Cover des Buches Die Schneekönigin (ISBN: 9783630874586)
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Rezension zu Die Schneekönigin von Michael Cunningham

Ist das der neue Schullektürenklassiker in 50 Jahren?

von myAvalon vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Anders als erwartet. Sehr philosophisch und bedeutungsschwer

Rezension

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myAvalonvor 8 Jahren

Inhalt

In einem etwas entlegenerem und nicht ganz so teuren Stadtteil New Yorks leben die zwei Brüder Tyler und Barrett. Tyler, ein begabter Sänger und Songwriter, der noch immer auf den Erfolg wartet und Barrett, der einer großen Liebe nach der nächste hinterher jagt und eines Abends ein geheimnisvolles Licht am Himmel über dem Central Park sieht. Unmittelbar darauf scheint sich Tylers todkranke Freundin Beth zu erholen. Ein Wunder? Sicher ist sich Barrett nicht, doch Folgen hat es auf jeden Fall und bald wird ihr aller Leben umgekrempelt.

Meine Meinung

Dem wirklichen Klappentext zufolge erwartete ich eine moderne Umschreibung des berühmten Andersen-Märchens, ähnlich den vielen Cinderella Adaptionen, wie zum Beispiel Die Luna-Chroniken. Meine Vermutungen hätten nicht ferner der Realität liegen können. Doch es soll mir eine Lehre sein. Schon einmal vorab: Was das Buch getan hat, um den Titel Die Schneekönigin zu tragen, ist mir noch immer ein Rätsel.

Pulitzerpreisträger Michael Cunningham, Autor des berühmten Romanes Die Stunden, gehört ab sofort nicht mehr zu der gesichtslosen Masse mir-nichts-sagender-Autoren und hat mittlerweile ein Plätzchen bei den "Aha!-Schriftstellern".
Ich bin wohl zu jung/dumm/unerfahren (sucht euch was aus) um die Essenz des Romanes richtig zu erfassen, immerhin ist es (verdammt nochmal!) ein Michael Cunningham Buch und gehört auf eine Liste undurchschaubarer Schullektüren, die man bis zur Farbe der Gardinen analysieren kann.
Wer weiß, vielleicht werden unsere Kinder in 50 Jahren im Englischunterricht nicht mehr Harper Lee, sonder Michael Cunningham und statt To Kill a Mockingbird Die Schneekönigin lesen. Man weiß es nicht, für möglich halte ich es aber durchaus, so wie der Autor mit Metaphern um sich wirft.
Allerdings kann ich mir zugute halten, dass ich überhaupt gemerkt habe, dass ich noch zu unintellektuell für diese Sorte Buch bin und kann somit wenigstens versuchen, eine Rezension für Die Schneekönigin zu schreiben.

Die Personenkonstellationen und Charaktere sind wohl das Interessanteste am Buch:
Da gibt es zum einen Tyler, der sehr unzufrieden mit sich und seiner Umwelt ist und meiner Meinung nach noch am meisten Bezug zur Schneekönigin findet. Durch ihn erfahren wir mehr über die jeweilige globale Situation, da er manchmal die politische Lage kritisch kommentiert.
Gegenstück und gleichzeitig Ergänzung ist sein Bruder Barrett, der etwas zufriedener und ausgeglichener ist. Weniger wertend und auf der Suche nach der wahren Liebe lebt er sein bescheidenes Leben, erfreut sich an kleinen, alltäglichen Dingen und fragt sich seit jener gewissen Novembernacht, ob er im Central Park das Auge Gottes am Himmel gesehen hat.
Mit diesem Wunder unweigerlich verknüpft ist Beth, die zum Tode verurteilte Freundin und große Liebe Tylers, die irgendwie mit beiden Brüdern gleichzeitig verheiratet ist und ein heilendes Licht am Himmel bitter nötig hat, da sie schwer krebskrank ist.
Neben dieser etwas komplexen Konstellation (ich hoffe, ihr könnt mir noch folgen) zieht die eigensinnige Liz ihre Kreise. Entgegen ihrem fortschreitendem Alter beginnt sie immer wieder Affairen mit viel jüngeren und dümmeren Männern und versucht ihren Platz im Leben zu finden.
Ihr merkt, Schwerpunkt des Buches sind sehr menschliche und unterschiedliche Charaktere, die einfach nur ihr Leben nach ihren Philosophien leben und versuchen, längst verblasste Träume zum Bleiben zu überreden. Mit anderen Worten, sie haben eine Midlife-Crisis.
Hauptaussage für mich ist, dass das Leben immer weiter geht, egal ob wir mithalten können oder nicht. Manchmal müssen wir alte Träume loslassen um weiter ziehen zu können und uns ein neues Ziel suchen. Außerdem steht die Liebe sehr im Mittelpunkt, in all ihren kunterbunten Formen. Was ist Liebe?
Es werden ziemlich viele und unterschiedliche Antworten geliefert, zum Beispiel die scheinbar perfekte Beziehung zwischen Beth und Tyler, welche sich sehr wandelt und durch eine neue mit Liz ersetzt wird.
An die, die das Buch bereits gelesen haben: Es ist doch schon sehr verdächtig, dass Liz und Beth beide den gleichen Namen haben, oder?


Fazit

Ob diese Deutung jetzt "richtig" ist, ist mehr als fragwürdig, doch diese Botschaft habe ich für mich mitgenommen und das ist ja schlussendlich die Hauptsache, right?
Ich hoffe, meine kleine Aufdröselung des Romanes kann euch ein bisschen helfen, zu bestimmen, ob ihr nun Lust auf so eine Portion Literatur habt oder nicht. Es versteht sich von selbst, dass man Die Schneekönigin unter 15 Jahren zwar natürlich lesen kann, aber dann wahrscheinlich noch weniger versteht als ich ... behaupte ich jetzt einfach mal.
Ansonsten kann ich euch noch sehr die Leseprobe ans Herz legen, da sie einen guten Einblick auf den Schreibstil Michael Cunninghams gibt.
Da der Roman nicht meine Erwartungen erfüllte, ich nicht wirklich auf 300 Seiten schwere Literatur gefasst war, aber sowohl Lesefluss als auch Geschichte von mir kaum bemängelt werden können, kann ich ihn an alle Fans des Autoren weiter empfehlen und an die, die nach dieser Rezension Lust auf mehr haben.
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