Cover des Buches Im Ghetto gibt es keine Schmetterlinge (ISBN: 9783570403556)
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Rezension zu Im Ghetto gibt es keine Schmetterlinge von Matteo Corradini

Theresienstadt aus der Sicht von Kinderaugen - erschreckend

von marielle_booklove vor 7 Jahren

Rezension

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marielle_booklovevor 7 Jahren

Autor: Matteo Corradini

Reihe: Nein

Verlag: cbj Kinder- und Jugendbuchverlag

Seitenzahl: 284 Seiten

Veröffentlichung: 10. April 2017

Preis: 8,99 €

ISBN: 978-3-570-40355-6



Klappentext

Theresienstadt 1942: Die Nazis haben ein Lager für Juden errichtet, das zeitweise als Vorzeigelager dient. Doch es ist nur eine Station auf dem Weg in die Vernichtungslager. Inmitten dieser Hoffnungslosigkeit gründen Kinder eine Zeitschrift, um gegen das Grauen anzuschreiben. Sie treffen sich heimlich und verfassen Berichte über das Lager. Aber sie zeichnen auch Bilder, führen Interviews oder schreiben Gedichte.
Matteo Corradini bringt dem Leser auf berührende Weise das Schicksal dieser Kinder nahe.


Zitate

„Hier in Theresienstadt ist sogar die Natur eingesperrt, zur Untätigkeit verdammt, während sie draußen grünt und blüht, singt und den Rhythmus der Jahreszeiten folgt.“ (Seite 81)


„Hier im Ghetto ist die Schule ein Ort der Freiheit und Freude, anders als in Prag. Wenn man in Angst und Schrecken lebt, dann kann etwas Lästiges trösten und Lebensmut geben.“ (Seite 88)


Inhalt

Die Tristesse des Durchgangslagers Theresienstadt – dies beschreibt den Inhalt des Buches ziemlich genau. „Im Ghetto gibt es keine Schmetterlinge“ handelt von einer kleinen Gruppe Jungen die in der Zeit von Verfolgung, Diktatur und Vernichtungslager versuchen, dem Leben jedes Fünkchen Hoffnung abzugewinnen. Hinter dem Rücken der SS bilden sie die Redaktion einer kleinen Zeitung, die vom Leben in Theresienstadt berichten, Bilder von anderen Kinder veröffentlichen und damit versucht ihrem Leben Normalität zu verleihen.


Cover und Gestaltung

Die schweren Schicksale der Menschen in Theresienstadt zeigen sich dem Leser schon vor der ersten Zeile. Ohne den Klappentext zu lesen, weiß man direkt auf was man sich mit diesem Buch einlässt. Für eine so ernste Dramatik hat das Cover die passende Aufmachung. Gerade die Farbgestaltung in Verbindung mit den matten und dunklen Tönen geben dem Leser, wenn auch nur einen Hauch, der Stimmung dieses Buches wieder.
Bevor das Buch beginnt gibt Matteo Corradini eine kleine Einleitung mit seiner Sicht auf Theresienstadt. Gerade für die junge Zielgruppe dieses Buches ein guter Einstieg, der nicht nur erklärend sondern auch aufklärend ist. Im Anschluss wir man als Leser direkt in die Zeit und Welt von Theresienstadt katapultiert.

Schreibstil

Matteo Corradini beschreibt die brutale Welt in der die Kinder leben schonungslos und verschönert Theresienstadt zu keiner Zeit. Mit Hilfe von relativ kurz gehaltenen Kapiteln und Absätzen bei denen Realität und Träume der Kinder immer wieder verschwimmen, verdeutlich der Autor nur noch mehr in welcher grausamen Zeit die Menschen in Theresienstadt leben. Dabei lässt es sich sehr flüssig lesen, obwohl ich an einigen Stellen auf Grunde der Handlung innehalten und meine Gedanken sammeln musste. Dies zeigt aber auch nur wie überzeugend Corradini schreibt.
Von Anfang an lebt die Geschichte von Beschreibungen, Situationen und kleinen Szenen. Dabei geht es weniger um die Handlung, sondern vielmehr um die Befinde, Ängste und Sorgen der Bewohner von Theresienstadt. Für mich war es eines der ersten Bücher, die ohne großer Handlungsfortschritte eine fesselnde Geschichte wurde.


Meinung


VORSICHT SPOILER
Bevor ich mit dem Buch begann, bin ich davon ausgegangen, dass ich das mit knapp 300 Seiten recht dünn gehaltenes Buch sehr schnell fertig lesen werde. Schon mit den ersten paar Seiten wusste ich, dass es wohl nicht so sein wird. Obwohl es sich, wie bereits erwähnt, recht gut lesen lässt, kann man die Brutalität und den schrecklichen Alltag dem sich die Kinder Tag für Tag stellen müssen, nicht einfach nur locker runter lesen. Für mich war dabei die eine oder andere Pause wirklich nötig.
Mit Blick auf den historischen Hintergrund und die Art und Weise, wie in diesem Buch Realität und die Traumwelt der Kids verschwimmen, hat man von Beginn an das Gefühl, dass dieses Buch nicht gut ausgehen wird. Der Autor schafft es dabei, die für die Kinder scheinbare normale Welt, dem Leser schonungslos brutal zu übermitteln. Leider musste ich feststellen, dass ich im Verlauf des Buches ein wenig abstumpfte und gleichzeitig versuchte ich diesem furchtbaren Ort die positiven Dinge abzugewinnen. Und genau das ist, was auch die Kinder versuchen. Denn auch Liebe und Freundschaft haben hier ihren Platz.
Grundsätzlich gefiel mir das Buch ganz gut. Der Gedanke mit vielen bildhaften Beschreibungen zu arbeiten und den Alltag der Kinder darzustellen ohne dabei auf große Handlungssträngen wert zu legen, fand ich zu Beginn sehr spannend. Dadurch dass die Geschichte auch von historischen Fakten lebt, bedarf es in diese Richtung keine großen Erklärungen. Trotzdem fehlt mir in der Mitte des Buches eine fortschreitende Handlung. Auch spielt die auf dem Klappentext erwähnte Zeitung der Kinder in meinen Augen eine zu geringe Rolle.
Gegen Ende des Buches verläuft sich der Protagonist immer weiter in eine Traumwelt, um der fortschreitenden Grausamkeit zu entfliehen. Dabei fiel es mir auch immer schwerer zu unterscheiden, ob er nur wieder träumt oder das unausweichliche Ende näher rückt. Das Ende gestaltet Corradini grausam und auch wenig überraschend. Dabei nutzt der Autor möglichst wenig Worte, was es nur noch erschreckender wirken lässt.


Fazit


Ein Buch mit historischem und erschreckendem Hintergrund, wobei dem Leser nicht nur ein einziger Kloß im Hals stecken bleibt. Leider fehlt ein Fünkchen mehr Handlung!


Anzahl der Sterne: 3/5

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