Cover des Buches Und nachts die Angst (ISBN: 9783426513774)
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Rezension zu Und nachts die Angst von Carla Norton

Zu schnelle Enthüllung des Täters

von Kittyzer vor 11 Jahren

Rezension

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Kittyzervor 11 Jahren
Im Anschluss interviewt ein Reporter die Mütter der Mädchen. Mrs. Creighton ist eine ausgezehrte Frau mit gequältem Blick. "Natürlich haben wir noch immer Hoffnung", sagt sie mit schwacher Stimme. "Aber alles ist besser als im Ungewissen zu bleiben."
Eine Minute später sagt Mrs. Hill im Wesentlichen dasselbe, doch ihre Miene ist angespannt, und sie hat die Hände an ihren Seiten zu Fäusten geballt.
Reeve schaltet die Nachrichten aus, dann das Licht, sieht aber noch immer den nackten Schmerz in den Augen der Mütter und stellt sich ihre eigenen Eltern in derselben Situation vor, in der man so lange um das eigene Kind gebangt hat, dass sogar der Fund einer Leiche eine Erleichterung wäre.

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INHALT:
Als 12-jährige wurde die junge Reeve entführt und von ihrem Peiniger schwer misshandelt und -braucht. Nach Jahren der Gefangenschaft konnte sie jedoch entkommen, und nun beginnt sie langsam wieder ein einigermaßen normales Leben. Dann jedoch wird wieder ein entführtes Kind entdeckt - Tilly, das jüngste von drei kürzlich verschwundenen Mädchen. Reeve wird als Hilfe hinzugezogen. Und kommt dem Täter plötzlich viel zu nahe...

MEINE MEINUNG:

SCHREIBSTIL

Carla Norton besitzt einen sehr ansprechenden Stil, der einen schnell in die Geschichte eintauchen lässt. Erzählt wird das Ganze im Präsens aus der personalen Sicht verschiedener Figuren, wenn die Protagonistin auch definitiv Reeve ist. Die Beschreibungen sind knapp, aber detailreich, jedoch nicht zu brutal und in Anbetracht des schwierigen Themas durchaus angemessen. Die Dialoge sind glaubwürdig und wirken durchdacht, zwischenzeitlich geraten manche allerdings auch etwas zu langatmig.

CHARAKTERE
Reeve ist eine sehr interessante Hauptfigur, mit der man sich trotz ihrer schweren und traumatisierenden Vergangenheit gut identifizieren kann. Anfangs wirkt sie noch immer sehr belastet und ängstlich, durch ihre Hilfe im Fall der entführten Tilly und dadurch, dass sie von anderen gebraucht wird, ändert sich ihre Verhaltensweise jedoch - sie wird mutiger, büßt aber keine Glaubwürdigkeit ein. Die übrigen Figuren bleiben an einigen Stellen etwas blass, insbesondere Tilly ist aber nachvollziehbar gezeichnet: Geschockt, ängstlich, allerdings ebenso trotzig. Und der Psychologe Dr. Lerner ist mit seiner hilfsbereiten, gutmütigen Art nicht nur sehr sympathisch, sondern auch glaubhaft.

STORY
Kindesentführung sowie -misshandlung ist ein sehr, sehr schwieriges Thema, dem sich Carla Norton mit Sorgfalt, Sensibilität und Authentizität widmet. Immer wieder lässt sie außer Reeve noch andere Figuren zu Wort kommen, wodurch sich Zusammenhänge ergeben und Verbindungen geschaffen werden. Die Geschichte selbst ist durchaus interessant zu verfolgen, besonders, da wenig Wert auf die Ermittlungsarbeit, sondern eher auf die psychischen Aspekte und Auswirkungen gelegt wird. Dabei kommen nicht nur die Opfer ins Spiel, sondern auch Täter, die Presse, die Polizei und die Anwälte - eine große Vielfalt also.

SPANNUNG

Das Problem war für mich nur, dass von etwa Seite 50 an klar war, wer der Täter ist - die Autorin gibt nicht nur den Beruf, das Alter, das Aussehen an, sondern auch den Namen, und nimmt dem Leser so das Rätselraten, etwas, was mir persönlich wichtig ist. Auch, wenn es viel um die Psyche der Mädchen geht, so gelingt es trotzdem nicht mehr, eine wirkliche Spannung aufzubauen, da der Leser den agierenden Charakteren eben immer schon einige Stücke voraus ist. Zwar erhält man verstörende Einblicke in die Gedanken des Täters - aber dennoch reißt es nicht mit. Für mich persönlich blieb die Spannungskurve bis zum Ende auf einem leider eher niedrigen Level, das es mir unmöglich machte, den Fortgang der Geschichte wirklich interessiert zu verfolgen.

FAZIT:

"Und nachts die Angst" hat eine interessante und vor allem schwierige Grundidee, die von einer guten Protagonistin und einem ansprechenden Stil gestützt wird. Die Spannung ist allerdings eher auf Sparflamme, da der Täter sehr schnell bekannt wird. So kann ich nicht mehr als 3 Punkte vergeben.
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