Cover des Buches Du fehlst mir, du fehlst mir! (ISBN: 9783423620123)
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Rezension zu Du fehlst mir, du fehlst mir! von Peter Pohl

„Wenn du stirbst, kann ich nicht leben“

von gst vor 10 Jahren

Rezension

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gstvor 10 Jahren

Zwillingsmädchen in der Pubertät sind für Eltern bestimmt nicht leicht zu ertragen. Sogar dann, wenn sie so unterschiedlich sind wie Tina und Cilla. Doch für die Mädchen ist diese Zeit auch nicht leicht. Das merkt man, wenn man dieses Buch liest.

Obwohl schon von Anfang an klar wird, dass die tiefsinnige Cilla am Geburtstag ihrer Mutter jäh aus dem Leben gerissen wird, können wir Leser erst mal in das Gefühlschaos der 13jährigen Schwestern eintauchen. Das ist wichtig, um Tinas – durch den Verlust ihrer Schwester ausgelöste – Wandlung miterleben zu können. Und nicht nur sie verändert sich durch die tiefe Trauer grundlegend, auch die Klassenkameraden bemerken, dass es im Leben wichtigere Dinge gibt als Neid und Missgunst.

Wer dieses Buch liest, sollte sich auf jeden Fall Taschentücher bereit legen. Peter Pohl gelingt es hervorragend, Kinna Gieths (alias Tina) Einsamkeit zu spiegeln. Anstatt sich ihrer Trauer hinzugeben, versucht sie die Eltern zu trösten und hat gleichzeitig den Verlust des Bruders zu verkraften, der die Gefühle im Elternhaus nicht mehr aushält und auszieht. Dazu kommt, dass bei jedem Blick in den Spiegel die Schwester herausschaut.

Der Autor hat die ergreifende Thematik in eine wunderbare Sprache gebettet. Da tragen die Beileid aussprechenden Menschen „Gewichte in den Wangen“ und „Der Sprache fehlen die Worte, die einem zutiefst betrübten Menschen helfen können.“ (Seite 74)

Es macht Mut, wenn man liest, wie Tina nach Monaten allmählich wieder aufersteht, wie sich ihre Interessen ändern und sie im wahrsten Sinne des Wortes reift: sie wird aufmerksamer für Dinge, die sie früher kaum tendiert haben. Ihr extremer Leistungsabfall in der Schule gehört auch dazu: „Wer im tiefsten Inneren heimgesucht worden ist, schafft es nicht, in einem Schulzimmer stillzusitzen und Phrasen wiederzukäuen, schafft es nicht, den Schmalspurmonologen vorne an der Tafel zu folgen, schafft es nicht, den Blick auf einen Zettel voller gleichgültiger Fragen zu heften und schafft es natürlich auch nicht, diese Fragen zu beantworten.“(Seite 153)

Ein Jahr nachdem der schreckliche Unfall Cilla aus dem Leben gerissen hat, endet dieses Buch. Es lässt mich als Leser tief betroffen zurück. Ich wünsche jedem Jugendlichen, nicht nur dem, der einen lieben Menschen verloren hat, dass er dieses Buch in die Hände bekommt. Es zeigt so deutlich, was Trauer ist und wie sie sich im Laufe der Zeit verändert. Es zeigt die Ängste der Zurückgebliebenen und der Umwelt, die das Weiterleben erschweren. Und es macht Mut sich zu öffnen und zu zeigen, wer man ist!


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