Cover des Buches Ein Leben (ISBN: 9783866481947)
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Rezension zu Ein Leben von Guy Maupassant

Die Auf und Abs des Lebens

von Orisha vor 9 Jahren

Rezension

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Orishavor 9 Jahren
„Wissen Sie, das Leben ist nie so gut oder so schlecht, wie man glaubt.“ (Maupassant, S. 315)

Diese Weisheit muss auch Jeanne im Laufe ihres Lebens erkennen, doch das fällt ihr gewiss nicht immer leicht. Mit 17 Jahren aus dem Kloster kommend, malt sich Jeanne ein Leben in den schönsten Formen und Farben aus. Als sie dann auf den schneidigen, charmanten und gutaussehenden Julien de Lamare trifft und dieser sie heiraten möchte, scheinen all ihre Träume in Erfüllung zu gehen. Die Hochzeit ist schnell arrangiert, die Hochzeitsreise nach Korsika geplant und schneller als Jeanne es erahnen kann, ist sie im Alltag auf Le peuples angekommen. Doch gerade dieser bereitet der jungen Frau Probleme. Als sie dann auch noch andere Seiten ihres Mannes entdeckt und erkennen muss, dass Julien nicht der ist, für den er sich ausgegeben hat, scheint sie nach und nach an dieser Realität zu zerbrechen. Einzig ihr Söhnchen Paul bringt ihr noch Freude und wird zum Quell ihrer unbändigen (Mutter)-Liebe.

Maupassants erster Roman erschien erstmals 1883 und beschreibt die Lebensgeschichte von Jeanne, die sich in ihrer kindlichen Naivität in ihre romantische Vorstellung von Ehe und Liebe stürzt. Als sie diese nicht erfüllt sieht, droht die junge Frau immer wieder in Depressionen zu versinken. Maupassant hat eine Frau portraitiert, die so gar nicht stark und herrschaftlich daherkommt, wie man es von solch einem Roman zunächst erwarten würde. Jeanne wird nicht zur Überfrau, zur Amazone oder Feministin. Sie zerbricht an ihren eigenen Vorstellungen, unfähig mit ihrem Mann zu kommunizieren oder sich eine eigene Identität aufzubauen. Sie lebt durch ihren Mann, später durch ihren Sohn und durch ihr Hausmädchen Rosalie. Jeanne ist keine Frau, die auf eigenen Beinen steht, und damit zeichnet Maupassant ein Frauenbild, welches sicherlich nicht jedem gefällt, aber von dem ich mir vorstellen kann, dass es sie im 19. Jahrhundert zu Hauf gegeben hat. Mit seiner expliziten Sprache schafft er es zudem sehr modern mit dem Thema Sex und auch Gewalt umzugehen und beschönigt dabei nichts.

Die neue Auflage des Klassikers im Mare-Verlag kommt chic daher. In rotem Stoff eingebunden mit eigenen Schuber und der dezenten Gestaltung ist das Buch auf jeden Fall ein Blickfang. Einziges kleines Manko sind die Rechtschreibfehler, die mir doch immer mal wieder vor die Linse kamen.

Fazit: Ein guter Klassiker in schicker Aufmachung. Lohnenswert.
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