Ein historischer Roman mit Krimieinschlag
von odenwaldcollies
Rezension
Daß die Autorin unter einem anderen Namen Kriminalromane schreibt, merkt man diesem Buch an: die Flucht von Ellin aus der Burg der Verschwörer und ihre Verfolgung ist spannend und packend beschrieben. Auf ihrer Flucht begegnet sie Menschen, die so liebenswert und hilfsbereit sind und die man so gar nicht im finsteren Mittelalter vermuten würde. Leider geht die Autorin nicht immer zimperlich mit den Charakteren um, so daß sie mich mit mancher Wendung überrascht und schockiert hat. Ich konnte bis beinahe zum Schluß nicht sagen, in welche Richtung sich die Handlung entwickeln würde, ob sich meine Hoffnungen erfüllen oder zerschlagen.
Auch ohne die spannenden Elemente hat mich Ellins Geschichte fesseln können, wenn sie versucht, in fremden Dörfern und Städten Fuß zu fassen – und sie dabei unerwartete Unterstützung oder Fallstricke erwarten. Ein Höhepunkt dieses Romans sind für mich seine liebevoll gezeichneten Figuren, die man zum Großteil einfach ins Herz schließen muß. Ellin ist als junge Novizin sehr verunsichert, als sie sich außerhalb der Klostermauern durchschlagen muß. Bisher wurde ihr das Leben dort draußen als nicht sehr erstrebenswert dargestellt, voller Menschen, die nur an ihren eigenen Vorteil denken. Umso erstaunter ist sie, als sie die gegenteilige Erfahrung macht, was sie in ihren Zweifeln bestärkt, ob das Leben als Nonne wirklich das Richtige für sie ist.
Neben den Dorfbewohnern von Selete hat mir Berblin besonders gut gefallen: sie nimmt Ellin unter ihre Fittiche und gibt ihr mehr als einmal den nötigen Schubs, ihr neues Leben in die eigene Hand zu nehmen.
Ein weiterer interessanter Charakter ist der neue Erzbischof Heinrich von Molenark, der von Kaiser und Papst beauftragt wurde, den Mord an seinem Vorgänger aufzuklären. Als er von Ellin als Zeugin erfährt, setzt er alles daran, den Schergen der Verschwörer zuvorzukommen, um Ellins Leben zu schützen. Nicht immer hat er meine Zustimmung bei seinen Plänen, aber er nimmt seinen Auftrag sehr ernst, außerdem ist er ein gerechter Erzbischof, dem es nicht nur um die eigene Bereicherung geht.
Sehr gut haben mir aber auch die Beschreibungen z.B. von Bremen gefallen, die eine besondere Atmosphäre gezaubert haben und nicht nur Ellin staunen ließen.
Die Kerzenzieherin war mein ersten Buch von Caren Benedikt, aber ganz sicherlich nicht mein letztes – eine gelungene Mischung aus historischen Fakten und Fiktion.