Hallo Teri, danke für deine Zeit. Der große Erfolg deiner "Slated"-Trilogie ist schon einige Jahre her. Wann wusstest du, dass du eine Prequel dazu schreiben willst?
Ehrlich gesagt, habe ich schon lange darüber nachgedacht. Ich wurde immer wieder gefragt, ob ich noch einmal in die Buchwelt zurückkehren werde und es haben natürlich immer an eine Fortsetzung gedacht. Aber für mich war die Geschichte wirklich abgeschlossen. Ich fand es stattdessen immer spannender, darüber zu schreiben, wie die "Slated"-Welt eigentlich zu dem wurde, wie sie ist. Es ist ja gewissermaßen eine alternative Zukunft, in der der Brexit bereits passiert ist. Bei allem, was gerade wirklich politisch passiert, erachte ich es als wichtig, aufzuzeigen, wie auch in einer Demokratie alles aus dem Ruder laufen kann, wenn man nicht wählen geht.
Man könnte beinahe meinen, du hast du Brexit vorhergesehen. Du hattest die Idee bereits vor vielen Jahren, aber nun ist das Thema brandaktuell, inwiefern arbeitest du mit Fakten und Fantasie?
Das ist wirklich spannend. Als ich zum ersten Mal überlegt habe, das Buch zu schreiben, dachte ich, dass es vielleicht zu realistisch ist. In den letzten Jahren sind viele absurde Dinge in der Politik passiert, zum Beispiel als Trump gewählt wurde. Es war etwas, bei dem ich davon ausging, dass es nicht passieren wird und das gleiche war beim Brexit der Fall.
Ich denke, dass das ein sehr spannender Ausgangspunkt für meine Geschichten ist, dass wirklich alles möglich ist, und das nicht nur im guten Sinne.
In meiner Prequel "Exit Now" gibt es viele Figuren, die in der Trilogie als Erwachsene zurückkehren. Es geht also darum, wie wir werden, wer wir sind und was uns auf diesem Weg passiert ist, das uns zu unserem Ich werden ließ.
Der Großteil deiner Leserschaft ist noch zu jung, um zu wählen. Denkst du, dass du sie mit deinen Büchern bei ihren späteren Entscheidungen beeinflussen kannst?
Ich denke, dass das politische Bewusstsein junger Menschen heute viel größer ist als zu meiner Zeit. Wenn ich an all die Klima-Proteste denke und all das Engagement, ist es beeindruckend, wie sehr sie für ihre Interessen aufstehen und einfordern, gehört zu werden.
Ich möchte wirklich niemanden belehren, aber ich denke, vielleicht ist es nicht unwichtig, aufzuzeigen, was passiert, wenn man zum Beispiel nichts tut. Aber ich glaube, dass wissen sie vielleicht sogar schon besser als ich.
Hast du eine Botschaft an deine jungen Leser:innen, die in einer Welt mit dem Brexit, Trump und aufkommendem Nationalismus aufwachsen?
Es ist gruselig, oder? Und es scheint an so vielen Orten in der Welt gleichzeitig zu passieren, das ist das eigentlich Unheimliche. Dinge werden sich ändern, es wird wieder einen Umschwung geben, und ich bin überzeugt, es werden bessere Zeiten kommen, aber ich weiß nicht, ob das geschieht, ehe es noch schlimmer wird.
In "Exit Now" gibt es mit Sam und Ava zwei starke weibliche Figuren. Was macht ihre Synergie so besonders?
Ich denke, dass beide sehr unterschiedlich sind und es das interessant macht. Ihre Hintergründe sind sehr unterschiedliche und haben sie zu denen gemacht, die sie sind. Während Sam sehr abgeschirmt aufgewachsen ist und plötzlich begreifen muss, was in der Welt passiert, war sich Ava immer dessen bewusst und verfügt über ein tiefes Verständnis. Ich denke, zwei so unterschiedliche Charaktere zusammenzubringen und zu sehen, wie sie sich dennoch miteinander identifizieren können, ist großartig.
Du hast an vielen Orten in der Welt gelebt und bist weit gereist, gibt ein Buch, das der perfekte Reisebegleiter ist?
Ich habe zuletzte sehr viele Sachbücher gelesen. Es gibt zum Beispiel die Autorin Naomi Klein, die über den Klimawandel schreibt. Sie ist großartig. Vor kurzem habe ich ihr Buch "Die Entscheidung - Kapitalismus vs. Klima" gelesen. Gerade lese ich ihr neues Buch "Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann". Ich habe gerade erst angefangen, aber es ist faszinierend. Bei "New Scientist Live" in London, wo ich unfassbar gerne hingehe, habe ich eine Speakerin gehört, Caroline Criado-Perez, und danach ihr Buch "Unsichtbare Frauen" (ET 02/20) gelesen. Es geht darum, dass Frauen überhaupt nicht Bestandteil der Daten sind, die über ihr Leben bestimmen. Zum Beispiel sind Anschnallgurte auf männliche Körper ausgerichtet und überhaupt nicht auf Frauen, viele Medikamente wurden nur an Männern getestet, haben aber einen ganz anderen Effekt auf Frauen. So etwas finde ich super interessant. Ich habe also in letzter Zeit viel Non-Fiction gelesen, recherchiere allerdings auch für ein neues Buch, das etwas mit dem Klimawandel zu tun hat.
Du hast in so vielen unterschiedlichen Jobs gearbeitet. Gibt es dennoch etwas, was du gerne noch lernen würdest?
Das Beste am Autoren-Dasein ist, dass ich ständig zu neuen Themen recherchieren kann und neue Sachen lernen. Als ich zum Beispiel "Contagion" geschrieben habe, musste ich mehrere Kurse in Quantum-Physik besuchen und ich habe es geliebt. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich Physik studieren, obwohl ich glaube, dass mich der mathematische Teil besiegen würde.
Du warst schon häufig auf der Buchmesse in Deutschland. Gibt es etwas, das dir hier besonders gefällt?
Eine Sache, die für mich besonders hervorsticht ist, dass deutsche Leser:innen wirklich ihre Bücher und Autor:innen lieben. Dieses beinahe-Rockstar-Gefühl erlebe ich nirgendwo anders.
Ein Satz über "Exit Now":
"Exit Now" hat kein wirkliches Happy End, ist aber gleichzeitig voller Hoffnung. Es zeigt, dass du einen Unterschied machen kannst, selbst wenn er nicht sofort sichtbar ist. Irgendwann in der Zukunft führen deine Handlungen zu anderen Handlungen, die einen großen Unterschied machen.
Ein Satz aus "Exit Now":
Es gibt eine sehr frühe Szene, in der Ava bei Sam zuhause ist und sie mit Sams Vater essen und sie ihn in die Verantwortung nimmt: "Warum müssen wir mit den Umständen leben, für die andere Menschen abgestimmt haben?"
Gibt es etwas, was du uns über dein nächstes Projekt verraten kannst?
Ehrlich gesagt, nein. Ich habe bereits verraten, dass es etwas mit dem Klimawandel zu tun hat, und selbst damit habe ich eigentlich schon mehr verraten, als ich sollte. Es wurde noch nichts bekannt geben, es ist also noch ein wirklich heimliches Projekt.