Bücher mit dem Tag "westfälischer frieden"

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11 Bücher

  1. Cover des Buches Historischer Atlas Deutschland (ISBN: 9783850331951)
  2. Cover des Buches Das Treffen in Telgte (ISBN: 9783958294301)
    Günter Grass

    Das Treffen in Telgte

     (34)
    Aktuelle Rezension von: Joachim_Tiele
    Günter Grass galt immer als der Streitbare in der deutschen Nachkriegsliteratur, sei es, weil er auch politisch Partei ergriff (für Willy Brandt und die SPD), sei es, weil er publizistischen Scharmützeln kaum aus dem Weg ging. Das Thema von Das Treffen in Telgte ist der literarische Streit als solcher. Oberflächlich gesehen, treffen sich im Sommer 1647, dem letzten Jahr des Dreißigjährigen Krieges, in einem Landgasthof in der Nähe von Münster und Osnabrück, wo ein Jahr später der Westfälische Friede geschlossen werden sollte, Schriftsteller, Verleger und Kritiker der damaligen deutschen Literaturszene, um über Wert und Wirkung der von ihnen verfassten, verlegten oder rezensierten Werke zu sprechen. Die zentrale Frage ist dabei, ob, und wenn ja, wie, Poeten und andere Literaten der Epoche zu einer Beendigung des Krieges beitragen können. Es kommt, wie es nicht anders kommen kann. Die herausragenden Vertreter des damaligen deutschsprachigen Literaturbetriebs streiten, an einigen Stellen auch in der Wortwahl wie die sprichwörtlichen Kesselflicker, und die Themen ihres Streits sind so weit gefächert wie die Themen ihrer Literatur, der Wirkung selbiger, der politischen Bedingungen, unter denen sie geschrieben wurde, der religiösen und landsmannschaftlichen Verwicklungen jener Zeit. Und natürlich: Eitelkeit, Eigensinn und der Wunsch, Landesherren, Verlegern oder Förderern gefallen zu wollen (und alle Widersprüchlichkeiten, die sich daraus ergeben), gehören auch dazu.

    Als das Buch 1979 erschien, war allen seinerzeit literarisch Interessierten klar, dass es in ihm eigentlich um die Gruppe 47 ging, ein Zusammenschluss von Autoren, Verlegern und Kritikern, dessen Ziel so etwas wie eine Neukonstitution der deutschsprachigen Literatur auf den Trümmern der Hitlerei ebenso wie der zerbombten deutschen Städte war. Initiator und Einladender der Treffen dieser Gruppe ab dem Spätsommer 1947 war Hans Werner Richter, dem das Buch gewidmet ist. Auch wenn es, im Gegensatz zu dem einen fiktiven Treffen in Telgte, zu einer ganzen Reihe von Treffen besagter Gruppe kam, so waren doch einige Themen die gleichen oder sehr ähnliche: ein Land am Ende eines fürchterlichen Krieges, bevorstehender oder im Beginn begriffener Wiederaufbau, die Rolle der Kultur und der Kulturschaffenden, der politische Anspruch, den Literatur und Literaten (nicht) haben sollten, und natürlich das alte Spiel um Geltung, Einfluss, die Befriedigung persönlicher Eitelkeit ebenso wie die Nähe zu den Brotkörben der Verleger. Dies führte dazu, dass Das Treffen in Telgte bei seinem Erscheinen nicht nur als Schlüsselroman, sondern geradezu als Schlüssellochroman gelesen wurde (auch wenn es in Struktur und Aufbau eher eine Erzählung ist): Wer ist wer und warum überhaupt… Sogar Marcel Reich-Ranicki lobte Grass (damals noch) und eine Rezension im Spiegel gab den Anstoß zu einem langandauernden heiteren Personenraten (1).

    Gut, zwei Geschichten in einer, und die andere anhand der einen erzählt. Interessant. Mehr nicht? Natürlich kann man Das Treffen in Telgte als Satire lesen, eine der Art, wie sie lange in autoritären und totalitären Regimen Gang und Gäbe war, indem man als Autor die Zeit und die Geographie veränderte, den Protagonisten andere, zum Beispiel historische, Namen gab, um damit die Zensur zu unterlaufen. 1979 gab es die Gruppe 47 schon seit mehr als zehn Jahren nicht mehr, ihr regelmäßiges Zusammenkommen und der Preis der Gruppe 47 waren im Klagenfurter Literaturwettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis aufgegangen. Die intellektuellen Schlachten der unmittelbaren Nachkriegszeit ebenso wie die der Achtundsechziger-Revolte waren geschlagen, zumindest im damaligen Westdeutschland war die literarische Freiheit garantiert (von wenigen nach wie vor auf dem Index stehenden Büchern einmal abgesehen). Hier zeigt sich – zumindest in der Wahrnehmung dieses Rezensenten – die Meisterschaft von Günter Grass, denn es gibt eine Geschichte in der Geschichte in der Geschichte. Und dies ist die Geschichte des Dreißigjährigen Krieges und der während dieser Zeit wichtig gewordenen deutschen Barockliteratur. Zwar ist das Treffen genau dieser Personen in genau diesem Ort Telgte fiktiv, aber die Kriegsschauplätze und politischen (wie vorgeblich religiösen) Standpunkte und Konfliktlagen sind es nicht, eben so wenig wie die Protagonisten auf Seiten der Schriftsteller, beim verlegerischen, politischen, kirchlichen und militärischen Personal. Das macht Das Treffen in Telgte zu einem der seltenen gelungenen historischen Romane (ich widerhole mich: eigentlich ist es eine Erzählung), die ohne die (inzwischen nahezu) genretypische Geschichtsklitterung auskommen.

    Wer sollte oder könnte diese Geschichte heute noch (eventuell sogar mit Genuss) lesen? Natürlich jede und jeder, die ein professionelles Interesse an der deutschen Geschichte und Literaturgeschichte haben, selbstverständlich auch alle, denen es um ihre Allgemeinbildung geht. Wikipedia im Browser oder ein gutes Konversationslexikon in Reichweite sollten (und können) dabei nützlich sein. Auch, und aus Sicht des Rezensenten unbedingt, empfohlen sei das Büchlein allen Germanistikstudenten im Grundstudium (und dies nicht nur, weil sein Verfasser Günter Grass ist). Irgendwann – nach oder zwischen Mittelhochdeutsch und den Lautverschiebungen – hebt auch die Barockliteratur ihr Haupt: Paul Gerhard, Hans Jacob Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Andreas Gryphius, Martin Opitz, Christoffel von Grimmelshausen (als einziger vielleicht noch aus der gymnasialen Oberstufenlektüre bekannt) und einige andere. Sie alle kommen nicht nur in der Erzählung vor, sondern mit Auszügen aus ihren Werken in einem fast siebzigseitigen Anhang zu Wort. Der Trick ist, dass sie von Grass keineswegs akademisch präsentiert werden. Eher taucht er selbst in Sprache und Setting des Barocks ein (ein paar Seiten der Geduld und des sich Einlesens sind bei manchen sicherlich erforderlich), aber dann kann man die Literatur des deutschsprachigen Barocks in ihrer politischen Dimension ebenso wie in ihrer prallen sprachlichen Sinnlichkeit erleben – eine Germanistik der anderen Art, völlig außerhalb des Hörsaals. Traut Euch! Und dann, nachdem man sich davon erholt hat, kann man sich der neueren deutschen Literaturgeschichte zuwenden, mit der Gruppe 47 und so… (Und Grass, selbst studierter Grafiker und Bildhauer, eben kein akademischer Literat, ist in den Augen des Rezensenten Volksschriftsteller genug gewesen, so dass sich wirklich jeder trauen kann.)

    Grass hat mit anderen Werken die Latte für seine Bewertung sehr hochgelegt. Wenn man Die Blechtrommel (als unbestrittene Weltliteratur, im Ausland stärker als solche geschätzt als hierzulande) mit fünf Sternen bewerten würde (müsste, sollte), dann diese Erzählung mit nur vier, für ein sehr gutes Buch eines Autors, der auch Überragend(er)es abgeliefert hat.

    Joachim Tiele, 17.01.2017

    _____

    (1) http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40351566.html

    +++++

    Nachtrag 05.10.2018:

    Habe gerade "Allgemeinbildung deutsche Literatur für Dummies" entdeckt (unten angehängt) und in der Leseprobe des Verlages ein Zitat, das zum "Treffen in Telgte" ebenso wie zu meiner Rezension passt, wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge:

    "Sie  möchten  mehr  über  das  Barock  und  vor  allem  seine  Autoren  wissen,  aber nicht unbedingt die Originalwerke lesen? Dann nehmen Sie am besten Das Treffen in Telgte von Günter Grass  zur Hand. In dem 1979 geschriebenen Roman kommen kurz vor Ende des Dreißigjährigen Krieges 20 Schriftsteller und Dichter zusammen und lesen sich gegenseitig aus ihren Manuskripten vor". (S. 44)

    Können "Dummies" irren? ;-))
  3. Cover des Buches Deutsche Geschichte für Dummies (ISBN: 9783527715879)
  4. Cover des Buches Berlin vom Fischerdorf zur Weltstadt. Band 3 (Berlin 500) (ISBN: B00KGGXTEM)
  5. Cover des Buches Agnes und der Engel (ISBN: 9783847646136)
  6. Cover des Buches Höfe und Allianzen (ISBN: 9783886803095)
    Heinz Schilling

    Höfe und Allianzen

     (4)
    Aktuelle Rezension von: sKnaerzle
    Wenige werden sich diese Kriege merken: Pfälzischer Erbfolgekrieg, Österreichischer Erbfolgekrieg, Spanischer Erbfolgekrieg, Siebenjähriger Krieg.

    Wenige interessiert wirklich, durch welche Verwaltungsreformen und welche gesellschaftlichen Entwicklungen Österreich und Preußen zu Einheitsstaaten und schließlich zu Großmächten wurde.

    Aber es ist interessant, wie das Heilige Römische Reich, das nach dem Dreißigjährigem Krieg noch erstaunlich wichtig war, in Süd(west)deutschland noch lange eine politische Realität blieb, während andere Staaten langsam aus ihm herauswuchsen.

    Und wenn heute Nationalstaaten heute schwächer werden, ist es wichtig zu sehen, wie sie entstanden sind und was sie leisteten. Da muss man sich eben durch die Kriege und Reformen durchbeißen.

    Zum Trost gibt es immerhin ganz viele Bilder.
  7. Cover des Buches Deutsche Geschichte (ISBN: 9783785555798)
  8. Cover des Buches Das Treffen in Telgte : eine Erzählung und dreiundvierzig Gedichte aus dem Barock. (ISBN: B0020HA2Z4)
  9. Cover des Buches Deutsche Geschichte (ISBN: 9783961281459)
  10. Cover des Buches Kaiser, Kriege und Kokotten (ISBN: 9783499626043)
    Christoph Schulte-Richtering

    Kaiser, Kriege und Kokotten

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Lara_Hoeffner
    Dieses Buch ist großartig. Und ein seltener Glücksfall: Es ist witzig und klug zugleich. Mal möchte man sich kringeln vor Lachen, und im nächsten Satz schon ist man platt, dass man wieder auf überraschende Weise etwas gelernt hat, was man vorher nicht wusste - und zwar auf so unnachahmliche Art, dass man sich fragt: Warum schreiben nicht alle Autoren so? "Schnick, Schnack, Schnuck" ist zwar ein Geschichtsbuch - von Nero bis zur Finanzkrise lernen wir in 44 amüsanten und kurzen Kapiteln, wo der Nibelungenschatz vergraben liegt, warum Tatajana Gsell um ein Haar Königion von Spanien geworden wäre und warum Heidi Klum ihre Karriere Immanuel Kant zu verdanken hat Aber dabei tritt Christoph Schulte-Richtering überhaupt nicht wie ein wandelndes Lexikon auf, obschon ihm von der Völkerwanderung bis zur Wiedervereinigung, von den Kreuzzügen bis zu 9/11, vom Preußenkönig Friedrich bis zu Hitlers Autobahnen wirklich nichts unbekannt zu sein scheint. Das liegt einzig an seiner Darstellungsweise von Geschichte – die einfach unerhört ist. Frech, ohne falschen Respekt, gegen jeden einschläfernden Strich gebürstet. Alles Lehrerhafte, jede Faktenhuberei gehen ihm ab. Aber überraschende Zusammenhänge herzustellen, das macht ihm großen Spaß, und das spürt der Leser genussvoll auf jeder Seite. Liest man etwa die sechs Seiten über die Finanzkrise, hat man nicht nur das Prinzip der Leerverkäufe ein für allemal begriffen, sondern elegant gleich mitgelernt, warum das 17. Jahrhundert das große Zeitalter des niederländischen Blumenstilllebens werden konnte und was das mit der provozierenden Kunst eines Damien Hirst zu tun hat. Den gegenwärtigen Burgfrieden zwischen Banken und Regierungen beurteilt Schulte-Richtering allerdings skeptisch: «die Sache fühlt sich ein bisschen so an, als ob man den Hund den Wurstvorrat bewachen lässt». Der Autor ist ein Meister des ersten Satzes. „Am Morgen des 26. April 1336 klingelt der Wecker, und das Mittelalter ist vorbei.“ So beginnt das Kapitel über die Renaissance. Oder der Barock: "'Barocke Rubensfrau sucht Mann fürs Leben', wenn Sie so eine Kontaktanzeige lesen: Finger weg!“ Sehr schön auch folgender Auftakt: „Weia! Waga! Woge, du Welle, walle zur Wiege! Wagalaweia! Wallala weiala weia!“ Okay, vor Wagners „Nibelungen“ kapituliert sogar ein Schulte-Richtering, um dann Richard Wagners Leben als Künstler und Mann freilich doch noch zu erhellen. Spielerisch stellt dieses Buch unser Wissen vom Kopf auf die Füße. Dabei orientiert sich der Autor durchaus an filmischem Erzählen, hier merkt man den Stall, aus dem er kommt. Seit Jahren arbeitet er als Gedankenlieferant und Texter für viele Fernsehgrößen, von Gottschalk bis Plasberg, von Harald Schmidt bis Stefan Raab. Gekonnt strafft er, spitzt zu, reduziert ein paar Jahrhunderte auf drei Sätze und bringt sie damit auf den Punkt. Einzelheiten leuchtet er sorgfältig aus, stellt Querverweise her – und unterbricht das Programm rechtzeitig. „Ende Teil 1. Pause, Popcorn, Pipi.“ Großes Kino, diese kleine Weltgeschichte!
  11. Cover des Buches So lebten wir früher. 2000 Jahre Alltags- und Kulturgeschichte im Überblick (ISBN: 9783866474567)
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