Cover des Buches Verschwörung (ISBN: 9783837131352)
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Rezension zu Verschwörung von David Lagercrantz

Schlechte Kopie

von Gwhynwhyfar vor 8 Jahren

Rezension

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Gwhynwhyfarvor 8 Jahren
Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist sind wieder da. Wie das, wird man sich fragen, denn Stieg Larsson der Autor der berühmten Millennium-Trilogie ist 2004 verstorben. Schon einmal wurde ein berühmtes Buch von einem anderen Schriftsteller «weitergeschrieben», «Vom Winde verweht», was laut Kritikern gewaltig misslang. Ist es David Lagercranz gelungen? Larsson selbst hatte wohl einen vierten Teil in Arbeit (geplant waren 10 Bände), zu weiteren gibt es Exposés. Somit konnte im Sinne des Autors weitergearbeitet werden. Die Erben wollten allerdings keine weitere Veröffentlichung der vorliegenden Arbeiten, aber sie stehen ja gegeneinander im Erbstreit.

Zum Buch: Die Zeitschrift Millennium ist heruntergewirtschaft, steht nicht mehr im Focus des Interesses. Mikael Blomkvist ist ausgebrannt, fühlt sich nicht mehr in der Lage, dem modernen Zeitgeschehen der Pressewelt standzuhalten, er selbst ist auch technisch im letzten Jahrhundert steckengeblieben. Lisbeth Salander ist weiter aktiv als Hackerin unterwegs, die Welt zu retten ist ihr Ziel.

Frans Balder, ein schwedischer Informatiker, der in einem Softwarehaus gearbeitet hat, das für die NSA tätig ist und führend in der Softwarearchitektur von künstlicher Intelligenz ist, zieht sich ins Privatleben zurück, will nur noch für seinen autistischen Sohn da sein. Er ahnt, dass kriminelle Mächte an seinem Wissen interessiert sind und er beschließt, an die Öffentlichkeit zu gehen, um sich selbst zu schützen, setzt sich mit Blomkvist und dem Geheimdienst in Verbindung. Zu dem Treffen kommt es nicht mehr, da er fast direkt von den Augen des Journalisten umgebracht wird. Nur der Sohn bleibt am Leben. Dank seines zeichnerischen Talents könnte er den Mörder identifizieren. Und nun kommt Lisbeth ins Spiel. Sie hat es sich in den Kopf gesetzt, den Jungen zu retten.
Auch hinter Lisbeth ist man staatlicherseits hinterher. Sie hatte sich ins interne Netz der NAS gehackt und Informationen gesammelt, aus denen hervorgeht, dass die NSA sich in Firmen hackt, um Betriebsspionage zu begehen.

Der Stil von Larsson wurde in etwa eingehalten und die Story ist oberflächlich gesehen halbwegs spannend. Ich kam mir allerdings häufig belehrt vor. Hier wurden ellenlange Vorträge zu künstlichen Intelligenz, zu Autismus und zu speziellen Formen und zur IT-Sicherheit gehalten, die wie copy and past aus dem Lehrbuch klangen. Unzählig oft und nervend werden Sachverhalte wiederholt. Das ist nicht der Stil von Larsson.

Ist die Story glaubhaft? Für mich nicht. Die Figuren sind völlig überzeichnet. Eine Lisbeth hätte gereicht, die rambomäßig alles das glattbiegt, das die doofe Polizei verbockt. Lisbeth geht zwei Tage nach einem selbstbehandelten Schulterdurchschuss auch wieder zum Boxtraining, beinhart. Irgendwie muss man ja den Kopf frei bekommen. Das ist platt. Auch die ausufernde Kindheit von Lisbeth und ihrer Schwester, erzählt von dem alten Vormund Lisbeths, der plötzlich bis ins Detail alles aus Lisbeths Leben weiss, hilft nicht weiter. Es ermüdet, denn er steigt weiter als ein Beichtvater in die Gedanken der beiden und kann genau begründen, warum die beiden das sind, was sie geworden sind. Auch hier wieder der lehrmeisterhafte Erzählstil.

Dann haben wir den hochintelligenten Informatiker, mit leicht autistischen Tendenzen und den stummen Autisten, der neben einem fotografischen Zeichentalent besser als ein Rechner Probleme der höheren Mathematik löst. Und da ist der umsorgte Professor, der wegen eines ihm noch unbekannten Autisten Hals über Kopf die Nobelpreisfeier verlässt. Nicht zu vergessen die wahnsinnig schöne Schwester von Lisbeth, die jeden Menschen von der ersten Sekunde an manipulieren kann, der alle Männer hörig sind (natürlich nicht Blomkvist) und die aufrechte Frau im Geheimdienst, die völlig gegen die Vorschriften handelt und gesuchte Straftäter versteckt, der Gerechtigkeit wegen. Ein Hoch auf die Gerechtigkeit und aufrechte Gestalten mit gottgleichen Fähigkeiten, die sich gegen die Bösen und Schönen stemmen, gefolgt von einem Heer trottliger Bullen … Und wenn sie nicht gestorben sind … (auch die Bösen) … gibt es einen weiteren Teil. Alles ein wenig viel, nach meinem Geschmack. Zu viel Intelligenz, zu viele Zufälle, zu viel Rambo in den Frauen, zu viel gute Menschen, zu viele dumme Polizisten, zu viel Unglaubwürdiges. NSA und russische Mafia gegen aufrechte Europäer. Ja, wir sind wer! Die Guten. Der Plot ist platt.

Mit Cliffhangern versucht der Autor die Spannung zu halten, doch mit dem Zeigefinger, in langen Belehrungen und ausufernden Erklärungen, stürzt die Spannung ab.

Ist die Weiterentwicklung eines berühmten Romans gelungen? The same procedure as last time: Vom Winde verweht … Noch mehr davon brauche ich nicht.
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