Julie & Jake
Eigentlich ist Julie mit ihrer Freundin nach Oceanside zurückgekehrt, um während ihrer Semesterferien zu arbeiten, wäre da nicht Kyle. Kyle ist schon immer ihr bester Freund, doch diese Beziehung hat sich plötzlich verschoben. Bei ihrer letzten Begegnung hatten sie Sex und das hat vieles zwischen ihnen verändert. Beiden hat es gefallen, niemand bereut es, doch die Gefühle separieren sich. Für Kyle steht fest, Julie ist die Frau seines Lebens, dabei ist Julie selbst sich gar nicht so sicher darüber, ob Kyle nur mehr als ein Freund für sie sein kann. Vor allem nicht, nachdem sie Jake getroffen. Bei Jake ist alles so anders, da brennt alles in ihr und er scheint so richtig zu sein. Glaubt sie zumindestens bis sie erfährt, wer Jake wirklich ist und sie nicht mehr weiß, was sie tun soll.Und da beginnt auch die Misere, das Drama und die Gefühle. Vor allem die Gefühle. Denn Ally Taylor, besser bekannt auch als Anne Freytag, zeigt mit "Dreisam" mal wieder wie Gefühlswelten funktionieren. Wie Liebe klappt, wie sie sich an einen schmiegt und wegstößt, die zusammengeklebt, was gesplittert ist und noch vieles mehr. Julie muss sich zwischen zwei Männern entscheiden, aber welcher ist nur der Richtige? Klingt eindeutig nach einer x-beliebigen Dreiecksbeziehungskiste, die wir irgendwo schon einmal gelesen haben. Eine Story, so 0815, dass man gar keine Lust darauf hat, weil einen die Sache schon zum Hals raushängt. So kann man sich täuschen.
Stattdessen ist man eher davon überrascht wie realistisch dieses Szenarie beschrieben wird, so unwahrscheinlich es auch scheint. Genau das macht "Dreisam" trotz fehlender Innovation und klassischer Geschichte zu einem Gefühlsfeuerwerk der besonderen Art. In zwei Perspektiven erzählt Ally Taylor die Geschichte. Einmal aus der Sicht von Jake, einen Typen, der sich bei Frauen nicht anstrengen muss, begehrt und ein waschechter Schürzenjäger und Julie, die zwischen Kyle, ihrem besten Freund und Jake, ihrem Schwarm, steht. Nur für was entscheiden? Julie wirkt bei ihrer Suche so verzweifelt, dass man als Leser schon fast mitweinen möchte. Während sie mit sich ringt, möchte man sie kurz schütteln und ihr das Richtige entgegenschreien, kann es aber trotzdem nicht, weil sie es einfach nicht weiß. Irgendwie weiß der Leser selbst nicht, was man da tun soll. Oder doch er weiß es, aber man kann es nicht zugegben. Ihre Emotionen wirken so echt, so eindringlich, dass man einfach dahinschmilzt und sich in sie verlieben kann. Im Gegensatz dazu steht Jake, der genauso Probleme mit dieser neuen Situation hat und ihn zusehens überfordert. Vor allem ist es eine männliche Perspektive, die nicht klischeebeladen daherkommt. Vielleicht hat er vorher schon jede Menge Frauen in die Kiste gebracht, aber wird dadurch nicht zum Traummann. Ganz im Gegenteil und das ist ihm bewusst. Das, mit dem gleichzeitig ehrlichen männlichen Unterton, der nicht aufgesetzt wirkt, schafft es einen plausiblen männlichen Charakter zu schaffen, der sich nicht in die Klischeeschublade pressen lässt, auch wenn es anfangs so scheint. Diese Kombination, gepaart mit der Geschichte, gibt dem Roman die Besonderheit. Er lebt von seinen teils authentischen Charakteren, die zwischen bewussten Klischee und waschechter Realität stehen. Und das betrifft nicht nur die Hauptcharaktere, sondern auch die Nebendarsteller, die man sofort ins Herz schließen muss. Egal, ob es Julies Freundin sind oder ein Kumpel von Jake. Sie sind voller Gefühle, die beim Leser ankommen und einen mitfiebern lassen. Konstellationen, die schwierig scheinen, aber doch irgendwie kennt. Man
Über allem schwebt eine sommerliche Stimmung in Oceanside, dunkle Vorahnungen und Romantik. Man kann sie alle verstehen, möchte helfen und kann es doch nicht, will Mut zusprechen und so vieles mehr, so tief steckt man in der Geschichte.
Durch den Schreibstil wir das ganze noch einmal intensiviert. Voller Poesie, voller Schmerz, Liebe, Hingabe rauscht man durch die Sätze, fliegt darüber und ist nur noch ergriffen von den Metaphern, von der musikalischen Begleitung, die sich immer wieder durch den Roman zieht. Wundervoll phrasiert, schön und eindrucksvoll. Alles ist so wie es sein sollte. Wieder einmal gibt es die richtige Menge an amerikanischen Wunschvorstellungen, Filmelementen und Drama. Nicht zu viel, nicht zu wenig, um Dramaturgie und Realität zu unterscheiden. War das erste "Make it Count"-Buch noch recht stark an "New Adult" orientiert, spielt hier Sex eine kleine Rolle und wenn doch, hat es Bedeutung und kommt nicht blumig daher, sondern ehrlich. Alles wirkt erwachsener, reifer und sogar noch eine Spur dramatischer, was je weiter man auf das Ende stürmt, festzustellen ist. Herzaussetzer insklusive! Es wird immer rasanter, man wünscht sich nur das Beste und sieht den dramatischen Höhepunkt kommen, kann gar nicht hinsehen, muss es doch tun und ist hin- und hergerissen. Und schlussendlich begeistert!