Cover des Buches Horror-Legionen 2 (ISBN: 9783958690172)
inflagrantibookss avatar
Rezension zu Horror-Legionen 2 von Christian Sidjani

Was ist Horror für dich?

von inflagrantibooks vor 9 Jahren

Rezension

inflagrantibookss avatar
inflagrantibooksvor 9 Jahren
Cover
HAMMER! Mehr kann ich dazu gar nicht sagen. Die komplette Umschlaggestaltung ist einfach nur Hammer! Passend zum Buch und zu den Geschichten, zum Genre und zum Titel. Wenn ich den Horror-Legionen nicht sowieso schon verfallen wäre, hätte ich mir das Buch allein wegen dem Cover besorgt!

Meinung
„Horror-Legionen“ Band 2 ist seit längerem Mal wieder eine Anthologie, die ich rezensiere. Ich lese wirklich sehr gern Anthologien und bei Amrûm fühle ich mich immer sehr aufgehoben. Band 1 konnte mich restlos begeistern, aber schafft das auch Band 2?
Der Herausgeber ist diesmal ein anderen. Christian Sidjani stellt in seinem Vorwort erstmal eine Grundsatzfrage, die jeden Leser wohl kurz zum Nachdenken bringt:

„Was ist Horror für dich?“

Das Genre Horror hat viele Gesichter, was dem einen gefällt, sagt dem anderen nicht zu. Ich hab mich von dem Vorwort persönlich angesprochen gefühlt und hab danach das Buch erst noch einmal zugeschlagen und wirklich nachgedacht. Was ist Horror für mich? Die Frage kann ich hier jetzt nicht so schnell beantworten, da bedarf es wahrscheinliche einige Therapiesitzungen^^ aber ich bin diesmal anders an die Geschichten heran gegangen. Nicht jeder mag den Horror, den ich mag und ich mag nicht jeden Horror, den andere schreiben. Aber dennoch ist es Horror! Ich werde wieder auf jede einzelne Geschichte eingehen, aber so wenig wie möglich vom Inhalt verraten.
So, genug gequatscht, machen wir uns an die Geschichten! (Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich bei einigen vertretenen Autoren doch gewisse Erwartungen hatte, ich sag nur Xander Morus, Arthur Gordon Wolf, Sönke Hansen, Vincent Voss, Michael Dissieux … !)


1.Das Zimmer in Venedig (Markus K. Korb u. Tobias Bachmann)
Als Einstiegsgeschichte finde ich diese eine sehr gute Wahl. Ruhig, klassisch Gruselig, nicht übertrieben blutig und auch kein einschlagender Knaller, der es allen folgenden Geschichten sehr schwer machen würde. Die Geschichte als solche hat m.E. noch Potenzial. Ein Mann zieht in ein (Spuk)Zimmer in Venedig. Dass die einzige Frau, die in der Bruchbude von Haus herumrennt, irgendwie zum Spuk gehört, war mir klar. Ich hätte mir gegen Ende gerne etwas mehr Aufklärung gewünscht, was es mit dem Geist und seinem Aussehen auf sich hatte, da doch immer wieder Hinweise dahingehend auftauchen. Für mich persönlich war das Ende überraschend. Es war eine solide Gruselgeschichte, die vielleicht etwas mehr Würze verdient hätte.

2.Noras Baby (Daniela Herbst)
Jawohl! DAS war eine Horror-Geschichte, wie sie nach meinem Geschmack ist. Daniela Herbst kenne ich nur aus dem ersten Band der Horror-Legionen und da hatte sie mich schon schwer beeindruckt! Hier zeigt sie, dass sie auch ohne Zombies Horror schreiben kann! Blutig, aber nicht eklig, wird zeitgleich eine fast schon klassische Horror-Geschichte erzählt, deren entstandenes Monster man durchaus als Metapher sehen könnte. Die Autorin weiß, was sie tut und lässt den Leser an ihrem Können teilhaben! Alpträume inklusive! Außerdem sollte man nebenher nichts essen. Und davor. Danach wahrscheinlich auch. Nichts für schwache Nerven, die kein Blut sehen können.

3.Max (Michael Schmidt)
Im Grunde keine schlechte Geschichte, ich hätte mir etwas mehr Hintergrundwissen gewünscht, was aber in der Ich-Form schwer machbar ist. Die Handlung ist simpel: Pärchen wird angegriffen, sie „verwandelt“ sich in etwas „anderes“, Tote, Verletzte, Mann wird „anscheinend“ wahnsinnig. Oder? Hinter einer (Horror)Geschichte muss nicht immer eine erkennbare Intention stecken, deswegen nehme ich diese, wie sie ist: Als eine Horrorgeschichte, in die man nicht zu viel hinein interpretieren darf. Es passiert das, was passiert, nicht mehr und nicht weniger. Es gab einen kleinen Adjektiv-Überschuss und hin und wieder holperte der Dialog, aber sonst war es okay.

4.Das Lächeln meiner Schwester (Mala Wintar)
Sehr gut! Ich steh auf die vielen, vielen Versionen der klassischen Horror-Erzählkunst. Diese Geschichte hat viel mit Karma zu tun. Alles was du tust, kommt zu dir zurück! Poltergeist trifft Thriller trifft Wahnvorstellungen ergibt mit der beklemmenden Atmosphäre eine fantastische Geschichte. Hier wäre noch viel Potenzial für mehr gewesen, aber auch so war ich sehr gut unterhalten! Nach dem Lesen musste ich erst mal Pause machen! Und wieder: Alpträume inklusive!

5.K9K (Vincent Voss)
Vincent Voss ist ein Name, den ich sofort mit dem Genre „Horror“ in Verbindung bringe. Ich war gespannt, was mich erwartete, da ich (leider) bis jetzt noch nichts von diesem Autor gelesen habe. Nach dieser Geschichte muss ich das aber dringend nachholen!
Lange ging die Geschichte in meinem Kopf herum und stach und zwickte mich. Ließ mich an Haken an der Decke hängen und quälte mich, bis ich mich ihr stellte. Was ist Böse, was ist Gut? Wer hat Recht, wer nicht? Diese Geschichte verbindet Horror mit einer Grundsatzfrage, deren Antwort jeder für sich selbst finden muss. Hundehalter, Hundehasser – wer ist hier der böse Clown? Sicher nicht der Hund, der kann nichts dafür! Von der Verzwicktheit der Handlung, von den Verbindungen und der nicht aufgelösten Lösung absolut mein Favorit!

6.Omega Tau 3 (Fred Ink)
Fred Ink subt bei mir noch mit einem anderen Buch und ich dachte, so als kleinen Vorgeschmack ist diese Kurzgeschichte genau richtig. Vielleicht mag ich den Schreibstil ja gar nicht. Ich hätte keine Angst haben brauchen. Dystopie trifft auf Gehirnwäsche trifft auf den nahenden Tod und ergibt eine geniale Kurzgeschichte, die viel, viel mehr Platz verdient hätte. Ich wollte immer mehr wissen: Was war passiert? Was geschah auf der Erde? Wie geht’s weiter? Der Horror war eher Unterschwellig und offenbarte sich durch viele Gesichter! Viele kleine Infos ergeben am Ende ein Ganzes, dass wahrscheinlich nur eine kleine Ecke des großen, dunklen Weltalls ist.

7.Das Ding aus einer ganz anderen Welt 3 (Tony Lucifer)
Ah, Tony Lucifer. Einigen vielleicht bekannt als Dr. Nachtstrom, unteranderem der Herausgeber des ersten Horror-Legionen Bandes. Da waren meine Erwartungen schon sehr groß und ich bin noch immer sehr unentschlossen. Ich denke einfach, da geht noch mehr, viel mehr. Pärchen kommt nach Hause und bereitet sich auf das „Zusammenspiel“ vor. Monster taucht auf. Den Rest lasse ich aus spoilertechnischen Gründen unter das Bett fallen. Die Geschichte als Film betrachtet würde vielleicht für einen RTL II billigtrash-Film reichen, dessen Handlung gegen Null tendiert und der auf schlechte Effekte setzt. Als Kurzgeschichte mangelte es mir an so ziemlich allem. Was war der Sinn? Wo kam es her? Was wollte es? Wieso diese Leute, die vollkommen flach und unscheinbar waren? Das einzige, was überzeugte, war die sehr detailreiche Beschreibung des Monsters und seiner Taten. Das war schon fast HD. ;-)

8.Highwayman (Rona Walter)
Erinnerte mich bei ein paar kleinen Szenen an ein anderes Buch, was ich erst ausgelesen habe, aber das war reiner Zufall. Ich muss zugeben, ich persönlich kann mit Elfen/Irrlichtern oder wie auch immer, nichts anfangen. Jedenfalls in Horrorgeschichten. Da kommt dann wohl der eigene Geschmack durch, allerdings möchte ich der Geschichte nicht ihre Kreativität absprechen. Der Horror ist durchaus da, aber für mich war das Ende eine einzige Verwirrung und ich hatte keine Ahnung, um was es jetzt ging oder wer da wen warum umbrachte.

9.Tyrannosaurus Rex (Oliver Susami)
Eine Geschichte die fast gänzlich ohne Blut oder Effekthascherei auskommt. Fast schon ruhig, gemütlich würde ich sagen, wenn es keine Toten geben würde. Tim hat Probleme mit Lehrern, Mitschülern, mit so ziemlich jedem, der auf diese Schule geht. Sein Hass manifestiert sich oder war das Monster schon in immer in den alten Mauern des Gebäudes und brauchte nur etwas Hilfe, um hervorzukommen? Gibt es überhaupt ein Monster, oder ist das alles, was passiert, nur Einbildung? Die Toten sind echt, genau wie die täglichen Hänseleien. Der Horror ist auch diesmal eher Unterschwellig und offenbarte sich mir hier eher durch das Verhalten der Lehrer / Schüler, als durch das Monster. Und mal ehrlich: Sind die gemeinen Mitschüler nicht die schlimmsten Monster?

10.Der Soldat und sein Henker (C. Auguste)
Für mich nicht mal annähernd Horror, aber mein absoluter Favorit was die Erzählkunst angelangt! Genial in Form gebracht, spielt die Handlung eigentlich kaum, bis gar keine Rolle. Hier macht das Lesen als solches einfach Spaß und wenn man sich dann noch angesprochen fühlt (wo gibt es die Uncut Version? :-D), dann hat Autor alles richtig gemacht. Wenn es nach dem Genre geht, hätte wohl noch eine Brise Horror gut getan, aber ich persönlich fand es einfach nur ganz große klasse, wie das hier erzählt worden ist!

11.Projekt März (Xander Morus)
Ein Geheimnis, dass nicht nur der Protagonistin im Nacken sitzt und sie nicht loslässt. Gruselgeschichte zum mit raten, wobei wirklich nur „Grusel“ zutrifft. Oder Geistergeschichte, wenn diese auch wenig zu sehen sind. Ich hatte das Gefühl, als wäre bei der Überarbeitung der Geschichte einiges dem Rotstift zum Opfer gefallen, an einigen Stellen ging es mir einfach zu schnell und am Ende ließ der erhoffte Knall auf sich warten. Spannung wird auf jeden Fall aufgebaut, die angestrebten Verbindungen verbinden sich, aber doch … von dem Ende hatte ich mir mehr erhofft. Gute, solide Geschichte, mit viel offenem Potenzial.

12.Albino Devil (André Wegmann)
Gute Lagerfeuergruselhorrorgeschichte, die zu neuem Leben erwacht. Erinnert ein bisschen an „Halloween“, der Kerl ist auch nicht tot zu kriegen. Hätte vielleicht nicht geschadet, wenn man die Personenbeschreibungen gekürzt, dafür aber dem Ende etwas mehr „Stoff“ zugestanden hätte. Horrortechnisch sehr gut, ich werde demnächst sicher nicht zelten gehen. Ansonsten war mir nicht ganz klar, was die „Sexbomben“ mitten im Nirgendwo in einem Zelt wollten, denn ihre Beschreibung spricht gegen ihre Taten, aber das ist wahrscheinlich der gleiche Fall, wie wenn in einem offensichtlichen Spukhaus alle nach oben rennen. Muss man einfach als gegeben hinnehmen. ;-)

13.Das glitzernde Ding (Melisa Schwermer)
Das war die einzige Geschichte, der ich beim besten Willen nichts abgewinnen konnte. Warum der Junge dieses glitzernde Ding finden will kann ich noch nachvollziehen. Den Rest nicht. Er weiß, dass er nicht raus darf und macht es dennoch – schlechtes Gewissen inklusive. Okay, geht auch noch. Dass dann aber das glitzernde Ding irgendwie aus dem Hauptaugenmerk geworfen wird, eine Tote auftaucht, deren Erscheinen ich nicht erklären konnte und das „Monster“ - ich weiß nicht, was es war oder was es wollte oder ob es sich verirrt hat – gut und gerne auch ein Hund hätte sein können (mit viel Fantasie), da hörte es dann auf. Der Konflikt mit der Mutter, vergessen. Der Grund des glitzernden Dinges, vergessen. Schade, denn der Anfang war richtig, richtig gut!

14.Quids (Arthur Gordon Wolf)
Ah! Favorit! Erster Platz! GOLD FÜR WOLF! *Jubel*
Ich hab bis jetzt genau eine KG von diesem Autor gelesen und es muss nun endlich mehr werden!!
Diese Art zu schreiben, dieses langsam Aufbauende finde ich fantastisch! Typisches Endzeit-Szenario, gepaart mit subtilem Horror und einer Auflösung, die m.E. aufgrund der möglicherweise zunehmenden Seitenanzahl leider eingekürzt wurde, machen „Quids“ zu einer herausragenden Geschichte, die beweist, dass Horror nicht gleich Horror ist. Alles fängt langsam an, man lernt den Protagonisten kennen (sehr genau), erfährt, was er so treibt (sehr genau) und am Ende der Geschichte hätte ich ihm wohl einen Lebenslauf schreiben können (einen sehr genauen^^). Aber das störte mich nicht, denn es war nicht überladen, sondern ganz einfach passend. Man lernt durch den Protagonisten die Geschichte kennen. Ich befand mich IN Australien, ich fuhr MIT ihm Bus, ich HÖRTE mit ihm diese Dinge. Und vor allem: Ich FÜHLTE mit ihm! Vielleicht kommt hier aber auch nur mein Faible für Endzeit-Geschichten durch.
Das Ende kam mir etwas zu schnell und ich kann mir gut vorstellen, dass in diesem Fall, die Geschichte auch ohne die Erklärung des seltsamen Mädchens funktioniert hätte. Aber nichtsdestotrotz: Erster Platz!!

15.Baba Jaga (Sönke Hansen)
Böse Hexe gepaart mit Kinderwunsch. Das ist der Stoff, aus dem diese Geschichte ist. Die Moral von der Geschichet: Halt deine Versprechen sonst ergeht es dir übel! Ich hab schon eine paar Texte von dem Autor gelesen und meine Erwartungen wurden erfühlt. Der Mann weiß, was er tut und das liest man einfach. Hier wird allein schon durch den Namen nicht zu viel versprochen und jeder Fan des Horrors kommt hier auf seine Kosten!

16.Das verlassene Dorf (Michael Dissieux)
Dieser Autor steht auf meiner „Muss ich dieses Jahr endlich lesen!“-Liste. Und wie ich sehe: Verdient!! Bis jetzt erst eine Geschichte von ihm gelesen (warum eigentlich?) und wieder nicht enttäuscht worden. Legendenjäger wird in den Wahnsinn getrieben, Gruselhorror lässt Alpträume wahr werden. Ich hab die Geschichte abends gelesen, dass sollte man vielleicht unterlassen, wenn man ruhig schlafen möchte, aber ansonsten mein zweiter, absolut verdienter Favorit!

17.Zirkusmädchen (Isabell Schmitt-Egner)
Ich mag keine Geschichten mit grusligen, kleinen Kindern. Nur mal nebenher. Ansonsten hätte ich hier gerne etwas mehr vorab gehabt. Ein Pfarrer der auf Kinder steht, das schreit nur nach Horror-Potenzial, was hier aber nicht ganz ausgeschöpft wurde. Das Ende war nett, aber fast schon wieder zu gut, um wahr zu sein. Und noch mal: Gruslige Kinder sind mir zu gruselig! :-D

18.Gott der Tränen (Malte S. Sembten)
Der dritte und letzte Favorit! NICHT der dritte Platz, alle stehen auf dem ersten Plätzchen!
Als Abschluss der Anthologie eine sehr einfallsreiche, vielschichtige und einfallsreiche Geschichte, deren Horror auf vielen Ebenen wirkt. Hier hab ich nur eine einzige Sache zu sagen: LEST DIESE GESCHICHTE und lasst euch zeigen, wie es geht, Horror zu schreiben! Ganz große klasse!

Fazit
„Horror-Legionen“ Band 2 führt den Leser auf eine Reise in das Genre des Horrors und zeigt, wie vielschichtig dieser sein kann. Klassische Gruselpoltergeist-Geschichten, mischen sich mit Lagerfeuerlegenden und dem altbewährten, blutigen Monstern unter dem Bett. Ich bin mir sicher, dass hier für jeden etwas dabei sein dürfte. ABER ich muss zugeben, nicht jede Geschichte hat meinen Geschmack getroffen, was aber nicht schlimm ist. Schließlich interpretiert jeder „Horror“ anders.

Bewertung
Schwer, wirklich! An dieser Stelle gibt es von mir knappe 4 von 5 Marken. Die Geschichten waren durch die Bank weg gut, aber hier und da hätte etwas mehr Ausarbeitung nicht geschadet.

Tilly
Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks