Cover des Buches Hanna und Sebastian (ISBN: 9783406659607)
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Rezension zu Hanna und Sebastian von Thomas Klugkist

Ein außergewöhnlicher Roman, der seine Zeit braucht...

von MissSnorkfraeulein vor 10 Jahren

Rezension

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MissSnorkfraeuleinvor 10 Jahren
„Andererseits bin ich so froh, diesen Raum hier zu haben… (…). Einen Raum wie ein Zugabteil, wie das Bistro in deinem Nachtzug, ein anderes natürlich, in einem anderen Zug, in dem ich dich jederzeit vorfinde, du immer Zeit für mich hast, wir die Welt vorüberziehen lassen, gemeinsam nachdenken.“(S. 73)

In seinem Debütroman „Hanna und Sebastian“ entführt uns der Autor Thomas Klugkist in eine besondere Geschichte über die Liebe und das Leben selbst. Der Roman ist ein Briefroman und gestaltet sich ausschließlich durch Mails, Briefe und SMS, die sich die Protagonisten gegenseitig schreiben.

Hanna und Sebastian, die sich noch aus ihrer Schulzeit kennen, verbringen einige traumhafte Tage in Rom. In der Hoffnung, ganz zueinander zu finden, schreiben sich die beiden lange und intensive Briefe. Doch anders als erwartet treibt sie das Leben auseinander, und das Schreiben wird zu einem exklusiven Raum, in dem sie ihre Liebe so leidenschaftlich und wahrheitshungrig leben können wie nirgendwo sonst- und in dem sie einander die Freiheit schenken, die sie dann immer kompromissloser auch in der Wirklichkeit suchen…

Meine Lieblingskameradin, Mein ungeduldiger Dulder, Mein Weltenwanderer, Mein Gegenmensch…

Ich habe für dieses Buch mehr Zeit benötigt, als für jedes andere Buch zuvor. Zeit, die sich auf jeden Fall gelohnt hat, denn dieser Roman ist etwas ganz besonderes, wenn auch nicht ganz einfach!
„Hanna und Sebastian“ lebt von seinem lebendigen, sinnlichen, bewegenden und philosophischen Schreibstil, der etwas wirklich ganz besonderes ist und beim lesen zwar das ein oder andere Mal an den eigenen Kräften zerrt, aber einen dennoch nicht wirklich loslässt, weil es so etwas besonderes ist an Hannas und Sebastians Leben teilhaben zu können.
Ich habe um die hundert Seiten gebraucht um ins Buch zu finden und mich in die Geschichte der beiden Protagonisten fallen zu lassen. Der Roman lebt von den unterschiedlichsten Momenten aus dem Leben der Beiden und ist sowohl traurig, lustig und insbesondere philosophisch zugleich. Es ist schwierig zu sagen, um was es in diesem Buch hauptsächlich geht, weil es hierfür einfach zu komplex ist, um sich auf einen Punkt festzulegen. Es geht um das Leben! Und dieses verfügt nun mal nicht über ein Hauptthema, sondern besteht aus unzähligen Strängen, die sich zu einem Ganzen zusammenfügen und so gestaltet sich auch dieser Roman. Für mich ist er eine Truhe mit unzähligen Briefen, die jeweils kleine Momente des Lebens beinhalten.
Dem Klappentext zufolge geht es in „Hanna und Sebastian“ um ein „Liebes- und Beziehungsexperiment“, wie man es übergreifend bezeichnen kann und worauf die Geschichte natürlich beruht. Es ist die Frage, ob Liebe alleine durch Briefe, Mails etc. aufrechterhalten werden kann und je nachdem wodurch dies entweder gelingt oder scheitert.

Die Schattenseite von diesem Roman ist, dass man als Leser an seine Grenzen stößt! Damit meine ich zum einen, dass der Schreibstil, wie berauschend er auch nach einer Weile erscheinen mag, dennoch einen permanent anstrengt und der einen zur Konzentration zwingt, wenn man diesem Buch eine Chance geben möchte. Ich wollte es in der einen oder anderen Situation einfach nur an die Wand werfen (was ich zum Glück nicht gemacht habe, weil es dafür einfach zu schön ist;-)), weil es einen frustriert und nervt, weil man es einfach manchmal nicht versteht und weil es einem so viel sagen will, dass man es nicht alles aufnehmen kann!
Und so denke ich, dass es für viele Leser, die Bücher insbesondere zur Hand nehmen, um vom Alltag einfach mal abzuschalten, einfach nicht das richtige Buch ist, weil es langatmig und anstrengend erscheinen kann.
Aber dennoch kann ich es jedem empfehlen, weil es ein Buch ist, von dem man sehr sehr lange etwas hat. Vielleicht sein ganzes Leben. Und damit will ich keinesfalls übertreiben… Ich denke hierbei nur daran, dass wenn ich das Buch in fünf, zehn oder dreißig Jahren aus dem Bücherregal ziehe und nochmals lesen werde, dass ich genau dann Stellen finden werde, die mir vielleicht in meiner vorherigen Lektüre nicht aufgefallen sind oder die ich einfach nicht verstanden habe, aber mir dann in der Zukunft so klar und deutlich erscheinen, weil sie mir vielleicht bekannt vorkommen und anders verstehe, als zuvor. Und dies meine ich damit, dass dieses Buch einen ein ganzes Leben begleiten kann. Es ist ein Roman, in dem sich unwahrscheinlich viel verbirgt und einem viel sagen möchte, man braucht jedoch den richtigen Moment dafür und natürlich die Zeit.

Deine gordische Schwertführerin, dein Andermensch, deine verstockte, verbockte Hanna…

Was man auf jeden Fall sagen kann ist, dass diese Buch zum Nachdenken anregt. Es ist nicht die klassische Liebesgeschichte, wie man sie vielleicht erwartet, sonder eine Geschichte voller Leben.
Der Schreibstil ist unwahrscheinlich schön und man stolpert immer wieder über Stellen, die man sich markiert oder mehrfach durchliest, weil sie einfach so schön beschrieben/geschrieben sind. Aber dieser Schreibstil birgt auch sehr viele Gefahren, so dass es langatmig, anstrengen und einen zu sehr viel Konzentration zwingt, dass einem manchmal Kopf qualmt!
Dieser Roman braucht sehr viel Aufmerksamkeit. Jeder Satz und jedes Wort seinen eigenen Moment.
Ich kann diesen Roman all denen empfehlen, die evtl. Abwechslung von locker- flockigen Romanen suchen und zusammen mit diesem Buch philosophieren und seltsamen Gedankengängen folgen wollen. Leser, die Zeit investieren wollen für ein Buch, von dem man lange etwas hat und für das man den richtigen Moment braucht, um es zu lesen und um es zu genießen!






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