Elf Männer treffen sich monatlich, um ein exquisites Mahl zu sich zu nehmen, bei dem sie sich Geschichten erzählen. Diese werden dann bewertet, der Verlierer muss das nächste Treffen ausrichten. Und so lauschen wir u.a. einer Abhandlung über Trickbetrug, einer tragisch endenden Liebesgeschichte aus Venedig, sind Zeuge eines Besäufnisses mit Luzifer persönlich, mit dem wir auch Karten spielen, stürzen mit dem Schiff in den Maelstrom und erfahren über die traurigen letzten Tage eines Mannes, dem im wahrsten Sinne des Wortes die Luft wegbleibt.
Edgar Allen Poe ist bekannt für seine schaurig schönen Geschichten über verräterische Herzen, Fässer mit Amontillado, sprechende Raben, pendelnde Klingen und das immer wiederkehrende Motiv des Lebendig-begraben-Werdens. Dass der einflussreiche Autor in jungen Jahren auch anders konnte, nämlich ironisch & satirisch anstatt morbid & makaber, zeigt diese rekonstruierte Sammlung von 12 Geschichten, die Poe entwarf, aber nie zu Ende führte. Obwohl er die einzelnen Geschichten beendete sowie teilweise veröffentlichte, stellte er die sie verknüpfende Rahmenhandlung, eben das Treffen des Folio Clubs, nie fertig. Poe parodiert in seinen Stories die literarischen Moden seiner Zeit und nimmt bekannte Persönlichkeiten des literarischen Lebens auf die Schaufel. Viele davon sind heute unbekannt (von Samuel Coleridge abgesehen), daher ist es gut, dass das liebevoll gemachte Manesse-Bändchen mit umfangreichen Anmerkungen plus einem informativen Nachwort des Übersetzers Rainer Bunz aufwartet. Zwei Dinge sind es, die mich an dieser Sammlung faszinieren: 1., wie selbstbewusst der junge Poe mit Stilen und Erzählstimmen spielt. Und 2., drängt sich mir die Frage auf, wie der hier sich so leichtfüßig zeigende junge Autor zu so einer tragischen Gestalt samt mysteriösen Tod werden konnte. Ev. wegen seiner Trunksucht, doch die tat seinem literarischem Werk keinen Abbruch.