Cover des Buches Sturmwarnung (ISBN: 9783945877005)
Rezension zu Sturmwarnung von Stefan Krücken

Hart, aber fair!

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Eines der Bücher, bei denen man traurig ist, wenn es beendet wurde.

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 7 Jahren
Dieses Buch habe ich mir als Ebook gekauft

Ein Leben wie ein ewiges Abenteuer: Orkane auf See, Stürme im Rotlicht der Häfen. Momente zwischen Leben und Tod. Kapitän Jürgen
Schwandt, Jahrgang 1936, hat alles erlebt. Aufgewachsen in den Trümmern Hamburgs, ging er früh zur See - und tauchte ein in jene exotische Welt aus Fernweh und Sternenstaub, von der er immer geträumt hatte. Dabei lernte er auch früh die Schattenseiten der Seefahrt kennen: den unbarmherzigen Ozean und die harte Arbeit.

Stefan Krücken wurde 1975 in Neuss geboren. Schon als Kind wollte er Reporter werden. Er arbeitete als Polizeireporter für die Chicago Tribune, volontierte beim Kölner Stadt-Anzeiger und ging dann zur Zeitschrift max. Seine Reportagen handeln von Bergleuten auf Spitzbergen, von Strandfußballern in Rio oder den Hooligans von Glasgow. Krücken schreibt als Reporter für Magazine (GQ, mare, Dummy) sowie für Tageszeitungen (Tagesspiegel, Frankfurter Rundschau). Er ist verheiratet und lebt mit seinen Kindern in einem Dorf bei Hamburg.

Diese Rezension fällt mir sehr schwer, aber nicht weil mir das Buch und Jürgen Schwandt nicht gefallen haben, sondern weil ich nicht sicher bin, ob ich die richtigen Worte dafür finde, was ich nach der Lektüre dieses Buches fühle. Aber ich will es versuchen.

Das Buch beginnt, nach einer kurzen Philosophie der Kaptäns über das Älterwerden, mit Jürgen Schwandts Kindheit. Er ist traumatisiert vom Kriegsgeschehen, die Flasbacks, die er immer hat, wenn eine Sirene ertönt, hören erst im Lebensalter von zarten fünfzig Jahren auf. Sein Vater war ein Kriegsheld der NS-Propaganda, seine Mutter ein hochrangiges Parteimitglied der NSDAP. Als er erfuhr, was mit den Juden geschehen ist, gerät er mit seinen Eltern in Konflikt, denn mit dem Genozid möchte er nichts zu tun haben, er ist wütend und verzweifelt über die Ereignisse und verlangt Antworten von seinen Eltern. Sein Vater leugnet alles, er sagt, das sei alles gestellt und entspreche nicht der Wahrheit. Später wird seine Mutter von den Amerikanern verhaftet und verhört, sein Vater ist in Kriegsgefangenschaft. Jürgen Schwab kommt zu einer Tante nach Hamburg, er muss ein entbehrungsreiches, von Hunger, Beschaffungskriminalität und eisiger Kälte geprägtes Leben führen. Angeregt, durch die Bücher, die er während seiner Schulzeit las, begann er, von der Seefahrt zu träumen, einer seiner Lehrer regte eine Seefahrtskarriere an. So nahmen die Dinge seinen Lauf.

Am Anfang hatte ich ein wenig Schwierigkeiten, bezüglich des Schreibstils, der meiner Meinung nach überhaupt nicht zur Person und zur Geschichte passt. Leider hat der Kapitän sie nicht selbst aufgeschrieben, sondern Stefan Krücken. Was ich eigentlich nicht verstehe, denn Jürgen Schwab schreibt schon länger, und noch immer Kolumnen in einer Hamburger Zeitung, die sehr gefragt sind. Durch die spannende Geschichte fiel mir das jedoch irgendwann nicht mehr auf, da viele umgangssprachliche Formulierungen und Sprichwörter des Kapitän mit in die Texte einfließen.

Die einzelnen Kapitel sind dermaßen spannend und ereignisreich, dass ich so einige Dinge für Seemannsgarn gehalten habe, weil sie außerhalb meiner Vorstellungskraft lagen, aber viele dieser Geschichten werden durch Fotos belegt.

Er durchläuft die Karriere wirklich komplett und fängt ganz unten an, und die Zustände, die auf den ersten, ganz alten Schiffen herrschen, auf denen er anheuert, sind wirklich krass. Ich weiß nicht, wie oft ich den Hut vor Jürgen Schwab gezogen habe, weil er sein Ding konstant durchgezogen und unter härtesten Bedingungen für seinen Traum, zur See zu fahren, gekämpft hat. Arbeitsschutz gab es damals nicht, und ich wundere mich, dass er alle diese Situationen unter den primitiven Umständen gemeistert hat.

Seine Vergangenheit mit seinen nationalsozialistischen Eltern und seinem Schock über die Ausmaße des Genozid der Juden führten gepaart mit den Reisen in ferne Welten zu einer sehr liberalen Weltanschauung, die ich absolut teile. Hierzu ist mir ein Satz von ihm besonders im Gedächtnis geblieben:
„Auf meinen Reisen habe ich überall auf der Welt gute Menschen kennengelernt. Und auch ein paar Arschgeigen. Das hat nichts mit Hautfarbe, Pass oder Religion zu tun.“
Das spiegelt seine generelle Umgangsweise mit anderen Menschen hervorragend wieder, denn er begegnet ihnen mit Respekt und Menschlichkeit. Er ist stets ehrlich und gerade heraus, was nicht immer bequem, aber fair ist, und das schätze ich sehr an ihm.

Ich war und bin immer noch traurig darüber, dass ich das Buch beendet habe. Ich hätte Jürgen Schwab gerne als Menschen um mich herum, dann würde ich mich in eine Decke einkuscheln und seinen Geschichten lauschen. Oder mit ihm über verschiedene Themen diskutieren, oder mit ihm durch Hamburg ziehen, oder oder oder... Toller Mensch!
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