Screwball Noir.
von Gulan
Kurzmeinung: Liest sich teilweise wie die Vorlage zu einem Guy-Ritchie-Film, hat aber auch Schwächen. Trotzdem ordentlich, hartgesotten und kurzweilig.
Rezension
Weil der Stil von Autor Declan Burke von vielen Rezensenten als „Screwball Noir“ bezeichnet wurde. Und das ist durchaus nachzuvollziehen. (Übrigens gibt es zahlreiche Paralleln zwischen screwball comedy und film noir, beide ungefähr zur gleichen Zeit in den 1930ern/1940ern populär geworden). Man stelle sich diese skurrilen Hollywood-Komödien vor, transportiere sie in den Nordwesten Irlands und füge eine nicht unerhebliche Menge Alkohol, Betäubungsmittel und Schusswaffen hinzu. Voilá! „Eight Ball Boogie“ ist der Debütroman des irischen Autors aus dem Jahr 2003. Seine späteren Romane „The Big O“ und „Absolute Zero Cool“ wurden bereits ins Deutsche übersetzt. Burke betreibt übrigens auch die interessante Krimiwebsite „Crime always pays“. Doch worum geht’s in „Eight Ball Boogie“?
„Na gut“, sagte er. „Das ist Plan A. Und was ist, wenn sie nicht darauf eingehen?“
„Dann überleg ich mir was anderes.“
„So ziemlich.“
„Scheiße. Scheißescheißescheißescheißescheißescheiße.“ […]
„Du willst das wirklich tun?“
„Ich tu nichts, es tut mich. Ich bin bloß der Beifahrer.“ (S.212)
Harry Rigby ist Privatermittler und verkauft auch gerne pikante Storys an die Boulevardpresse. Er führt eine komplizierte Beziehung zu seiner Freundin Denise und seinem vierjährigen Sohn Ben, das Geschäft könnte auch besser laufen. Da wird die Ehefrau eines bekannten Politikers ermordet und Rigby erhält zeitgleich den Auftrag eines windigen einheimischen Geschäftsmannes, dessen Frau auszuspionieren. Und Rigby findet schnell heraus, dass die Ehefrau offenbar etwas mit dem verwitweten Politiker hatte. Aber das sind nur die ersten Elemente, denn getreu dem Screwball-Genre geht es in der Folgezeit ziemlich turbulent und abwechslungsreich zu. Und Harry ist über weite Strecken tatsächlich nur ein Getriebener in diesem Plot. Irgendwann wird klar, dass es hier irgendwie um Drogen geht, aber wer wie da jetzt mit drin hängt, ist schwer zu beurteilen (ein wenig auch nach Beendung des Buches). Die örtlichen Polizeikräfte rücken Harry auf die Pelle, die freie Journalistin Katie verdreht ihm etwas den Kopf. Zur Krönung taucht auch Harrys Bruder Gonzo nach vier Jahren Funkstille auf der Bildfläche auf. Mit seinem Bruder verbindet Harry so etwas wie eine Hassliebe, wobei die Betonung eher auf der ersten Silbe liegt.
Harry führt als Ich-Erzähler durch den Roman. Das ist ungemein praktisch, da der Leser genauso oft auf dem falschen Fuss erwischt wird wie Harry. In den besten Momenten liest sich das Buch wie die Vorlage zu einem frühen Guy-Ritchie-Film, aber es gibt auch Phasen, in denen ich einfach nur noch verwirrt war, wohin sich die Nummer jetzt wieder hinentwickelt hat. Doch alles in allem war ich schon zufrieden, wenn auch nicht begeistert. Declan Burke spart nicht an hartgesottenen Zutaten. Hier gibt es eine Menge schräger Typen in knackigen Dialogen und einem rabenschwarzen Plot. Und das sorgt auf jeden Fall nicht für Langeweile.