Cover des Buches Der unsichtbare Gast (ISBN: 9783458176480)
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Rezension zu Der unsichtbare Gast von Marie Hermanson

Gruseliges Glimmenäs

von Elefantino vor 9 Jahren

Rezension

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Elefantinovor 9 Jahren

Frustriert schmeißt die junge Martina ihren demütigenden Aushilfsjob als Zimmermädchen im Hotel hin. Als sie zeitgleich auch noch ihre kleine Wohnung verliert, flüchtet sie zunächst zu ihren Eltern, wo sie sich allerdings nicht wirklich willkommen fühlt. Nicht nur, weil ihr Jugendzimmer mittlerweile einer Renovierung zum Opfer fiel.

Da die Chancen für einen baldigen beruflichen Neustart in Ermangelung einer Ausbildung sehr durchwachsen sind, nimmt Martina gerne die Einladung ihrer Jugendfreundin Tessan an, sie an ihren Arbeitsplatz auf dem ländlichen Anwesen Glimmenäs zu begleiten.

Hausherrin dort ist Florence Wendmann, eine augenscheinlich etwas wunderliche alte Dame, deren Leben - ebenso wie das komplette Anwesen - im Jahre 1943 "erstarrt" zu sein scheint. Tessan arbeitet dort als Dienstmädchen und bald nimmt auch Martina die ihr angebotene Stellung als "Sekretärin" an. Für freie Kost und Logis, zuzüglich eines Taschengeldes, tauscht Martina ihr reales Leben mit der bizarren Inszenierung einer anderen Epoche, die Verpflichtung zum Tragen der zeitgenössischen Kleidung inklusive.

Bald halten weitere verkrachte Existenzen Einzug auf Glimmenäs und übernehmen Rollen in dem skurrilen Spiel. Sie alle eint der Wunsch nach einem sorgenfreien Leben und Abschottung von der Außenwelt, die ihnen so übel mitgespielt hat.

Doch just als die verschworene Gemeinschaft beginnt, Pläne für die Zukunft dieses Eldorados der Gescheiterten zu entwickeln, bedroht ein Neuankömmling das Idyll. Was nun?


Marie Hermanson hat hier ein wirklich originelles Szenario erschaffen, vor dessen Hintergrund sich uns ihre - zunächst eher oberflächlich beschriebenen - Charaktere erst durch ihre Handlungen erschließen. Das ist auch gut so, denn so kann der Leser gleichermaßen unvoreingenommen und gespannt die unter den Bewohnern von Glimmenäs entstehende Gruppendynamik verfolgen.

Die Autorin setzt ihre, wie ich finde, großartige Idee sprachlich und handwerklich sehr gekonnt um. Eine leicht gruselige Atmosphäre. Ein spannender, aber eher unterschwellig laufender, gruppendynamischer Prozess. Die Frage, was Hausherrin Florence im Jahre 1943 erstarren und dort verharren ließ. Dies alles ließ mich das Buch während der Lektüre nur ungern aus der Hand legen.

Die Einordnung in ein Genre fällt mir in diesem Fall schwer. Roman, Drama, Krimi oder Thriller???? Das darf jeder nach der Lektüre, die ich uneingeschränkt empfehle, selbst entscheiden.

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