Cover des Buches Das schwarze Loch in mir (ISBN: 9783944343242)
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Rezension zu Das schwarze Loch in mir von Sylvia Schöningh-Taylor

Auf der Suche nach dem Selbst

von kiki62 vor 11 Jahren

Rezension

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kiki62vor 11 Jahren
Bibliographisches:
erschienen 2013 im Verlag 3.0
umfasst 211 Seiten

Inhalt:
Sofia erzählt die Geschichte ihres Lebens. Ein Leben, das geprägt ist von der Suche nach Liebe. Schon als Kind versucht sie, die Liebe ihrer Mutter zu gewinnen. Doch ein unerfülltes Leben lässt sie immer wieder an Grenzen geraten. Sie muss erfahren, dass die Mutter sie bis zu ihrem Tod für ihr Leben, in dem sie nicht glücklich ist, verantwortlich macht. Als junge Frau sucht sie in sexuellen Exzessen nach dem, was sie als Liebe erkennen kann. Auch hier scheitert sie kläglich. Ihre Liebe und Hingabe erfüllt sie kurzzeitig in ihrem Beruf als Lehrerin. Doch eine Erfüllung will sich auf Dauer nicht einstellen. Und so führt sie ihr Weg nach England, wo sie darauf hofft, von Nick das zu erhalten, wonach sie sich schon Jahre sehnt – Liebe. Schnell erkennt sie, dass sie selbst diesen Mann nicht liebt, er aber scheinbar sie. Das ändert sich nach der Geburt des ersten Kindes. Nick zeigt sein wahres Gesicht. Eifersucht und Launen dominieren das Eheleben. Zugespitzt durch die Geburt des zweiten Kindes.
Irgendwann beschließt Sophia, wieder ihr eigenes Leben zu leben, gemeinsam mit ihren Kindern. Jedoch führt der Entschluss, sich scheiden zu lassen, dazu, dass sie auch auf ihre Kinder verzichten muss. Sie steht nun allein da. Verlässt die Insel. Erst in der Einsamkeit der Bergwelt findet den Frieden, den sie so lange gesucht hat.

Covergestaltung und Inhalt:
Das Cover scheint in einem krassen Gegensatz zum Titel und dem Inhalt zu stehen, da die farbige Gestaltung des Titels nichts mit dem schwarzen Loch gemein hat. Genau aber die Farben des Regenbogens zeigen dem Leser, wie die Autorin mit ihrem schwarzen umgeht. Sie ist versöhnt. Hass scheint ihr fremd zu sein.

Sprachliche Gestaltung und Umsetzung der Thematik:
Die Autorin schreibt flüssig, bedient sich vieler sprachlicher Bilder. Was das Verstehen für manchen Leser erschweren könnte, sind die Bezüge zur Weltliteratur, die nicht unbedingt als bekannt vorausgesetzt werden können. Nur wer literarisch gut gebildet ist, kann die Zitate entsprechend zuordnen, Gleiches gilt für sehr ausgewählte Werke („Kein Ort. Nirgends“ von Christa Wolf), die nur einem begrenzten Lesepublikum bekannt sein dürfte. Weiterhin wäre es für den nicht so sprachgewandten Leser hilfreich, wenn die englischen Zitate in einer Übersetzung vorliegen würden. Auch wenn es sich hier um ein recht problematisches Thema handelt - ich nenne es Selbstfindung und der Weg dorthin – setzt das Buch im Sprachgebrauch keine Grenzen für eine besondere Leserschicht.
„Das schwarze Loch in mir“ – Selbstfindung und der Weg dorthin. Ist es ein besonderes Thema? Den Weg der Autorin gehen viele Menschen. Ich selbst habe mich an verschiedenen Stellen des Buches wiedergefunden. Braucht man dazu Spiritualität? Liest man verschiedene Definitionen, kann man den Untertitel bejahen oder verneinen. Das kommt auf die Sichtweise des Betrachters an. Sieht man sich nun den Begriff „Odyssee“ an, dann gelangt der Leser recht unverblümt zur Erkenntnis, dass eigentlich jeder Mensch eine Odyssee lebt, denn nach der Dudendefinition ist es nichts anderes als „lange Irrfahrt; lange, mit vielen Schwierigkeiten verbundene, abenteuerliche Reise“. Diese Reise tritt der Mensch am Tag seiner Geburt an. Sicherlich verläuft sie für jeden Menschen anders, abhängig von seinem sozialen Umfeld, in das er hineingeboren wird.
Nicht ganz klar ist mir die Wahl des Titels „Das schwarze Loch in mir“. Hat nicht jeder Mensch ein solches schwarzes Loch in sich? Das, was die Autorin beschreibt, ist kein Einzelfall. Prägende Lebensumstände gibt es in vielen Familien, besonders in Familien, die den Krieg miterlebt haben. Die Ausweitung des Erlebten auf die Mitglieder der Familie ist auch nichts Außergewöhnliches. Es ist nur ein Hilfeschrei, der möglicherweise in die falsche Richtung geht. Dass das auch Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen hat, wird nicht bestritten. Doch fragt sich der Leser, in diesem Falle ich, ob nicht jeder Mensch ein sogenanntes schwarzes Loch in sich trägt. Und resümierend von meinem Leben ausgehend, kann ich nur sagen, ja, auch ich habe ein solches schwarzes Loch in mir. Letztendlich kommt es jedoch immer darauf an, wie tief man diesen Strudel an sich oder in sich heranlässt.
Der Weg zur Selbstfindung ist nicht leicht, gepflastert mit Steinen und geprägt von tiefen Gräben. Für jeden? Nicht für jeden. Wer Sicherheit bevorzugt, sich mit dem Erreichten und Vorhandenen zufrieden gibt, braucht keine schmerzvollen und holprigen Weg zu gehen. Sucht man allerdings nach dem Perfekten für einen selbst, dann muss man mit einem schmerzhaften Weg rechnen.
Besonders fällt auf, dass die Autorin nie Groll oder Wut gegenüber den Menschen in ihrem Umfeld empfindet. Es hat den Anschein, dass sie ihnen eher wohlgesonnen ist, beinahe hilflos allem und jedem gegenübertritt. Für mich nicht ganz nachvollziehbar, weil es nach meiner Auffassung so gar nicht dem menschlichen Wesen entspricht. Schließlich haben wir schon alle in unserem Leben Wut gegenüber anderen Menschen gefühlt.

Meine Meinung:
Ich konnte mich mit dem Buch teilweise identifizieren. Es ist aber nicht geballt mit neuen Erkenntnissen. Doch meine Meinung zu dem Buch ist auch geprägt von meinen eigenen Lebenserfahrungen. Mag durchaus sein, dass andere Leser dieses Buch als eine Unterstützung für ihr eigenes Suchen nach dem perfekten Lebensweg betrachten.
Und wenn ich am Ende den Inhalt noch mal Revue passieren lasse, dann frage ich mich, ob die Flucht in die Einsamkeit der Berge nicht die Flucht vor sich darstellt. Gut ich habe immer versucht mich den Steinen in den Weg zu stellen. Musste erkennen, dass man fallen kann und nicht mehr in der Lage ist, aufzustehen. Dann wird die Aussage der Flucht wieder relativiert, und ich nenne es Selbstschutz. Das ist das, was ich selbst lernen musste.
Es ist sicher ein sehr streitbares Buch. Aber eines ist es auf keinen Fall, ein Buch, das man in einem Zug liest, möglichst mit Kerzenschein und Rotwein. Man muss sich mit dem Geschriebenen auseinandersetzen, fast auf jeder Seite.
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