Cover des Buches Summer (ISBN: 9783458177654)
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Rezension zu Summer von Monica Sabolo

Die Leute wollen nicht wissen, sie wollen glauben

von Waschbaerin vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Eine schweizer Upper Class Familie zerfällt vor unseren Augen.

Rezension

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Waschbaerinvor 6 Jahren

Das Buch "Summer" von Monica Sabolo macht es dem Leser anfangs nicht leicht, diesen Roman zu mögen. Aus diesem Grund las ich die ersten 50 Seiten auch zweimal, damit ich die Geschichte greifen konnte. Doch dann ließ mich dieses Buch nicht mehr los.


Erzählt wird fast vom Ende her, als Benjamin nicht länger weiter kann und sich erneut in die Behandlung eines Psychiaters begibt. Er fühlt sich kaputt, am Ende. Sein Büro kann er nicht mehr betreten und auch sonst hält er sein Leben kaum noch aus. Vor 24 Jahren verschwand völlig überraschend und ohne Vorwarnung seine wunderschöne Schwester Summer, um die ihn alle in der Schule beneideten. War es ein Verbrechen, ein Unfall? Die Polizei schien den Fall damals ratlos zu den Akten gelegt zu haben.

Setzten die Eltern, insbesondere der Vater von Benjamin anfangs alle Hebel in Bewegung auch nur die geringste Spur um das Verschwinden von Summer lüften zu können, so erlahmte deren Interesse an der Aufklärung bis niemand mehr den Namen "Summer" in den Mund nahm. Auch Benjamin nicht mehr. Dieses Wort war wie ein No-Go. Hat sich Benjamin diesem Schweigen viele Jahre lang angepasst, so ist es nun, 25 Jahre später eine Frage des Überlebens für ihn, die Vergangenheit zu bewältigen.

Rückblick: Eine Upper Class Familie, am Genfer See beheimatet, mit schickem Haus, kostspieligem Boot im Hafen und reichen Freunden, gehört sie zu denen, die oben angekommen sind. Benjamins Eltern geben stilvolle Partys zu denen Freunde und Bekannte gerne eingeladen werden. Auch bei diesen sind Benjamins Eltern gern gesehene Gäste. Sie bereichern jedes Fest. Mit einem gekühlten Drink in der Hand werden Geschäftsverbindungen geknüpft und zwischen den Zeilen ist das Leben von Menschen sichtbar, bei denen das Geld die wichtigste Rolle spielt. Man schmückt sich gerne mit diesem erfolgreichen Anwalt und seiner wunderschönen Frau, die sich auf jeglichem Parkett bewegen kann. Am Wochenende bleiben diese nicht etwa bei ihren Kindern und leben Familie, nein, sie packen die Koffer um auf dem Anwesen des nächsten Mandanten einen Geschäftsabschluss anzubahnen oder zu feiern. Man hat Spass.

"Was nicht thematisiert wird, ist auch nicht geschehen" lesen wir auf Seite 92 und das ist bezeichnend für das ganze Buch. Ganz still und leise zerbröselt eine nach außen wundervolle Familie vor unseren Augen und löst sich auf. Doch niemand von ihnen spricht diesen Zerfall an. Selbst nach dem Verschwinden von Summer lebte man weiter, als sei nichts geschehen. Auch als Benjamin seine Probleme mit dem Konsum von Drogen löste, blieb an der Oberfläche alles glatt. Sein smarter Vater löst auch dieses Problemchen zu aller Zufriedenheit.

"Das Leben ist ein Schauspiel, in dem mein Vater die Hauptrolle innehat und wo man nicht so recht weiß, welchen Part sein Sohn übernommen hat", lesen wir auf Seite 199. Oder auf Seite 219 "...plädierte in einer langen Rede für seinen Mandanten mit einer Leidenschaft, wie er sie mir gegenüber nie an den Tag legte". doch auch das war nur Show, die dessen Brillanz zeigen soll und Beifall von Freunden einbrachte.

Bezeichnend der Satz auf Seite 220: "Die Leute wollen nicht wissen, sie wollen glauben".

Dieses Buch fällt aus dem Rahmen dessen, wie man heute meist Romane schreibt - laut und schrill mit einem lauten Knall am besten schon zu Anfang und dann wieder am Ende. "Summer" ist dagegen ein eher ruhiges Buch ohne große Aufregung - aber mit viel Tiefgang.

Wie ich schon zu Anfang bemerkte: Dieser Roman will vom Leser erobert werden, doch dann hält er diesen in seiner Handlung gefangen.


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