Cover des Buches América (ISBN: 9783423191364)
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Rezension zu América von T. C. Boyle

Zeitlose Parabel über Arm und Reich

von FrauSchafski vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Bestürzender Roman über Migration, schlimmste Armut und größten Reichtum

Rezension

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FrauSchafskivor 8 Jahren

Alles beginnt mit einem Unfall, bei dem ein Mexikaner angefahren und schwer verletzt wird. Als Entschädigung drückt der Unfallverursacher, Delaney, dem Mann 20 Dollar in die Hand - aus diesem zynischen Auftakt entspinnt T.C.Boyle seinen Roman, der sich in zwei Haupthandlungsstränge teilt: Der eine Strang folgt dem verletzten Mexikaner Cándido und seiner Frau América, die sich illegal in Los Angeles aufhalten, der zweite Strang folgt Delaney und seiner Familie, wohlhabende Weiße, die in einem Bilderbuch-Vorort von Los Angeles leben.

Schnell tun sich zwei Welten auf, die gegensätzlicher kaum sein könnten: Cándido und América, die unter schlimmsten Entbehrungen, Armut und Rassismus leiden, stehen hierbei stellvertretend für das Schicksal unzähliger illegaler mexikanischer Einwanderer in die USA. Delaney und seine Familie hingegen repräsentieren die wohlhabende, weiße Bevölkerung, die sich mit Luxusproblemen herumschlagen und mit mehr oder minder veholenem Unbehagen die steigende Zahl der Einwanderer beäugen.

Auch wenn es auf den ersten Blick so scheinen mag, ist weder die eine noch die andere Seite unfehlbar, die beiden Welten nicht schwarz und weiß. T.C. Boyle vermag es, diesen Umstand deutlich nachzuzeichen. Bösartigkeiten und Schwarze Schafe gibt es überall. Letztlich ist es in diesem Fall nicht der Mensch, der allein Schicksale entscheidet, sondern die ihm übergeordnete Natur, die beide Seiten gleich beeinflusst, im Positiven wie im Negativen.

Einzig das Ende ist vielleicht ein wenig zu vorhersehbar, die klassische, sich ankündigende Katastrophe, und ist dadurch nicht vollends überzeugend.

Nichtsdestotrotz ist dieser Roman auch jetzt nach 20 Jahren absolut zeitlos und aktueller denn je und lässt den Leser an vielen Stellen in sich hineinhorchen, weil er sich in allzuvielen Momenten selbst ertappt: „Diese Menschen, [...] wer gab ihnen das Recht auf alle Reichtümer dieser Welt? [...] Sie lebten in ihren gläsernen Palästen mit Toren und Zäunen und Alarmanlagen, sie ließen halbgegessenen Hummer und Beefsteaks auf den Tellern liegen, während der Rest der Welt verhungerte, gaben allein für Sportausrüstung, Swimmingpools, Tennisplätze und Laufschuhe genug Geld aus, um ein ganzes Land davon zu ernähren und einzukleiden, und alle, auch noch die Allerärmsten, besaßen zwei Autos. Wo war da nur die Gerechtigkeit?“

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