Cover des Buches Die Diktatur der Moral (ISBN: 9783423280532)
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Rezension zu Die Diktatur der Moral von Günter Ogger

Von Wutbürgern und Gutmenschen

von Ginevra vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Übertriebener Moralismus in Politik, Wirtschaft und im gesellschaftlichen Leben - ein Kaleidoskop interessanter und anregender Gedanken!

Rezension

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Ginevravor 9 Jahren
Hinter dem Deckmäntelchen der Moral verbirgt sich oft der eigene Vorteil - so eine der Grundthesen des Wirtschaftsjournalisten und Bestseller- Autors Günter Ogger. Seit den wilden 70' ern nimmt auf einmal ein neues Denken überhand, gefördert durch die Macht des Internet: jeder mischt sich ein, jeder bewertet und fällt sein Urteil, jeder kann jeden öffentlich an den Pranger stellen - und oft werden dabei die eigenen Fehler vertuscht und übertüncht.
Egoisten und Ausbeuter wurden zur Zeit des Wirtschaftswunders heimlich bewundert - heute ist es für sie "ungemütlich" geworden. Große Modeketten beteuern auf einmal ihre Unschuld an Kinderarbeit und Elend - dabei wird die Schuld nur umverteilt.
Ogger sieht in unserer Gesellschaft ein "pathologisches Bedürfnis nach moralischer Entrüstung". Kleine, aggressive Gruppen verschaffen sich durch die Medien auf einmal Gehör und setzen Lawinen in Gang.
"Whistleblower" und andere "Moralapostel" sind die neuen Helden unserer Zeit - egal, was sie letztendlich motiviert.

So rollen immer wieder Köpfe von einzelnen, die Schuld auf sich geladen haben, so wie Ex-Ministerpräsident Wulff, der FC Bayern-Ex-Präsident Hoeness oder der Abgeordnete Edathy. Ihr Vergehen stehen außer Zweifel - doch ist die öffentliche Hetzjagd wirklich zielführend?

Ogger liefert in seinem Buch über die Moral eine Unzahl an Fakten, Gedanken, Thesen, die von seiner immensen Fachkenntnis sprechen.
Für mich war es kaum möglich, den Wahrheitsgehalt zu überprüfen, aber letztendlich handelt es sich um eine Meinungsäußerung, die ruhig auch mal etwas polemisch sein darf, wie ich finde! Sonst wäre es sicher über knapp 400 Seiten langatmig und trocken geworden.
Auch wenn ich viele Ansichten überzogen fand und definitiv nicht teile, hat mich dieses Buch sehr stark beschäftigt und zum Nachdenken angeregt! Viele von Oggers Meinungen fand ich auch sehr gut, z.B. seine Forderung nach mehr Bildung für alle, und nach einer nach oben durchlässigeren Gesellschaft, die auch Migranten und mittellosen jungen Menschen eine echte Chance bietet.
Mein Lieblingskapitel war das über das "Gute Gefühl", das ein moralisches Urteil in unserem Gehirn auslöst, und dass man z.B. morgens moralischer urteilt als abends - parallel zur über den Tag abnehmenden Selbstdisziplin. Ein "kreativer Umgang mit der Wirklichkeit" kann helfen, Probleme zu lösen - und allzuviele moralische Bedenken behindern diese Kreativität.

Alles in allem ein sehr interessantes Buch voller anregender Gedanken, das unsere Werte auf den Kopf stellt! 4 von 5 Sternen.
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