Rezension zu "Und in mir der unbesiegbare Sommer" von Ruta Sepetys
Was wäre, wenn man von jetzt auf gleich aus seinem Leben gerissen würde? Verschleppt in eine tausende Kilometer entfernte eisige Ödnis. Diese Geschichte handelt von einem 15jährigen Mädchen, welchem genau das passiert. Sie wird mit ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder im Sommer des Jahres 1941 von der sowjetischen Geheimpolizei abgeholt und muss sich in einem engen Wagon mit vielen Mitleidenden auf den Weg in eine völlig ungewisse Zukunft machen. Schon auf der langen Fahrt sterben unter unmenschlichen Bedingungen zuerst die kleinen Kinder wie die Fliegen.
Litauen wurde ebenso wie Estland und Lettland während des 2. Weltkrieges von der Sowjetunion okkupiert. Recht bald begann die Selektion unter der Bevölkerung. Alles, was nur nach Regimekritik roch, wurde samt kompletter Familie nach Sibirien verfrachtet. Dieser Prozess wurde durch den Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion gestoppt und durch die fast vollständige Ausrottung der jüdischen Bevölkerung der baltischen Staaten ersetzt.
Die Ich-Erzählerin Lina schildert das abgrundtiefe Erleiden von Hunger, Durst, Krankheit, Gewalt und dem völligen Entzug der menschlichen Würde. Von ihren Bewachern werden sie verhöhnt, gequält und schlimmer als Tiere behandelt. Doch eine Flamme tief in ihrem Inneren lässt sie kämpfen und hält einen Hoffnungsrest am Leben, in Bälde wieder mit ihrem Vater, der separat inhaftiert wurde, vereinigt zu sein und eines Tages wieder in ihre geliebte Heimat zurückkehren zu können.
Die Geschichte endet nach dem zweiten Winter in der Verbannung. Doch noch 10 weitere sollten Folgen. Und auch nach der Rückkehr musste das Erlebte aus Furcht vor weiteren Repressionen unter dem Mantel der Verschwiegenheit bleiben.
Nach den ersten 300 Tage Martyrium wurde Lina durch eine willkürliche Verlegung ins Niemandsland am Polarkreis von Andrius getrennt, der ihr bis dato beistand und zu dem sie eine tiefe Zuneigung entwickelt hatte. Doch sie schworen beim letzten Aufeinandertreffen, sich nicht zu vergessen und wieder zu finden.....
Das Buch hat mich einfach gefesselt. Es ist packend zu lesen und geht mitunter ganz schön an die Nieren. Vieles erinnert an das Leid der jüdischen Bevölkerung während der NS-Zeit. Natürlich wusste man auch schon zuvor, dass die Sowjetunion unter Stalin nicht gerade zimperlich mit Menschen umgegangen ist. Doch dies nochmals anhand eines Einzelschicksals vor Augen geführt zu bekommen, hat eine nachdrückliche Intensität.
Fazit: Eine (zwar fiktive, aber stellvertretende) Geschichte, die nicht unberührt lässt.