Cover des Buches Thorn Gandir - Aufbruch (ISBN: 9783862822102)
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Rezension zu Thorn Gandir - Aufbruch von J. H. Praßl

Thorn Gandir - Keine Lektüre für einfache Gemüter

von ZweiHerzen vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Mächtiges Einstiegswerk in eine neue Welt, in einen Zyklus, der Lust auf Mehr macht

Rezension

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ZweiHerzenvor 9 Jahren

Das Erstlingswerk des Autorenpaares J. und H. Praszl beeindruckt nicht mit Wortgewalt, ausgefeilten Dialogen und eindrucksvoll beschriebenen Landschaften, obwohl es all diese Elemente auch beinhaltet. Vielmehr sind es die Details, die diesen Auftakt des Fantasy-Epos aus dem Meer von klassischen Zyklen und Neuerscheinungen der fantastischen Literatur hervorheben.


Thorn Gandir ist weder ein Held im traditionellen Sinn noch ein Antiheld wie er in der modernen Literatur so gerne vorgestellt wird, er ist weder eine tragische noch eine komische Figur, sondern ein Mensch wie viele, mit Prinzipien, Gedanken, Zweifeln und Erinnerungen an bessere Zeiten, die immer mehr zu einem Ideal verschwimmen, dem er nachzujagen versucht. Er ist gefangen in einer Welt, die er sich selbst erschaffen hat, und er beginnt zu erkennen, dass nur er selbst sie verändern kann. In diesem Sinn ist das Buch eher als Entwicklungsroman einzuordnen, was durch den Eindruck noch verstärkt wird, dass auch die Autoren sich noch in einer Entwicklung befinden. Die Sprache ist klar und anschaulich, die Gedanken der handelnden Personen werden tiefgründig und philosophisch erforscht, es fehlt jedoch das Handwerkszeug des geübten Schriftstellers, der die Fäden auch zu einem gleichmäßigen Gewebe zusammenführen kann. Dialoge und Reaktionen sind oft überzeichnet oder nicht nachvollziehbar, und manchmal will man dem Buch ein verzweifeltes "Warum?" entgegen wispern.


Trotzdem überzeugt die Geschichte mit allem, was zu einem solchen Anfangsband dazugehört. Quälend langsam wird die ausmergelnde Reise durch die Wüste beschrieben, pfeilschnell ziehen die Schlachtszenen am Leser vorbei, ekelerregende Rituale lassen uns ob unseres Voyeurismus erzittern, und Ohnmacht in ausweglosen Situationen wecken unser Mitgefühl.


Jedoch werden keine traditionellen Regeln der Fantasy-Literatur streng beachtet, und so weiß man nicht ob der Held, den man gerade eben lieb gewonnen hat, nicht schon auf den nächsten paar Seiten einem tragischen Schicksal erliegt oder ob eine Reise nicht doch noch ein paar Monate verschoben werden muss. Die Hauptpersonen sind komplexe Wesen, die sich einer Kategorisierung entziehen sobald man glaubt, sie durchschaut zu haben, und die Handlung bleibt - obschon insgesamt klassisch - mit Wendungen und Umwegen eine ewig unvorhersehbare Reise auf der Suche nach dem Sinn des Daseins.


Wer sich hier leichte Lektüre in althergebrachter Fantasy-Manier erwartet, wird bitter enttäuscht sein, wer jedoch Stilbrüche, Tiefgang und Philosophie mit einem offenen Geist begrüßt, wird mit Denkanstößen, paradoxen menschlichen Verhaltensweisen und Überlegungen zu Wahr und Falsch, Chaos und Ordnung reich belohnt werden.

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