Rezension zu "Mafeking Road" von Herman Charles Bosman
Aus einer anderen Zeit stammen die Kurzgeschichten Bosmanns.
Zum einen gilt dies im Wortsinne, denn die Geschichten entstanden in den 30er Jahren des letztens Jahrhunderts. Aber auch im übertragenen Sinne wie „aus der Zeit gefallen“ wirken Bosmanns Einblicke und Ausblicke in das Leben, die er anhand von Figuren, Orten und Ereignissen in Südafrika vor Augen führt.
Leicht surreal schon die erste Geschichte, in welcher der Ich-Erzähler, Oom Schalk Laurens (eine wichtige und wesentliche Figur in vielen der Kurzgeschichten) sich Seite an Seite mit einem wilden Leoparden wiederfindet. Während der Leopard den Mann Zentimeter für Zentimeter beschnüffelt gehen Laurens vielfache Gedanken durch den Sinn. Eher macht er sich noch Gedanken um den zerrissenen Zustand seiner Hosen, als dass er die Todesangst zulassen würde. Wie so viele Menschen sich mit allem möglichen lieber an Gedanken beschäftigen, als den Tod in den Sinn zu lassen. Der Tod, der neben einem liegt, ohne einen aus den Augen zu lassen, wie der Leopard, der sich nicht trollt, aber auch nicht zubeißt.
Eine Welt und eine Zeit, in der auch selbsternannte Propheten ihren Platz haben. Menschen, die Gespräche zu einem Flüstern verstummen lassen, wenn sie den Raum betreten, Menschen, zu denen man geht, will man um die Zukunft wissen, und dennoch diese Wege nur mit gespaltenen inneren Zuständen auf sich nimmt. Wie Stephen Erasmus in der Nähe von Mafeking ein solcher Prophet ist. Und doch von einem einem „Kaffer“, einem Medizinmann entblößt werden wird. Mit einem fast magischen Moment. Oder doch durch einen Zufall des zerfetzten Schuhs?
So ist das mit den selbsternannten Respektspersonen, die eher von ihrem Ruf und von Gerüchten her ihre Macht generieren, denn aus erkennbaren Tagen heraus. Wenn einer dann einfach nicht locker lässt, nicht von vorneherein bereits auf den Knien anrutscht, dann entzaubert sich vieles an vermeintlicher Autorität. Nicht nur in Südafrika in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts.
Eine ganz eigene, wiegende Sprache voller Fantasie und Andeutung nutzt Bosmann für seine Geschichten, eine Sprache, in der Mystik und Magie mitschwingt und die dennoch ganz handfeste Orte und Menschen beschreibt.
Es ist eine tatsächlich „ganz eigene“, auch sprachlich eigene Welt, in die Bosmann den Leser entführt. Eine ganz eigene Welt, dies sich im Übrigen auch in der Lebensgeschichte des Autors widerspiegelt. Auch im Leben selbst war Bosmann eher „am Rande“, ein Mörder, ein Emigrant, ein Rückkehrer. Stationen, die sich im Hintergrund seiner lesenwerten Geschichten „aus einer anderen Welt“ wiederfinden lassen.
Die Sammlung von Kurzgeschichten bietet ein ganz eigenes Flair aus einem harten, rassengetrennten und mystischen Südafrika, mit denen der Leser den Autor für sich entdecken kann. Eine Lektüre, die sich auf ihre ganz eigene Art und Weise entfaltet und lohnt.