Kolumne: Wo ist die gute deutsche Fantasy und warum ist sie so selten?

Erstellt von muchobooklove vor 11 Jahren

Kolumne: Wo ist die gute deutsche Fantasy und warum ist sie so selten?

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muchobooklovevor 11 Jahren
Fantasy-Kolumne August 2013 von Yvonne:

Oder ist deutsche Fantasy schlechter als amerikanische?

Liebe Fantasy-Verlage,

Es fällt einem nicht schwer, das zu glauben, wenn man seinen Blick durch die Buchhandlungen wandern lässt – gerade im Fantasy-Bereich sieht man viel mehr Übersetzungen als deutsche Werke. Und selbst wenn man mal einen deutschen Namen entdeckt, spielt die Geschichte ja oft nicht im eigenen Land. Warum ist das so?

Ich glaube nicht, dass deutsche Fantasy schlechter ist. Markus Heitz, Kai Meyer, Wolfgang Hohlbein und ein paar andere große Namen beweisen das Gegenteil. Das, was allerdings fehlt, sind junge, neue Autoren (und Autorinnen). Und ich weiß, dass gerade die es verdammt schwer haben, sich bei den Verlagen durchzusetzen. Ich habe einige Jungautoren in meinem Freundeskreis, die versuchen, ihre Fantasy-Werke an den Verlag bzw. erst mal an eine Agentur zu bringen. Aber die Agenturen haben meist genug Autoren im Fantasy-Bereich unter Vertrag; die Verlage möchten ungern Fantasy einkaufen, weil seit Jahren alle von der Fantasy-Krise reden, die ich beim besten Willen nicht sehen kann. Vampire mögen ausgelutscht sein und auch Dystopien verlieren irgendwann ihren Reiz, aber wer möchte denn auch bitte nur über Vampire oder den Weltuntergang lesen? Es gibt so viele Wesen und Sagen, aus denen sich gute Geschichten machen lassen und trotzdem findet man immer nur das gleiche. Die Kernthemen dürften ruhig ein wenig breiter gefächert sein.

Wer sich ein bisschen mit dem Schreiben beschäftigt, weiß dass es heißt „Schreib über das was du kennst!“ – und da bietet sich ein deutsches Setting natürlich an. Ich habe zwar eine großartige Vorstellungskraft, aber auch die scheitert an meinem 800-Seelen-Dorf in Kombination mit fantastischen Wesen wie Vampiren und Werwölfen. Das passt einfach für mich nicht zusammen. Bei amerikanischer Fantasy (Stephenie Meyer, Stephen King, Lisa J. Smith) ist das anders – Forks und Mystic Falls sind zum einen natürlich fiktiv, aber, angesiedelt in Amerika, auch ziemlich weit weg. Es fällt mir leichter zu akzeptieren, dass dort etwas Paranormales stattfindet als drei Straßen weiter von meinem Haus. Ich kann niemandem einen Vorwurf machen, dem es genauso geht. Mir fällt kein Buch mit einem deutschen Setting ein, bei dem ich vorbehaltlos sagen könnte, dass es funktioniert. Selbst Kai Meyer treibt sich gerne in Sizilien oder an der Côte d'Azur herum.

Der Handlungsort sollte aber ohnehin nebensächlich sein bzw. dem Autor überlassen bleiben, Hauptsache ist doch, dass die Geschichte stimmig ist und funktioniert. Das größere Problem ist meiner Meinung nach die Zurückhaltung der Verlage. Es ist nachvollziehbar, dass man keine Lizenz für ein Buch einkaufen will, auf dem man sitzen bleibt, weil es eben nicht der zweite George R. R. Martin oder eine neue J. K. Rowling ist. Junge Autoren müssen erst aufgebaut und bekannt gemacht werden – das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Und in dem Fall ist es einfacher, sich auf die etablierten (deutschen) Größen zu verlassen und englischsprachige Autoren, die im englischsprachigen Raum bereits beliebt und bekannt sind, einzukaufen. „Internationaler Bestseller“ liest sich auf dem Buch eben auch besser als „Vielversprechendes Debüt“.

Immer klappt das nicht, wie man Beispiel von Holly Black sieht. Sie ist in den USA eine feste Größe, doch bei uns scheinen ihre Bücher nicht den richtigen Nerv zu treffen. Die Übersetzung der Curse-Worker-Reihe wurde nach dem ersten Band „Weißer Fluch“ (ET 21.02.2011) eingestellt. Erst zwei Jahre später, im Dezember 2013 kommt „Weißer Fluch“ erneut auf den deutschen Markt – diesmal als Taschenbuch. Teil 2 und 3 folgen im Januar bzw. April 2014. Ein zweiter Versuch, der hoffentlich funktioniert. Ich verstehe, dass man als Verlag vor allem auch wirtschaftlich denken muss. Aber ich würde mir wünschen, dass deutsche Verlage auch vermehrt deutschen (Jung-)Autoren im Bereich Fantasy eine Chance geben. Wer sonst soll denn deutschsprachige Autoren vertreten, wenn nicht die deutschen Verlage? Was ich nicht kenne, kann ich nicht mögen, aber was keiner bekannt macht, kann ich auch nicht kennen, also auch nicht herausfinden, ob ich es mag. Also liebe Verlage, kauft gerne weiter englischsprachige Werke ein, die wollen wir ja schließlich auch lesen, aber gebt doch bitte den neuen deutschen Fantasy-Autoren mit neuen Ideen die gleiche Chance.

Oder ist deutsche Fantasy wirklich schlechter?

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