Cover des Buches Das Schweigen des Schnees

Leseprobe zum Versüssen der Wartezeit

Erstellt von BettinaBellmont vor 8 Jahren

Leseprobe zum Versüssen der Wartezeit

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BettinaBellmontvor 8 Jahren

In wenigen Tagen ist es soweit: Kame Nikki - Tagebuch einer Schildkröte, das erste Shortbook zu meiner Asa Monogatari-Reihe, erscheint als Taschenbuch und eBook.

Shortbook? Warum das denn?

Ja, angeregt von einer beiläufigen Bemerkung bei der letzten Leserunde von "Das Schweigen des Schnees" entstand die Idee, dem Seegeist Mizuumi eine Vorgeschichte zu schenken, die mehr umfasst als einige Hundert Jahre trostlosem Grübeln im Teich. Und es sollte ein Shortbook werden: 1) damit man es in einem Rutsch durchlesen und somit noch mehr in die Geschichte eintauchen kann und 2) als Experiment für mich als Autorin, denn Kame Nikki wurde in einer einzigen Woche geschrieben.

Kann ich es denn lesen, ohne "Das Schweigen des Schnees" zu kennen?

Genau dafür ist Kame Nikki gedacht: als kurzer, appetitlicher Einstieg für Neulinge. Aber auch als Rückkehr und süsse Versuchung für alle, die die lange Wartezeit bis Band 2 einfach nicht mehr ertragen. Zugegeben: Die Rahmengeschichte orientiert sich an einer einzigen Szene aus "Das Schweigen des Schnees" - dieses Mal aus Mizuumis Sicht. Aber auch ohne diese Szene zu kennen, kann man der Hauptgeschichte problemlos folgen.

Wird es eine Leserunde geben?

Unbedingt! Ohne Leserunde gäbe es Kame Nikki ja überhaupt nicht. Wer weiß, was sonst noch alles entstehen kann? :) Allerdings werde ich noch warten, bis der ganze Buchmessen-Trubel vorbei ist, damit die Leserunde dann in Ruhe starten kann.

So: Jetzt aber genug gequatscht. Kommen wir zum eigentlichen Grund dieses Beitrags. Da wieder mal Warten - bis zur Leserunde bzw. zur Veröffentlichung am 10. Oktober - angesagt ist, dachte ich mir, ich versüsse euch die Wartezeit ein wenig mit dieser Leseprobe. Und für alle unter euch, die "Schweigen" bereits kennen: Na? An welcher Szene orientiert sich Kame Nikki wohl?

Leseprobe: Kame Nikki - Tagebuch einer Schildkröte

Der Teich

Etwas Ungewöhnliches weckte ihn. Ein Geräusch, das er seit Ewigkeiten nicht mehr gehört hatte. Jemand war da, irgendwo weit oben über der Wasseroberfläche, und weinte. Hellhörig geworden, spitzte er seine Ohren und blickte durch die wogenden Halme der Algen hinauf ins Sonnenlicht, welches sich auf dem auf dem Wasser brach und die Düsternis des Teichs in hellen, goldenen Streifen erleuchtete. Glitzernd trieben seine eigenen Luftblasen an seinem Gesichtsfeld vorbei und stiegen taumelnd dorthin, woher das Weinen kam. Er lauschte dem stummen Gesang der Fische, dem Treiben der Strömungen um die glatten, runden Steine auf dem Grund und dem leisen Plätschern des Flusslaufes, der unter den Kirschbäumen in seinen Teich mündete. Nichts Ungewöhnliches. Nichts, was er nicht erwartet hätte. Und doch war da ganz leise dieses Weinen. Je mehr und mehr er darauf achtete, desto deutlicher wurde es. Sollte er nachsehen?


Er wusste nicht, wie viel Ewigkeit bereits vergangen war, seit er das letzte Mal die Stelle verlassen hatte, an der er normalerweise vor sich hin dämmerte. Hier zwischen zwei Steinen hatte er einen wunderbar feuchten, von weichem Schlamm bedeckten Schlafplatz gefunden, an den nur selten etwas Licht gelangte. Obwohl er der Eintönigkeit seiner Behausung längst überdrüssig war, wagte er es nun nicht mehr, sie zu verlassen. Was, wenn er beim Erforschen des Teiches entdeckte, dass sich in Tat und Wahrheit doch nichts geändert hatte? Das alles noch an seinem Platz war und im Grunde nichts – aber auch überhaupt nichts – geschehen war, obwohl die Zeit oben an der Oberfläche so rasend schnell verging wie das kurze Leben einer Kaulquappe? Besser, er blieb hier und träumte davon, was geschehen könnte, was sich verändern könnte. In seinen einsamen Gedanken hatte er die Welt gesehen. Bäume, soweit das Auge reichte. Inseln voller Blumen. Tiere, deren Namen er nur von den Erzählungen seiner Mutter kannte. Und immer wieder das Meer. Das weite, klare Meer.
Doch so sehr er sich auch in seinen Schlamm eingrub und das Weinen zu ignorieren versuchte; es hörte einfach nicht auf und er fühlte sich regelrecht zum Lauschen gezwungen. Er, der noch keinen Namen hatte, beschloss schließlich, doch nachzusehen, was hier neben seinem Teich vor sich ging.

***

Am Anfang war er alleine. Es war warm und roch nach Sand und nassen Kieseln. Er mochte den Geruch der Feuchtigkeit. Sie schien ihn willkommen zu heißen, ihn zu locken, doch noch fühlte er sich ganz trocken und wohlig eingehüllt. Dann wechselten auf einmal die Farben auf seinen geschlossenen Lidern von einem dunklen Rot ins helle, goldgelbe Weiß. Verschwammen. Versanken ineinander. Nur rein zufällig bemerkte er, dass er die Augen öffnen konnte. Dahinter spiegelten sich die Lichter, welche er schon auf seinen Lidern entdeckt hatte, auf cremefarbenen Sand. Weil sie ihm gefielen, ging er darauf zu, robbte vorwärts und lernte, dass er den Untergrund mit seinen Beinen und Armen mühelos zur Seite schieben konnte. Dann plötzlich stieß sein Kopf an die Oberfläche. Er spürte den Wind um seine Nase wehen und das warme Gefühl der Sonnenstrahlen kitzelte seine Wangen. Im ersten Moment blendeten sie ihn derart, dass er die Augen instinktiv wieder zukniff, ehe er einen erneuten Versuch startete und die Umgebung um sich betrachtete. Sand, Steine, Blätter. Links neben seinen Füssen konnte er spiegelndes Wasser entdecken, welches nur dann und wann von kreisenden Bewegungen durchbrochen wurde, wenn große Insekten mit langen, schimmernden Flügeln sich kurz auf der Oberfläche niederließen, nur um dann rasch wieder vor den zuschnappenden Mäulern der Fische zu fliehen, die aus der Tiefe herannahten. Das ganze Schauspiel faszinierte ihn und das Wasser schien ihn auf eigenartige Weise vertraut. Es schien ihn zu sich zu rufen.
Doch er war eben erst erwacht und wollte sich etwas mehr umsehen, weshalb er seinen Echsenhals nach rechts drehte, wo ein geschwungener Weg einen Hügel hochführte. Tiefliegende Äste von Kirschbäumen versperrten die Sicht nach oben und weckten seine Neugier. Konnte er es bis dorthin schaffen? Er schaufelte mit den Beinen, doch das Vorwärtskommen bereitete ihm jetzt etwas mehr Mühe. So leicht wollte er nicht aufgeben! Er schaufelte und schaufelte, setzte einen Schritt vor den nächsten und robbte auf seinem Bauch weiter und weiter, bis er unter sich plötzlich statt des Sandes einen härteren und kälteren Untergrund wiederfand. Er sog gierig den frischen Geruch von Gräsern und Kräutern ein, der ihn hier umhüllte. Nun gelang es ihm, die Füße besser auf der Erde abzustoßen, ohne dass diese gleich unter seinem Gewicht nachgab. Munter tapste er los.

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