Cover des Buches Wir töten Stella / Das fünfte Jahr (ISBN: 9783548603315)
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Rezension zu Wir töten Stella / Das fünfte Jahr von Marlen Haushofer

Zwei Novellen mit tiefen Einblicken

von The iron butterfly vor 9 Jahren

Rezension

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The iron butterflyvor 9 Jahren

Die Novelle „Wir töten Stella“ ist die nüchterne Niederschrift einer Ehefrau, die nicht nur von ihrer gescheiterten Beziehung und dem klischeehaften Aufrechterhalten einer Familienidylle, die nie wirklich existierte berichtet, sondern auch von Stella. Die neunzehnjährige Stella wird der Familie für ein Schuljahr von einer Bekannten anvertraut. Das unscheinbare Mädchen wird vom ersten Tag an von allen Familienmitgliedern als Störfaktor in der Familienidylle erachtet. Die kleine Tochter Annette findet noch am ehesten Zugang zu der jungen Frau, bleibt dabei aber auch eher oberflächlich. Der jugendliche Sohn Wolfgang betrachtet Stella distanziert und verbleibt in seiner introvertierten Position, die auch der Beziehung zum Dominator der Familie, dem Anwalt Richard geschuldet ist.

Nun berichtet die Ehefrau in einem Rückblick vom Schicksal Stellas, das schon alleine durch den Titel „Wir töten Stella“ noch bevorzustehen oder zumindest anzudauern scheint, obwohl bereits nach wenigen Sätzen feststeht, dass dieses Schicksal bereits besiegelt wurde.

Diese mit eiskalter Feder geschriebene, zutiefst nüchterne Zusammenfassung der Tage mit Stella geht direkt unter die Haut und verdeutlicht, wie hier um eine Fassade gekämpft wird, die wichtiger erscheint als alles Leben, alle Liebe, jegliches Bedürfnis nach echter, gefühlter Idylle. Hier geht es einzig um die Wahrung der Facon. Bitteschön, wer ist denn Herr und Ernährer dieser zauberhaften und glücklichen und mustergültigen Familie? Richard!


In der zweiten Novelle „Das fünfte Jahr“ begleitet der Leser die vierjährige Marili, die bei ihren Großeltern in den Bergen ihr fünftes Lebensjahr erlebt. Aus Sicht der kleinen Marili erstehen ungewöhnlich poetische Bilder, die jedoch nicht verklärt oder kindlich naiv, sondern eher sehr deutlich aufzeigen, wie dieses kleine Mädchen Stück für Stück ihr Leben und das der Bewohner des Hofes zu realisieren beginnt.

Eine erstaunliche Beschreibung, die den Leser nicht unberührt zurücklässt.

Marlen Haushofer war mir bisher unbekannt, aber die Lektüre dieser beiden Novellen lässt noch weitere Werke aus ihrer Feder auf meine Wunschliste wandern.

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