Cover des Buches Der bisher beste Tag meines Lebens (ISBN: 9783869301785)
Rezension zu Der bisher beste Tag meines Lebens von Greg Ames

Rezension zu "Der bisher beste Tag meines Lebens" von Greg Ames

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 13 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 13 Jahren
James Fitzroy’s Mutter ist zwar erst anfangs Fünfzig, trotzdem leidet sie bereits an Demenz und liegt in einem Pflegeheim in Buffalo. Ellen, selbst einst in der Pflege tätig, kann kaum noch sprechen und erkennt ihre Familie nicht mehr wirklich. "Sie lächelt einfach nur, und dann, einen leuchtenden Moment lang, taucht sie aus dem Sumpf ihrer Krankheit auf und macht mir ein Geschenk. „Mir geht’s gut“, sagt sie leise. Und indem sie es sagt, scheint es für sie selbst glaubhaft zu werden." Eine schwierige Situation für jeden Einzelnen. Ihr Ehemann besucht sie jeden Tag. Für einige Zeit kehrt auch James, der in New York lebt und Grusskarten-Texter ist, in sein Elternhaus zurück, um in der Nähe seiner Mutter zu sein. Er macht sich Gedanken über die Krankheit, die seine Mutter von Tag zu Tag mehr auffrisst und für die es keine Heilung gibt. „Möglich, dass sie so lange lebt wie ich, vielleicht länger. Möglich, dass sie uns alle überleben wird, ohne jedes Bewusstsein dafür, wie die Zeit vergeht.“ In der Freizeit trifft er seine alten Kumpels in der Bar und auf Parties, wo dumme Sprüche geklopft werden und die Treffen enden meist im Besäufnis. Eine Frau quatscht ihn in einer Bar an, als wäre er ein alter Bekannter, doch er erinnert sich nicht an sie. Trotzdem beginnt er sich mit ihr, die als Malerin arbeitet, zu treffen. Dazwischen geht er regelmässig ins Pflegeheim, trifft mal seinen Vater oder auch seine Schwester mit deren Lebenspartnerin an. Jeder geht anders mit der Situation um. James weiss von seiner Mutter, dass sie sicher nicht in diesem Zustand ihrem Ende entgegensiechen möchte. Er überlegt sich, auf welche Weise er ihr Leiden beenden könnte, wie es mit der Sterbehilfe aussieht, beginnt im Internet darüber zu recherchieren. Ein Tötungsversuch endet eher tragikomisch. Er spricht das Thema Sterbehilfe bei einem Treffen mit seinem Vater an, der möchte davon aber nichts wissen. Er wünscht sich für seine Frau nur, dass sie im Pflegeheim so gut wie möglich umsorgt und betreut wird. „Das Pflegepersonal steckt Ellen Essen in den Mund, zieht sie aus und wieder an, legt sie ins Bett – eine übergrosse Puppe, ein lebendiges Spielzeug -, aber sie betrachten sie nicht mehr als eine von ihnen. Ich kann das sogar nachempfinden. Es ist ein natürlicher Impuls zu denken: So werde ich niemals.“ James’ Vater ist dabei, das gemeinsame Haus zu verkaufen und in eine kleinere Wohnung zu ziehen. Er kann sich das Haus wegen der Pflegekosten nicht mehr leisten, ausserdem ist es für ihn alleine zu gross. Die Umzugskisten sind gepackt. James ist entsetzt, dass sein Vater Sachen von seiner Mutter entsorgt, als wäre sie schon tot. Er nimmt das Fotos, Briefe, Ordner und ein Schulungsbuch für den Pflegeberuf, das seine Mutter verfasst hat, an sich und fängt in all den Unterlagen an zu lesen. Es ist eine schwierige Zeit für die Familie, vor allem auch vor Feiertagen, wie Thanksgiving. Wie war es noch, als Ellen zu Hause war, aber bereits erste Anzeichen der Demenz auftraten? James, der Rebell in der Familie, das Sorgenkind, hing während seiner Jugendzeit lieber mit seinen zweifelhaften Freunden rum, als auf die Ratschläge der Eltern zu hören. Dies bedauert er heute. „Mom gab mir frisches Gemüse zu essen und ich nahm es ihr übel. Aber wenn einer der Critter-Brüder ein Acid-Blättchen aus seiner dreckigen Hosentasche zog, es mir anbot und „Pass auf, das ist Purple -Unicorn“, sagte, legte ich es mir, ohne eine einzige Frage zu stellen, auf die Zunge. Ich verbrachte meine Freizeit damit, irgendwelche Idioten zu interviewen, und kam nie auf die Idee, in meinem eigenen Elternhaus nach Antworten zu suchen.“ In eingeschobenen Kapiteln kommen auch Personen zu Wort, die in Buffalo leben und Geschichten ihrer Stadt erzählen. Greg Ames erzählt uns eine Geschichte, die mich sehr berührte. Es ist sehr glaubwürdig, wie er uns ein Fenster zu dieser amerikanischen Familie öffnet. Mag James ein schwieriger Typ sein, mit seiner Mutter geht er sehr liebevoll und fürsorglich um, wenn er sie im Pflegeheim besucht und pflegt. Ein aussergewöhnliches Buch, das uns eine Krankheit näher bringt, von der alle wissen, aber die wenigsten von uns werden sich mit dieser je auseinandergesetzt haben. Eine Krankheit, die in jeder Familie zuschlagen kann. Ist es Zufall, dass ich, kaum hatte ich den Roman fertig gelesen, in meiner Post einen grossen Briefumschlag, mit Informationen und einer Broschüre der Stiftung für Alzheimer-Erkrankungen, vorfand?
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