Cover des Buches Nightshade: An Only In Tokyo Mystery (InterMix) (ISBN: 9781101578803)
Rezension zu Nightshade: An Only In Tokyo Mystery (InterMix) von Jonelle Patrick

Yumi Hata zwischen Tradition und Moderne

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 9 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 9 Jahren

Bei Yumi Hata sieht das Leben an sich rosig aus. Die junge Übersetzerin hat beste Chancen auf eine Verlobung mit Ichiro Mitsuyama, dem Sohn einer sehr einflussreichen Familie in Japan. Eine Verbindung, die auch ihre Eltern überrascht und erfreut, zumal der Vater bis dato an der Universität keinen Karriereschritt weiter kommt und die Zukunftsaussichten für Familie Hata sich daher ansonsten eher mau darstellen. Das schöne Gefüge ändert sich schlagartig, als Yumis Freundin Rika Ozawa tot aufgefunden wird. Rika, eine Vollblut-Lolita, die nie anders als in rosa Rüschen aufgetreten war, wird zusammen mit einem Ehepaar tot in einem Auto aufgefunden.


Bei den Ermittlungen begegnet sie ihrem alten Schulfreund Kenji Nakamura, der inzwischen als Detective bei der Polizei arbeitet, und der schmerzlich wieder daran erinnert wird, wie sehr er seinerzeit in Yumi verliebt war. Yumi, die vom vermuteten Selbstmord kein Wort glaubt, überzeugt Kenji davon, nach neuen Hinweisen zu suchen. Zugleich setzt sie selbst alles daran, in Rikas Lolita-Clique und bei Rikas Arbeitgebern nach Hinweisen auf den letzten und möglicherweise tödlich endenden Job zu suchen.


„Nightshade“ führt mittenrein in den den Kontrast zwischen Traditionen und Moderne, zwischen konservativen Familien und lässigen Cliquen. Yumi selbst ist eine Identifikationsfigur, die nicht so ganz dazu gehört: Zunächst aufgewachsen in den USA, kam sie erst als Drittklässlern nach Japan. Zu spät, um vollständig von allen aufgenommen zu werden. Sie spricht fließend zwei Sprachen, scheitert aber oft an zum Beispiel Höflichkeitsabstufungen, die den Tokyotern in Fleisch und Blut übergegangen sind. Parallel hat Autorin Jonelle Patrick auch bei der Polizei eine ähnliche Figur eingesetzt, den australischen Kriminaltechniker Tommy Loud. An ihm wird deutlich, wie stark an Hierarchien angepasst wird, wenn es nötig ist: Loud ist mit der Tochter des Superintendent General der Tokyo Metropolitan Police verheiratet und die hochrangige japanische Familie hat erst dann nicht mehr von Scheidung zwischen den beiden gesprochen, nachdem die schwangere Tochter mit ihrem Mann beinahe lieber nach Australien ausgewandert wäre. Seither hat Loud einen vernünftigen Job bei der Polizei in Tokyo.


Yumi schwankt während der Ermittlungen zwischen zwei Welten hin und her: Dem bunten Nachtleben mit ihren und Rikas Lolita-Freunden und dem Society-Leben an Ichiros Seite. Da gibt es Wohltätigkeitsveranstaltungen mit der Kaiserin, Familie Mitsuyama schickt Kimonos für wichtige Anlässe vorbei, damit die Dozententochter auf alle Fälle angemessen gekleidet ist und Ichiro bekommt in den sonst ausgebuchten Restaurants der Stadt spontan den Tisch seiner Wahl. Die glänzende Fassade aber bekommt Risse, als die Jagd nach Rikas Mörder in den letzten Zügen liegt und Yumi erkennt, was der Preis für die Heirat in diese Familie ist.


Patrick entwirft eine lebhafte Geschichte, die geschickt zwischen den Szenevierteln, der kleinen Familie und der Oberschicht pendelt. Auch die Ermittlungen im Mordfall spiegeln ein Hin und Her zwischen Hierarchieschichten und Zuständigkeiten, sodass insgesamt ein sehr pralles Bild entsteht. Am Ende hat sie einen giftigen kleinen Cliffhanger eingebaut, denn Yumi steht mit ihren Gefühlen zwischen zwei Männern, die unterschiedlicher kaum sein können.


Ein absolutes Plus beim Ebook ist es, dass Patrick die technischen Möglichkeiten nutzt, um den mit Japan nicht vertrauten Lesern einen zusätzlichen Einblick zu geben: Im Anhang stecken über zwei Dutzend Fotos von Plätzen oder Dingen, die im Buch beschrieben werden. Ein Link im Text führt auf Wunsch zum erläuternden Bild, ein Klick dort auf die Überschrift bringt den Leser wieder zurück zur Textpassage. Auf diese Weise kann jeder Leser sich leicht einen Eindruck davon verschaffen, wie er sich das alte Holzhaus von Yumi Hatas Familie vorstellen könnte, wie sich Lolita-Stile unterscheiden oder wie Daruma-Figuren aussehen. Wer nicht klickt, wird beim Lesefluss überhaupt nicht gestört. So eine Ergänzung ist genau das, was Ebooks an Zusatzmöglichkeiten mitbringen und neben all den positiven Dingen an der Geschichte selbst löst auch das den Wunsch nach einer Fortsetzung mit Yumi Hata aus.
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