Cover des Buches Die Salzpiratin (ISBN: 9783548288543)
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Rezension zu Die Salzpiratin von Beate Maly

Jack Sparrows österreichische Schwester

von Aspasia vor 6 Jahren

Rezension

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Aspasiavor 6 Jahren
Wer heute den fast 200 m tiefen und knapp 25 qm großen Traunsee mit dem Raddampfer Gisela quert, vorbei am markanten Traunsteinmassiv, kann sich kaum vorstellen, dass dieses Idyll im 10. Jahrhundert von räuberischen Piraten beherrscht war.

Beate Maly konnte.

Die Handlung ihres neuen historischen Romans Die Salzpiratin spielt in dieser wunderschönen Landschaft im Salzkammergut. Eine Gegend, die nicht ohne Grund so heißt, hier wurde und wird Bergsalz abgebaut, das über die Salzstraßen, die auch über Wasser führten, gehandelt wurde. Salz, das weiße Gold, war lebensnotwendig zur Konservierung von Lebensmitteln in der Prä-Kühlschrankzeit und somit ein einträgliches Handelsgut.

Die historischen Herren von Orth, steirische Ministerialen, die im Seeeschloss, Schloss Orth, dass 909 erstmals urkundlich erwähnt wurde, bei Gmund am Nordufer des Sees residierten und den Salzhandel kontrollieren, dienten Maly als Vorlage. Ihre Protagonistin, die 16-jährige Ursel, ist die Tochter eines dieser Herren, sie wächst auf am Ufer des Traunsee zusammen mit ihrer Stiefmutter und ihren Brüdern, durch die sie auch früh lernt sich zu behaupten. Sie ist geübter im Bogenschnitzen als im Sticken, ist erfolgreicher als mancher Mann im Jagen und Fischen und wird wie ihre Brüder im Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet.

Am Nachmittag vor Fest zur Sommersonnenwende 950 auf die sich die Familie wie auch die Dorfgemeinschafte freute, geht Ursel mit ihrem jüngeren, geistig behinderten Bruder Nikolaus in den Wald. Auf dem Nachhauseweg stürzt sie, verletzt sich so, dass sie nur langsam voran kommen, daraufhin lässt sie schon in Sichtweite den ungeduldigen Jungen, der Angst hat, dass Wichtigste zu verpassen, vorlaufen. Sie selbst muss Minuten später mitansehen, wie eine Gruppe Söldner, bezahlt vom machtgierigen Grafen Wilhelm, Haus und Hof überfällt, mordet und alles niederbrennt, um an diesem Ort ein Kloster zu errichten, das von seiner Cousine Ata als Äbtissin geleitet werden soll. Kein Zeuge soll diese Schandtat überleben, doch als die Männer, den traumatisierten Nikolaus entdecken, rettet ihn, der Glaube des Grafen an die Symbolkraft, dass ein "Irrer" das schreckliche Unglück, als solches soll das Ereignis offiziell dargestellt werden, durch die Gnade Gottes überlebt hat und dass er als Stifter des Klosters den Jungen gnädig dort arbeiten lässt.

Nach dem ersten Schock und der Trauer ist Ursels Überlebenswille stärker als die Verzweiflung, sie erinnert sich an ein Arrangement ihres Vaters mit den Salzpiraten, die sich irgendwo im Wald verstecken. Sie beschließt sich ihnen unter dem Pseudonym ihres verstorbenen Bruders Hans anzuschließen, was ihr trotz ihres schwächlichen Aussehens gelingt, da ihre Fähigkeiten als Bogenschnitzer und Jäger überzeugen. In der Gemeinschaft der raubeiniger Männer, die alle ihre Gründe haben außerhalb der Gesellschaft leben, ist es nicht immer einfach für Ursel ihre Tarnung aufrecht zu halten, aber der Wunsch sich zu rächen, lässt sie auch die größten Schwierigkeiten meistern, bis die Piraten eines Tages den neue Sekretär des Grafen, Steffen, ins Lager bringen und der Anführer die Idee hat, Ursel mit einer Lösegeldforderung ins Kloster zu schicken.

Maly kreiert einen historisch interessanten und inhaltlich spannenden Plot, deren Fremdheit und Andersartigkeit des 10. Jahrhunderts mit seinen archaisch anmutenden Strukturen fasziniert, hinzu kommt das literarisch noch nicht oft bearbeitete Thema der Bergseepiraterie. Auch bei ihren Figuren mag Maly es ungewöhnlich, einen Jungen mit (wahrscheinlich) Trisomie 21 in einem im Mittelalter angesiedelt historischen Roman, der nicht einfach nur als der stereotype Narr dargestellt wird, sondern als Charakter. Mir hat neben dem unterhaltsamen Plot auch die malerische Landschaftsbeschreibung gefallen, mit der Salzpiratin hat sich Frau Maly eigentlich ein lebenslanges Anrecht auf ein unbezahltes Hotelbett im Salzkammergut erschrieben.


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