Cover des Buches Realitätsgewitter (ISBN: 9783351036584)
Rezension zu Realitätsgewitter von Julia Zange

Das Leben ist zu kurz um sich nicht anzustrengen

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 7 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 7 Jahren

Julia Zange veröffentlicht beinahe zehn Jahre nach «Die Anstalt der besseren Mädchen» ihren zweiten Roman «Realitätsgewitter». Dieser bietet eine zeitgenössische Diagnose der Gesellschaft. Die Protagonistin Marla versucht ihren Platz im Leben zu finden, stösst dabei jedoch auf einige Hindernisse, die ihr vor allem die moderne Gesellschaft in den Weg stellt.

Wie findet man heute Freunde? Man nimmt sein Smartphone hervor, checkt auf Facebook welche Freunde auf welcher Party sind, geht dahin und findet dort noch mehr Freunde, die man bei Facebook hinzufügen kann. Freunde, die zumeist nur in der virtuellen Welt mit einem befreundet sind. So geht es auch Marla. Sie ist eine junge Studentin, die in Berlin lebt und nicht wirklich weiss, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Sie weiss nicht, was sie weiter studieren will und sie hat auch keinen Job. Ihre Familie steht ihr bei diesen wichtigen Entscheidungen, die sie als junge Frau zu treffen hat, nicht bei, sondern dient lediglich als Geldgeber. Marla fühlt sich einsam und wird sich selbst überlassen. Sie hat zwar ganz viele Freunde, zumindest laut ihrem Facebook-Profil, aber wenn sie jemanden zum Reden und Anlehnen braucht, steht ihr keiner bei. Alle sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt und damit unheimlich cool zu sein und jederzeit online erreichbar. Für wirkliche Konversation hat aber niemand mehr etwas übrig.

Julia Zange versucht ein Problem der modernen Gesellschaft aufzuzeigen, nämlich, dass neben diesem allzeit «Erreichbarsein» gar keine Zeit mehr da ist sich wirklich um die Menschen zu kümmern und richtig miteinander zu kommunizieren. Was dazu führt, dass die Menschen keine Unterstützung mehr finden und somit in ein tiefes schwarzes Loch der Einsamkeit fallen, wenn ihnen mal der Boden unter den Füssen wegrutscht oder wenn sie vor allem noch sehr jung sind und den Weg, den sie gehen möchten, noch nicht gefunden haben. Der Plot, den Zange dafür wählt, ist eher einfach gestrickt. Sie hat mit «Realitätsgewitter» einen weiteren Roman der Popliteratur auf den Markt gebracht, der zwar nett geschrieben ist, aber nicht wirklich viel zu bieten hat. Der Stil ist passend, aber es fehlt der Sprache an Witz und Einfallsreichtum, wie man dies etwa im jüngst erschienenen Debütroman „Wir Kommen“ von Ronja von Rönne finden kann. Nach so einer langen Pause zwischen Zanges erstem und zweitem Roman hätte man darauf gehofft, dass sie mehr zu bieten hat als einen einfach gestrickten Roman mit einer noch einfacheren Sprache.

Zange versteht es sich selbst zu inszenieren, wie es die heutige Szene der Popliteratur Szene verlangt und weiss auch wie sie zu Aufmerksamkeit kommt. «Realitätsgewitter» hat nicht wirklich wegen seiner selbst für Aufsehen gesorgt, sondern weil Julia Zanges Eltern offenbar versucht haben, eine einstweilige Verfügung gegen den Roman zu erwirken, zumal sie sich selbst darin portraitiert fanden. Ob dies wirklich so war oder lediglich der Publicity diente, wissen nur die Beteiligten selbst.

Der Roman empfiehlt sich vor allem jungen Leuten, die sich auch ein wenig verloren fühlen in der modernen Welt und sich nach richtigen Freunden sehnen und dient als perfekte Abendlektüre um zu entspannen. Beim nächsten Roman sollte sich Julia Zange jedoch ihren Schlusssatz «Das Leben ist zu kurz, um sich nicht anzustrengen» stärker zu Herzen nehmen.

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