Cover des Buches Der Ruf des Meeres (ISBN: 9783868276671)
Susanne_Degenhardts avatar
Rezension zu Der Ruf des Meeres von Lisa Wingate

Ein Roman zum Entschleunigen

von Susanne_Degenhardt vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen und geben ein spannendes Familiengeheimnis preis. Anfangs etwas träge, aber stetig fesselnder.

Rezension

Susanne_Degenhardts avatar
Susanne_Degenhardtvor 7 Jahren
»Manchmal muss man einen großen Sprung machen, um auf einem Wellenkamm zu landen. Aber wenn du oben bist, erwartet dich eine herrliche Gleitfahrt.« (S. 370)

Whitney steht vor dem Scherbenhaufen ihres Restaurants. Ein Mitbewerber versucht, sie aus dem Rennen zu drängen. In diese ohnehin turbulente Situation hinein erhält sie die Nachricht, dass ihr verhasster Stiefvater einen Unfall hatte und im Krankenhaus liegt. Da sich sonst keiner um den Witwer zu kümmern scheint, verlässt die 38jährige widerwillig Michigan und fährt nach Roanoke Island. Dort kann sie dann auch gleich mal nach dem Hotel schauen, das ihre Mutter ihr hinterlassen hat - nebst allem möglichen Gerümpel. Vielleicht finden sich ein paar wertvolle Gegenstände, die Whitney zu Geld machen und damit das Restaurant retten könnte?

Bei der Sichtung der Hinterlassenschaft stößt Whitney auf alte Briefe. Diese stammen von einer Alice und richten sich an Whitneys Großmutter. Wer war Alice und warum hat ihre Großmutter nie von ihr erzählt? Immer tiefer gerät sie durch die Briefe in den Sog der Vergangenheit, fasziniert von dem Geheimnis, das ihre verstorbene Familie zu umgeben scheint. Doch auch die Gegenwart lässt ihr keine Ruhe. Ihr Stiefvater raubt ihr den letzten Nerv, das Hotel ist marode und der gutaussehende Makler Casey möchte sie zum Verkauf überreden. Dann ist da noch Mark, dem der Surfladen nebenan gehört und andere Pläne mit dem Hotel hätte... Und die Zustände in ihrem Restaurant in Michigan werden auch nicht besser.

Whitney muss Entscheidungen treffen, was ihr sehr schwer fällt. Konfrontiert mit der Vergangenheit merkt sie, dass sie loslassen und heilen muss. Und dabei helfen ihr die Briefe von Alice. Die erzählt von einem Projekt in den Dreißiger Jahren, das sie in die Blue Ridge Mountains verschlägt. Dort trifft sie auf Menschen, die von den anderen Bergbewohnern ausgegrenzt werden: Die Melungeons. Und auf Gott.

Und hier schließt sich ein Kreis, was den Lesern auffallen dürfte, die »Die Hüterin der Geschichten« und auch »Jolas Briefe« gelesen haben. Hatte ich zwischen den beiden vorigen Bänden keinen Zusammenhang erkennen können, so ist er nun, im dritten Band, sehr stark zu erkennen. Man begegnet namentlich ein paar Personen aus der »Hüterin« und Tandie aus »Jolas Briefe« wieder. Wie das alles zusammenhängt, verrate ich natürlich nicht. Man kann dieses Buch aber auch ohne Vorkenntnisse der anderen Bände sehr gut lesen.

Lisa Wingate hat eine sehr dichte Schreibweise, weswegen man das Buch nicht einfach mal eben so wegliest. Anfangs musste ich mich wieder einlesen, bis ich in die Handlung richtig eintauchen konnte, was u.a. daran lag, dass es quasi zwei Handlungsstränge gibt. Die Spannung steigert sich zunächst nur unmerklich, aber irgendwann erwischt man sich dabei, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen mag, weil es einen Sog entwickelt, dem man sich nicht mehr entziehen kann. Lisa Wingate ist eben eine begnadete Geschichtenerzählerin!

Da ich mich anfangs recht lange einlesen musste, gibt’s 4 Sterne. Trotz allem aber wieder ein äußerst lesenswerter Roman, für den man allerdings in der richtigen Stimmung sein muss. Ich brauchte dafür immer Ruhe, um mich genügend auf die Handlung konzentrieren zu können.
Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks