Rezension
AliceGabathulervor 10 Jahren
Geballte Wut ist ein mutiges Buch. Mutig, weil es keinen strahlenden Helden hat, sondern die Geschichte eines Jugendlichen erzählt, der ein verabscheuungswürdiges Verbrechen begangen hat, dessen Opfer zwar überlebten, aber ein Leben lang gezeichnet sein werden. Sebastian, der jugendliche Täter, kommt aus einem gutbürgerlichen Elternhaus, hat materiell alles. Und dennoch wird er zu einem Täter, den wir - wäre Petra Ivanov nicht in ihn hineingeschlüpft wie in eine zweite Haut - nicht verstehen würden. Es ist auch so schwierig genug, ihn zu verstehen (es gelingt nicht immer), aber durch Petra Ivanov gewinnen wir Einblicke in sein Inneres, die Sebastian gegen aussen nicht zulässt. Beklemmend, wie er am Ende des Prozesses nach der Frage, ob er noch etwas zu sagen hat, in einen unendlichen Gedankengang eintaucht, den wir nachlesen können, am Ende jedoch nichts sagt.
Schon in früheren Büchern hat Petra Ivanov zu Bildern gegriffen, wenn sie ihre Jugendlichen etwas ausdrücken lassen möchte, für das sie keine Worte finden. Diesmal nimmt sie Billard zum Symbol, eröffnet damit die Geschichte und lässt sie auch damit enden. Dazwischen verlässt sie nie, nicht für einen Moment, die Perspektive. Sie bleibt in der Haut des Jugendlichen. In einer Erzählsprache, die keinen Moment unstimmig oder falsch klingt. Sie beschönigt nichts, sie erklärt nichts, sie analysiert nicht (die Analysen bekommen wir nur durch Sebastian vermittelt, wenn er über seine Therapiesitzungen berichtet). Nur die einzelnen Kapitel beginnen mit Gesetzesparagraphen und Regeln, fast so, als könne man mit dieser kühlen, amtlichen Sprache den Schrecken dämmen, das Unfassbare fassen, Sinn in das Unsinnige bringen.
Geballte Wut ist nicht nur ein mutiges Buch, es ist auch ein sehr gutes Buch. Eines, bei dem alles stimmt. Eines, das Fragen aufwirft. Eines, das nicht so schnell wieder loslässt.
Schon in früheren Büchern hat Petra Ivanov zu Bildern gegriffen, wenn sie ihre Jugendlichen etwas ausdrücken lassen möchte, für das sie keine Worte finden. Diesmal nimmt sie Billard zum Symbol, eröffnet damit die Geschichte und lässt sie auch damit enden. Dazwischen verlässt sie nie, nicht für einen Moment, die Perspektive. Sie bleibt in der Haut des Jugendlichen. In einer Erzählsprache, die keinen Moment unstimmig oder falsch klingt. Sie beschönigt nichts, sie erklärt nichts, sie analysiert nicht (die Analysen bekommen wir nur durch Sebastian vermittelt, wenn er über seine Therapiesitzungen berichtet). Nur die einzelnen Kapitel beginnen mit Gesetzesparagraphen und Regeln, fast so, als könne man mit dieser kühlen, amtlichen Sprache den Schrecken dämmen, das Unfassbare fassen, Sinn in das Unsinnige bringen.
Geballte Wut ist nicht nur ein mutiges Buch, es ist auch ein sehr gutes Buch. Eines, bei dem alles stimmt. Eines, das Fragen aufwirft. Eines, das nicht so schnell wieder loslässt.