Cover des Buches Ein dunkler Moment (ISBN: 9783630873381)
Rezension zu Ein dunkler Moment von Rabea Edel

Rezension zu "Ein dunkler Moment" von Rabea Edel

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 13 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 13 Jahren
Es gibt Bücher, an die man sich mit einer gewissen Erwartung heran wagt. Man erhofft sich vielleicht eine wunderbare Sprache, tolle Ideen oder eine interessante Geschichte. Solche Erwartungen hatte ich auch an “Ein dunkler Moment” von Rabea Edel. Als ich den Klappentext gelesen hatte, war ich vom groben Umriss dieser Geschichte fasziniert und wollte unbedingt mehr erfahren. "Am 5. April 1998 tötet ein Jugendlicher in einer amerikanischen Kleinstadt seine Eltern mit einem Baseballschläger und ruft danach die Polizei. Seine Schwester Amanda verbringt die Nacht in den Feldern vor der Stadt. Erst als alles vorbei ist, kommt sie nach Hause zurück. Am 5. April 2009 wird in einem Vorort von Rom eine junge Frau ermordet. Die Mörderin tauscht mit ihrem Opfer, dem sie zum Verwechseln ähnlich sieht, die Kleider und begibt sich auf eine mehrere Tage dauernde Odyssee. Durch Zufall kreuzt sich ihr Weg mit dem des Pathologen Andrea Landolfi, der mit der Obduktion der ermordeten Römerin beauftragt worden ist. Während Landolfi das Bild der jungen Frau nicht mehr los wird, beginnt sein Leben nach und nach aus den Fugen zu geraten, wie schon einmal, elf Jahren zuvor. Doch wer ist die Mörderin wirklich und wer die Tote?" Auf zehnSeiten.de liest die Autorin aus ihrem Roman. Nachdem ich sie dort gehört hatte, war ich auf ihre ganz besondere Sprache eingestellt. Eine Sprache, die, wie sich herausstellte, voller Andeutungen ist. Dem Leser bietet sich ein weites Feld an Interpretationsmöglichkeiten. Während des Lesens wollte ich dann jedoch einige Male abbrechen. Ich fragte mich, wohin die Autorin den Leser führen, was sie ihm zeigen möchte. Ich war zwar unzufrieden, aber wollte nicht einsehen, dass es das schon gewesen sein sollte. Ich erwartete ein überraschendes Ende. Oder zumindest eines, das mich zufrieden stellen würde. Doch auch hier brach Rabea Edel wieder meine Erwartungshaltung. Wenn man bedenkt, dass “Ein dunkler Moment” an einen realen Fall angelehnt ist, muss man sich fragen, wie unsere Gesellschaft funktioniert. Wie ist es möglich, dass man der Faszination des Bösen erliegen darf, ohne die Konsequenzen tragen zu müssen. Wie krank muss man sein, um jemanden umzubringen, nur um des Tötens Willen? Wie gestört muss man sein, um Gefallen an Leichen statt an der eigenen Frau, die zu Hause auf einen wartet, zu finden? Wenn man all diese Facetten in Betracht zieht, stellt das Buch eine Sammlung menschlicher Störungen dar. Über zehn Jahre spinnt die Autorin die Leben ihrer Figuren, die sie sehr geschickt – nach dem Prinzip des literarischen Zufalls – sich kreuzen lässt. Dabei macht es Rabea Edel ihren Lesern nicht leicht. Die mit Andeutungen schwere Sprache und die wechselnden Erzählperspektiven verwirren. Die Autorin beschönigt nichts, lässt höchstens Dinge aus. Edel erschafft nicht etwa makellose Stereotypen, sondern zeichnet ihre Protagonisten so wie sie auch im wirklichen Leben vorstellbar wären. “Ein dunkler Moment” hat mich herausgefordert. Denn erst nachdem ich mich mit ihm eingehend auseinandergesetzt hatte, haben sich mir seine Stärken erschlossen. So kann ich jetzt sagen, dass Rabea Edels Roman ein gutes, ein anspruchsvolles Buch ist. Eines, das aus der breiten Masse der Neuerscheinungen heraus sticht.
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