Cover des Buches Fast Pefrekt (ISBN: 9783832199135)
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Rezension zu Fast Pefrekt von Erik Kessels

Vom "Triumpf der Amateure"

von Dr_M vor 8 Jahren

Rezension

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Dr_Mvor 8 Jahren
Scheitern kann jeder. Aber hemmungslos und dann auch noch als Kunstform. Zugegeben das hat schon etwas: Krachend zu versagen und sich dann hinzustellen und der Welt zu verkünden: Das war Kunst, ich habe das so gewollt, und ich war total hemmungslos. Das kann eben nicht jeder. Vielleicht muss man sich dazu erst wie Kessels zum Kreativdirektor hochscheitern.

Wenn man diese lustige Broschüre aufschlägt, dann scheitert man bereits zum ersten Mal. Buchdeckel und Seiten passen nicht zusammen. Hinten ist vorne, und vorne ist hinten. Wahnsinnig kreativ. Man liest außen dann folgende Zusammenfassung des verdrehten Inneren: "Erik Kessels vereint in diesem Band 100 Werke von internationalen Künstlern und Fotografen, von Amateuren und Autodidakten. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie sonnen sich im Glanz der Unvollkommenheit, des Regelbruchs und weihen uns ein in die Kunst, Fehler zu machen - und sich daran zu erfreuen."

Da ist er schon wieder, dieser merkwürdige Kunstbegriff, dieser uralte Trick, den man schon im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern bewundern konnte. Ehrfüchtig sollen wir vor irgendeinem Mist stehen, der als Kunst deklariert wird. Kein Mensch versteht, was das soll, aber keiner traut sich das zu sagen, weil man nicht aus der Reihe tanzen oder für blöd gehalten werden will.

Natürlich liest man in diesem Text nicht nur Blödsinn. Fehler zu machen und zu scheitern, gehört zum Leben. Anders kann man nicht lernen oder seine Grenzen einsehen. Das ist banal und nichts Neues. Wer kein Risiko eingehen will, wird es nicht weit bringen. Niederlagen gehören zum Weg in den Erfolg. Wer will solche Binsenweisheiten schon bestreiten? Aber: "Einen Fehler zu machen, ist normal. Den gleichen Fehler zweimal zu machen, ist nachlässig. Ihn dreimal zu machen, grenzt ans Unverzeihliche." Kleine Denkpause in Form eines Absatzes. Und dann: "Aber den gleichen Fehler immer und immer wieder zu machen, kann genial sein." Kann. Muss aber nicht. Vielleicht steckt auch was anderes dahinter.

Zugegeben, ich bin ein großer Fan von solchen Büchern. Besonders, wenn sie sich in ihrer ganzen Kreativität so schön kurz fassen wie dieses. Dann siegt die Komik noch über den Schmerz. Neulich habe ich gelesen, dass irgendeiner von diesen amerikanischen Software-Milliardären pedantisch ordnungsliebend ist. Seitdem räume ich täglich mein Büro auf. Man weiß ja nie.

Kessels arbeitet auch mit diesem Trick. Er kommt mit Harry Potter. Zwölf Verlage hätten das Werk abgelehnt. Das macht allen Mut, die schon Ähnliches erlebt haben. Ihr Werk kann nur genial sein.

Aber ich möchte nicht ungerecht sein: Man findet in diesem Text durchaus viele einfache Wahrheiten. Allerdings wirken sie etwas aufgeblasen. Wer diese Art von selbsternannter Kunst mag, wird seine Freude daran haben. Mir erschien es hingegen zu dünn und zu selbstgefällig. Und Kunst konnte ich in den abgebildeten Werken nicht entdecken. Aber das liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters.
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