Cover des Buches Im Lautlosen (ISBN: 9781542095969)
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Rezension zu Im Lautlosen von Melanie Metzenthin

Bringt ein dunkles Kapitel der Geschichte wieder ans Licht

von Girdie vor 7 Jahren

Rezension

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Girdievor 7 Jahren
„Im Lautlosen“ ist ein historischer Roman der Hamburgerin Melanie Metzenthin. Schon das schwarzweiß Foto auf dem Cover ließ mich aufgrund der Kleidung schließen, dass der Roman in der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg spielt. Im Mittelpunkt steht das Arztehepaar Richard und Paula Hellmer. Ihr Sohn ist taub und so bezieht sich der Titel einerseits auf dessen Gehörlosigkeit, andererseits aber auch auf den Mut vieler Zivilpersonen, die sich wie die Hellmers vor und im Krieg gegen die Ungerechtigkeiten des Naziregimes eingesetzt habe. Auf lautlose Art, beispielsweise nur durch das Ausfüllen von Formularen, retteten sie Personen das Leben.

Richard und Paula lernen sich 1926 an der Hamburger Universität kennen. Beide studieren Medizin, verlieben sich und heiraten in einer Zeit politischer Unruhen, in der die nationalsozialistische Partei immer mehr Anhänger findet. Im August 1932 wird das Glück von Paula und Richard noch durch die Geburt der Zwillinge Emilia und Georg vergrößert. Bereits nach einigen Monaten stellt sich heraus, dass Georg taub ist. Gemeinsam widmen sie sich der größtmöglichen Förderung. Derweil arbeitet Richard als Psychiater in der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn. Nach dem Erlass neuer Gesetze durch die Nationalsozialisten soll die Leistungsfähigkeit von körperlich und psychisch behinderten Menschen bewertet werden. Richard ahnt, welche Folgen seine Beurteilung haben wird und verfälscht bewusst den Gesundheitszustand in den auszufüllenden Formularen. Nicht nur, dass er sich Sorgen um seinen Sohn macht, der mit seiner Behinderung auffallen und nach den neuen Gesetzen behandelt werden könnte, sondern auch sein Schwindel bleibt nicht ohne Folgen …

Melanie Metzenthin hat mit diesem Buch einen großen Familienroman geschrieben, der in einer zunehmend düster werdenden Zeit spielt. Die Autorin ist selbst Psychiaterin, die einige Zeit in Langenhorn gearbeitet hat, der Haupthandlungsort Hamburg ist ihre Heimatstadt. Die Geschichte ist bestens recherchiert und die Ereignisse dadurch glaubhaft. Neben einer Reihe historisch verbürgter Personen sind die meisten Charaktere fiktiv. Die Protagonisten sind liebevoll gestaltet und ich konnte mich mit ihrem Denken und Handeln identifizieren. Richard, Paula, ihre Familien und Freunde wurden mir sympathisch und ich habe mit ihnen gehofft und gebangt. Obwohl mir die damaligen Geschehnisse in Grundzügen bekannt sind, hat mich die Erzählung in ihrer Darstellung tief berührt.

Die Schilderung rief mir wieder ins Gedächtnis, welche Macht die Anhänger einer gemeinsamen Gesinnung über andere ausüben können. Richard und Paula sind Figuren, die Mut machen, dass es immer Menschen geben wird, die sich nicht einschüchtern lassen und hinter ihrer Überzeugung der Menschlichkeit stehen und danach handeln. „Im Lautlosen“ lässt Geschichte lebendig werden und bringt ein dunkles Kapitel ans Licht. Die Erzählung ist bewegend und bleibt im Gedächtnis. Gerne empfehle ich das Buch weiter.
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