Rezension zu "Ich spiele um mein Leben" von Marshall Jon Fisher
Vor Boris Becker war Gottfried von Cramm das größte deutsche Tennisidol. Dreimal hintereinander stand er in Wimbledon im Endspiel, dreimal wurde er „nur“ Zweiter. Der deutsche Titel konzentriert sich auf den Baron, doch in Wirklichkeit hat der Amerikaner Fisher ein Buch über drei große Tennisspieler geschrieben: Cramm sowie die Amerikaner Bill Tilden und Don Budge. Als Rahmenhandlung für ihre drei Biographien dient ihm das „beste Tennismatch aller Zeiten", die entscheidende Fünfsatz-Begegnung von Budge und von Cramm im Halbfinale des Davis-Cups 1937. Packend schildert Fisher das Match, in dem von Cramm nicht nur für Deutschland, sondern als Regimegegner und Homosexueller mit Gestapo-Akte auch „um sein Leben spielt." Der Davis-Cup war damals übrigens wichtiger als Wimbledon oder gar eine andere Meisterschaft der heutigen „Grand Slams".
Fisher schafft es nicht nur, das Leben der drei Cracks bewegend zu schildern, Tilden war übrigens auch homosexuell und geriet deswegen wie von Cramm in Deutschland in den USA mit den damaligen Gesetzen in Konflikt. Nein, Fisher gelingt darüber hinaus auch eine packende und gut recherchierte Darstellung der Zeitgeschichte kurz vor dem Beginn des Zweiten Weltkriegs.
Wer Tennis liebt und sich ein bisschen für dessen Historie interessiert, für den ist dieses Buch ein Muss. Auch für andere Leser kann es durchaus interessant sein, aber man sollte schon wissen, wie man beim Tennis zählt und was „Deuce", „Lob oder „Slice" bedeuten. Sonst hat man keinen Spaß an der Lektüre, denn so geschickt es Fisher versteht, verschiedenste Fäden zu einem interessanten Gewebe zusammen zu fügen: Der weiße Sport steht eindeutig im Vordergrund. Und wer Tennis nur vom Fernsehen kennt: Unglaublich, wie spannend ein guter Schreiber ein Spiel auf Papier schildern kann. Ich habe jedenfalls bis zum verwandelten Matchball im fünften Satz mitgefiebert.