Das Buch ist zwar mit 188 Seiten nicht umfangreich, besticht aber durch Sachkenntnis und historische Genauigkeit, etwa was die handelnden Personen und Institutionen betrifft. Zumindest, was die Geschichte der USA betrifft, denn eine vom Autor in die 1870er verortete „Türkei“ gab es damals noch nicht. Aber sowohl der Mormonen-Staat „Deseret“ mit seinem Präsidenten John Taylor und Prediger Orson Pratt samt der mormonischen „Nouvoo Legion“ sind historisch ebenso verbürgt wie die US-Generäle George Crook oder Nelson Miles auf der einen oder die Häuptlinge Red Cloud und White Bull, die Dog Soldiers etc. auf der anderen Seite.
Bis zur (kontrafaktischen) Niederlage von General Crook orientiert sich der Autor am geschichtlichen Ablauf, ab dann handeln die Protagonisten in einem Paralleluniversum, in welchem der Autor aber trotzdem noch sehr viel reale Geschichte verarbeitet. Der entscheidende Aspekt, der bei Cruz-Smith für den alternativen Ausgang der Geschichte sorgt, ist primär das Gleichziehen der Indianer bei der Waffentechnik, bedingt durch Lieferungen moderner Repetier- und "Goroloff-"Maschinengewehre durch Großbritannien via Kanada an die Indianer. Er zieht ausdrückliche Parallelen zwischen der Loslösung der amerikanischen Kolonien vom britischen Mutterland und der Bildung einer indianischen Nation, beides ermöglicht durch das Vorhandensein einer technischen und intellektuellen Intelligenzschicht aus Ingenieuren, Anwälten, Ärzten, Soldaten etc.
Inwieweit dies bei den zahlreichen indianischen Nationen hätte Realität werden können, bleibt natürlich Spekulation. Tatsache ist jedoch, dass der gesellschaftliche Entwicklungsstand der amerikanischen Siedler (mit ihrer primär europäischen Prägung) kaum vergleichbar mit den Jägern und Sammlern der Nomadenstämme war, die im Kern ihre urzeitlichen Lebensgewohnheiten beibehielten. Der Autor setzt mit seinem alternativen Geschichtsverlauf voraus, dass die Indianer sich innerhalb einer Generation von der Steinzeit (Pfeil und Bogen samt Tomahawk) in die Moderne (Granaten, Tretminen und Maschinengewehre) katapultieren und taktische Konzepte plus Gefechtsstrategien diszipliniert umsetzen konnten. Er umschreibt diese seltsame Turbo-Verwandlung mit dem Satz: „Die Indianer waren plötzlich zu etwas anderem geworden“. Dies reicht meines Erachtens aber nicht, um ihnen glaubhaft die Entwicklung „der ersten Luftwaffe der Welt“ zuzutrauen, wie es Cruz-Smith tut. Hier fehlt - neben den technischen Ausbildungsstätten - vor allem die Technik-Affinität bei Naturvölkern, die Schußwaffen nicht selbst erfanden und weiterentwickelten, sondern diese erbeuteten oder erwarben.
Fraglich ist zudem, ob eine durch eine Indianernation in Ost und West geteilte USA überhaupt die Fähigkeit und Motivation gehabt hätte, etwa den (vom Autor explizit angesprochenen) Vietnamkrieg zu führen. Allein der Schutz der Außen- und Binnengrenzen hätte Truppen und Energie gebunden, Mexiko hatte ja bereits immense Gebiete an die USA verloren (Revanchegedanke) und Großbritannien (im Buch den USA gegenüber feindselig) stand quasi an der Nordgrenze (Kanada). Auch der Immigrantenstrom in die überfüllte Staaten mit wenig wirtschaftlichem Wachstum (Keine Transportwege „Coast to Coast“) wäre versiegt, daher bleibt schon fraglich, woher die Soldaten für interkontinentale Einsätze hätten kommen sollen. Die Vorstellung des Autors, dass karibische Staaten, Kuba und die Philippinen Bundesstaaten der USA wurden, mag manchem gefallen, bleibt aber vor diesem Hintergrund doch eher unwahrscheinlich.
Da die geopolitische Statik vollkommen anders gewesen wäre, muß hinterfragt werden, ob der Norden überhaupt den (im Buch ebenso erwähnten) Sezessionskrieg siegreich überstanden hätte. Wenn Großbritannien die Bildung einer Indianernation unterstützte, dann sicherlich auch die Konföderierten Staaten von Amerika („Divide et impera“). Der Schluß des Romans auf den letzten beiden Seiten wirkt seltsam willkürlich drangehängt, als hätte der Verlagslektor dem Autor das Manuskript aus der Hand gerissen, weil schon längst Abgabetermin war. Hier gibt es plötzlich einen Twist, der den gesamten vorherigen Spannungsaufbau ad absurdum führt. Schade drum, das Buch hätte ein logisches Ende verdient.