Cover des Buches Über allem war Licht (ISBN: 9783950399127)
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Rezension zu Über allem war Licht von Magda Woitzuck

Thriller? Krimi? Gesellschaftsroman? Psychodrama? Dieses Buch ist alles von allem, außer langweilig!

von Floh vor 9 Jahren

Rezension

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Flohvor 9 Jahren
Mit diesem Roman erschafft die österreichische Autorin Magda Woitzuck ein Buch, welches wirklich sehr intensiv erscheint und trotz der kurzen Sätze enormes Potential auslebt und sehr zum Nachdenken und Sinnieren anregt. In „Über allem war Licht“ taucht die Autorin in eine ganz verfahrene Beziehungskonstellation ein und eröffnet den Lesern einzigartige Psychogramme und betreibt enorme Charakterstudien, die keinen Leser kalt und unberührt lassen können. Dieses Buch schlägt ein wie eine Bombe und wirkt lange und sehr intensiv nach… Magda Woitzuck hat eine Sprachmelodie, die lange in meinem Kopf nachklingt und einen sehr bewegenden, melodramatischen und tiefgründigen, jedoch auch mit Zynismus und Galgenhumor geprägten Roman sonderbar untermalt.
Erschienen im Wortreich Verlag (http://verlag-wortreich.at/)


Inhalt:
"Milo hatte ihr gesagt, wie sie atmen sollte, durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus, einmal, zweimal, fünfmal, bis sie in der Lage gewesen war, ein paar Sätze zu flüstern. Einer davon hatte gelautet: „Er bringt mich um, Milo, diesmal bringt er mich um“, ein anderer: „Ich habe etwas Schreckliches getan.“"

Handlung:
Milo, Rosa und Hans. Eine Männerfreundschaft, eine Affäre und eine gewaltige Ehe. Hier stehen alle drei Protagonisten in einem ganz besonderen Verhältnis zueinander. Rosa ist mit Hans verheiratet. Die Ehe herrscht voller Gewalt, Alkohol und Demütigungen. Doch Rosa scheint sich nicht zu wehren, sie gibt sich die Schuld an all den Eskapaden und sieht sich als Opfer dieser schmerzlichen Ehe. Bis sich Rosa in Hans Freund Milo verliebt. Auch Milo hegt Mitleid und starke Gefühle für die unterdrückte und gepeinigte Rosa. Die Situationen der Drei eskalieren und die Beziehungen nehmen eine ungeahnte Wendung an und werfen ein ganz unerwartetes Licht auf die Charaktere und durchleuchten die Situationen, Handlungen und später den Tod Hans nochmals ganz neu und von ganz anderen Gesichtspunkten aus.
Gesellschaftskritisch werden Probleme der heutigen Zeit und einer ungleichen Ehe und Affäre aufgegriffen. Es geht um Gewalt, Unterdrückung, Courage und einer Flucht vor sich selbst und einer auferlegten Schuld. Eine Reise nach einem neuen Anker und neuem Halt und die Frage, wie und ob ein Mensch lieben kann?!. Wichtige und schwerwiegende Themen werden in diesem Roman mit Krimitouch und Zügen eines Thrillers aufgegriffen und in den Gedanken und Zeichnungen von Rosas und Milos Seelenleben reflektiert. Thriller? Krimi? Gesellschaftsroman? Psychodrama? Irgendwie ist dieses Buch alles von allem, außer langatmig ist es nicht! WOW.

Schreibstil:
Meines Erachtens nach ist die Geschichte vor allem eines: Richtig gut geschrieben.
Mit der Autorin Magda Woitzuck erlebt man schriftstellerisches Geschick und grandiose Einzigartigkeit von der ersten Seite an! Ihr unverkennbarer Stil und die kurzen Sätze besitzen eine ganz einzigartige Note, an die man sich erst gar nicht gewöhnen muss. Autorin Magda Woitzuck zeigt ihren Lesern ein offenes Bild gesellschaftlicher und philosophischer Gedanken und die Auswirkungen des impulsiven Handelns und Tuns. Neben der Schwarzweißmalerei, der Protagonisten, in der das Schwarz jedoch dominiert, zeigt die Autorin auch einen besonderen Humor. Dieser Humor könnte beinahe als Rabenschwarz oder Galgenhumor betitelt werden und offenbart die verquere Situation von Milo und besonders auch von Rosa und ihrer Ehe. Dennoch auf eindringlicher Weise sehr tiefgründig, melancholisch gewürzt und mit einer Emotionsgewalt, die die Haut und Sinnesorgane benetzt. Lesen mit jeder Faser, wenn man das Geschehen auf sich wirken lässt. Magda Woitzuck hat eine Art, die sicherlich jedem direkt zugänglich ist, man sollte es als neugieriger Leser ruhig versuchen und wird vielleicht mit einem unvergesslich polarisierenden Roman belohnt. Die Autorin hat Talent und Wiedererkennungswert, und offenbart ein ganz intensives Seelenleben und eine ganz schwierige Beziehungskonstellation mit erschreckendem Ausgang und Wendung.

Charaktere:
Die Hauptprotagonisten in diesem Spannungsroman / Psychodrama sind natürlich Milo, Hans und ganz besonders Rosa. Auf dem ersten Blick erscheint uns Rosa als Opfer und lässt sich von ihrem alkoholkranken Mann Hans schlagen und unterdrücken. Stets gibt sich Rosa die Schuld an all den Erniedrigungen und Schlägen. Bis die Dinge eskalieren und wir Leser langsam erkennen, dass in Rosa nicht das übliche Frauenopfer steckt. Diese Offenbarung regt zum Nachdenken an. Stets versucht der Leser die Handlungen und Taten von Rosa zu verstehen. Doch ich muss sagen, dass ich ihre Denkweisen und ihren Stand kaum nachvollziehen kann. Was treibt diese Frau an? Wie sieht es in ihr aus? Warum braucht sie dieses Leben? Und warum ist ihr Milo so verfallen? Fragen über Fragen… Die Autorin hat wirklich eindringliche Psychogramme erschaffen, wir wird jeder Leser zum Hobbypsychologe und wird sich fragen: Warum? Ich bin wirklich mitgerissen, gerade Rosa polarisiert und wird den Leser mit vielen Sinnfragen beschäftigen. Rosa und Milo nehmen den Leser mit auf eine Reise, nicht nur an verschiedene Orte, sondern auch in ihre Gedanken. Großes Lob an die intensive Arbeit und Recherche der Autorin!

Schauplätze:
Die einzelnen Schauplätze sind auf wenige Kulissen beschränkt. Im Fokus stehen hier das Leben und die kreisenden Gedanken von Rosa, Hans und Milo und dessen Art sich mitzuteilen und das Leben zu reflektieren. Auch der Leser begibt sich, dank der detaillierten und sehr nah differenzierten Formulierungen der Autorin Magda Woitzuck zusammen in das Leben der drei Protagonisten. Von humorig, sarkastisch, ironisch, faszinierend, bis traurig, melancholisch, poetisch und gefühlvoll zu dramatisch, befangen und befreit. Magda Woitzuck hat ein Händchen für bildhafte Darstellung. Der Autorin gelingt es in seinem Debütroman den Faden nie zu verlieren und gekonnt Nebenschauplätze einzuweben und doch wieder am eigentlichen Geschehen weiterzuerzählen.


Meinung:
Entweder-oder, Für oder wider, schwarz oder weiß… so wird es den meisten Lesern auch mit den Empfindungen und Meinungen zum Roman ergehen.
...reicht von absolut fasziniert, völlig begeistert, total angetan bis unzufrieden und zwiespältig. Die Autorin Magda Woitzuck hat einen tollen und einzigartigen Stil, keine Frage. Dieses Buch ist thematisch ein schwieriges Werk. Man wird es dennoch bewundern und sehr darüber nachdenken. Ich wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen und die Charaktere einfach versuchen zu verstehen. Die kurzen und eindringlichen Sätze gehen sehr nahe und lassen sich sehr schnell und unkompliziert lesen. Die knapp 270 Seiten sind viel zu schnell ausgelesen, lassen den Leser aber sehr zufrieden und verblüfft zurück. An dem Buch hatte ich trotz der interessanten Leseprobe und des Klapptextes eher geringe Erwartungen. Umso mehr wurde ich überrascht und absolut fasziniert. Ich kann dieses Buch ohne Wenn und Aber wirklich sehr empfehlen! Hier habe ich eine Autorin gefunden, die mit einer Novität glänzt und mich mit einer sehr eigenen und einzigartigen Note sehr überrascht hat. Ihre Idee zum Buch ist etwas ganz außergewöhnlich und nahezu künstlerisch.

Pressestimme:
(Quelle: Verlagshomepage; Literaturhaus Wien – Magda Woitzuck “Über allem war Licht”, 27.5.2015)
„… die Kunst der Autorin, schwerwiegende Ereignisse und Gedanken in ebenso knappen wie präzisen Sätzen zu skizzieren, nicht ohne gekonnt Bilder einzusetzen und zahlreiche Assoziationen zu wecken, ergeben ein spannendes und gleichzeitig in die Tiefe gehendes Romandebut“


Cover / Buch:
Das Cover ist für dieses Buch äußerst gelungen, ein kleiner Spatz, der tot auf dem Rücken liegt. Dieses Bild und diese Assoziation werden sich im Roman wiederfinden. Das Grau wirkt verfahren und beschattet, auch das passt ideal zum Thema und zur Handlung. Das Buch ist absolut hochwertig und sehr schön verarbeitet. Das Schriftbild ist angenehm, die Kapitel nicht allzu lang. Das Cover ist stimmig zum besonderen Inhalt des Romans.

Die Autorin:
"Geboren am 11. September 1983 in Wien, Schulzeit in Niederösterreich. Es folgte ein Studium der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der Universität Wien. Zahlreiche Reisen und längere Auslandsaufenthalte, zum Beispiel nach Australien, Südostasien, Südamerika und Afrika, einerseits zum Spracherwerb, andererseits aus einer großen Neugier an der Welt heraus. Zweisprachig aufgewachsen mit Polnisch. Schriftstellerisch tätig seit 1997. Ihr Hörspiel Doggod wurde 2010 sowohl mit dem Preis für das künstlerisch anspruchsvollste Hörspiel als auch mit der Special Commendation des Prix Europa in Berlin ausgezeichnet. Zuletzt erhielt sie das Aufenthaltsstipendium des Landes Niederösterreich für Paliano bei Rom im Oktober 2013."

Fazit:
Es ist sicherlich kein Werk einfaches Werk mit einer erschütternden Thematik und viel Stoff zum Nachdenken und Verstehen. WOW, Spannung, Mord, Psychologie und Gedanken… Ich bin mehr als überrascht, welcher einzigartige Roman zwischen diesen Buchdeckeln steckt! Unbedingt Lesenswert!
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