Cover des Buches Die vergessene Kammer (ISBN: 9783442264063)
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Rezension zu Die vergessene Kammer von Catherine Fisher

Irreführender Klappentext, aber angenehm zu lesen

von marochol vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Gut geschrieben, aber wenig Handlung. Irreführender Klappentext, da die Handlung in drei Epochen spielt, die aber schlüssig verbunden sind.

Rezension

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marocholvor 8 Jahren
Schon auf den ersten Seiten des Romans war ich sehr überrascht, da ich dort die Sicht von Bladud, dem Druidenkönig, vorfand und aufgrund des Klappentextes, der nur auf Zac, den Baumeister-Lehrling, eingeht, nicht wusste, wie dieser einzuordenen war. Anders als erwartet wird die Geschichte nämlich aus der Sicht von drei verschiedenen Personen erzählt, durch Bladud, dessen Kapitel sehr kurz sind und nur das wichtigste der Legende über ihn zusammenfassen, Zac und Sulis, die beide eine wichtigere Rolle spielen.

Dementsprechend war der Start ins Buch etwas chaotisch, bis man die verschiedenen Personen dann schließlich einzuordnen wusste. Da ich erst mal mit den Personen warm werden musste, besonders aber mit Zac, der mir am Anfang sehr unsympathisch war, was allerdings wiederum zu seinem Charakter gepasst hat, war das Eintauchen in die Handlung für mich etwas schwierig.

Die Figuren an sich habe ich als meist sehr flach und einseitig empfunden und keine wirkliche Charaktertiefe erkennen können. Jonathan Forrest war einer der wenigen Charaktere, die ich mir sehr gut vorstellen und auch in gewisser Weise nachvollziehen konnte, besonders in Sulis' Handlungsstrang bin ich mit den Auftretenden aber nicht wirklich warm geworden.

Zac war auch einer der Charaktere, die meiner Meinung nach besonders ausgereift waren, da er als eine bemerkbare Entwicklung durchgemacht hat. Am Anfang war er sehr von sich selbst überzeugt, glaubte, dass die Welt ihm für das von seinem Vater verspielte Erbe etwas schuldet und hat auf seinen Lehrmeister aufgrund von dessen Faible für druidische Architektur herabgesehen, später erkennt er jedoch seine Fehler und wird etwas demütiger.

Sulis hat durch ihre Auseinandersetzung mit dem Tod ihrer Kindheitsfreundin auch Veränderungen gezeigt, da sie durch Josh, einen Bekannten aus der Stadt, endlich mit den Bilder ihrer Vergangenheit, die sie seit dem Vorfall verfolgt hatten, abschließen und sich so vollkommen auf ein neues Leben einlassen kann. Dadurch bin ich erst zum Ende des Romanes wirklich mit ihr warm geworden, vorher kam mir ihr Charakter eher distanziert vor.

In der ersten Hälfte des Buches hatte ich zudem das Gefühl, dass handlungstechnisch sehr wenig passiert. Durch den gut zu lesenden, sehr flüßigen Schreibstil, der zu den Figuren passt und auch an deren jeweilige Zeit gut angepasst ist, habe ich dennoch weiter gelesen, da durch diesen alles sehr anschaulich war und man sich das Geschehen gut vorstellen konnte. Neben den Figuren hat mich in Sulis's Sicht gestört, dass die Handlung dort eher auf psychischer Ebene stattfand, wodurch dieser Teil für mich im Vergleich zu den Anderen eher uninteressant war.

Fesselnd finde ich die Tatsache, dass man, je weiter man mit dem Lesen fortschreitet, umso mehr Parallelen zwischen den einzelnen Zeiten und Figuren erkennen kann. Zuerst hatte ich nämlich das Gefühl, dass die einzige Gemeinsamkeit der drei Protagonisten deren Verbindung zu Aquae Sulis ist und deren Stränge nicht wirklich wichtig für einander sind. Diese Verbindungen den Roman eindeutig verbessert und einige Makel wieder gut machen können, da man schon wissen wollte, was aus den einzelnen Charakteren geworden ist und in wie weit das mit den anderen Figuren zusammenhängt.

Allgemein finde ich den Klappentext des Buches, der nur von Zac erzählt, ziemlich irreführend. Dort ist nicht nur von einer geheimnisvollen Kammer im Inneren des King's Circus die Rede, die allerdings erst kurz vor dem Ende überhaupt erwähnt wird und deren Mysterium nie so wirklich gelüftet wird. Auf den letzten Seiten wird die Handlung überhaupt erst wirklich spannend, sonst plätschert das Geschehen eher vor sich hin.

Auch die Beschreibung der sich in den Himmel schraubenden Straße in dem Klappentext ist in Kombination mit dem riesigen Turm auf dem Cover schlecht gewählt, da Forrests Bauwerk lediglich eine sich auf einem Berg befindende, kreisförmig angeordenete Häusersammlung ist, die allenfalls drei Stockwerke hoch ist. Außerdem habe ich die mysteriöse Kammer nicht als die Obsession des Baumeisters empfunden, der ganze Bau des an antike Steinkreise wie Stonehenge angelehnte King's Circus war sein Lebenswerk und diese Kammer sollte dies nur noch unterstreichen und die druidische Geschichte in den Vordergrund stellen.

Aus diesen Gründen finde ich den großen Turm auf dem Cover nicht ganz passend, da ich aufgrund dessen eher eine an den Turmbau von Babel angelehnte Geschichte erwartet hätte. Die architektonischen Zeichnungen und Notizen oben auf dem Cover passen dafür ganz gut zu der Story, da in allen drei Abschnitten Architektur eine wichtige Rolle spielt.

Da die im deutschen Titel erwähnte Kammer in dem Roman keine so große Rolle gespielt hat wie erwartet, finde ich den englischen Titel "Crown of Acorns", also "Krone aus Eicheln", um einiges besser. Diese Krone schmückt im Roman nämlich die Dächer des King's Circus und die Früchte sind zudem das Zeichen von Jonathan Forrest, der diese wiederum aufgrund ihrer Verbundenheit zu den Druiden gewählt hatte. Dadurch ist die Eichenkrone ein weiteres Zeichen, welches die drei Handlungsstränge miteinander verbindet, was den Roman nun mal ausmacht und so durch den englischen Titel die Reichweite dieser Verbindungen noch einmal in den Vordergrund gestellt wird.

Fazit

"Die vergessene Kammer" ist zwar sehr gut geschrieben, die Handlung ist jedoch ganz anders als man aufgrund des Äußeren des Buches erwarten würde. Die Idee drei Figuren aus verschiedensten Epochen zu verbinden ist gut umgesetzt, dennoch hapert es manchmal an Spannung. Für mich war einzig Zacs Handlungsstrang wirklich interessant, da in dessen historischen Setting der Großteil der Handlung stattfindet und man als Leser am meisten über die Hintergründe von Aquae Sulis und dem King's Circus erfahren kann. Deshalb war ich trotz der eher langsamen verlaufenden Handlung von dem Buch gefesselt und konnte ein wenig über manche Schwächen hinweg sehen, da ich doch wissen wollte, wie es schlussendlich ausging.


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