Cover des Buches Die Stunde des Schmetterlings (ISBN: 9783896675682)
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Rezension zu Die Stunde des Schmetterlings von Pieter Webeling

Leider etwas enttäuschend...

von Svenjas_BookChallenges vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Leider konnten Protagonist und Geschichte bis zum Schluss nicht wirklich zu mir durchdringen.

Rezension

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Svenjas_BookChallengesvor 7 Jahren

Pieter Webelings Das Lachen und der Tod ist ein Roman, den man nicht so schnell vergisst. Es ist eine erschütternde, grausame Geschichte, die so grandios erzählt ist, dass ich gespannt auf ein weiteres Buch aus der Feder des niederländischen Schriftstellers wartete. Vor Kurzem erschien dann Die Stunde des Schmetterlings und obwohl das Thema (der erste Weltkrieg) mich grundsätzlich nicht besonders anspricht, wollte ich es sofort lesen. Einfach, weil ich darauf vertraute, dass Pieter Webeling mich auch mit dieser Geschichte tief beeindrucken würde. Doch leider hat er es diesmal nicht ganz geschafft, mich zu überzeugen.

Die Ausgangssituation des Romans, in welcher der Protagonist Julius sich umbringen will, führt einem direkt und schonungslos die Schrecken und die Grausamkeit des ersten Weltkriegs vor Augen. Diesen Stil ist man von Pieter Webeling gewohnt: Er ist schmerzlich, aber auch so pur und echt, dass man sich der Geschichte eigentlich nicht entziehen kann. Eigentlich. Denn Julius' Geschichte ist es trotz ihrer Intensität und der vielen erschütternden Geschehnisse bis zum Ende leider nicht gelungen, mich in ihren Bann zu ziehen. Ich kann gar nicht so genau sagen, woran das liegt. An Webelings Schreibstil auf jeden Fall nicht, denn den finde ich nach wie vor grandios. War man als Leser in Das Lachen und der Tod beinahe schon zu nahe an der Hauptperson und ihren Erzählungen dran, betrachtet man Julius' Schicksal wie aus weiter Ferne. Mir jedenfalls fiel es schwer, mich in ihn hineinzuversetzen und mit ihm zu fühlen.

Zwar gelingt es Webeling wieder einmal grauenerregend gut, die Schrecken eines Krieges abzubilden und der unmenschliche Alltag an der Front in Frankreich lässt einen garantiert nicht kalt, sondern bedrückt, bewegt und macht unglaublich traurig. Aber alles, was darum herum geschieht, ist wie in einem Nebel, durch den man nicht klar sieht. Julius' Vorgeschichte, seine Kindheit in diesem kleinen sächsischen Dorf, die Liebeleien mit Elfriede, die Kabbeleien mit seinen Freunden - all das reißt einen irgendwie nicht ganz vom Hocker und so ziehen sich die Seiten wie Kaugummi. Merkwürdigerweise hatte ich außerdem ein Problem damit, die Freunde zu unterscheiden, weil sie in ihrer Darstellung miteinander verschwimmen und sich teilweise so stark ähneln, dass man einfach nicht mehr durchsieht. Auch mit den Soldaten, die Julius an der Front kennenlernt, ging es mir so.

Auch Julius als Hauptfigur blieb mir bis zum Schluss irgendwie fremd. Zwar wird aus der Ich-Perspektive erzählt, sodass man theoretisch nah am Protagonisten dran sein müsste, aber trotzdem konnten seine Emotionen und Gedanken irgendwie nicht richtig zu mir durchdringen. Gut möglich, dass das daran liegt, dass er nach den ersten 8 Monaten an der Front abgestumpft und innerlich fast schon tot ist und das macht es wiederum unheimlich authentisch. Und dennoch: Weder seine Liebe zur Poesie noch seine Gefühle für Elfriede konnte man ihm abnehmen - so zumindest mein Gefühl. Für mich blieb er eine relativ oberflächliche Figur, zu der man als Leser keinen Draht hatte.

Die Situation, in die Julius während seines Heimaturlaubs hineinstolpert, und die Unterredung mit dem Priester wiederum haben mir sehr gut gefallen. Das Ganze hat etwas Unwirkliches, aber auch Trost spendendes und mir hat es gefallen, dass Julius seine Geschichte nicht einfach nur erzählt, sondern beichtet. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass die Abschnitte, in denen er von seiner Vergangenheit erzählt, und die Abschnitte in der Gegenwart, in denen er praktisch dem Priester gegenübersitzt, klarer gekennzeichnet worden wären. So hat man es als Leser manchmal nicht leicht, der Geschichte zu folgen. Andererseits hat es wiederum auch etwas Poetisches, dass Julius' Gegenwart und Vergangenheit miteinander verschwimmen. Mit dem Ende war ich dann allerdings wieder nicht ganz zufrieden, irgendwie lässt es einen ein wenig ratlos und unbefriedigt zurück. Insgesamt fand ich diesen Roman von Webeling eher durchwachsen und leider nicht so spannend und mitreißend wie den Vorgänger.

Mein Fazit:

Die Stunde des Schmetterlings ist auf jeden Fall ein authentisch erzählter und gut recherchierter historischer Roman, der ein dunkles Kapitel der Geschichte (den ersten Weltkrieg) zum Thema hat. Irgendwie ist es Webeling aber diesmal nicht gelungen, mich wirklich mitzureißen. Sein Protagonist war mir zu oberflächlich, die Geschichte stellenweise zu langatmig und irgendwie zu blass. Insgesamt ein eher durchwachsener Roman, der mich ein wenig enttäuscht hat.
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