Cover des Buches Unter meinen Füßen die Straße (ISBN: 9783551581846)
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Rezension zu Unter meinen Füßen die Straße von Wendelin Van Draanen

"Unter meinen Füßen die Straße" von Wendelin van Draanen

von Jacynthe vor 7 Jahren

Rezension

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Jacynthevor 7 Jahren

Inhalt


Holly ist 12 Jahre alt und hat schon mehr erlebt, als es ein Mädchen in ihrem Alter sollte: Heimatlosigkeit, den Drogentod ihrer Mutter, Missbrauch in Pflegefamilien. Schließlich hält sie es nicht mehr aus und flieht. Von nun an ist sie eine Nomadin, eine Seenomadin, mit einem großen Ziel: dem Meer. Hilfe und Halt findet sie in dem Tagebuch, das sie zunächst widerwillig und voller Spott, dann jedoch immer ernsthafter führt. Ihr Tagebuch und die Poesie - das ist es, was sie am Leben hält.



Meine Meinung


Dieses Buch ist mir wegen seines Covers aufgefallen und wegen der Thematik ist es schließlich in meinem Bücherei-Körbchen gelandet, denn Ausreißer- und Straßenkindergeschichten haben mich schon früh fasziniert. Es handelt sich bei diesem Buch um eine Ergänzungsgeschichte zu dem Buch Sammy und die barmherzigen Schwestern, ist jedoch eine eigenständige und abgeschlossene Story.

Zu Beginn trieft das Buch vor Selbstironie und unterdrückter Wut. Holly schildert ihrer Lehrerin Ms Leone, die sie zum Schreiben des Tagebuchs animiert hat, wie ihr Alltag bei ihrer aktuellen Pflegefamilie aussieht und wie sie ihr Leben empfindet. Sie betont immer wieder, dass sie eigentlich gar nicht schreiben will und selbst nicht weiß, warum sie es doch tut. Man spürt, wie viel Verzweiflung zu diesem Zeitpunkt in der Protagonistin steckt und kann ihren Entschluss, schließlich das Weite zu suchen, voll und ganz nachvollziehen.

Im Laufe der Zeit ändert sich dann jedoch ihr Ton. Zunächst spricht sie ihre Lehrerin wie eine gute Bekannte an, dann verschwinden die Anreden langsam ganz und die Ausführungen werden tiefgründiger. Diese Verwandlung im Inneren der Protagonistin darzustellen ist der Autorin sehr gut gelungen.

Ich fand die kleinen Details von Hollys Leben auf der Straße sehr spannend. Dinge, an die man im ersten Moment nicht denkt (und an die ich mich auch aus anderen Büchern dieser Art nicht erinnern konnte), so zum Beispiel an die Müllbeutel, die Holly zum Poncho umfunktioniert, um sich vor der Feuchtigkeit der Nächte auf der Straße zu schützen. Auch hat Holly tolle Ideen, wie sie ihre Tage gestaltet, wie sie sich Essen und Schutz erschleichen kann, wie sie von A nach B kommt - man erkennt die monatelange Recherchearbeit, die van Draanen in dieses Buch gesteckt hat.

Dennoch - irgendetwas fehlte mir in dieser Geschichte, ohne dass ich es genau in Worte fassen kann. Ja, Hollys Leben ist schlimm und es gibt sicher tausende von Kindern auf der Welt, die leider Ähnliches erleben müssen. Und Holly ist auch nicht vor Gefahren und Rückschlägen sicher. Trotzdem ging mir alles irgendwie zu glatt über die Bühne und vor allem gegen Ende driftete die Story für meinen Geschmack zu sehr in eine kitschige Happy-End-Honigkuchenpferd-Geschichte ab - es war einfach zu viel des Guten. Es werden sehr viele der klassischen Straßenkindergeschichtenklischees bedient, und obwohl es auch viele neue Elemente und Blickwinkel gibt, konnte das Buch mich nicht wirklich fesseln.

Als sehr ungünstig empfand ich vor allem die Übersetzungen der kleinen Gedichte, die Holly im Laufe der Zeit schreibt. Ja, Gedichte können oft mehr aussagen, als alle Beschreibungen der Welt es könnten, doch im Deutschen kommen sie sehr unangenehm holprig daher, was in meinen Augen alle Möglichkeiten gleich im Keim erstickte. Ich bin sicher, dass die Gedichte in der Originalsprache besser und passender klingen.

Ich habe das Buch gerne gelesen, der Funke ist jedoch bis zum Schluss nicht wirklich übergesprungen. Unter meinen Füßen die Straße ist für Leser im frühen Teenageralter auf jeden Fall eine tolle Lektüre, für mich war es jedoch nicht mehr als eine nette Geschichte für zwischendurch. Ich vergebe 3 von 5 Wolken.
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