, konvertiert zum Christentum und hat somit unwiderruflich Schande über ihre Familie gebracht. Sie kommt durch das LKA in ein Zeugenschutzprogramm und ist seitdem ständig auf der Flucht vor der Rache ihrer Familie und der muslimischen Gemeinde. Dennoch hat sie einen unglaublichen Lebenswillen, geht mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit und macht damit vielen jungen muslimischen Frauen Mut, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Ihr Glaube an Jesus Christus tröstet sie und gibt ihr Kraft.

    Mich hat die Geschichte dieser jungen Frau unglaublich berührt. Sehr authentisch schildert sie iher innere Zerrissenheit, ihren Willen nach Leben und Freiheit und ihren Kampf zwischen den Kulturen, in dem sie sich befindet. Sie liebt ihre Familie und sehnt sich nach ihr, doch leider ist von dort keine Gnade zu erwarten. Ein Wort, das im Islam nicht vorkommt. Ich wünsche Sabatina von Herzen, dass sie weiter Mut und Kraft findet und nicht aufhört, darüber aufzuklären, was tagtäglich in Europa unter unseren Augen passiert und keine Beachtung findet. 

    Ein mutiges und bewundernswertes Zeugnis.

  11. Cover des Buches Der Außenseiter (ISBN: 9783641186074)
    Minette Walters

    Der Außenseiter

     (108)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer
    „Der Außenseiter“ von Minette Walters reicht meiner Meinung nach nicht an ihre Vorgängerromane wie „Die Bildhauerin“ oder „Das Echo“ heran. Die Autorin ist bemüht, die Handlung logisch und konsequent von Anfang bis zum Ende durchzuspielen, dabei wiederholt sie fortlaufend schon bekannte Ereignisse mit neuen Gesichtspunkten und aus anderen Blickwinkeln, was mit der Zeit ermüdend und langatmig ist. Sie flechtet Vernehmungsprotokolle der Polizei, Zeitungsausschnitte und E-Mails in die Geschichte ein, die zwar das Geschehen auflockern, den Leser aber mehr zum Beobachter als zum Teilhaber werden lassen. Die Figuren sind eher blass und rufen wenig Sympathien hervor. Ihre sozialkritischen Anmerkungen sind in meinen Augen fehl am Platz. Ich habe bereits einige Krimis von Minette Walters gelesen, die mir sehr gut gefallen haben, dieses Buch hat mich leider nicht begeistert.
  12. Cover des Buches Michael Kohlhaas (ISBN: 9783872910349)
    Heinrich von Kleist

    Michael Kohlhaas

     (234)
    Aktuelle Rezension von: Monika_Brigitte
    „An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, ein Roßhändler, namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Schulmeisters, einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit.“ (Erster Satz)

    Kleist bedient sich hier einem Erzählstoff aus dem Mittelalter. Der Kaufmann Hans Kohlhase begab sich 1532 auf eine Reise vom brandenburgischen Cölln nach Leipzig. Auf dem Weg werden ihm vom Junker Günther Zaschnitz zwei Pferde abgenommen mit der Behauptung, Kohlhase hätte sie zu vor gestohlen. Dieser ging gegen die Vorwürfe juristisch vor, doch der Konflikt konnte nicht zufriedenstellend geklärt werden. Kohlhase zettelt eine Fehde gegen die Familie Zaschnitz an, begeht Verbrechen und wird 1540 hingerichtet.

    Kleist hält sich nicht hundertprozentig an die Historie, sondern verwebt diese durch schriftstellerische Freiheit zu einer Novelle sondergleichen. Es geht dabei um Rechtschaffenheit, Freiheit, Unterdrückung, Moral, Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Feudalherrschaft, Machtmissbrauch. Aber es geht auch um Aufhetzung, Rache um jeden Preis und brutale Selbstjustiz.

    Nun könnte der interessierte Leser denken: Ja, es ist ein gehaltvoller Roman, der voller Wahrheitsliebe und etwas brutalen Mitteln, diese durchzusetzen, steckt. Dieser Roman muss die Gesellschaft des frühen 19. Jahrhunderts erschüttert haben. Der Zeitgenosse Goethe war kein Fan von Heinrich Kleist und seinen Werken, erst in der Moderne durch z.B. Kafka erfuhr Kleist eine Renaissance. Und das stimmt auch zum Teil, beschreibt die Novelle allerdings nicht gänzlich. Kleist ergeht sich in seitenlangen Beschreibungen vom Verwaltungschaos, bei dem alles nur schlimmer wird. Dabei ermüdet der Leser durch die Schachtelsätze.

    Für den gebildeten europäischen Leser des 21. Jahrhunderts sind Inhalt und Schreibweise fern des Gewohnten. Wir leben in einer Demokratie mit gefestigter Rechtsstaatlichkeit und einer unabhängigen Jusiz, Kleist im 18./19. Jahrhundert nicht. Das Einfühlen fällt durch die differente Perspektive schwer. Das Ende ist zwar versöhnlich, doch bestärkt es das Märtyrertum. Kleists depressive Seite ist für den Leser deutlich spürbar.

    Oft zitiert wurde folgendes (beachtet: letzter Setz):

    „Warum willst du dein Haus verkaufen? rief sie, indem sie mit einer verstörten Gebärde aufstand. Der Roßkamm, indem er sie sanft an seine Brust drückte, erwiderte: weil ich in einem Lande, liebste Lisbeth, in welchem man mich, in meinen Rechten, nicht schützen will, nicht bleiben mag. Lieber ein Hund sein, wenn ich von Füßen getreten werden soll, als ein Mensch!“ (S. 27)

    Die Kraft, die hier in Kleists Worten steckt, ist erschütternd, geradezu beängstigend präzise. Dieser Gewalt über Seiten zu folgen ist nicht angenehm und mir kommt dabei der Gedanke: Zum Glück wird dieses Stück heute nicht mehr von vielen gelesen, denn gerade bildungsferne populistische Verschwörungstheoretiker könnten hier explosives Sprenggut finden, das zu Hetze und Gewalt führt.

    Diese Aktualität ist dem Stück leider nicht abzusprechen. Würde ich es daher empfehlen? Nein. Die Novelle konnte mir nichts neues beibringen, ich habe eine gefestigte Moral und weiß, dass Gewalt nur noch mehr Gewalt verursacht. Der Klügere gibt nach ist mir ein weit näheres Leitbild als Selbstjustiz. Die verschachtelte Schreibweise ist anstrengend zu lesen und zu folgen. Einmal nicht aufgepasst ist der Leser raus aus dem Geschehen. Ich habe wohl bei keinem klassischen Werk so viel aufgeseufzt und so oft die verbleibenden Seiten gezählt (vielleicht bei „Das Erdbeben von Chili“, aber das habe ich deutlich rasanter in Erinnerung).

    An der Fischer-Klassik -Ausgabe ist mal wieder nichts auszusetzen. Der Werkbeitrag aus dem Kindler ist kurz, aber informativ.

    „Der von ihr [der Novelle] ausgehende Reiz liegt u.a. in einem zwischen Widerstand und Ergebung, Staatsverachtung und Staatsgehorsam, Rechtsverletzung und Rechtsgehorsam usw. changierenden Spannungsverhältnis begründet, das in der Rezeptionsgeschichte je nach Schwerpunktsetzung entsprechend ausgemünzt wurde. Im Wilhelminismus war Kohlhaas ein Held preußischen Zuschnitts (…), die Blut-und-Boden-Ideologie im >Dritten Reich< wiederum stellt ihn als Typus nordischer Aufrichtigkeit aus, während man ihn nach 1945 entweder als idealen Republikaner feierte oder -im Zuge der 1968er – zum Rebellen stilisierte.“ (S.124)

    Fazit

    MICHAEL KOHLHAAS ist eine Novelle von Heinrich von Kleist, veröffentlich 1810, in der Selbstjustiz auf Verwaltungschaos trifft. Die verschachtelten, langatmigen Satzkonstruktionen machen die Novelle aus heutiger Sicht anstrengend zu lesen und ermüdend dem Inhalt zu folgen. Ein interessierter Leser könnte dieses Werk mit dem nötigen Verständnis für historische politische Spannungsverhältnisse lesen und daran Gefallen finden. Vielleicht etwas für Kafka- oder Mittelalter-Fans?! Allerdings finde ich es nicht notwendig, mehr über den Inhalt wissen zu müssen, als auf dem Klappentext und in den Ausführungen des Kindler steht. Alles Weitere grenzt an Zeitvergeudung.

     

    MICHAEL KOHLHAAS| Heinrich von Kleist| 1810| Fischer Taschenbuch| Fischer Klassik| 2013|125 Seiten| 4,00€ 

  13. Cover des Buches Moffenkind (ISBN: 9783827194497)
    Jörg Böhm

    Moffenkind

     (67)
    Aktuelle Rezension von: Julia_x3

    Die "Star of the Ocean" tritt in Hamburg ihre Jungfernfahrt zu den Metropolen Westeuropas an. Schon vor dem Start ist die Stimmung unter einigen Passagieren eher angespannt. Spätestens als der Luxusliner seinen Weg antritt, wird durch ein Ereignis und ein Kapitel deutlich, das an dieser Kreuzfahrt nichts normal ist. Der Tod lauert auf diesem Schiff.  

    Ein Thriller der erstmal sachte los geht und die wichtigsten Charakter und wie sie zusammen hängen vorstellt. Nachdem man dann die Verhältnisse zueinander zuordnen kann ist es auch gut zu lesen. 

    Die Schrift ist schön groß und die Kapitel sind nicht so lang, so das ich bisher nicht das Gefühl habe, das sich die Ereignisse ziehen. 

    Der Thriller an sich ist eine gemütliche Lektüre mit dem gewissen etwas. Man merkt, das irgendwas anders ist und irgendwo was passiert aber man kann es noch gar nicht so richtig greifen. 

    In all den Ereignissen lernen wir verschiedene Leute kennen und ihre Geschichte. Der Kern dreht sich um diese eine Familie, die man schon vor der Kreuzfahrt kennen lernt. Es geht um tiefe Geheimnisse noch aus der Weltkriegszeit und was geschah. Es gleicht einem Wunder, wie auf einer einzigen Kreuzfahrt, Jahre nach dem Geschehen, ganz viele Dinge aufgedeckt werden. 

    Das Ende ist gut wie es ist. Einige Ausgänge der verschiedenen Geheimnisse werden offen gelassen, so das man noch ein bisschen träumen kann. Andere haben schon früher ein Ende gefunden. 


    Das Buch hat Spaß gemacht zu lesen und war eine eher leichte Thriller Lektüre. Nichts grausames. 

  14. Cover des Buches Noir (ISBN: 1582434476)
    Olivier Pauvert

    Noir

     (13)
    Aktuelle Rezension von: WolffRump
    Genre:
    Mystery-Thriller.

    Umfang:
    Ca. 303 Seiten (TBPrint).

    Serie:
    Nein.

    Inhalt:
    Der (namenlose) Protagonist erwacht nach einer Party aus seinem Rausch und findet die grausam verstümmelte Leiche einer jungen Frau. Die Polizei nimmt ihn wegen Mordverdachts fest, doch als der Polizeiwagen von der Straße abkommt und verunglückt, kann er fliehen. Auf seiner Flucht begegnet der Protagonist einem mongoliden Mann, der seltsame Andeutungen über seine Existenz macht. Der Protagonist flüchtet weiter und kann den Nachstellungen der Polizei mit Hilfe einer Gruppe Schwarzer entkommen. Er erfährt, dass seit dem Vorfall am Rande der Party zwölf Jahre vergangen sind. Mittlerweile hat eine Gruppe die Herrschaft im Land übernommen, die alle Andersartigen (z. B. Schwarze) ausgrenzt. Bis auf wenige Widerstandsgruppen fügt sich die Bevölkerung willenlos den Anordnungen des Systems. Der Protagonist stellt fest, dass er sich in einer Art Zwischenstufe von Leben und Tod zu befinden scheint. Er hat kein Spiegelbild und sein Blick kann töten. Außerdem hat er selbst mongolide Züge angenommen, die jedoch mit keiner geistigen Behinderung verbunden sind. Während die Polizeikräfte versuchen, ihn auszuschalten, macht er sich auf die Suche nach den Hintermännern des Regimes und versucht seiner eigenen Bestimmung auf die Spur zu kommen.

    Perspektive:
    Ich Erzähler. Der Roman profitiert von der Unmittelbarkeit der Perspektive. Trotz der surrealen Züge des Plots kann sich der Leser mit der Hauptfigur identifizieren.

    Erzählzeit:
    Präsenz. Die Erzählzeit korrespondiert gut mit der hohen Geschwindigkeit des Plots und unterstützt die apokalyptische Gehetztheit des Protagonisten, der einerseits vor dem System und seinen Häschern flieht, aber gleichzeitig auch Jäger der Hintermänner des Regimes ist. Der Protagonist rast seinem Schicksal entgegen und reißt den Leser mit sich.

    Setting:
    Unterschiedliche Orte in Frankreich, u. a. Nizza und Paris – zwei Städte, die besonders mit der Integration von Zuwanderern zu kämpfen haben. Das Setting wird bildlich gut erfahrbar gemacht.

    Struktur und Spannungsbogen:
    Ausgegehend vom auslösenden Ereignis (Auffinden der ermordeten Frau) hetzt der Protagonist seinem Schicksal entgegen, das sich in einem fulminanten Finale entlädt. Die schnellen Reaktionen der Polizei und die Begegnungen mit Gegnern und Anhängern des Systems sorgen immer wieder für Zwischenhöhepunkte.

    Charaktere:
    Der Protagonist ist die überragende Figur der Story. Der Antagonist bleibt bewusst diffus - das Regime als Ganzes besetzt diese Rolle. Weitere Figuren nehmen unterstützende Nebenrollen ein. Sie haben eher den Charakter von ‚Begegnungen auf dem Weg’ des Protagonisten. Es gibt insgesamt vier Typen von Akteuren: die willenlose Masse, die Polizei/Regimevertreter, Abtrünnige, die das Regime bekämpfen und die Mongoliden, die eine Art mystische Zwischenwesen darstellen. Der Protagonist irrt durch das Spannungsfeld, das die Reibung zwischen diesen Gruppen und ihren divergierenden Interessen erzeugt.

    Sprache/Duktus:
    NOIR ist als literarischer Mystery-Thriller einzuordnen, der sich sprachlich wie inhaltlich deutlich von der Masse der Genre-Literatur abhebt. Trotzdem ist die Sprache einfach und fokussiert – mit einer Ausnahme: Der Autor bedient sich zahlreicher, zT sehr ausgefallener Metaphern. Mitunter übertreibt Pauvert sein Bildfeuerwerk. In der Masse der Metaphern gehen die für das Verständnis der Story wirklich bedeutenden Bilder manchmal verloren. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen. Dass Pauvert sich sprachlicher Hilfsmittel bedienen muss, um den surrealen Plot für den Leser nachvollziehbar zu machen, ist andererseits veständlich.

    Fazit:
    NOIR ist ein experimenteller Mystery-Thriller, der mit Hilfe der Verfremdung eine neue Perspektive auf drängende gesellschaftliche Fragen der Gegenwart geben will. Zu diesem Zweck lässt uns Pauvert seinen Protagonisten in die Zukunft begleiten und gewährt uns einen Blick in die Welt, die wir uns schaffen, wenn wir eingeschlagene Wege fortsetzen. Der politische Rechtsruck in Frankreich (aber genauso in Ostdeutschland oder in Italien), der Fremdenfeindlichkeit schürt und Andersartigkeit ausgrenzt, ist sicher der zentrale Auslöser für Pauverts Roman gewesen. Jean-Marie Le Pen und seine rechtspopulistische Front National sind Beispiele dieser Entwicklung in Frankreich.
    Pauvert kleidet seine Gesellschaftskritik in einen klugen und spannenden Plot und vermeidet politische Plattitüden. Für Freunde experimenteller Literatur, die dem ‚Roman Noir’ zugänglich sind, ist das Buch absolut zu empfehlen. Gewarnt sei jedoch vor den zT ausgesprochen brutalen Szenen, die an Tarantinos Filme erinnern. Die surreale Überhöhung des Romans entschärft mE seine visuelle Brutalität jedoch auf ein akzeptables Maß.

  15. Cover des Buches Tödlicher Irrtum (ISBN: 9783596172658)
    Butz Peters

    Tödlicher Irrtum

     (27)
    Aktuelle Rezension von: halbkreis
    Spannend wie ein Krimi. Und flott geschrieben - wobei mich die Schreibe etwas zwiespältig zurücklässt. Denn Peters arbeitet viel mit einem Stilmittel, das mir eigentlich gegen den Strich geht: Kurz, abgehackte bzw. (grusel) Einwortsätze. Muss man mögen. Oder nicht. Ich nicht so. Aber. In diesem Buch ist das gerade noch aushaltbar, weil es eben ein flottes Buch ist, in dem sich die Ereignisse überschlagen - ich kann es nicht wirklich in Worte fassen, also, es war störend, vor allem anfangs, aber grundsätzlich aushaltbar. In einem Roman wäre das sich anders gewesen. Abgesehen davon lohnt sich dieses Buch auf jeden Fall, alles sehr sauber durchrecherchiert und mit Fußnoten etc. belegt, Peters hat also richtig viel Aufwand betrieben, und das merkt man. Es bleiben kaum Fragen offen. Außer vielleicht die, warum ich erst dieses Buch gelesen habe, wo doch eigentlich Austs "Der Baader Meinhof Komplex" meist als Standardwerk zu dem Thema angesehen wird? Nun, da Aust ja nun selbst sehr nah, vielleicht etwas zu nah am Thema dran war, wollte ich erstmal mit einem Blick von außen anfangen. Der Aust wird bestimmt nochmal nachgelegt. Bis dahin war der Peters ein guter, übersichtlicher, unterhaltsamer und sehr umfangreicher Überblick über die Geschichte der RAF. Einen Stern Abzug dafür, dass mir der Schreibstil ein wenig Unbehagen bereitet hat.
  16. Cover des Buches Vampire! Vampire! (ISBN: 9783492280501)
    Markus Heitz

    Vampire! Vampire!

     (114)
    Aktuelle Rezension von: Traubenbaer
    In dem Buch "Vampire! Vampire!" verarbeitet Markus Heitz offenbar seine Rechercheergebnisse, die er für seine Bücher zusammengetragen hat. Er berichtet anschaulich über die ersten Sichtungen und Beschreibungen von Vampiren. So bekommt man schnell einen Überblick darüber, in welchen Gegenden an Vampirismus geglaubt wurde bzw. wie sich die Geschichten und Sagen ausbreiteten. Später geht Heitz dann darauf ein, wie Vampire früher beschrieben wurden und welche Verhaltensweise ihnen zugeschrieben wurden.
     
    Kurzum ist das Buch interessant, wenn man etwas mehr über die Geschichte von Vampiren erfahren möchte. Der Text vereint wissenschaftliche Aspekte mit einer unterhaltsamen Schreibweise.
    Wer jedoch einen Roman erwartet wird dieses Buch nicht unbedingt mögen. Alle anderen, die hinter den Mythos "Vampire" sehen möchten und wissen wollen, wie Vampire früher beschrieben wurden werden dieses Buch mögen. Aufgrund der sorgsamen Recherche und der geschichtlich belegten Details kann dieses Buch auch zur Grundlage für eine wissenschaftliche Arbeit genutzt werden.
  17. Cover des Buches Glennkill (ISBN: 9783837113648)
    Leonie Swann

    Glennkill

     (122)
    Aktuelle Rezension von: Petra_Mayer
    Sehr nette Idee und auf jeden Fall etwas für Tierliebhaber mit Witz und Humor. Trotzdem konnte mit der Schafskrimi nicht 100% überzeugen.

    Hörbuch - gekürzte Lesung - 4 CDs - 312 Minuten - 33 Tracks

    Inhalt:

    Eines Morgens liegt der Schäfer George Glenn leblos im irischen Gras, ein Spaten ragt aus seiner Brust. Die Schafe von George sind entsetzt: Wer kann den alten Schäfer umgebracht haben? Und warum? Miss Maple, das klügste Schaf der Herde, beginnt sich für den Fall zu interessieren. Glücklicherweise hat George den Schafen vorgelesen, und so trifft sie das kriminalistische Problem nicht ganz unvorbereitet. Trotz vieler Missverständnisse kommen sie der Menschenwelt mit ihrer Schafslogik nach und nach auf die Schliche und verfolgen unerbittlich die Spur des Täters. Zwischen Weide und Dorfkirche, Steilklippen und Schäferwagen warten ungeahnte Abenteuer auf Miss Maple und ihre Herde - bis es ihnen tatsächlich gelingt, Licht ins Dunkel zu bringen und den rätselhaften Tod ihres Schäfers aufzuklären.
  18. Cover des Buches Das Totenschiff (ISBN: 9783257072693)
    B. Traven

    Das Totenschiff

     (60)
    Aktuelle Rezension von: oceanlover

    Ein keineswegs in die Jahre gekommener Klassiker, der das Verstauben verdient hätte, sondern auch heute noch - gerade heute wieder - politisch aktuell und durchweg lesenswert.


    Zur vollständigen Rezension: https://oceanlove--r.blogspot.com/2024/02/das-totenschiff.html


    Schon länger hatte ich Das Totenschiff auf dem Schirm - mit der Neuauflage aus dem Dezember dann auch keinen Grund mehr, nicht endlich zu diesem Klassiker zu greifen.

    Und hätte ich das mal schon früher getan! Was ein Buch.

    Nach den ersten paar Seiten habe ich mir irritiert Notizen zur Übersetzung gemacht - nur um dann mal ordentlich zu recherchieren und herauszufinden, dass B. Traven mitnichten Amerikaner war, sondern vermutlich der uneheliche Sohn des AEG-Gründers Rathenau (und damit Halbbruder von Walther Rathenau) und dieses Buch genauso auf deutsch schrieb. Das ließ mich die kuriose Mischung aus Seefahrtsenglisch, amerikanischen Slang und deutschem Hafenschnack dann schon anders lesen; erlaubte mir im wahrsten Sinne des Wortes das Eintauchen in die Welt und Zeit unseres Protagonisten und Seemanns.

    Gleich vorweg: Das Totenschiff mag wie ein Abenteuerroman wirken und zu gewissen Teilen könnte er auch als solcher betrachtet werden; vor allem aber ist das Buch schonungslos und politisch. Nichts mit Seefahrtsromantik - ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen beschreibt der amerikanische Seemann Gales das harte, entbehrungsreiche und ruhmlose Leben der einfachen Leute; das Leben am Rande und sogar außerhalb des Blickfelds der Gesellschaft. B. Traven bzw. der Mann hinter diesem Pseudonym war radikaler Anarchist - und das liest sich auch ohne Analyse heraus. Kein Kapitel ohne Kapitalismuskritik, Ablehnung von Nationalstaat und Bürokratie, kommunistischen Gedanken und scharfsinnigen Beobachtungen der allgegenwärtigen Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten.

    Gerade vor dem Hintergrund der Rätselraterei um die Identität des Autors ist die verlorengegangene bzw. verlorengehende Identität des Protagonisten spannend zu verfolgen; Autor und fiktive Figur verschwimmen in ihrer Gesellschaftskritik zu einer Person.

    Das Buch lebt neben der revolutionären Ansichten vor allem von den realistischen Beschreibungen; fast schon eine Fallstudie in Romanformat. Der Schmutz, die harte körperliche Arbeit, die Müdigkeit - all das wird förmlich spürbar beim Lesen; der Lebensalltag an Bord detailliert beschrieben. Gleichzeitig ist der Protagonist so in seinem Slang und seinem Seemannsdenk gefangen, dass es mir - obwohl ich durch eigene Seefahrtszeit oft wusste, was er gerade beschreibt - stellenweise schwerfiel, zu folgen. Da wird umschrieben und in Wortbilder verpackt, statt klar auszudrücken, was genau passiert. Gerade das eigentliche Geschäft der Yorikke musste ich mir mehr zusammenreimen, als dass es auf den Punkt gebracht wird. Ich kann mir vorstellen, dass gerade die Bordalltagsszenen für Außenstehende nicht immer leicht nachzuvollziehen und vorzustellen sind. 

    Für mich überwiegen ja ganz offensichtlich die glänzenden Seiten der Seefahrt, nichtsdestotrotz konnte ich mich hervorragend in dieses Buch hineinfühlen, fühlte mich in dieser Beschreibung des Seemannslebens aufgehoben und auch die Verwebung von Politischem und Alltäglichem sprach mich auf persönlicher Ebene an. Überhaupt; in vielerlei Hinsicht hat dieses Buch wohl förmlich auf mich gewartet und auch wenn es mich nicht in allen Punkten überzeugte, war es doch auf eine positive Weise emotional für mich. Randnotizen, Markierungen und Post-its zeugen davon. Ein Buch, das sich auch erneut zu lesen lohnt und viel mitgibt - Denkanstöße wie Lebensweisheiten und Beobachtungen.

    Auch die an den Tag gelegte Sensibilität bezüglich der verwendeten Sprache, die sich in der editorischen Notiz ausdrückt, erfreute mich - der Stil und Ton des Buchs, dass zwischen den Weltkriegen geschrieben wurde, bleibt erhalten, diskriminierende Praxis wird aber nicht reproduziert. Manche Begriffe und Formulierungen bereiten auch ganz einfach Freude - wenn Gales durch die Straßen schnurkst, schnurrigen Gedanken nachhängt oder konstatiert, dass die Amerikaner "mit dem Evangelium der Zahnbürste und der Wissenschaft des täglichen Füßewaschens" ausgerüstet seien. 

  19. Cover des Buches Nato-Geheimarmeen in Europa (ISBN: 9783864893889)
    Daniele Ganser

    Nato-Geheimarmeen in Europa

     (8)
    Aktuelle Rezension von: sabisteb
    Nachdem ich Foschepoths „Überwachtes Deutschland“ gelesen habe, hatte ich schon nur noch sehr wenige Illusionen, in einer Demokratie zu leben. Dieses Buch jedoch, zerreißt auch noch den letzten dünnen Schleier der Illusion, den der Westen als seine ach so grandiosen Ideale rühmt.
    Wenn man nach Foschepoths Buch noch die Hoffnung hatte, dass man an diesem System irgendwas retten oder verbessern könnte, macht einem diese Buch klar, dass da nicht mehr zu retten ist, sondern, dass diese Strukturen mit Stumpf und Stiel eliminiert werden müssen und etwas vollkommen Neues her muss. Dafür muss aber erst das amerikanische Imperium entmachtet werden.

    Aber beginnen wir am Anfang. Jeder hat schon mal irgendwie von Gladio (dem italienischen Zweig der stay-behind Armeen) gehört, eine Geheime Armee im Auftrag der Nato. Die eigentliche Idee, geboren aus den Erfahrungen des zweiten Weltkrieges war gar nicht so schlecht. Diese geheimen Armee, auch stay-behind genannt, sollten im Falle einer Invasion, den Kontakt zur Exilregierung halten und den Widerstand im Land organisieren. Das an sich ist nicht verwerflich und dass so eine Armee geheim gehalten werden muss, ist verständlich. Was jedoch CIA, MI6 und die NATO letztendlich aus diesem eigentlich sinnvollen Projekt gemacht haben, ist so widerwärtig, dass man sich fragt, warum die Europäischen Regierungen überhaupt noch mit den USA und UK zusammenarbeiten, oder besser, nach diesem Buch fragt man es sich nicht mehr. Wenn man dieses Buch liest, erkennt man, was da gerade in der Ukraine passiert, denn es ist schon mehrfach passiert, und die NATO verwendet immer noch die alten Methoden der 60er Jahre  und irgendwie fallen die Leute doch immer noch darauf hinein.
    Was ist so verwerflich an dem, was die NATO mit den Geheimarmeen veranstaltet hat? Ich denke, die Beispiele sprechen für sich selbst:
    •    Stay-behind Strukturen waren eine Grundvoraussetzung zum Beitritt zur NATO.
    •    Stay-behind Mitglieder wurden nur aus der rechten Szene und aus ultrakonservativen Kreisen rekrutiert, also Mitglieder der SS (Klaus Barbie, Gehlen) und GESATPO. In Italien arbeiteten (und arbeiten) mit der Mafia zusammen und rekrutierte gesuchte Terroristen (die auch in den verschiedenen Ländern untereinander weitergereicht wurden).
    •    Stay-behind Armeen  verübten Terroranschläge gegen die eigene Bevölkerung und schoben es den unbequemen Linken, Sozialisten und Kommunisten in die Schuhe, um damit die Bevölkerung dazu zu bringen, mehr Sicherheit zu fordern, sogenannte False Flagg Anschläge. (Brabant- Anschläge in Beligien, Oktoberfestattentat, …)
    •    Stay behind Armeen putschten mehrfach gegen kommunistische, Linke, demokratisch gewählte Regierungen. Das war auch ihre Hauptaufgabe, mit ihrer Hilfe entfernt die CIA unbequeme Regierungen und installiert anschließend NATO Marionetten: 1967 in Griechenland, 1980 in der Türkei, 1961 in Frankreich (gescheitert – Warum wohl haben die Franzosen die NATO aus ihrem Land rausgeschmissen?!)
    •    Die italienische Gladio hatte die Aufgabe „Italiens Ausrichtung am Westblock unter allen Umständen zu garantieren, selbst wenn die Wähler eine andere Einstellung zeigen.“ (S. 62) – Wer da noch an Wahlen und Demokratie glaubt, ist naiv und beratungsresistent.
    •    In Frankreich wurde diese Armee von der Industrie gesponsert (Peugot z. Bsp), damit diese die Gewerkschaften, Sozialisten und Kommunisten schwächen. (S. 147) – Ich gehe mal davon aus, daran hat sich bis heute nichts geändert, nur dass nun wohl auch die Banken massiv sponsern würde ich vermuten.
    •    Laut FM 30-31 Handbuch der CIA ist „in Friedenszeiten Gewaltakte durchzuführen und diesen dann den Kommunisten anzulasten, um somit ein Klima der Furcht und der Wachsamkeit zu erzeigen (S. 361) “ Eine Standartvorgehensweise. - 9/11? Der Absturz der polnischen Regierung vor ein paar Jahren (die wollten eine Mittelmacht etablieren, die sich weder an Ost noch an West bindet).

    Schlussfolgerungen:
    •    Kein einziger europäischer Staat kontrolliert seine eigenen Geheimdienste. Die sind alle in der Hand der CIA und des MI6 bzw. Außenstellen dieser Organisationen. Egal, was Foschepoth auch über Verträge schreiben mag, die Ausrüstung stammt seit dem zweiten Weltkrieg von der CIA und NSA, die Leute werden und wurden dort ausgebildet und die Geheimdienste kooperieren länderübergreifend miteinander als eine einzige Struktur, egal wer gerade regiert. Der italienische Geheimdienst wird durch ein geheimes Protokoll reguliert, das Italien von den USA aufgezwungen wurde (S. 116)
    Es stellt sich nun nur noch die Frage, wer steuert die CIA, die die anderen Geheimdienste wie Marionetten tanzen lässt? Die Banken? Die amerikanischen Oligarchen?
    •    Da braucht man sich nicht mehr lange fragen, warum unsere SPD nicht mit den LINKEN zusammenarbeitet, obwohl die letzten Wahlen eine linke Mehrheit ergeben haben… Wer glaubt, dass diese Strukturen nicht mehr existieren, der irrt. Wenn Deutschland eine linke Regierung bekäme, hätten wir hier sehr bald einen Putsch durch diese CIA Truppen, da hat die SPD keinen Lust drauf, und dass die Politiker der Linken auch heute noch vom Verfassungsschutz beobachtet werden ist auch bekannt.
    •    Während die Sowjetunion ihre Archive öffnete, bleiben jene der Amerikaner verschlossen (S. 140). Wem sollten wir da wohl eher trauen? Den USA sicherlich nicht.
    •    „Es ist unsere Überzeugung, dass die erste Phase politischer Aktivität Bedingungen generieren muss, welche die Schaffung von Chaos in allen Strukturen des Regimes ermöglichen.“ (S. 193) – Klingt schwer nach Ukraine 2014.
    •    Mit ein paar ideologischen Zaubertricks bezeichnete Truman das korrupte und rechtslastige Regime in Athen plötzlich als demokratisch und tat deren Opposition als Terroristen ab( S. 333). Klingt erneut nach Ukraine 2014.

    Fazit: „Die Fakten über Gladio zeigen, dass die Legislative nicht in der Lage war, die versteckten Zweige der Exekutive zu kontrollieren, und es in den Demokratien auf beiden Seiten des Atlantiks keine parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste gibt oder, wenn es sie gibt, sie nicht funktionieren. Schon lange ist bekannt, dass totalitäre Staaten eine ganze Reihe von Geheimarmeen unterhielten. Doch sollte ersthafte Fehlfunktionen auch in zahlreichen Demokratien zu entdecken ist zumindest überraschend.“(S. 380)
    Hier irrt sich der Autor meiner Meinung nach. Im Westen hat es noch nie eine Demokratie gegeben.  Wenn nur totalitäre Regime diese Mittel verwenden, muss man halt einsehen, dass man auch in einem totalitären Regim lebt und eben nicht in einer Demokratie oder nur in einer Scheindemokratie Marke DDR. Wenn es doch einmal zu demokratischen Wahlergebnissen kam, wurden diese gewählten Regierungen von den Geheimarmeen entfernt und durch Marionettenregime ersetzt. Der Osten und der Westen unterscheiden sich nur in einem Punkt, die im Osten wussten, dass es eine Farce ist, die im Westen glaubten an die Farce und waren und sind somit dümmer und naiver als der von ihnen bekämpfte Osten. Aber auch im Westen wachen die Menschen langsam auf und erkennen, dass alles, was sie bisher glaubten, eine Lüge ist.

    Man kann an diesem Buch natürlich kritisieren, dass der Autor nicht auf Originalunterlagen zurückgreifen konnte, ABER Geheimdienste operieren nicht im Luftleeren Raum. Sie hinterlassen Spuren in der Realität wie Trevor Paglen auf der 30c3 in Six Landscapes sehr schön zeigte.

    Was ich aus diesem Buch schließe? Wählen bringt nichts. Entweder man wählt brav seine Unterdrücker oder die gewählte Regierung wird ausgetauscht. Bisher wurde in Deutschland durch die Massenmedien verhindert, dass die CIA durchgreifen musste und die Illusion von Freiheit zerstört wurde. Warum die Politiker sich nicht währen und Mitspielen? Warum sie alle Rückratlose Wendehälse sind? Das ist Teil des Systems. Wählen bringt nichts.
    Auch der Autor konnte nicht belegen, wer wirklich hinter all diesen Geheimarmeen steckt. Wer steuert die CIA? Wer bestimmt den Kurs, den dem der westliche Block zu folgen hat? DAS wäre meiner Meinung nach, eine sehr wichtige Frage und die Antwort ein Teil der Lösung des Problems.


    Was ich vermisse, ist ein Schaltbild der Verstrickungen, das das Problem visualisiert.
  20. Cover des Buches Garou (ISBN: 9783837113655)
    Leonie Swann

    Garou

     (58)
    Aktuelle Rezension von: Briggs

    Es macht Spaß, Andrea Sawatzki zuzuhören, wie sie den Schafen, Ziegen und Menschen Leben einhaucht.
    Der Kriminalfall ist erstaunlich schwer zu durchschauen, doch die Mühen der Schafe, das Rätsel um den Werwolf und seine Jäger zu lösen, sind amüsant, die Ziegen der Nachbarwiese sind interessante Begleiter dieser Aufklärung.

    Ich gebe zu, beim Hören bin ich angesichts der vielen Namen manchmal verwirrt gewesen, ob jetzt gerade Mensch, Ziege oder Schaf handelt, aber irgendwann hatte ich mich durchgewurschtelt. Ein paar weniger Protagonisten hätten dem Buch aber sicher gutgetan.

  21. Cover des Buches Die Reise zum Goldenen Apfel (ISBN: 9783701733415)
  22. Cover des Buches Die Siedler : Ein Roman aus der deutschen Frühgeschichte (ISBN: B0025Y27Z0)
  23. Cover des Buches God save la France (ISBN: 9782266164948)
  24. Cover des Buches Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft (ISBN: 9783442156863)
    Nouriel Roubini

    Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Dr_M
    Als einer der wenigen etablierten Ökonomen der USA hatte Nouriel Roubini die gegenwärtige Finanzkrise und ihren Verlauf sehr genau vorausgesagt. Nun hat er uns gemeinsam mit Stephen Mihm ein Buch über diese Krise, ihre Folgen und mögliche Auswege geschrieben. Bereits im ersten Kapitel räumen die Autoren mit dem Mythos auf, Finanzkrisen wären ein seltenes und obendrein unvorhersehbares Ereignis, etwas, das populäre Schreiber gerne medienwirksam "schwarzen Schwan" nennen. Sie gehen kurz auf einige sich immer wiederholende Elemente solcher Krisen ein und zeigen, dass diese Faktoren auch diesmal schon lange vor der eigentlichen Eruption deutliche Warnzeichen sendeten. Man musste sie nur lesen können.

    Bereits John Stuart Mill erklärte 1848 wie sich Finanzkrisen zusammenbrauen. Seine Erkenntnisse hätten auch diesmal für eine sichere Voraussage ausgereicht. Leider wird die Vergangenheit oftmals einfach vergessen. Oder man redet sich ein, dass diesmal alles ganz anders ist. Mill ist nur einer von vielen Wirtschaftswissenschaftlern, die sich mit der Rolle von ökonomischen Krisen theoretisch auseinandersetzten. Im zweiten Kapitel gehen die Autoren auf die unterschiedlichsten Ansichten dazu ein.

    Viele Spekulationsblasen entstehen durch die Einführung neuer Technologien. Doch die gegenwärtige Krise wurde ganz wesentlich durch "Innovationen" in der Welt des Interbankenhandels, vor allem durch die so genannten Kreditverbriefungen, angefeuert. Ganz unterschiedliche Anleihen wurden dazu grob gesprochen in großen Paketen zusammengepackt und in ihrer Gesamtheit durch ein Rating bewertet. Damit waren sie erstmals handelbar. Kreditgeber kamen so sehr schnell wieder an ihr Geld. Dafür wusste nun aber niemand mehr so recht, welche Risiken er wirklich in solchen Paketen kauft.

    Die Autoren erklären im dritten Kapitel sehr detailliert, wie diese Verbriefungen und Derivate auf solche strukturierten Produkte zum Auslöser der Krise wurden. Sie verweisen darüber hinaus auf das hierzulande nicht diskutierte, weil kaum vorhandene, unkontrollierte Schattenbankenwesen und erläutern an Beispielen den Fluch der Hebelung, also die Verwendung von Fremdkapital in unverantwortlichen Größenordnungen bei spekulativen Geschäften.

    Im vierten Kapitel beschreiben die Autoren das dominoartige Zusammenfallen der amerikanischen Kreditunternehmen nachdem sich erstmals die wahren Ausmaße der Kreditausfälle andeuteten. Anschließend breitete sich diese US-Epidemie pandemisch über die in alle Welt verkauften Kreditpakete aus. Interessanterweise waren sehr viele Politiker, auch der damalige deutsche Finanzminister Steinbrück, bis dahin der Meinung, dass dies nicht geschehen werde. Von dieser Pandemie berichtet das fünfte Kapitel.

    Im folgenden Kapitel befassen sich die Autoren ausführlich mit dem Krisenmanagement der amerikanischen Notenbank und erklären die zahlreichen Manöver so, dass sie auch Laien verstehen können. Danach wird im 7. Kapitel diskutiert, wie die Politik auf die Krise reagiert hat. Die Schuldenkrise wurde frei nach Keynes mit noch mehr Schulden durch "Rettungen" und Konjunkturprogramme beantwortet. Politiker vergessen dabei gerne, dass Keynes eine Entschuldung in besseren Zeiten dringend anmahnte und dass Konjunkturprogramme die Steuererhöhungen (oder "Sparprogramme") der Zukunft sind. Wir sehen das gerade in Deutschland.

    Das 8. Kapitel befasst sich mit dringend notwendigen Reformen des gesamten Finanzsystems. Die bisherigen politischen Diskussionen und hektischen Maßnahmen zeugen von politischem Unwillen und mangelndem Sachverstand. Das eigentliche Problem entstand im völlig unregulierten und komplett undurchsichtigen Interbankenhandel. Jeder kann hier Derivate erfinden und in Umlauf bringen. Es existiert keinerlei Aufsicht oder Standardisierung von Produkten. Allerdings sind das merkwürdigerweise keine öffentlichen Diskussionsthemen. Darüber hinaus ist das zentrale Problem der Vergütungen nicht geregelt. Solange der Steuerzahler jeden Spieler immer wieder rettet, wird die Bereitschaft, irrsinnige Risiken einzugehen, nicht nachlassen. Weitere kritischer Punkte sind die Größe der verschiedenen Institute und ihre Verflechtungen. Dies wird in der Öffentlichkeit ebenfalls nicht diskutiert.

    Radikale Schnitte schlagen die Autoren im 9. Kapitel als Konsequenz der Krise vor. Zunächst einmal muss es gelingen, die Aufsichtsbehörden vom Fluch der blinden Mittelmäßigkeit zu befreien. Fähige Leute gehen dorthin, wo sie gut bezahlt werden und sich verwirklichen können. Die Aufsichtsbehörden gehören gewiss nicht zu den idealen Zielen solcher Menschen. Noch wichtiger ist jedoch der extrem schwierige Vollzug einer simplen Logik. Wenn Konzerne zu groß sind, um zu sterben, dann muss man sie eben zerschlagen. Doch mit den "Rettungen" sind zumindest in den USA noch größere Giganten gebildet worden. Weil es in der Obama-Administration nur so von Goldman-Sachs-Leuten wimmelt, wundert es nicht, dass diese Konsequenz dort kein Thema ist. Die Autoren diskutieren das Zerschlagungsproblem ausführlich.

    Ein anderer simpler Punkt ist, dass Banken nur Risiken in Höhe ihres verfügbaren Eigenkapitals eingehen sollten. Dazu könnte man sie zwingen, wenn man es denn wollte. Schließlich schlagen die Autoren eine aktivere Rolle der Zentralbanken in der Geldpolitik im Vorfeld einer Krise vor.

    Kapitel 10 befasst sich mit den Schuldenkrisen von Staaten, die immer nach Bankenkrisen auftreten. Insofern erleben wir gegenwärtig nichts Neues. Die Autoren diskutieren hier insbesondere die Krise des US-Dollars und die möglichen politischen Folgen für die Machtverhältnisse in der Welt.

    Das Buch enthält ein Fazit, in dem das Drehbuch der Krise noch einmal zusammengefasst wird, und einen Ausblick, der erneut die Brillanz seiner Autoren aufdeckt, denn inzwischen ist zum Beispiel eingetreten, was sie für Griechenland voraussagten.

    Fazit.
    Dies ist ein sehr intelligent geschriebenes, scharfsinniges und sehr lehrreiches Buch über Ursachen und Verlauf der gegenwärtigen Finanzkrise und der zu erwartenden Folgen. Darüber hinaus unterbreiten die Autoren konsequente Vorschläge zur Lösung der durch diese Krise aufgedeckten Probleme. Das Buch ist für einen breiten Leserkreis geschrieben, wenngleich gewisse elementare Kenntnisse und Vorstellungen über die Finanzmärkte vorausgesetzt werden.

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