Cover des Buches Verführung (ISBN: 9783426512876)
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Rezension zu Verführung von Tanja Kinkel

Verführung

von Themistokeles vor 11 Jahren

Rezension

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Themistokelesvor 11 Jahren
Die Geschichte von Giacomo Casanova ist wohl so glaube ich jedem bekannt, doch wird sie in diesem Buch so vollkommen anders behandelt, als ich es bisher gewohnt war. Es ist zwar nicht so, dass Giacomo nicht der Verführer wäre, als den man ihn allgemein hin kennt, denn der ist und bleibt er das gesamte Buch hinweg, wie sollte es auch anders sein. Nein, es liegt viel mehr einfach daran, dass nicht allein er der Verführer ist, sondern, er teilweise auch zum Verführten wird und man einfach ein Spektrum an Gefühlen bei Casanova erlebt, dass man sich bei diesem Charakter der Geschichte einfach nur schwer vorstellen kann.

Denn noch viel wichtiger als Casanova ist in diesem Buch einfach Angliola Calori, die vom Mädchen zum Kastraten und dann auf der Bühne gefeiert wird. Wobei mir da noch so einiges Neues aufgezeigt wurde, dass mir in diesem Maß nie bewusst war. Unter anderem auch, wie stark damals wirklich die Verbote hinsichtlich der Frauen und deren Auftritten auf der Bühne in Italien waren und wie anders es auch damals schon in anderen Ländern war. Ebenso erfährt man einfach extrem viel über das Leben eines Kastraten, wie dieses aussah, wie mit ihnen umgegangen wurde und vor allen Dingen auch, wie sich ein so früh im Leben kastrierter Junge, im Laufe seiner Entwicklung einfach vollkommen anders entwickelt, mit dem fehlenden Testosteron. Für mich auf jeden Fall viele spannende Dinge, die so nebenbei in die Geschichte mit eingeflossen sind, die ansonsten stark von den Künsten der Verführung auf vielfältige Weise, sowohl durch Körperlichkeiten, die damals scheinbar Gang und Gebe waren, wie aber vor allen Dingen auch durch die Musik, die Angliola so vortrefflich zu beherrschen scheint.

Was mich an manchen Stellen ein wenig gestört hat, war das Gefühl einer leichten Langatmigkeit der Geschichte, die mich in den Abschnitten ab und an überkam, als wäre es einfach etwas zu viel zwischen den eigentlichen Ereignissen gewesen, als hätte einfach alles ein bisschen schneller erzählt werden können, denn ab und an habe ich mir schon gewünscht, dass doch langsam mal der nächste Abschnitt kommen mag. Das kann zwar auch daran gelegen haben, dass die Geschichte, trotz ihrer Länge, nur in drei Abschnitte unterteil war und keinerlei Kapitel besaß, aber davon abgesehen, passiert manchmal doch längere Zeit nicht wirklich viel, was etwas anstrengend zu lesen war.

Trotzdem waren die Stellen, an denen etwas passierte, das Lesen auf jeden Fall wert, da man einfach eine emotionale Bindung zu Angliola aufbaut, die durch ihre sehr sympathische Art, die auch ihrer Zeit eindeutig ein ganzes Stück voraus ist, einem einfach ans Herz wächst und bei der man hofft, dass sie mit ihrer Verkleidung bloß nicht auffällt, so lange sie sich als Kastrat ausgibt, um der von ihr so sehr geliebten Musik näher zu kommen. Und vor allen Dingen ist ihre Beziehung zu Casanova sich gestaltet, hat einfach etwas Besonderes an sich, das die Sache spannend, interessant und teilweise auch recht amüsant werden lässt.

Es ist auf jeden Fall ein Roman, der die Zeit damals sehr treffend beschreibt, der Casanova einmal ein wenig anders darstellt und der vor allen Dingen das Leben der Kastraten auf eine interessante und spannende Art beleuchtet und aus dem man noch so einiges aus der Historie lernen kann. Ein ehrlich tolles Buch, auch wenn es leider ein paar Längen hat und vielleicht mit ein paar Kapitel und ein paar weniger Seiten noch hätte besser sein können.
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