Bücher mit dem Tag "wiener moderne"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "wiener moderne" gekennzeichnet haben.

23 Bücher

  1. Cover des Buches Die Verwirrungen des Zöglings Törleß (ISBN: 9783946619833)
    Robert Musil

    Die Verwirrungen des Zöglings Törleß

     (287)
    Aktuelle Rezension von: hufflepup_kafka

    „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ von Rubert Musil aus dem Anaconda Verlag zeichnet sich durch eine düstere und intellektuell anspruchsvolle Atmosphäre aus. Törleß erkundet moralische und militärische Themen im Kontext einer Eliteschule und behandelt die dunklen Seiten der menschlichen Psyche. Musils Erstlingswerk könnte man demnach dem Dark Academia Genre zuordnen und es handelt sich hierbei um einen klassischen Entwicklungsroman aus dem Jahre 1906.

    Törleß, zunächst motiviert und voller Tatendrang, wird mit der Zeit von Heimweh und Einsamkeit geplagt. Trost sucht er in den Briefen an und von seinen Eltern, doch dieser Trost weicht einer Depression aus Leere und Langeweile sozusagen, die er mit seinen neuen „Freunden“ Reiting und Beineberg zu kompensieren versucht. Als die drei Jungen ihren Mitschüler Basini als Dieb entlarven, der aus Geldnot seine Klassenkamerad*innen bestiehlt, sehen sie von einer Anzeige bei der Schulleitung ab und sehen stattdessen in ihm ein Ventil für ein Machtspiel aus Gewalt, Selbstjustiz und Bestrafung.

    Während Beineberg und Reiting Basini vor allem körperlich wie sexuell misshandeln, beteiligt sich Törleß selbst am Machtspiel aber eigentlich nur wenig und ist viel mehr der in sich gekehrte Beobachter, in dem homoerotische Neigungen wach werden. Von dieser plötzlichen auftretenden sexuellen Begierde beschämt, flüchtet er sich zuerst in die Natur- und Geisteswissenschaften wie Mathematik, Philosophie und Psychologie, und als er darin keine Lösung findet, in das Spirituelle und Esoterische.

    Bei diesem Übergang begibt sich Törleß zwischen Identitätssuche und Internatleben und verliert sich dabei in pseudo-poetischen Gedanken, die für mich als Leser einfach nur wirr und zäh waren. Einzig vom allgemein anspruchsvollen Schreibstil und zum Teil auch von den Dialogen war ich etwas angetan. Trotzdem hatte ich nicht den Eindruck, dass ich es hier mit pubertierenden Heranwachsenden zu tun habe, sondern mit Akademikern im ermüdenden, sich im Kreis drehenden und nimmer endenden Diskurs.

    Alles in allem ist die Geschichte und die Figur um Törleß ein Konstrukt aus Egozentrik und Voyeurismus, mit dem ich einfach nicht warm wurde und von dem ich auch Klassiker liebenden und lesenden abrate. 2 von 5 Sternen.

  2. Cover des Buches Traumnovelle (ISBN: 9783872912213)
    Arthur Schnitzler

    Traumnovelle

     (382)
    Aktuelle Rezension von: Mira123

    Uff, das wird jetzt wieder so eine Rezension, unter der mir auf allen Plattformen mindestens ein halbes Dutzend Männer erklären wird, warum ich mit meiner Meinung falsch liege und generell keine Ahnung von Literatur habe. Hier also nochmal als kleine Erinnerung an alle Typen, die es jetzt schon in den Fingern juckt, sich zu beschweren: Literatur ist mein Fachgebiet. Ich bin Expertin. Aktuell schreibe ich meine Masterarbeit im Fach Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaften. Bitte erklärt mir nicht ein Thema, in dem ich mich in 99 Prozent der Fälle besser auskenne als ihr. Und: Ich sage hier, dass MIR ein Klassiker nicht gefallen hat und ich ihn für problematisch halte. Ich sage NICHT, dass NIEMAND diesen Klassiker gut oder lesenswert finden darf.

    So, super, dass dieses Missverständnis jetzt aus dem Weg geräumt wurde und wir uns auf meine höchst subjektive Meinung konzentrieren können. Die ich im oberen Absatz schon gespoilert habe. Upsi.

    Aber worum geht es denn überhaupt? Arzt Fridolin stellt im Gespräch mit seiner Frau Albertine fest, dass sie auf sexueller Ebene nicht ganz zufrieden mit der Beziehung ist und sich wünscht, dass sie sich vor der Ehe mehr ausprobiert hätte. Was sie aber natürlich nicht getan hat, denn als Frau hattest du zu dieser Zeit jetzt nicht so besonders viel Spielraum für Sex außerhalb der Ehe. Und wie reagiert man da als reifer und erwachsener Mann, der eigentlich bisher in seiner Ehe nicht unzufrieden war und die gemeinsame Tochter liebt? Richtig, man beginnt sein Leben und seine Frau aus ganzem Herzen zu hassen und dreht völlig am Rad. Was man halt so macht. Fridolin geht hier zu Prostituierten, auf Orgien und spielt sich als der große Verführer auf. Und dabei sexualisiert er wirklich jedes Mädchen und jede Frau, die ihm unterkommt. 

    Und das ist mein größtes Problem mit dieser Geschichte. Dass ich die Sichtweisen von Männern aus klassischer Literatur nie ganz verstehe, ist für mich nichts Neues. Auch Sexismus und Sexualisierung von Frauen generell in älteren Büchern kommt sehr oft vor - und auch da bin ich inzwischen schon abgehärtet. Aber pädophile Tendenzen? Ekelhaft! Gehts noch? Und sowas gehört heute zum großen Kanon der Literaturgeschichte?! Ich will gar nicht wissen, wie oft hier Mädchen als "fast noch Kinder" beschrieben wurden und wie oft ihre Kindlichkeit hervorgehoben wurde. Und das dann einfach für die Hauptfigur das Attraktivste war, das ihm bei einer Person unterkommen kann. Und ja, sicher 75 Prozent des Plots waren leider Beschreibungen von viel zu jungen Mädchen. Ganz ehrlich: So ein Buch sollte man meiner Meinung nach aus dem Kanon streichen. Wir haben schon so viele Bücher mit problematischen Inhalten auf unseren Literaturlisten stehen, dass wir nicht auch noch ein Buch drauf haben müssen, das Kinder sexualisiert. Diese Funktion hat schon Goethes "Faust" für sich beansprucht.

    Mein Fazit? Leider überhaupt nicht mein Fall. Ich fand es ganz ehrlich einfach ekelhaft.

  3. Cover des Buches Radetzkymarsch (ISBN: 9783843059572)
    Joseph Roth

    Radetzkymarsch

     (130)
    Aktuelle Rezension von: claudiaZ

    Die Gesellschaft befindet sich im Umbruch. Dies wird anhand des Aufstieges und des Niedergangs der Familie von Trotta über mehrere Generationen dargestellt. Die Geschicke der Familie sind durch einen Zufall im Leben des Großvaters auf alle Zeiten mit dem Kaiser Österreich-Ungarns verbunden. Der Fokus liegt dabei ganz und gar auf dem männlichen Teil der Familie, was den tatsächlichen damaligen Verhältnissen entsprechen dürfte. Denn es geht um Themen wie Ehre, Pflichterfüllung, Standeskodex, die schon im Kindes- und Jugendalter maßgebend sind. Im familiären Bereich trägt dies dazu bei, dass das Verhältnis zwischen den Generationen formell und unpersönlich ist und die Schranken oftmals nicht überwunden werden können.

    Sowohl für das Kaiserreich als auch für die Familie von Trotte nimmt die Handlung einen schicksalhaften Verlauf. Dabei empfand ich das Buch allerdings nicht niederschmetternd, was ich dem Schreibstil Joseph Roths zurechne. Aus diesem Grund wird dies nicht das letzte Buch gewesen sein, welches ich von dem Autor gelesen habe.

     

  4. Cover des Buches Jugend ohne Gott (ISBN: 9783872912299)
    Ödön von Horváth

    Jugend ohne Gott

     (573)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

    Ödön von Horváth ist einer der Autoren, die bisher völlig an mir vorbeigegangen sind. In manchen Orten wird er wohl als Schullektüre gelesen, bei mir war das leider nicht der Fall. Antifaschistische und antiautoritaristische Literatur hat wohl noch immer zu wenig Fürsprecher. Glücklicherweise hatte in einem Forum jemand regelmäßig auf Jugend ohne Gott verwiesen und es als Pflichtlektüre regelrecht angemahnt. Danke dafür, denn diese Empfehlung ist unbedingt zu unterstützen. Jugend ohne Gott war 1937, im Jahr des Erscheinens, geradezu eine literarische Offenbarung, eine Warnung vor dem Zeitgeist und es ist in den Jahren nach 1945 ein literarisches Mahnmal. Bei den gegenwärtigen Entwicklungen bekommt Jugend ohne Gott eine erschreckende Aktualität.

    Der Roman wird aus der Perspektive eines Lehrers erzählt, der an einer Schule für eher privilegierte Schüler unterrichtet. Der Pädagoge hat seinen Glauben sowohl an Gott als auch an die Menschheit im ersten Weltkrieg verloren. Die „Blutpumpe“, die „Knochenmühle“, die „Schlachtbank“, oder einfach nur die „Hölle“ des großen Krieges der alle Kriege beenden sollte, hat nicht nur Millionen Menschen massakriert, sondern auch hunderttausende traumatisiert.

    „Du könntest auch schon einen Sohn haben, denke ich dann, aber ich kann mich beherrschen, ein Kind in die Welt zu setzen. Nur damits in irgendeinem Krieg erschossen wird!“

    Kurz und knapp bringt Horváth den Nihilismus des Lehrers auf den Punkt. Und dennoch möchte er seine Schüler zu besseren Menschen erziehen. Nur, wie soll das Gelingen in einer Zeit in der die Lüge täglich im Radio zur Wahrheit geadelt wird? So beginnt der Roman damit, dass Klassenarbeiten korrigiert werden und sich ein Schüler rassistisch über „Neger“ äußert. Der Lehrer nimmt sich vor, dies zwar nicht negativ zu bewerten, aber wenigstens im Unterricht anzusprechen.

    „Ich lasse den Satz also stehen, denn was einer im Radio redet, darf kein Lehrer im Schulheft streichen.“

    Wenn die Lüge Staatsräson ist, verzweifeln die Wahrheitsliebenden.

    „Wenns auch weht tut, was vermag der einzelne gegen alle?“

    Jugend ohne Gott ist genau diese Erzählung. Was geschieht mit dem Einzelnen, wenn die Masse dem kollektiven Wahn verfällt? Kann man sich dagegen wehren? Und wenn ja, wie? Und wenn nein, wie erträgt man dann den Mob? Und wie soll man nicht selbst dem Wahnsinn verfallen, wenn man als Lehrer plötzlich die Schüler „moralisch zum Krieg erziehen“ soll?

    Ödön von Horváths Jugend ohne Gott ist ein Meisterwerk der Beobachtung und der Analyse. Hinzu kommt, dass Thema und Sprache allgemeinverständlich und möglichst einfach geformt wurden, ohne dabei auch nur ein My an Präzision zu verlieren.

    „Daß diese Burschen alles ablehnen, was mir heilig ist, wär zwar noch nicht so schlimm. Schlimmer ist schon, wie sie es ablehnen, nämlich: ohne es zu kennen. Aber das Schlimmste ist, daß sie es überhaupt nicht kennenlernen wollen! Alles Denken ist ihnen verhaßt.“

    Treffender könnte man weder die Nationalsozialisten kennzeichnen noch aktuelle Nacheiferer am rechten Rand von Politik und Gesellschaft.

    Jugend ohne Gott begleitet den Lehrer, wobei der Schwerpunkt auf einer Wehrübung im Feld liegt. Hier ist der Pädagoge lediglich die Verantwortung tragende Person, während die Schüler von einem altgedienten Soldaten in militärischem Drill unterwiesen werden. Nach einem Unfall, oder ist es ein Mord, nimmt Jugend ohne Gott einige Stilarten des Kriminalromans auf, ohne den Vorrang des gesellschaftskritischen Romans aus den Augen zu verlieren. Der Roman lässt den Leser niemals los, selbst oder gerade in den Momenten, wo man sich abwenden möchte, ob der Ignoranz, Arroganz und Selbstüberheblichkeit der Macht, die sich immer nur im Vernichtungswillen auflösen kann.

    Wir wissen um die Konsequenzen des Nationalsozialismus mit bis zu 80 Millionen Toten, Kriegsverbrechen, Massenerschießungen, Vergewaltigungen, Folter, Holocaust und Genozid. Von alldem konnte Horváth kaum etwas ahnen und dennoch hat er einen visionären Jugendroman geschrieben.

    Ödön von Horváths Jugend ohne Gott gehört ab sofort zur absoluten Pflichtlektüre und auf jede Empfehlungsliste. Das Buch hat es verdient eine noch viel breitere Leserschicht zu erreichen. Gerade heute!


    Hinweis
    Die Neuverfilmung, die in den deutschen Kinos lief, hat nichts mit dem Buch zu tun. Diese unsägliche Klischeeaneinanderreihung ist Trashkino und geradezu eine Beleidigung der Romanvorlage.


  5. Cover des Buches Das weite Land (ISBN: 9783847288688)
    Arthur Schnitzler

    Das weite Land

     (13)
    Aktuelle Rezension von: awogfli

    Eigentlich könnte man Schnitzlers Werk Das Weite Land als komplett irre Tramödie bezeichnen, in der ein paar läppische Petitessen, wie fehlende eheliche Treue, die selbst aus der Sicht der darstellenden Protagonisten nicht ernst genommen werden, recht unverständlich durch gekränkte männliche Eitelkeit zu einem absoluten Drama hochstilisiert werden. Auch das ist ein spannender Ansatz, wie das Werk zu lesen ist. In meiner Reclam Ausgabe des Werkes war im Anhang aber auch eine durchaus erhellende Analyse zur Auslegung der damals geltenden Duell-Regelungen, die mich zu einer spannenden alternativen Auslegung der Geschichte kommen lassen. Dazu aber später.

    Schnitzlers Oeuvre ist auch insofern spannend, denn ihm waren seit jeher nicht nur die Verwerfungen, Nadelstiche und Gemeinheiten, die sich Ehepartner so gegenseitig im Laufe ihres gemeinsamen Weges antun können (wie beispielsweise in der Traumnovelle) ein Anliegen. Er schrieb auch gegen die gesellschaftliche Moral der Ehre einer Frau an, damals sehr polarisierende Werke, die sich mit Schande und Selbstmord (wie bei Fräulein Else) beschäftigen. Noch dramatischer war sein Kampf gegen den falschen männlichen Ehrbegriff beim Militär und die Regeln des Duells bei solchen narzisstischen Kränkungen beim Leutnant Gustl, der ihm sogar seine Approbation als Militärarzt gekostet haben.

    In all diesen Werken wird eine Kleinigkeit, die auch zu damaliger Zeit durch andere Aktionen vernünftig hätte beigelegt werden können, durch gesellschaftliche Konventionen so aufgebauscht, dass die Angelegenheit im absoluten Drama und meist im sinnlosen Tod der Protagonisten enden soll. Dabei überspitzt Schnitzler die Petitessen und die inadäquaten gesellschaftlichen Reaktionen darauf derart, dass sogar einigen seiner Zeitgenossen mitunter diese Konventionen in Schnitzlers erfundenen Szenarien total bekloppt anmuten mussten.

    So könnte es auch im Weiten Land sein und das ist eine sehr schlüssige Interpretation. Es könnte aber sein, dass das Weite Land sogar als Weiterentwicklung und als Synthese von Leutnant Gustl und Fräulein Else zu sehen ist, indem sowohl die Wiederherstellung der gekränkten militärischen Ehre als auch jene, des gehörnten Ehemanns auf die Schippe genommen wird und eigentlich zwei tiefe innige Partnerschaften dem entgegenstehen und durch Intrigen in ein gesellschaftliches Dilemma gedrängt werden, das sich zwangsläufig nicht anders lösen lässt.

    In modern Sprech würde man sagen, im Theaterstück Das weite Land trifft sich regelmäßig eine Clique der Upperclass, in der die Ehepaare aber auch die Ledigen relativ ungezügelt durcheinanderschnacksln (poppen). Damals traf man die Gesellschaft außerhalb Wiens bei der Sommerfrische in Baden, in den Alpen oder am Semmering, dem Hausberg der Wiener Selbst in den Konventionen nach der Jahrhundertwende, war der Begriff und die Einhaltung der ehelichen Treue in den reichen bürgerlichen Schichten ganz stark mit der typischen österreichischen Mentalität verwoben, die man am besten mit einem Zitat von Bruno Kreisky beschreiben kann, die aber schon seit Jahrhunderten in Österreich gang und gäbe war und noch immer ist.



    „Okay, machts es, aber machts es unter der Tuchent.“ (Bettdecke)


    Was so viel bedeutet, dass alles, was gesellschaftlich-moralisch nicht akzeptiert ist, erst dann eine Bedeutung bekommt, wenn die Bettdecke weggezogen und das ganze öffentlich gemacht wird. So lange es jeder weiß, es aber nicht öffentlich verlautbart und angeprangert wird, wird zwar darüber geklatscht, aber keinen juckt es, niemand muss den Kontakt zu einer untreuen Ehefrau aufgeben, auch wenn man ganz gewiss ist, dass der Betrug stattgefunden hat.

    Erst durch das Duell, die öffentliche Verlautbarung, die Hinzunahme von Sekundanten, die Festlegung des Duellgrundes und die nachträgliche nach jedem Duell erforderliche sehr genaue gerichtliche Untersuchung, bei der das gewollte Ziel eines Duells – die Verletzung oder der Tod eines der Kontrahenten, aufgeklärt wird, sind die beteiligten Personen meist gesellschaftlich erledigt.

    Die untreue Ehefrau sowieso, an der bleibt der Vorwurf, egal ob er wahr oder falsch ist, ab dem Zeitpunkt des Duells und der Verlautbarung der Untreue kleben.

    Der gehörnte Ehemann, sofern er überlebt, ist ebenso gesellschaftlich erledigt, wenn er seine Frau anschließend nicht verstößt. Ehebruch kann der Frau also durchaus verziehen werden, so lange kein Duell stattgefunden hat und der Mann nicht als Gehörnter gebrandmarkt ist.

    Ein lediger oder verheirateter Mann, der in eine Ehe einbricht, ist nach einem Duell, sofern er überlebt, meist auch erledigt (zumindest wenn er nicht den Ort des Geschehens verlässt).

    Ähnlich verhält es sich bei einem Mitglied des k&K Militärs, das von einem anderen mehrmals (ich glaube es bedarf einer Wiederholung der Kränkung) in seiner Ehre gekränkt wurde. Beim Militär muss das aber jetzt nicht eheliche Untreue sein, die narzisstische Militärseele ist schon bei sehr geringfügigen Kleinigkeiten so schnell gekränkt, dass auch eine minimale Beleidigung einer Satisfaktion auf Leben und Tod bedarf.

    Zu den Duell-Regeln zählt auch noch der Umstand, dass derjenige, der zum Duell aufgefordert wird, auch das Privileg der Waffenwahl besitzt. Dabei muss es nicht um richtige Waffen gehen, auch Kartenspiele und Billardpartien zählen zum ehrvollen Wettkampf der Kontrahenten. Natürlich muss das eigentliche Ziel zur Wiederherstellung der Ehre oder dem Tod trotzdem erfüllt sein und der Verlierer in solchen Spielen muss sich anschließend selbst entleiben.

    In der vorliegenden Gesellschaft haben wir den umtriebigen Glühlampenfabrikanten Friedrich Hofreiter, der sich noch nie durch eheliche Treue ausgezeichnet hat. Seine Frau Genia hat in früheren Jahren darunter gelitten, mittlerweile hat sie sich aber damit abgefunden. Man könnte vermuten, dass Hofreiter sich selbst in der Beziehung etwas herausnimmt, was er seiner Frau zwar theoretisch prinzipiell zugesteht aber dann, wenn sie ihm tatsächlich untreu wird, aus männlicher Kränkung doch ahnden will. Einige Belege, Friedrichs Einstellungen und private Erklärungen an seine Frau und Meinungen, die er zwar durchaus ändern könnte, lassen aber auch noch eine alternative Interpretation der Beziehung zu. Friedrich liebt seine Frau tatsächlich innig, vielmehr als gleichberechtigte Partnerin denn im geschlechtlichen Sinne und er will diese Ehe auf keinen Fall beenden.

    Zusätzlich braucht der alternde Stenz Hofreiter aber eben noch immer ein bisschen seine Abenteuer und die sind zahlreich. Zuerst ist da einmal Adele Natter, die in seinem Freundeskreis verkehrt und mit der seine Affäre schon beendet ist. Wie sagt man „Guat is gangan nix is passiert“. Sogar Friedrichs Frau grollt der ehemaligen Geliebten nicht und lädt sie sogar zu sich ins Haus ein. Der Mann von Adele, der Bankier Natter, weiß auch um die Affäre, er liebt seine Frau so verzweifelt, dass er ihre Verfehlung und die zwangsläufige Verstoßung nie durch ein Duell herausfordern würde. Er verzeiht seiner Frau, aber er grollt Friedrich nachhaltig und sinnt auf Rache, um ihn irgendwie an seiner Schwachstelle zu erwischen. Mittlerweile dreht sich das Liebeskarussell der Clique wie wild weiter, denn der sensible Künstler Alexei Korsakov hat sich nach einem Billardspiel mit Friedrich plötzlich erschossen. Friedrich vermutet, weil er eine Affäre mit seiner Frau hatte und ist fast erleichtert, dass nun so etwas wie ein Gleichgewicht im Betrügen wiederhergestellt ist. Doch Genia ist ihm treu geblieben, sie hat Korsakov abgewiesen und kann das auch durch den Abschiedsbrief des Künstlers beweisen, was Friedrich fast ein bisschen ärgerlich macht, da er seine moralische Reinwaschung durch Heimzahlung des Ehebruchs sehr herbeigewünscht hat. Irgendwie strebt er so etwas wie eine offene Ehe auf Basis von Liebe und Partnerschaft an.

    Der alternde Gigolo kann aber das Mausen beziehungsweise seine Jagd auf Frauen nicht lassen und hat sich auch gleich wieder ein junges, wahrscheinlich noch jungfräuliches Ding angelacht, das er seinem besten Freund dem Doktor Maurer auch noch ausspannen muss, denn dieser ist sehr an Erna interessiert. Bei einer Bergtour entscheidet sich Erna für Hofreiter, in den sie schon seit sie ein kleines Mädchen war, verliebt ist. Friedrich kommt aber nach einem einfachen Kuss zur Besinnung, denn er will seine Ehe auf keinen Fall beenden und hat sein Glück schon zu viel zu oft herausgefordert. Bei Bekanntwerdung der Verführung einer Jungfrau aus bestem Hause wäre auch sein Renommee dahin und seine Freunde Geschichte. Zudem hat ihm die Jagd auf die Frau und die Bestätigung, dass sie ihn dem Freund Maurer vorgezogen hat, ohnehin fürs Selbstvertrauen gereicht. Mittlerweile ist er ja in die Jahre gekommen und will fortan auch mit den Affären zurückstecken.

    Als er von der Bergtour zurückkommt überschlagen sich die Ereignisse. Zuerst entdeckt er, dass seine Frau nun endlich in ausgleichender Gerechtigkeit ein schlampertes Verhältnis mit dem Marine-Fähnrich Otto eingegangen ist. Das macht ihn eigentlich froh, denn selbst in dieser Situation gleicht Genia nicht nur das Betrugskonto der Ehe aus, damit sich Friedrich endlich moralisch gleichwertig fühlen kann, sie ist auch noch so liebe- und rücksichtsvoll, dass sie die Affäre erst ein paar Tage vor der Abreise von Otto in einen dreijährigen Militärdienst weit weg in Istrien beginnt und somit der Konkurrent eigentlich gar keiner ist, weil er Friedrich nicht mehr in die Quere kommen kann.

    Somit wären doch jetzt alle froh und die Eheleute könnten bis an ihr Lebensende in einer glücklichen Partnerschaft leben, die im Alter sogar irgendwann auf ehelicher Treue beider Partner basieren könnte.

    ABER:

    Jetzt kommt der bisher im Schatten gebliebene Antagonist, der gekränkte Bankier Natter, aufs Tapet. Er grollt Friedrich schon lange und hat seine Achillesferse endlich gefunden. Er setzt in einer beispiellosen Intrige das Gerücht in die Welt, dass der Tod Korsakovs gar kein normaler Selbstmord war sondern eigentlich ein Duell in Billardform zwischen Friedrich und Korsakov gewesen ist. Wenn die Behörden davon Wind bekommen, muss dies von offizieller Seite untersucht werden. Obwohl Friedrich zur Unschuld seiner Gattin sogar Beweise hat, ist sie dennoch gesellschaftlich erledigt, denn sobald durch behördliche Untersuchungen die Tuchent aufgehoben wird, verliert entweder sie oder beide, wenn er mit ihr zusammenbleibt, jeglichen gesellschaftlichen Status und alle Freunde. Das kann er Ihr und beiden als Partner nicht antun. Was hier in einem sehr freundlichen Dialog von Natter angedeutet wird, ist eine gemeine Erpressung und fiese Intrige des Bankiers, um Friedrich, doch noch ohne seine Frau Adele zu verlieren, für die Affäre mit ihr büßen zu lassen.

    Friedrich versucht einen Befreiungsschlag, um die Ehre seiner Frau und ihre Beziehung zu retten, der nun auch durch den Umstand gewahr wird, dass er den Militär Otto zwei Mal einen Feigling nennt, ihn bei der militärischen Ehre packt und somit Otto in ein Duell zur Satisfaktion hineindrängt. Es ist also offiziell überhaupt keine Rede davon, dass das Duell wegen einer Affäre stattfindet (von der ja nur Friedrich und Maurer wissen, weil Genia so diskret war), sondern Friedrich nutzt die militärische Kränkung, um seine Frau offiziell gesellschaftlich reinzuwaschen, inoffiziell aber natürlich ein anderes Gerücht einer Beziehung zu nähren, das das alte Gerücht von Natter aufhebt. Hier braucht es auch keine weitere behördliche Ermittlung zur Treue der Frau denn die Kränkung (Feigling) eines Angehörigen des Militärs und der Modus der Satisfaktion sind ja mit allen Sekundanten offiziell und gesetzeskonform festgelegt. Im Duell will der mit allen Wassern gewaschene Friedrich, der sicher auch vorab schon wegen seines Lebenswandels ordentlich geübt hat, natürlich viel verzweifelter, intensiver und brutaler gewinnen. In seiner Abgebrühtheit ist er sich sogar sicher, dass er seine Frau letztendlich nach Amerika mitnehmen kann und alles gut wird.

    Die Tragik ist aber, dass Friedrich, der sich bisher aus jeder Situation herauslaviert, sich ausgerechnet in der Zielgeraden seiner Pläne diesmal verschätzt hat, denn Genia ist erschüttert, dass der junge Leutnant quasi als Kollateralschaden nur Stunden vor seiner Abreise sein Leben lassen musste, sie kennt ja die Erpressung von Natter nicht und glaubt, ihr Mann hätte das Duell aus Bosheit und Kränkung initiiert. Sie ist außerdem angewidert, wie unverschämt Friedrich die Mutter von Otto angelogen hat. So hat Natter letztendlich gewonnen: Er hat Friedrich bei seiner Achillesferse getroffen und ihn chirurgisch von seiner geliebten Frau getrennt – am Wegesrand liegt selbstverständlich ungewollt und als Kollateralschaden, die Leiche von Fähnrich Otto.

    Fazit: In dieser verzwickten Interpretation lag dann für mich die eigentliche Größe des Werkes. Denn Schnitzler prangt mit den Mustern seiner bisherigen Novellen und Dramen diesmal in einem Rundumschlag nicht nur den moralischen Umgang mit Ehe und Treue an, er demaskiert durch Lächerlichmachung in einem doppelten Hieb die österreichische Gesellschaft mit den sinnlosen Duellen, egal um der militärischen Ehre oder der ehelichen Treue wegen. Er entwickelt wie immer mit seinem bösen anarchischen Humor aus einer Mücke durch sinnlose gesellschaftlichen Konventionen und diese zu umschiffen, ein veritables Drama, das einem dann auch noch diese nutzlosen Tode vor Augen führt, indem er sie der Lächerlichkeit preisgibt.

    P.S.: Wie immer bin ich von der Reclam Ausgabe begeistert, in der nicht nur die Duellregeln und deren Analyse im Zusammenhang mit dem Stück standen, sondern auch Vorversionen des Werkes.

    Am entzückenden fand ich ein Register, in dem Schnitzlers konzipierte Figuren mit den Lebensläufen und Geschichten der real existierenden und von Schnitzler persönlich beobachteten Vorbildern abgeglichen wurden. Portier Rosenstock im Hotel Völser Weiher war beispielsweise der Portier Karl Roster des Südbahnhotels am Semmering, dem Schnitzler ein Exemplar von Das Weite Land mit Widmung gesendet hat. In den Memoiren Rosters berichtet dieser 1984 über Arthur Schnitzler.



    „All die Gestalten sind aus dem Leben genommen; wenn man von der Portierloge aus die Gäste näher betrachtet, so weiß man sofort, woher Arthur Schnitzler seine Figuren nahm. Er war jährlich öfter bei uns, lebte ziemlich zurückgezogen, machte nie Bekanntschaften, beobachtete aber stundenlang die Menschen. Beim Mittagessen blieb ER immer bis 3 Uhr im Speisesaal und hat jeden Gast genau beobachtet. Seine Taschen waren voll mit verschiedenartigsten Bleistiften und wenn er vom Speisesaal in die Halle kam, sah man ihn stundenlang in seinem Notizbuch Aufzeichnungen machen. Das Weite Land entstand eigentlich hier. Ich könnte ohne weiters die Namen aller seiner Gestalten aus unserem Fremdenbuch heraussuchen."
  6. Cover des Buches Spiel im Morgengrauen (ISBN: 9783847261209)
    Arthur Schnitzler

    Spiel im Morgengrauen

     (11)
    Aktuelle Rezension von: slowcrime

    Die Geschichte um den jungen Leutnant Kasda beginnt zunächst heiter und unbeschwert. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände lässt er sich jedoch auf ein Hazardspiel mit einem gewissen Konsul Schnabel ein und gerät immer tiefer in den Sog des Spiels. Sein Versuch, sich zum Begleichen der sehr hohen Spielschulden Geld von seinem Onkel auszuborgen, scheitert. Dieser hat eine ehemalige Geliebte von Kasda geheiratet, die ihn mit seiner alten Schuld ihr gegenüber konfrontiert. Als schließlich doch der Onkel mit dem Geld eintrifft, hat sich Kasda bereits erschossen.
    Das Buch beeindruckt durch die zwei virtuos miteinander verflochtenen Erzählstränge (die Geschichte um das Hazardspiel und die Geschichte von Kasdas seinerzeitiger Liebschaft) und durch die Unausweichlichkeit, mit der Kasda auf sein fatales Ende zusteuert.
    Die Qualität der Sprache Schnitzlers ist beeindruckend. Sie erinnert mich an Meisterzeichnungen, bei denen nur wenige, perfekt gesetzte Linien ein Bild entstehen lassen. Eine klare Empfehlung für Leserinnen und Leser, die eine präzise, nuancenreiche Sprache lieben.

  7. Cover des Buches Der Brief des Lord Chandos (ISBN: 9783730602331)
  8. Cover des Buches Der einsame Weg (ISBN: 9783849557935)
  9. Cover des Buches Reigen (ISBN: 9783872912329)
    Arthur Schnitzler

    Reigen

     (86)
    Aktuelle Rezension von: awogfli

    Schnitzler selbst wollte den Reigen ursprünglich nicht veröffentlichen, weil er ihn literarisch für zu wenig anspruchsvoll hielt. Dieser ersten und ursprünglichen Einschätzung des Autors muss ich bedauerlicherweise vollends zustimmen. Ich glaube, ich habe nur einen schlechteren Schnitzler als den Reigen gelesen, und ich hab sehr viele gelesen.

    Wenn mal mal vom Skandal, den das Werk zu seiner Zeit verursacht hat, absieht und das Theaterstück im Lichte der heutigen Zeit betrachtet, dann bleiben nur noch extrem platte Dialoge übrig, die der Güte von Schnitzlers Fabuliertalent recht unwürdig sind.

    Lediglich eine Geschichte fand ich von der Konstruktion her ansprechender: Die junge Frau und der Ehemann. Als der betrügende Ehemann von der Tugend von Frauen faselt, seine Frau sogar dazu anhält, dass sie sich sogar nicht mit Freundinnen abgeben soll, die ihrerseit ihre Ehemänner betrügen, nichts ahnend dass seine Frau ihm schon längst die Hörner aufgesetzt hat. Einerseits treibt er es selbst mit verheirateten Frauen, kommt aber nie auf die Idee, dass ein anderer Mann so etwas auch tun könnte. Wo sollen denn all diese untreuen Frauen sonst herkommen. Das ist irgendwie naiv und auch köstlich, denn er nimmt sich in der Ehe etwas heraus, was er bei seiner Frau nicht einmal zu denken wagt und bekommt hinterrücks die Rechnung präsentiert.

    Ein zweiter innovativer Punkt des Dramas ist die Szenenanordnung. Wie ein Staffelholz der Liebelei oder wie eine Geschlechtskrankheit wird der sexuelle Akt von einem zum anderen weitergegeben - quer durch die Gesellschaftsschichten von Nutte auf Soldat auf Dienstmädchen auf feiner Herr auf feine verheiratete Dame auf Ehemann auf süßes Mädel ... bis wir am Ende wieder auf die Nutte der ersten Szene treffen. Das klingt nach einem seriellen Gang Bang in dem das Token (Ausdruck aus der IT) in einem Ring weitergegeben wird. Token-Ring war übrigens eine Form von Netzwerkstruktur, nicht mehr ganz aktuell aber so passend auf dieses Stück wie nur was.

    Diese zwei positiven, beziehungsweise innovativen Aspekte, die ich hervorgehoben habe, sind auch der Grund, warum sich das Werk bei mir das zweite Sternderl verdient hat, ansonsten ist nix dran am Reigen. Nun werde ich mir den Reigen reloaded zu gemüte führen, der das Werk in die heutige Zeit versetzen will - ich bin schon gespannt ob der Remix von heute besser wird als das Original.

    Fazit: Lest einen Schnitzler, aber einen anderen! Im Rahmen der Theaterstücke kann ich Das weite Land empfehlen bei Schnitzlers Novellen ist fast alles gut.

  10. Cover des Buches Reitergeschichte und andere Erzählungen (ISBN: 9783150180396)
    Hugo von Hofmannsthal

    Reitergeschichte und andere Erzählungen

     (4)
    Aktuelle Rezension von: thesmallnoble
    Die Erzählung Hofmannsthals ist gerade in der Kunst der Beschreibung grandios und fesselnd. Geführt wird man in eine Märchenwelt, deren Abgründe allmählich erst sich auftun: wenn sich der Anfang der Geschichte im Grunde genommen wie die Geschichte eines glücklichen Traums liest (aber in diesem Traum fehlt dem Helden der Geschichte doch immer etwas - obwohl von Personen umgeben, ist er immer einsam), entwickelt sich das hier geschilderte Leben langsam in einen Alptraum, der fast schon an Kafka denken lässt: es entsteht ein Labyrinth, aus dem der Held nicht mehr entkommen kann - all dies ist so fein und sensibel geschildert, in einer ästhetisch schwer zu übertreffenden Diktion und Sprache, dass Hofmannsthal Märchen zu den interessantesten Erzählungen gehört, die ich kenne.
  11. Cover des Buches Jedermann (ISBN: 9783596906833)
    Hugo von Hofmannsthal

    Jedermann

     (66)
    Aktuelle Rezension von: Nespavanje
    Bei den Salzburger Festspielen, die weltweit als das bedeutendste Festival der klassischen Musik  und darstellender Kunst gelten und die seit 1920 jeden Sommer stattfinden, ist der - Jedermann - ein fester Bestandteil. Vor der Kulisse des Doms wird das - Spiel vom Sterben des reichen Mannes - aufgeführt und das nicht immer gänzlich frei von Kritik. Die Inszenierungen sind nicht immer im Geschmack des Publikums gehalten, die Geschichte bleibt aber dennoch dieselbe: Der Hauptcharakter in diesem Drama ist der Jedermann, der ein ausschweifendes Leben führt und kurz vor seinem Tod bereut. Das Stück beruht wahrscheinlich auf einem englischen Mysterienspiel aus dem Mittelalter, dem Everyman. Fast zeitgleich erschien allerdings auch der holländische "Elckerlyc". Welcher der beiden Texte, die beide sehr überein stimmen, der ursprüngliche war, bleibt fraglich. Wenn man bedenkt, dass im Mittelalter religiöse und biblische Themen fast immer eine Rolle in Theaterstücken gespielt haben, dann ist es wohl nicht verwunderliche, dass eben dieses hier, das christliche Glaubenssystem wiederspiegelt. Und zwar in der Annahme, dass wenn man wahrhaft bereut, dir deine Sünden vergeben werden. Selbst wenn man sein Leben lang ein moralisch verwerfliches Leben geführt hat. Die Auseinandersetzung mit dem Tod - war für Hugo von Hofmannsthal ein wichtiges Thema - in mindestens 3 weiteren Stücken wird das Ende des Lebens behandelt. Manch einer findest es ein wenig altbacken - allerdings kann man diese Kritik nicht so stehen lassen - man muss den Text wohl auch im Kontext der Zeit lesen.

  12. Cover des Buches Margaret Stonborough-Wittgenstein (ISBN: 9783218011105)
    Margret Greiner

    Margaret Stonborough-Wittgenstein

     (14)
    Aktuelle Rezension von: Buchgespenst

    Margaret wurde in eine Zeit geboren, die voller Umbrüche war. Aufgewachsen im Wohlstand bekam sie eine exzellente Ausbildung und ging ihren Weg durchs Leben äußerst erfolgreich. Sie wirkte als Bauherrin, Intellektuelle und Salonière. Ihre Selbständigkeit und Unabhängigkeit hilft ihr, zwei Weltkriege, Flucht und Inflationen zu überstehen.

    Die Biografie von Margaret Stonborough-Wittgenstein erzählt so viel mehr als nur das Leben einer beeindruckenden Frau der Wiener Moderne. Es ist ein Zeitgemälde das von 1882 bis 1958 reicht. Ihre Eltern und ihre Geschwister, einschließlich Ludwig Wittgenstein, werden genauso gezeichnet wie ihr späterer Ehemann und ihr Sohn. Das umfangreiche Fotomaterial führt dem Leser jede Persönlichkeit und die Zeit immer wieder vor Augen. Die Biografie ist so mitreißend wie ein Roman. Immer weiter taucht man in das Leben Margarets ein, durchlebt die Höhen und Tiefen und stößt immer wieder auf bekannte Gesichter – so zum Beispiel Gustav Klimt oder auch Siegmund Freud, bei dessen Flucht vor den Nationalsozialisten Margaret eine maßgeblich Rolle spielte.

    Ein großartiges Leseerlebnis!

  13. Cover des Buches Wie ich es sehe (ISBN: 9783954557622)
  14. Cover des Buches Der Schwierige (ISBN: 9783946391289)
    Hugo von Hofmannsthal

    Der Schwierige

     (14)
    Aktuelle Rezension von: AiHua
    „Es gibt Menschen mit denen sich alles kompliziert, und dabei ist das so ein exzellenter Kerl!“ Der Satz, den der Schwierige Hans Karl ausspricht hat mich einige Zeit nachdenken lassen. „Mein Gott, ich bin eben nicht möglich [.]“ Er hätte auch sagen könne, dass er unmöglich sei, aber durch das viele Benutzen ist der Begriff schal geworden, drängt sich in der Bedeutung nicht unbedingt auf. Hans Karl ist der Schwierige, er ist als Schwierige nicht möglich, unmöglich. Und so ist es nur plausibel, dass seine Situation kein Zustand sein kann. Das Schöne an der Figur Hans Karl ist, dass er alles so meint, wie er es sagt. Sicherlich, man muss auch bei ihm zwischen den Zeilen lesen, denn einiges ist ihm nicht bewusst, was er da eigentlich ausdrücken will und aus ihm heraus drängt. Und so weiß man, dass er seine Beteuerungen zu einer Freundschaft ernst meint, die er mit seinem unendlich gefangenen Neffen bespricht. „HANS KARL Ich hab’ ihn gern. STANI Er nimmt alles wörtlich, auch deine Freundschaft für ihn. HANS KARL Aber er darf sie wörtlich nehmen.“ So ohne Handlungsfähigkeit, auch mit noch so viel Erkenntnis ist Hans Karl nicht möglich, er ist schwierig. Aber gerade deshalb ist er so sympathisch.
  15. Cover des Buches Liebelei (ISBN: 9783849103064)
    Arthur Schnitzler

    Liebelei

     (26)
    Aktuelle Rezension von: Birdy_

    Liebelei ist ein typisches Werk für Schnitzler, in dem die Handlung zwischen den Zeilen passiert. Die Konzeption der Figuren lässt sich schnell erfassen und ist einfach gehalten. In nur 3 Akten findet sich Freytags typischer Aufbau in seinen Grundzügen wieder, wobei für den Leser offen bleibt, ob das Werk in einer Lösung oder einer Katastrophe mündet.

    Vor allem Leser, die sich langsam an Dramen rantasten möchten, kann man dieses Stück empfehlen. Die Sprache ist verständlich, Handlung und Anzahl der Personen sind überschaubar und qualifizieren Liebelei als Teil des Grundbestands zumindest meines Reclam-Regals.

  16. Cover des Buches Margaret Stonborough-Wittgenstein (ISBN: 9783442718757)
    Margret Greiner

    Margaret Stonborough-Wittgenstein

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Die-Glimmerfeen

    Inhalt: Die Biografie einer starken Frau, die immer wieder energisch die Zügel in die Hand nahm, um ihre Familie sicher durch Weltkrieg und Naziverfolgung zu bringen.

    Art des Buches: Biografie

    Wie fand ich das Buch? Ich hatte mich vorher noch nie mit Margaret Stonborough-Wittgenstein beschäftigt und kann daher nichts über die korrekte Darstellung ihres Lebens sagen. Die Biografie fasst in 294 Seiten das Leben einer sehr interessanten Frau und deren Familie zusammen, das ist ausreichend um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Eine Frau, die sich für ihre Zeit unüblich für Naturwissenschaften interessierte und über ein großes Kunstverständnis verfügte. Margaret Stonborough wurde in eine reiche Familie geboren, die viele Schicksalsschläge auszuhalten hatte. Zwei Brüder nahmen sich das Leben, einer verlor einen Arm und einer wurde ein unglücklicher Philosoph. Die Autorin hat einen gehobenen trotzdem angenehmen Schreibstil. Mir hat das Buch viele Einblicke in das damalige Leben gegeben und in die Rolle der Frauen, die sie zu erfüllen hatten.

    3 passende Wörter zum Buch? Starke Frauen - Kunst - Familie

    Wem empfehlen? Jedem, der sich für Kunst, starke Frauen und Biografien interessiert.

  17. Cover des Buches Gedichte (ISBN: 9783955630188)
  18. Cover des Buches Fräulein Else (ISBN: 9783746715186)
    Arthur Schnitzler

    Fräulein Else

     (131)
    Aktuelle Rezension von: Sandrica89

    Ein zeitloser Klassiker, wie ich schon so oft gehört habe. Diese Novelle von Arthur Schnitzler kannte ich noch nicht. Ich lese generell seine Werke nicht, sein Stil macht mir nicht besonders. Dennoch hat mich der Klappentext neugierig gemacht und ich wollte dem Werk eine Chance geben.

    Fräulein Else, ein junges, schlaues Mädchen aus gutem Hause macht Urlaub im Ausland. Nach einem Tennis-Spiel erhält sie ein Brief von ihrer Mutter. Ihr Vater ist verschuldet und Else muss den unsympathischen Herrn Dorsday um ein Darlehen bitten. Noch bevor sie ihn darum bittet fragt sie sich selbst, warum sie das nun wieder hinbiegen muss und nicht ihr Vater selbst? Dennoch gibt sie sich einen Ruck und fragt Herrn Dorsday. Dieser willigt zwar ein, jedoch unter der Bedingung, dass Else sich für ihn nackt ausziehen soll.

    Der junge Leutnant Gustel wird vom Bäckermeister, nach einem Konzert, beleidigt und lässt sich das auch noch gefallen. Die ganze Nacht ist er nun unterwegs und ist felsenfest von sich überzeugt, dass er sich das Leben nehmen müsse, da ihm seine Ehre genommen wurde. Kurz bevor er zur Tat schreiten kann, wendete sich plötzlich das Blatt.

    Zwei Geschichten, ein moralisches Konflikt.
    Else ist zwar jung, hübsch und reich, aber noch unerfahren in sexueller Hinsicht. Jedoch flirtet sie gern und ist schlau genug, um die ganzen Oberflächlichkeiten zu sehen. Sie weiss ganz genau, was sie tut, weswegen sie sich so schlagfertig gibt. Als sie jedoch von den Schulden ihres Vaters erfährt, gerät ihre Sichtweise ins wanken. Zwar weiss sie, dass nicht sie das Problem lösen sollte, dennoch fühlt sie sich ihm gegenüber verpflichtet. Als dann noch dieser schmierige Herr Dorsday seine Bedingung ausspricht, gerät sie komplett ins Wanken. Wir begleiten Else, welche Gedanken sie hat. Ob es einen Ausweg gäbe, eine andere Lösung, was es für die Familie bedeuten würde, was es mit ihr selbst machen würde... Ihre Psyche geht komplett mit ihr durch, bis sie schlussendlich ihr Versprechen einhält, aber in Ohnmacht fällt. Und danach nimmt sie sich einfach das Leben. Sehr tragisch. Gerade weil sie so stark und selbstsicher rüberkam, hätte ich doch gedacht, dass sie schlauer reagieren wird. Aber zu dieser Zeit scheint die Ehre und das Ansehen viel wichtiger zu sein. Echt schade um so eine starke Frau. Ihr Vater ist wirklich ein Feigling, dass er seine Schuld auf seine Tochter überträgt. Ich hoffe, dass er nun in Frieden weiterlebt, ohne Schulden.
    Bei Gustl lief es ähnlich ab. Gerade weil er ein Leutnant ist, hat er sich die Beleidigung eines Bäckermeisters gefallen lassen. Eigentlich hatte er keine Wahl, dennoch zermürbt ihn dieser Gedanke und auch bei ihm durchleben wir seine Gedankenstränge, was es für ihn bedeutet, was seine Familie dazu sagen würde, wie seine Freunde und Geliebte reagieren würden... Es hat sich vorgenommen sich das Leben zu nehmen, da er eigentlich entehrt wurde. Aber der nächsten Morgen läuft plötzlich anders als erwartet. Denn seine Ehre wurde über Nacht wieder hergestellt. Glück im Unglück.

    Zwei tragische Geschichten zweier unterschiedlichen Charaktere. Beide kämpfen gegen ihre Zerrissenheit an, beide geraten in moralischen Konflikt und für beide ist nur der Selbstmord die Lösung. Damals nahm man sich immer das Leben, wenn man entehrt wurde, oder sich vor der Gesellschaft blamiert hat. Heute ist es einfach ein unnötiges Drama um Nichts. Schnitzler hat in dieser Novelle gezeigt, wie stark eigentlich unsere eigene Psyche ist und was sie mit uns machen kann. Sobald wir die Kontrolle über sie verloren haben, kann es ganz schnell gehen. Aus psychischer Hinsicht daher ein Meisterwerk. Diesen Monologen zu folgen war schon sehr interessant. Ein Gedanke folgt dem nächsten bis man sich selbst verliert und nicht mehr weiss, wo es begonnen hat. Auch wenn man zuerst denkt, dass es schlimmer nicht sein kann, schlussendlich ist es nicht der Rede wert und weitaus weniger schlimm als gedacht. Aber eben... damals war das eine Schande und die Menschen kamen mit dem hohen Druck gar nicht mehr klar.

    Eine sehr interessante und tiefgründige Novelle, die mit unserer Psyche spielt und zum nachdenken anregt. Wer sich dafür interessiert, ist er hier genau richtig. Für Klassiker-Fans definitiv ein Muss.

  19. Cover des Buches Egon Schiele und seine Zeit (ISBN: 9783791309170)
    Egon Schiele

    Egon Schiele und seine Zeit

     (1)
    Noch keine Rezension vorhanden
  20. Cover des Buches Lyrische Dramen (ISBN: 9783150180389)
  21. Cover des Buches Felix Salten (1869-1945) - Ein Schriftsteller der Wiener Moderne (ISBN: 9783899135855)
  22. Cover des Buches Egon Schiele (ISBN: 9783993001629)
  23. Cover des Buches Kein Tag ohne Schreiben (ISBN: 9783851654967)
  24. Zeige:
    • 8
    • 12
    • 24

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks