Bücher mit dem Tag "zwanghaft"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "zwanghaft" gekennzeichnet haben.

10 Bücher

  1. Cover des Buches Alles muss versteckt sein (ISBN: 9783453357655)
    Wiebke Lorenz

    Alles muss versteckt sein

     (428)
    Aktuelle Rezension von: Smimo_Do

    Marie sitzt in der Psychiatrie weil sie ihren Freund im Schlaf brutal ermordet hat. Sie kann es immer noch nich glauben, dass ihre Zwangsgedanken, die Mordfantasien an den sie leidet, die Barriere durchbrochen haben. Denn Denken ist nicht Tun, das hat Marie sich immer wieder gesagt. Wie konnte es nur dazu kommen?

    Ihr Leben hatte doch gerade erst wieder angefangen schön zu werden.

    Mit Hilfe von Dr. Falkenhagen konstruiert Marie die Zeit, als sie Patrick kennen gelernt hat, bis zum Mord zurück. Denn sie kann sich an den Mord selbst nicht mehr erinnern.

    "Alles muss versteckt sein", ist ein Thriller, bei dem sich die Spannung versteckt hat und ich sie vergeblich gesucht habe. Gefunden habe ich ein paar blutige, teils bedrückenden Szenen einer Zwangsstörung. Ansonsten langatmige Erzählungen aus Maries Vergangenheit und ein Ende, das ich schon nach paar Seiten erahnt hatte.

    Ich habe immer wieder gehofft, dass ich falsch liegen würde, aber leider war dem nicht so.

    Meiner Meinung nach, war dieser Thriller leider eine große Enttäuschung.

  2. Cover des Buches Grundformen der Angst (ISBN: 9783497024223)
    Fritz Riemann

    Grundformen der Angst

     (87)
    Aktuelle Rezension von: Sunnyleinchen

    " Grundformen der Angst" ist eins der besten Fachbücher, die ich je gelesen habe. Obwohl das Original aus den 60er Jahren stammt, hat Herr Riemann hier sehr klar ein interessantes Modell verfasst. Aus den vier Grundformen der Angst, entwickelt er vier Persönlichkeitsstrukturen. Innerhalb seiner Texte legt er die Zusammenhänge schlüssig dar, ohne viel herumzureden. Der Schreibstil liest sich sehr gut, die Charaktertypen werden mit Beispielen aus seinen persönlichen Erfahrungen zum Leben erweckt, es gibt aber auch Literatur- und Filmhinweise um nochmal ein genaueres Bild zu bekommen. In den einzelnen Kapiteln betrachtet er zunächst immer die eigentliche Angst und den dazu entwickelten Persönlichkeitstypus. Danach werden die persönlichen Merkmale im Zusammenhang mit Liebe/Beziehung und Aggression betrachtet. Es folgt die jeweilige Verbindung zum lebensgeschichtlichen Hintergrund sowie ausführliche Beispiele und eine zusammenfassende Schlussbetrachtung. Mir hat das Buch als Grundlage wirklich weitergeholfen, vor allem um andere psychologische Theorien und Inhalte des ICD zu verstehen.

  3. Cover des Buches Kleine Psychoanalytische Charakterkunde (ISBN: 9783525014172)
    Karl König

    Kleine Psychoanalytische Charakterkunde

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Sokrates
    Karl König knüpft, wie er selbst im Vorwort schreibt, an Fritz Riemanns Grundformen der Angst an, ein psychoanalytischer Klassiker, der bereits seit den 1970er Jahren immer wieder Neuauflagen erfährt. Wie Riemann stellt Karl König Charaktertypen dar, allerdings erweitert er sie um zwei weitere Formen: 1) Narzisstische Charaktere, 2) Schizoide Charaktere, 3) Depressive Charaktere, 4) Zwanghafte Charaktere, 5) Phobische Charaktere sowie 6) Hysterische Charaktere. Beim Menschen kommt jedoch keiner der beschriebenen Formen in ‚Reinform‘ vor, sondern vielmehr Mischvarianten. Es war in einigen Fällen interessant zu lesen, wie die Psychoanalyse Charaktereigenschaften beurteilt und ihr Wirken in der Gesellschaft und im Zwischenmenschlichen deutet. Oftmals wirken die gezogenen Resümees etwas befremdlich, an anderer Stelle entdeckt man Bekanntes. Insgesamt ein recht interessantes und lesenswertes Buch.
  4. Cover des Buches Das starke Selbst (ISBN: 9783518384572)
  5. Cover des Buches Smile or Die (ISBN: 9783888976827)
    Barbara Ehrenreich

    Smile or Die

     (5)
    Aktuelle Rezension von: emeraldeye
    Nachdem ich im Internet zufällig auf ein Interview zu "Smile or Die" mit Barbara Ehrenreich, einer bekannten amerikanischen Publizistin, gestossen, war, wollte ich das Buch unbedingt lesen. Schon der Untertitel von "Smile or Die": "Wie die Ideologie des positiven Denkens die Welt verdummt" hatte es mir angetan. Und auch die Überschriften der Kapitel, z.B. "Lächle oder stirb: Das Gute am Krebs" oder "Wie das positive Denken die Wirtschaft zerstörte" versprachen eine scharfsinnige Abrechnung mit den ewig grinsenden Dummschwätzern, Lügnern und Verleugnern dieser Welt. Insbesondere das Kapitel über den öffentlichen Umgang mit Krebs ist außergewöhnlich direkt und entlarvend geworden, sicherlich auch, weil Ehrenreich selbst an Krebs erkrankt war und die entsprechende Tour de Force durchleben mußte. Erhellend auch ihre Reise durch die Geschichte der amerikanischen Wirtschaft und wie diese letztendlich an ihren eigenen Heilsversprechen zugrunde gegangen ist. Aber (und das ist in diesem Fall ein großes Aber): Sie analysiert natürlich nur die Verhältnisse in Amerika, wo alles irgendwie größer, übertriebener und auffälliger ist als anderswo. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.... Ein Großteil des Buches widmet sich denn auch der Entwicklung der sog. "Megakirchen" und ihren Vordenkern sowie den Geschäften mit der Motivation, den Selbsthilfegurus und der Indoktrination der Mitarbeiter in Unternehmen. Alles Phänomene, die in Europa noch nicht so weit vorgedrungen sind, dass sie zu solch offensichtlichen Veränderungen in der Gesellschaft geführt haben wie in Amerika. (Ich würde es mir zumindest wünschen! Ob nicht auch bei uns schon ein schleichender Prozess des Ewig-Glücklich-Sein-Müssens eingesetzt hat, der irgendwann aufbrechen und auch die widerstandsfähigsten Realisten, Pessimisten und Misanthropen unter sich begraben wird, kann ich nicht sagen). Trotzdem ist es hochspannend, zu erfahren, wie solche Massenbeeinflussungen entstehen und welche absonderlichen Denk-und Lebensweisen sich aus ihnen entwickeln können. Das Plädoyer Barbara Ehrenreichs, unter allen Umständen einen klaren Kopf, realistische Ziele und eine eigene Meinung zu bewahren, ist jedoch universell anwendbar und deshalb lohnt es sich allemal, sich von ihren scharfzüngigen Beiträgen das vernebelte Gehirn durchpusten zu lassen
  6. Cover des Buches Plus One - Nur bei dir (ISBN: 9783802595240)
    Jennifer Lyon

    Plus One - Nur bei dir

     (55)
    Aktuelle Rezension von: Blubb0butterfly
    Eckdaten
    Roman
    LXY Verlag
    9,99 €
    ISBN: 978-3-8025-9524-0
    Übersetzung: Michaela Link
    2014
    309 Seiten + 2 Seiten Danksagung + 4 Seiten Buchvorstellungen
    Band 1
    Plus One-Reihe

    Cover
    Es ist heiß, verrät aber auch einiges über die Richtung, in die das Buch höchstwahrscheinlich gehen wird.

    Inhalt
    Sechs Jahre ist es her, dass Konditorin Kat in einem brutalen Raubüberfall geriet, der bei ihre schwere seelische Narben hinterlassen hat. Seitdem lebt sie zurückgezogen und ohne Vertrauen zu anderen Menschen. Nur bei der Arbeit in ihrer Sugar Dancer Bakery blüht sie auf. Als Kat eines Abends erneut von zwei Unbekannten angegriffen wird, scheint sich ihr Albtraum zu wiederholen, doch in letzter Sekunde kommt ihr der ehemalige UFC-Kämpfer Sloane Michaels zur Hilfe – ein Mann, der Kat vom ersten Augenblick den Atem raubt und eine Sehnsucht in ihr weckt, die sie längt verloren glaubte. So sehr sie auch versucht, ihren attraktiven Retter abzuwehren, Sloane blickt tief in ihre Seele und erkennt einen Kampfgeist in ihr, der ihr Leben für immer verändern könnte. Er macht Kat ein Angebot: Sie soll ihn zu öffentlichen Anlässen begleiten und die Nächte mit ihm verbringen. Im Gegenzug will er ihr beibringen, sich selbst zu verteidigen und ihre Ängste endlich zu überwinden. Sein Angebot ist unverschämt, aber gleichzeitig so verlockend, dass Kat es nicht ablehnen kann – obwohl sie bei Sloanes Blicken spürt und bei jeder seiner Berührung weiß, dass sie längst dabei sind, die Grenzen ihrer Abmachung zu überschreiten…

    Autorin
    Jennifer Lyon lebt mit ihrem Mann und drei Söhnen in Südkalifornien. Sie hat mehr als fünfzehn Romane und Novellen in unterschiedlichen Genres verfasst, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden.

    Meinung
    Kat wurde in die Welt der Reichen und Schönen und in eine perfekte Wissenschaftlerfamilie hineingeboren, wo sie sich nie wirklich zu Hause gefühlt hat. Doch sie versuchte, sich anzupassen, was ihr aber nie gelang. Nach einem verheerenden Raubüberfall ändert sich alles… Sie zieht sich immer weiter zurück, trotzdem hat sie noch etwas Kämpferisches in sich, was Sloane aus ihr herauskitzeln kann. Er bietet ihr einen Deal an, der für beide Seiten von Vorteil ist. Wird sie sich darauf einlassen? Er will ihr Selbstverteidigung beibringen, während sie als seine platonische Begleitung agiert, sozusagen eine Freundschaft mit gewissen Vorzügen. Hört sich aber leichter an als in Wirklichkeit.
    Kat ist eine erstaunliche Frau und sie wirkt so authentisch. Ich habe immer mitgefiebert und habe mich über jede noch so kleine Entwicklung ihrerseits so dermaßen gefreut! Sie wächst einen einfach ans Herz. Sie ist eine mutige Frau, die sich auf keinen Fall unterkriegen lässt.
    Sloane dagegen ist ein Mann, der weiß, was er will und dass er es auch bekommt. Er hat sich sein Imperium selbst aufgebaut und hat mit Emotionen eigentlich gar nichts am Hut, bis ihm die kleine Konditorin mit den lila Strähnchen über den Weg läuft. Doch sie steht seinen Plänen im Weg. Für was wird er sich letztlich entscheiden?
    Ich habe zuvor noch nie etwas von der Autorin gelesen, geschweige denn gehört und war maßlich begeistert! Ich konnte das Buch einfach nicht aus der Hand legen! Es war so mitreißend und spannend, dass ich es in einem Ruck gelesen habe und mehr wollte! Eine einfach unglaublich realistische Geschichte um eine junge Frau, die sich wieder ins Leben zurückboxt. Sehr inspirierend! Das muss man einfach gelesen haben!

    ❤❤❤❤❤ von ❤❤❤❤❤
  7. Cover des Buches Die Taube (ISBN: 9783257601763)
    Patrick Süskind

    Die Taube

     (358)
    Aktuelle Rezension von: bookstories

    Patrick Süskind ist mir schon deshalb sympathisch, weil er als berühmter Autor keinen Wert auf Popularität legt und zurückgezogen lebt. Auf dem Umschlag von "Die Taube" wird erwähnt, dass er selten in der Öffentlichkeit und nie im Fernsehen auftritt und keine Interviews gibt. Vor bescheidenen und genügsamen Menschen habe ich grossen Respekt, und vielleicht besitzt auch der Protagonist in der Novelle "Die Taube" etwas dieser selbstlosen Eigenschaften, obwohl bei ihm vermutlich andere Gründe dafür vorliegen mögen als beim Autor selbst. Süskinds weltberühmten Roman "Das Parfüm" habe ich noch nicht gelesen, er steht aber in meinem Regal und ich freue mich auf die Lektüre. Es ist sein einziger Roman, und "Die Taube" seine einzige Novelle.


    Ich tue mich beim Lesen grundsätzlich schwer damit, Personen nur aufgrund von äusserlichen Beschreibungen vor meinem geistigen Auge lebendig werden zu lassen. Es bleiben schemenhafte Vorstellungen, es will kein deutliches, lebhaftes Bild entstehen. Eine Person beginnt in mir erst aufgrund ihrer sich manifestierenden Charaktereigenschaften Gestalt anzunehmen. Wie hier der Hauptprotagonist  Jonathan Noel, den Süskind nicht mit einer einzigen Silbe äusserlich beschreibt, was, wie ich finde, für diese Geschichte sehr passend ist. Der Autor vermag Regungen, Wahrnehmungen, Gedanken, Empfindungen, innere Prozesse seines Protagonisten zu beschreiben, die vermutlich die wenigsten Menschen überhaupt bewusst an sich selbst wahrnehmen. Hierfür drückt er sich in gepflegter Sprache aus, spielt mit kurzen und langen Sätzen, und hält sich bei Bedarf auch nicht damit zurück, eine saloppe Ausdrucksweise anzuwenden. Immer sind wir Zeuge von Jonathans momentanem Gemütszustand, seines Seelenbefindens, reisen mit auf seiner inneren Odysee.


    Welche traumatischen Erlebnisse zu Jonathan Noels innerer Unbeweglichkeit und immensem Sicherheitsbedürfnis führen - er sieht sich als Dulder, nicht als Macher -, beschreibt Süskind auf den ersten vier Seiten der Novelle. Als Jonathan, damals noch Kind, von einem Angelausflug nach Hause kommt, ist die Mutter nicht mehr vorhanden, wie Süskind es formuliert, weggeschafft ins Lager und dann nach Osten, von wo keiner mehr zurückkehrt. Ein paar Tage später ist auch der Vater weg. Jonathan wird dann zusammen mit seiner Schwester nach Süden gebracht, von wildfremden Männern durchs Land transportiert, zu einem noch nie gesehenen Onkel, wo er dann anfang der fünfziger Jahre an einer Existenz als Landarbeiter Gefallen findet. Gehörig sagt er zu allem Ja, muss sich für drei Jahre Militär verpflichten, weil sein Onkel das will, muss nach seiner Rückkehr feststellen, dass auch seine Schwester verschwunden ist, muss sich verehelichen, weil sein Onkel das will, wird von dieser Frau bereits vier Monate später wieder verlassen, findet nach all diesen Ereignissen, dass auf die Menschen kein Verlass ist, packt den Koffer und reist nach Paris. 


    Dort findet er Arbeit als Wachmann einer Bank und bezieht ein kleines, siebeneinhalb Quadratmeter grosses Zimmer im Dachgeschoss eines Hauses unweit der Bank, das nur mit einem Bett, einem Tisch, einem Stuhl, einer Glühbirne und einem Kleiderhaken ausgestattet ist, und das ihm Schutz und Zuflucht bietet vor unliebsamen Überraschungen und einer scheinbar bedrohlichen Aussenwelt. Erst hier beginnt die eigentliche Geschichte - ein einziger Arbeitstag des mittlerweile in die Jahre gekommenen, vierundfünfzigjährigen Wachmanns Jonathan Noel, der immer noch dasselbe Zimmer bewohnt, und der seit dreissig Jahren nur die äusserlichen Veränderungen des Hauses mitgemacht hat. So gut wie gar nichts passiert in seiner Welt - umso bunter gestaltet sich Jonathans innere Odysee, die Süskind, wie ich finde, hervorragend inszeniert.


    Das Auftauchen einer Taube vor Jonathans Zimmertür durchkreuzt seinen geordneten Tagesablauf, und sinnbildlich müssen wir dieses Ereignis, denn Jonathan liebt die Ereignislosigkeit, alles andere bringt ihn nur durcheinander, als Auslöser eines inneren Entwicklungsprozesses sehen. Er selbst erlebt diese Begegnung mit der Taube völlig überzeichnet und verzerrt (dem Tod ins Auge blicken...), und alles, was darauf folgt, ebenso; alle Begegnungen mit anderen Menschen, sein statischer Arbeitsablauf, das Öffnen und Schliessen des Tores bei der Ankunft und Abfahrt der Limousine des Bankdirektors, seine Mittagspause, seinen Feierabend, schlicht die Beschaffenheit des Tages, nichts hat mehr das Vertraute und Gewohnte in sich und wirkt bedrohlich auf seine ganze Existenz. Am Ende des Tages verbringt er die Nacht in einem kleinen Hotelzimmer, denn er kann ja wegen dieser Taube nicht mehr zurück in sein eigenes Zimmer.


    Mir kommt in Verbindung mit dieser Geschichte des einsamen Jonathan Noel Henry David Thoreaus Zitat aus seinem Buch 'Walden' in den Sinn: Die Masse der Menschen führt ein Leben in stummer Verzweiflung. Ich weiss nicht, wie weit dies für den Protagonisten Noel tatsächlich zutrifft, da er ja ziemlich zufrieden zu sein scheint mit der Form seiner Existenz. Dennoch hat er seine Zweifel, als er zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn seine Freiheit zu hinterfragen scheint. Das Beobachten eines Clochards bringt ihn darauf, denn dieser kann offensichtlich kommen oder wegbleiben, wann immer er will, während Jonathan selbst jeden Tag pünktlich seinen Dienst antreten muss. Als er jedoch mitbekommt, wie derselbe Clochard seine Notdurft auf der gegenüberliegenden Strassenseite zwischen zwei geparkten Autos verrichtet und er sich hierfür nicht in die Anonymität zurückziehen kann, erkennt und wertet Jonathan dies als seine grösste Freiheit überhaupt: sich auf ein Etagenklo zurückziehen zu können, um seine existenziellen Grundbedürfnisse zu befriedigen.


    Wie wenig tatsächlich passiert in seinem Leben, zeigt die Tatsache, dass Jonathan sich an völlig banale, für ihn jedoch bedeutende Begebenheiten noch jahrelang zurückerinnern kann. Zum ersten Mal wird dies deutlich, als er morgens auf dem Weg zum Etagenklo mit einem anderen Mieter zusammentrifft und er daran denken muss, wie es ihn vor fünfundzwanzig Jahren schauderte - das gleichzeitige Erschrecken vor dem Anblick des anderen, der Verlust von Anonymität bei einem Vorhaben, dass durchaus Anonymität erfordert, und das alles im Pyjama. Ein andermal, als er mit der Concierge des Hauses über die Notwendigkeit des Fensterschliessens redet, denn bei einem Gewitter kann es zuschlagen und zu Bruch gehen, dies sei im Sommer 1962 schon einmal passiert. Oder dann, als er auf den Marmorstufen vor der Bank stehend feststellt, dass er zu früh zu schwitzen beginnt. Denn aufgrund dieser Ereignislosigkeit nimmt er auch die kleinsten Veränderungen an sich wahr.


    Das Buch ist nur sechsundneunzig Seiten stark, und Süskind nimmt sich Seite für Seite Zeit, um die inneren Vorgänge seines Protagonisten offenzulegen. Allein eine Sequenz, als Jonathan im Eingangsbereich eines Lebensmittelgeschäfts bei einer Schneiderin, die für sorgfältige und schnelle Reparaturen wirbt, vergeblich anrennt, um seinen Riss in der Uniformhose flicken zu lassen, beschreibt Süskind auf sieben Seiten. Und auf weiteren elf Seiten, wie Jonathan, hasserfüllt und zornig auf die ganze Welt, seinen Arbeitsnachmittag stehend vor dem Eingang der Bank verbringt und gedanklich alles um sich herum zunichte macht. Dieses Erzähltempo, dieses tiefe Eindringen in Begebenheiten, dieses Zeitnehmen für Beschreibungen, mag ich sehr. Alles erfahren wir aus der Perspektive des Protagonisten, was uns erlaubt, komplett in dessen Welt einzutauchen. Wie tief, wird mir klar, als der Autor zweimal kurz Ausdrücke eines allwissenden Geschichtenerzählers verwendet ("wie schon gesagt..., und "es war wie wir sehen, kein ordentliches Gebet ...). Es reichte mir, um für einen kurzen Moment aus Jonathans Welt herausgerissen zu werden. Ich will das aber in keiner Weise überbewerten.


    Unweigerlich werden wir mit dieser Lektüre auf unseren eigenen gewohnten Tagesablauf zurückgeworfen. Wir werden uns fragen, inwiefern dieser uns bestimmt, fremdsteuert, inwiefern Automatismen, Festgefahrenheiten unser Leben ausmachen, inwiefern wir selbst innerlich zugewachsen sind, um dies in Süskinds Worten auszudrücken. Bei dieser Lektüre frage ich mich unweigerlich, wo sich denn meine eigene Komfortzone befindet, die zu verlassen ich nicht bereit bin. Aber vielleicht gehen da meine Gedanken auch zu weit. Auf jeden Fall eine sehr lesenswerte Lektüre. Ich habe das Buch genossen und war ziemlich schnell durch damit.


    Unschlüssig war ich, ob ich zum Ende der Geschichte, dem ich gespannt und mit wahrnehmbarer Neugier entgegengelesen habe, etwas anmerken soll, denn ich nehme damit etwas vorweg. Achtung Spoiler: Am Ende drängt sich die Frage auf, ob oder wo die Irrfahrt des Protagonisten wohl enden würde, und meinem Empfinden nach löst Süskind dies sehr anschaulich. Er benutzt, ohne damit ins Klischeehafte abzurutschen, die Symbolik und Analogie eines reinigenden Gewitters, die nächtliche und dunkle Stille, die nach einem gewaltigen Donnerschlag über der Stadt liegt, und in der Jonathans Wahrnehmung von Einengung und Abgrenzung, schlicht seine gesamte Person, sich in einem kleinen Hotelzimmer, das der Form eines Sarges gleicht, im Nichts aufzulösen beginnt. Die nüchterne und eindrückliche Schilderung eines Erwachens, das seinesgleichen sucht. Literarisch hervorragend in Szene gesetzt, wie ich finde.


    Review mit Zitaten und Bildern auf https://www.bookstories.ch/gelesenes1/die-taube 

  8. Cover des Buches Right: Er ist doch der Richtige ... oder nicht? (ISBN: 9783864953187)
    Jana Aston

    Right: Er ist doch der Richtige ... oder nicht?

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Chrissy87
    Kurz vorweg, ich war und bin ein großer Fan des ersten Teils und da war immer mal im Hintergrund die Geschichte von Everly angedeutet und ich habe mich schon auf diese gefreut.
    Nun ist es aber anders gekommen als gedacht, denn ich fand sie einfach nur fürchterlich. Vielleicht war es nicht die richtige Zeit für mich und die Geschichte oder sie hat mich einfach nur auf dem falschen Fuß erwischt, aber ich war nur genervt.
    Meiner Meinung nach braucht Everly kein Happy-End sondern eine Therapie.
    Ich war so erschrocken von ihren Ansichten, warum sie einem bestimmten Mann nachstellte, wieso es wichtig ist den perfekten Mann für sich zu finden. Und dann dieses Stalking, wahrscheinlich sollte man dieses Buch mit einem gewissen Augenzwinkern lesen, aber sie stalkt echt extrem und ist sich nicht mal einer Schuld bewusst.
    Und dann mischt sie des Öfteren in das Leben anderer ein, weil sie diese Personen verkuppeln möchte und sie sieht sich selbst als liebenswerte Kupplerin, dabei ist sie nur aufdringlich und frech (ich finde sie sogar peinlich).
    Alles was bei ihr liebenswert oder süß wirken sollte, fand ich nur anstrengend.
    Sorry für mich war das wirklich nichts. Einziges Highlight waren Sawyer und später Jake und natürlich Chloe, von der ich hoffe das sie auch noch ihre eigene Geschichte bekommt.
  9. Cover des Buches Sommerhaus, später (ISBN: 9783844516258)
    Judith Hermann

    Sommerhaus, später

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Atila
    – Ist das die Geschichte, die ich erzählen will? ... Ich bin nicht sicher, nicht wirklich sicher. – Ich interessierte mich ausschließlich für mich selbst. – Seit er denken kann sagt Der Geisteskranke: > – Es schien mir wie inzestuös mit ihr zu schlafen. – Er sagte, ich solle meine eigene Geschichte nicht mit denen der Anderen verwechseln. – Ist das die Geschichte, die ich erzählen will? ... Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht wirklich. ************************************************* Dieses Hörbuch umfasst fünf Kurzgeschichten von Judith Hermann, aus denen diese Zitate stammen. Die Autorin liest mit gleichmütiger emotionskarger Stimme aus einer zugleich Innen- und Außenperspektive menschlicher Beziehungen, jede in sich besonders und doch eigenartig ähnlich. Ich lausche fasziniert, wie sie sanft die Vokale dehnt, ohne die Stimme dabei zu erheben: Kiind – sie war üüberhaupt niicht schöön – iich weiß es niicht! – niicht. Abebbende Satzenden, klingende „nnns“ und „nnds“ mit abtropfendem „d“, nahezu perfekt der Anschluss der Zungenspitze hinter den Schneidezähnen, wie bei einem Radiosprecher. Interessant ist, was in den Hörpausen hängt. Sie hält ihre Intonationsbögen flach distanziert selbst bei der größten aller Katastrophen im Plot. Es sind biographisch durchaus plausible und doch ganz einzigartige "westliche" Sujets: Ein aus Ofenbau-Langeweile-Gatten-Abwesenheit schleichend lange mehrfach verübter Ehebruch führt zu einem Satisfaktionsliebesduellmord des Urgroßvaters, was jetzt zwei Generationen später zum Verlust des stets am linken Handgelenk getragenen Korallenarmbands der sich von einem ihrer russischen intellektuellen Liebhaber liebenlassenden Urgroßmutter und beim ersten Besuch vom Psychologen des Fischfreundliebsten der Urgroßenkelin führt; ein wortlos abgelehnter Antrag auf Sommerhausvilla-mit-späterer-Lebensplanungsmöglichkeit des intellektuell und auch sonst nicht als standesgemäßen Taxifahrergeliebten verbrennt mitsamt Haustraum zu Asche; Liebesanspruch und Liebeserpressung einer Zug-um-Zug-Zugelaufenen zigarettenrauchenden Zweitgeliebten; die preis gegebene Musiksammlung als Unterpfand für die eigene Freiheit in einer Hotelanonymität, um nicht Farbe bekennen zu müssen angesichts längst verunsichertem, überaltertem, einsam abgewohnten versponnenen Begehren, angesichts einer viel zu jungen und viel zu sporadischen Frau. Es geht um Liebe. Auch. Es geht um verhinderte Liebe, um verhindernde Liebe. Es geht um irrende Liebesannäherungen, die nicht einleuchtend, die unpassend, zwanghaft, erpresserisch, devot, unmöglich, gefährlich, erdrückend, beispiellos, verwirrend, fast krankhaft, geradezu als lächerlich erlebt werden; ich höre Liebesvollstreckungen am eigenen Sein, die ihren ureigenen rituellen Vollzug finden, unangenehm plausibel, eigentümliche eingeschliffene und müde Alltagsverhaltungen erschütternd, eskalierend, bahnbrechend, frostig, peinlich, gänzlich unschlüssig und doch teilnahmslos am Schicksal des anderen, wenn es letztlich in einem Moment wahrer Präsenz darum geht, sich zu bekennen, unfähig, sich ganz oder gar hinzugeben, dem Begehren des anderen, alptraumhafte sich hinziehende Arabesken in einer verrottenden, vermodernden, unhaltbar dem Verfall anheim gegebenen Zeitlichkeit der Dinge, dem gegenüber auch die Bereitschaft zum unausweichlichen Verzicht der eigenen zerdrückten schmalen Seelenfalten keinen Abbruch tuend oder Aufenthalt mehr bietend. Unerbetene, besitzergreifende Grenzüberschreitungen der Nähe, die wie ein Angriff auf das eigene Unabhängigkeitsbedürfnis erlebt werden, Kontaktstürze, Attacken schmerzlicher, Angst einflößender, intelligenter, menschtriefender Unzufälligkeiten, Anspruchsklammern aus abstoßender nächster Nähe, quälende jedoch solch unaussprechbare Erwartungen wider den stetigen Abgrenzungswunsch, endlich von ihm oder von ihr.... ohne das eigene unzulängliche Sein oder gänzlich den Kontakt mit der Welt zu verlieren! Gibt es Alternativen? Gibt es Anlass zur Hoffnung? Bis etwas unerwartetes geschieht, ausgelöst durch andere Menschen. Etwas und jemand, der ihn oder sie dazu bringt, nur einmal vom eingeschlagenen Weg, der vorherigen Ordnung abzuweichen, gezogen und widerwillig aber mit aller Konsequenz, die zur Bewältigung und zur Aktion aufgeboten werden können. "Manchmal liebten wir uns, und dann..." Die letztlich verunglückenden Beziehungen sind Ursache und Folge von Haltungen unausgewogener, unprätentiös unvollkommener, unparitätisch spannungsreicher Weltbefindlichkeiten, Beziehungskonstellationen, unterkühlt, aus fast gleichgültiger Beobachtung, bestenfalls gelassen, als hätten die Protagonisten oft gar keine andere Wahl und auch kein emotionsreicheres Grundgefühl, das sie nach außen zu zeigen gewillt wären. Mit einem gewissen Hang zum Scheitern begabt handeln sie schlafwandlerisch ihren Impulsen, Sehnsüchten, Lüsten ausgeliefert, die zwar nicht heftig nach außen ausbrechen, sondern implodieren in einem seismographisch unvorhersehbaren, wie unter Hypnose vorprogrammierten Scheitern, sich in Abbrüchen entladend, die den vergangenen Status quo nie wieder herzustellen vermögen. Und das alles, ganz subtil, äußerlich unbemerkt und leise, unmerklich. Ein Psychologe diagnostizierte diese Persönlichkeiten wohl als "schizoid". ******************************************** Dazu fällt mir ein: „Auf, lass’ uns anders werden als die Vielen, die da wimmeln, in dem allgemeinen Haufen.“ SPITTELER Ist das die Rezension, die ich schreiben will? - Ja. Ist das ein Hörbuch, das ich mir kaufen würde? - Nein. ... auch wenn ich die Intensität der entstandenen Sprachbilder wohl lange im Gedächtnis behalten werde. Selbst ein sonniges Gemüt kriegte dabei Schüttelfrost...
  10. Cover des Buches Mausetot im Mausoleum (ISBN: 9783770015610)
    Lotte Minck

    Mausetot im Mausoleum

     (66)
    Aktuelle Rezension von: Ms_Violin

    Nach Pascals Auszug bläst Loretta Trübsal und will sich auch nicht von ihren Freunden aufheitern lassen. Sie nimmt sogar die Nachtschicht im Callcenter an, um nachts nicht alleine in ihrer einsamen Wohnung sein zu müssen. Natürlich sehen ihre Freunde nicht lange untätig zu und drängen Loretta schnell dazu ein neues Hobby auszuprobieren: die Fotografie.
    Anfangs noch leicht unschlüssig, denn was soll man an diesen nebelgrauen Novembertagen schon groß fotografieren, entwickelt Loretta doch schnell Spaß daran, neue und ungewöhnliche Motive zu finden. Dabei trifft sie auch auf Stefan, der ebenfalls gerne fotografiert und sie einlädt mit ihm zusammen einen alten Friedhof zu besuchen, auf dem er schon einige spannende Schnappschüsse machen konnte.
    Als Loretta schließlich beim Treffpunkt ankommt, entdeckt sie ihre neue Bekanntschaft jedoch mausetot im Mausoleum.
    Bald zeigen die Ermittlungen, dass möglicherweise ein Zusammenhang bestehen könnte zu den Blumengrüßen, die Loretta neuerdings erhält und so steckt Loretta plötzlich mittendrin in ihrem bislang persönlichsten und auch gefährlichsten Fall.


    Lorettas neunter Fall hat es tatsächlich in sich und bietet dieses Mal eine gehörige Portion an Spannung.
    Es hat zwar für meinen Geschmack etwas (zu) lange gedauert bis Loretta die Verbindung von den Blumengrüßen hin zu einem (verrückten) Stalker gemacht hat - immerhin hat sie Blumen an ihrem Auto sowohl vor ihrer Wohnung als auch ihrer Arbeitsstelle erhalten, was mich deutlich schneller beunruhigen würde -, aber gut, dann war sie da dieses Mal etwas langsam und brauchte erst einen größeren Hinweis, um zu erkennen, dass dies keine einfachen und harmlosen Blumengrüße sind.
    Von der Identität des Stalkers war ich leider auch nicht wirklich überrascht, auch wenn es mehrere neue Personen in Lorettas Umfeld gab und es so nicht ganz so offensichtlich sein sollte. Allerdings hat nur eine dieser Figuren bei mir ziemlich schnell alle Alarmsirenen klingeln lassen.
    Trotzdem war ich dann aber doch noch von der Intensität des Ganzen sehr erstaunt.

    Lorettas Freunde haben mir hier ein wenig gefehlt, da sie alle nur sehr kleine Auftritte kriegen, was für die Reihe ja eher ungewöhnlich ist, dass Loretta so ganz auf sich selbst gestellt agiert.
    Allerdings liegt das eben auch an Lorettas Stimmung, die sich einfach in ihrem Liebeskummer und ihrer trüben Stimmung ein wenig suhlt.
    Dafür gibt es eben einige neue Figuren, auf die wir treffen, wobei da besonders die Astrologin Stella Albrecht heraussticht, denn diese kriegt ihre ganz eigene Krimi-Reihe von Lotte Minck.
    Zwar eine nette Idee uns so die Protagonistin einer neuen Reihe vorzustellen, aber so richtig packen konnte mich die Vorstellung von Stella als Ermittlerin nicht; auch wenn sie und ihre Großmutter sicherlich interessante Charaktere werden könnten.

    Gefallen hat mir, wie Lorettas Stimmung vermittelt wurde und sich so passend in das Dauer-Nebel-November-Grau eingefügt hat.
    Auch wenn ich etwas erstaunt über diese angeblich ständige, tagelange und extrem dichte graue Nebelsuppe war - bei der man sogar unbemerkt ausspioniert werden kann - da diese (extreme) Wetterlage nicht gerade typisch für das Ruhrgebiet ist.
    Aber es hat einfach zu gut gepasst.

    Das Ende fand ich dann allerdings nicht ganz zufriedenstellend.
    Irgendwann empfand ich alles als fast schon zu skurril. Die Intensität, die hier vorhanden ist, passt für mich nicht ganz zur Reihe und Lorettas Verhalten auf die Lage wirkte auch nicht richtig stimmig und schließlich gipfelte die Auflösung der Situation in einer Mischung aus Action, Zufall und Drama, sodass ich nicht mehr ganz wusste, wo mir eigentlich der Kopf steht.
    Spannend, ja - zumindest im Großen und Ganzen.
    Aber eben auch ein bisschen viel für Loretta und ihre bisherigen Fälle.


    Fazit: Ein wirklich spannender und gefährlicher Fall für Loretta, der aber gerade zum Ende hin nicht mehr so richtig in die bisherige Reihe passen wollte.

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